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So klar die im Populismus wurzelnden Ursachen des Teuerungs-Tsunami auch gewesen sind, so unklar ist, wie man seiner wieder Herr wird. Denn längst ist eine dynamische Spirale in Gang, wo die eine Verteuerung zur nächsten Lohnerhöhung und diese wieder zum nächsten Preisschub führt. Das wird einen noch viel schmerzhafteren Prozess auslösen.
Das zwangsläufig folgende Stadium wird eine Stagflation sein, also eine Stagnation durch das notwendige (wenn auch um Jahre verspätete) Bremsen der Zentralbanken bei anhaltendem Weiterdrehen der Inflationsspirale. Denn ein historisch neuer, dennoch zentraler Faktor wird die Preise ständig weiter treiben – egal, was Österreichs Regierung, was die EU, was die EZB, was die Gewerkschaft, was Russland tut: Das ist die Demographie. Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften wird in allen Bereichen immer drückender – und treibt daher Löhne wie Honorare ständig weiter in die Höhe. Wenn ich unbedingt einen der knapp gewordenen Installateure oder Ärzte brauche, zahle ich notfalls auch das Doppelte.
Dass hier das Hauptproblem liegt, lässt sich auch dadurch beweisen, dass die steilsten Steigerungen im Dienstleistungsbereich stattfinden. Dort ist es kaum der Weltmarkt, weil Dienstleister wenig importieren. Dort ist es kaum die Gewerkschaft, weil die gerade in diesem Bereich am schwächsten aufgestellt ist. Dort ist es der längst in allen Branchen merkbare Mangel an Arbeitskräften, deren Löhne bei den Dienstleistungen einen viel höheren Anteil an den Preisen haben als bei Handel und Industrie.
Wer auch immer vorgibt, da eine schnelle Abhilfe zu haben, und wer zugleich das einzige wenigstens teilweise taugliche Rezept verschweigt, ist ein Scharlatan. Der massenweise Import von bildungs- und kulturfremden Menschen aus Afrika und dem arabischen Raum hat zwar (als Folge der ausbezahlten Unterstützungen) die Nachfrage und damit zusätzlich die Preise erhöht. Fachkräfte für welchen Bereich auch immer sind da hingegen praktisch keine gekommen. Lohnerhöhungen schaffen nicht mehr Arbeitskräfte, sondern führen nur zu einem gegenseitigen Abjagen von Mitarbeitern.
Das einzig relativ schnelle Mittel wäre eine rasche wie auch deutliche – und aus vielen anderen Gründen (Lebenserwartung, Loch in der Pensionskasse ...) sowieso nötige – Steigerung des Pensionsantrittsalters.
Aber gerade das traut sich keine Partei zu thematisieren. Am heftigsten gegen eine solche Erhöhung gekämpft hat immer der Gewerkschaftsbund. Er war – Hand in Hand mit allen europäischen Linksparteien – auch immer ein massiver Unterstützer der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (weil das die Erfüllung vieler gewerkschaftlicher Forderungen erleichtert hat). Und ausgerechnet die Gewerkschaften regen sich jetzt am lautesten über die Inflation auf.
Apropos widerliche Scharlatanerie: Da fallen rund um die Inflation noch deutlich mehr auf.
Und was ist das zweite Mittel, das sinnvoll im Kampf gegen die Inflation wäre? Das sind alle Schritte, die in Richtung mehr Markttransparenz gehen, sofern sie nicht durch überbordende Bürokratie mehr Kosten verursachen, als sie an Einsparungen auslösen. Aber es wäre eindeutig preisbremsend, wenn jeder Lebensmittelhändler etwa im Internet auf einer übersichtlichen Liste des Wirtschaftsministeriums den Verkaufspreis für die 50 wichtigsten und normierbaren Produkte des Grundbedarfs bekanntgeben müsste, also etwa für 1/4 kg Butter, einen Liter Milch usw, und dass er dann halt eine andere Milchmarke um diesen Preis abgeben müsste, wenn die billigste ausverkauft wäre. Das wäre ähnlich wie die Preisangaben bei den Tankstellen und zweifellos wirksam. Und es wäre machbar. Wenn die Lebensmittelketten so viel Geld für ihre Prospekte ausgeben, scheint es zumutbar, so ein Plattform tagesaktuell zu befüllen.
Gleichzeitig sollten wir uns darüber klar werden, dass die Subventionierung von Preisen und Löhnen mittels Schulden eine völlig falsche, ja gefährliche Waffe gegen die Inflation wäre: Zwar ist eine solche Symptomkur verlockend, um die Wähler zu beruhigen. Aber sie wäre mittelfristig fatal. Sie wäre genau der Weg, auf dem etwa Italien, Griechenland oder Spanien immer tiefer bergab geschlittert sind. Denn überschuldete Staaten müssen immer höhere Zinsen für ihre Anleihen zahlen, damit sie überhaupt noch jemanden finden, der ihnen Geld borgt. Gleichzeitig haben die Euro-Staaten jenes Instrument verloren, mit dem sich früher Schuldnerstaaten gerettet haben: die Abwertung der eigenen Währung nach außen.
Auch das Abwälzen der Sanierungslast auf den Handel funktioniert nicht. Denn sobald eine Preisbremse dekretiert ist, die mehr ist als eine Schaufenster-Aktion, verschwinden die betroffenen Produkte zunehmend aus den Regalen. Wie schnell das gehen kann, haben wir in den letzten Monaten – wenn auch in anderem Zusammenhang – in den Apotheken gesehen, wo Bestellfehler und Corona-Maßnahmen irgendwo in der Welt sehr rasch für leere Regale gesorgt haben. Wo aber auch ein vor allem von Deutschland angeheizter Preiskampf jene Länder schwer geschädigt hat, die weniger Cash bieten konnten.
Kurzfristig am leichtesten scheint es, bei den privaten Mieten eingreifen. Das wäre aber nicht nur eine Teilenteignung und daher moralisch infam – sondern auch langfristig am schlimmsten. Denn das würde dafür sorgen, dass noch weniger Wohnungen auf den Markt kämen, dass noch weniger gebaut würde. Statt dessen sollte dringend mehr Wohnbau erleichtert werden, etwa durch massive Reduktion der zahllosen im Laufe der Zeit angesammelten Regulierungen und Beschränkungen für den Wohnungsbau.
Die schweren Sünden der Vergangenheit lassen sich nicht so einfach aus der Welt schaffen.
Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau", wo ein Teil dieses Textes erschienen ist.