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Immer öfter lässt die ÖVP Kopfschütteln

In den letzten Jahren musste man häufig Solidarität mit der ÖVP voll Empörung ob der unfairen Hass- und Hetzkampagnen linker Juristen und Journalisten in Korruptionsstaatsanwaltschaft, Verfassungsgerichtshof und ORF gegen die Volkspartei empfinden. Heute ist es hingegen die ÖVP selber, die immer öfter den Anlass zum Kopfschütteln gibt – auch wenn das von der aktuellen Selbstzerfleischung und andauernden Orientierungslosigkeit der SPÖ noch massiv überdeckt wird. Aber dennoch macht auch das eigene Agieren der ÖVP zunehmend fassungslos. Die letzten Anlässe dafür bot der 1. Mai, bot das Agieren von Karl Nehammer, bot das von der Koalition beschlossene Medienpaket.

Beginnen wir mit einem kommunikationstechnischen Detail. Am 1. Mai hatte die ÖVP in Vor-Corona-Zeiten immer eine Veranstaltung gemacht, die selbst die Genossen vom ORF in ihrer 1.-Mai-Freundschaft nicht ignorieren konnten. Dadurch konnten die Schwarzen als Gegenpol zur atavistischen Rathausplatz-Nostalgie eigene interessante Akzente unter die Menschen bringen. Heuer hingegen gab es offensichtlich überall Funkstille der Schwarzen. Lediglich eine Aussendung des Arbeitsministers zum Tag der Arbeit war da zu vermerken.

Mit dem Thema Arbeit sind wir auch schon voll bei den inhaltlichen Defiziten der ÖVP gelandet. Dabei wird Arbeit, wird der Mangel an qualifizierten Menschen, die noch arbeiten wollen, die Arbeit noch nötig haben, zu einem der zentralsten Zukunftsthemen unserer Gesellschaft. Aber nirgendwo haben wir den Eindruck, dass das bei den Schwarzen, die einst das exklusive Privileg auf wirtschaftlichen Sachverstand und auf das Leistungsprinzip hatten, noch begriffen oder gar aufgegriffen würde. Da ist es kein Trost, dass die Blauen die Notwendigkeit von "Wir brauchen mehr Arbeit" überhaupt noch nie interessiert hat, und dass die Roten in einem irrwitzigen internen Wettbewerb in die gegenteilige Richtung verfangen sind, also darum, wo und wie für noch mehr Geld noch weniger gearbeitet werden soll.

Dabei hat der Rechnungshof diesmal zum Thema Arbeit in einem öffentlich bisher nie beachteten Bereich eine Steilvorlage geliefert. Er hat zum ersten Mal einen Bericht über den massiven Missbrauch der Bildungskarenz (beziehungsweise Bildungsteilzeit) veröffentlicht. Das ist eine aus Steuermitteln über das AMS finanzierte berufliche Auszeit, um sich weiterzubilden.

Die Bildungskarenz war einst im Glauben geschaffen worden, dass man damit die Qualifikation der Menschen für den Arbeitsmarkt verbessert. Jetzt ist sie als eine weitere Metastase des Sozialstaats entlarvt. Die von uns teuer bezahlte Bildungskarenz wird, so erfahren wir schockiert, in hohem Ausmaß zur Verlängerung der Mütterkarenz genutzt. Statt von schlecht qualifizierten Österreichern wird die Bildungskarenz primär von ohnedies gut qualifizierten Frauen in Anspruch genommen. Es wird vom AMS kein Abschluss irgendeines pro forma belegten Kurses überprüft, ja nicht einmal die Präsenz bei den einzelnen Kursveranstaltungen, obwohl die selbst auf dem Papier nur 20 Wochenstunden ausmachen müssen. Und diese dienen oft nur skurril-Themen, die für beruflichen Nutzen völlig irrelevant sind, wie etwa Yoga-Kurse.

Eine noch politisch handlungsfähige Partei hätte den schockierenden Bericht des Rechnungshofes, der sich diesmal nicht in Erbsenzählerei verirrt, sondern einen wirklichen und bisher unbekannten Missstand aufgezeigt hat, sofort aufgegriffen und politisch thematisiert. Dabei hätte man zumindest annehmen können, dass wenigstens die ÖVP an diesem Thema interessiert wäre. Aber nicht einmal der Arbeitsminister ist es, obwohl er den Eindruck zu erwecken versucht, ständig über das explosive Problem nachzudenken, wie man die immer spürbarer werdende Lücke an Arbeitswilligen füllen könnte. Jedoch: Selbst am Tag der Arbeit Fehlanzeige.

Damit kommen wir nahtlos zum Parteichef. Unter Karl Nehammer scheint es kaum noch irgendeine strategische Führung der Partei zu geben. Zwar hat er in den letzten Wochen mit dem Kampf für den Verbrennermotor und Wasserstoff wichtige Themen aufgegriffen. Aber nichts war gut vorbereitet – obwohl gute Vorbereitung von Politikerauftritten längst zur politischen Professionalität gehört. Jedes Mal war der ORF mit seinen grünen NGO-Lobbyisten präsenter, die als "Experten" präsentiert worden sind (wenn es ihnen wichtig ist, vergessen die Küniglberg-Genossen sogar aufs Gendern …), um Nehammers Vorschläge pauschal vom Tisch zu wischen.

Und bei Nehammers Afrika-Reise ist selbst bei genauem Hinhören keine Botschaft klar geworden, warum er eigentlich dort hingefahren ist. Wer viele solcher Reisen mitgemacht hat, weiß zwar, dass das alles andere als Lustreisen sind, auch wenn das die Opposition untergriffig so darstellt. Und Afrika ist zweifellos eines der großen Zukunftsprobleme dieser Welt.

Aber das beantwortet nicht, warum Nehammer jetzt dorthin zu fahren beschlossen hat. Man wird den Verdacht nicht los, dass zumindest in seinem Unterbewusstsein die Flucht vor der sich abzeichnenden innenpolitischen Niederlage ein wichtiges Reisemotiv gewesen ist. Eine Niederlage, die vor allem in einem Triumphmarsch der FPÖ besteht, den die Freiheitlichen skurriler Weise dank der drei linken Musketiere ORF, VfGH und WKStA antreten hat können, die Tag und Nacht gegen die ÖVP agieren.

Gewiss: Es ist für Nehammer wie die ganze ÖVP extrem schwierig, in dieser Medienlandschaft zu punkten, die ja nicht nur durch den ORF geprägt wird, sondern auch durch die APA, die aber wiederum ganz auf ORF-Linie gebracht worden ist, und von der die anderen, ausgemergelten Medien immer intensiver abschreiben (daran ändert der Umstand nichts, dass beide Medien einen als bürgerlich geltenden Mann an der Spitze haben, der aber jeweils peinlich schwach und frei von jeder Leadership gegenüber der linken Mannschaft ist).

Das führt zum letzten aktuellen Anlass, zu der nun in Gesetzesform vorliegenden Medienpolitik der schwarz-grünen Regierung. Die ist in ihrer Selbstbeschädigungswirkung auch langfristig noch weit dramatischer als alle vorher aufgezählten Fehler.

Dabei ist das Ende der Wienerzeitung zwar emotional und historisch am bedauerlichsten, aber politisch am nebensächlichsten. Zu gering waren zuletzt ihre Auflagezahlen geworden. Zu diesem Ende ist hier alles Wichtige schon aufgelistet worden.

Viel schlimmer werden sich die anderen Beschlüsse zum Mediensektor auswirken, die bekannten und unbekannten.

  1. Das schlimmste ist zweifellos die nun hergestellte dauernde Absicherung des linken Leit- und Hassmediums ORF durch Einführung einer Haushaltsabgabe, die alle Österreicher trifft. Es ist eine völlige Lüge zu behaupten, dass die Regierung leider, leider durch ein VfGH-Erkenntnis zu dieser Haushaltsabgabe gezwungen worden wäre (so infam ORF-freundlich dieses Erkenntnis auch gewesen ist). Es hätte nämlich mindestens zwei viel bessere Antwort-Strategien gegeben.
  2. Erste mögliche Gegenstrategie: Man hätte die Argumentation des VfGH, dass der ORF benachteiligt werde, weil jene, die nur via Internet seine Programme schauen, kein Entgelt zahlen müssen, dazu nutzen können, den Internet-Auftritt des ORF überhaupt zu stoppen.
  3. Zweite mögliche Gegenstrategie: Man hätte aber auch darüber hinaus generell die Gebührenfinanzierung und gesetzliche Sonderstellung des immer mehr ideologisch abgleitenden Hass-Senders beenden können. Eines Senders, in dem die Redaktion sogar schon wild losbrüllt, nur weil Hassobjekt Sebastian Kurz einmal in einer Diskussion auftritt! Man hätte den ORF einfach mit allen anderen Medien gleichstellen können, in Hinblick auf alle Privilegien wie Nachteile. Sodass er sich so wie diese selbst durch Abonnements und Werbung finanzieren muss. Statt dessen wurde dem Gebührenfunk in der Haushaltsabgabe ein Fundament gezimmert, von dem aus die ORF-Redakteure endgültig ungehindert in die Geschicke des Landes eingreifen können.
  4. Wenn in der ÖVP irgendjemand politisch bis Drei zählen könnte, hätte er sich ungefähr die Folgen eines Gesetzes ausmalen können, das mehr als 500.000 Haushalte und 100.000 Firmen zusätzlich für den ORF zahlungspflichtig macht, die das bisher aus welchen Gründen immer nicht gewesen sind. Auch wenn da etliche Armutsgefährdete wahrscheinlich noch eine Befreiung erlangen werden, braucht man wirklich keinen Meinungsforscher mehr, um die katastrophalen Auswirkungen auf die politische Stimmung zu erfahren. Die ÖVP wird keinen einzigen der empörten Wähler deswegen zurückgewinnen können, weil sie umgekehrt ein bisschen Transparenz in die üppige Gehaltsstruktur des ORF zu bringen versucht hat.
  5. Fassungslos macht insbesondere das Schweigen der Wirtschaftskammer, die sonst zu Recht um jeden Millimeter gegen zusätzliche Belastungen der Wirtschaft kämpft.
  6. Dazu kommt, dass die Republik aus Steuermitteln dem ORF noch weiteres Geld zuschießen will, etwa durch Verzicht auf die Umsatzsteuer oder Kompensation des Entfalls des Vorsteuerabzugs.
  7. Das Schlimmste an dem Medienpaket ist aber die Einführung eines 20 Millionen schweren Förderpakets, das durch einen "Fachbeirat" der Regierung vergeben wird. Dort werden dann wohl die üblichen linksradikalen Publizistik-Professoren sitzen und für den richtigen Fluss der Steuergelder sorgen.
  8. Damit diese Gelder "richtig", also ideologisch, fließen, dafür sorgt auch gleich eine gesetzliche Formulierung, für welche Haltungen Gelder entzogen werden können. Diese Formulierung klingt aber bis ins letzte Wording so, als ob sie im grünen Parlamentsklub ausformuliert worden wäre: Demokratiefeindliche Medien, die zu Hass und Gewalt aufrufen, sollen von Förderungen ausgeschlossen werden.

Das ist nichts anderes als die Einführung einer politischen Kontrolle der Medieninhalte. Das aber widerspricht massiv dem Grundrecht der Meinungsfreiheit (selbst, wenn das der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eines Tages aufheben sollte, werden bis dahin locker fünf Jahre vergangen sein).

Diese Befürchtung wird dadurch gesteigert, dass man jetzt schon weiß, was alles auf politisches Verlangen in den sozialen Medien wegzensuriert wird. Diese Zensurgeilheit wird sich mit Sicherheit auch in der Judikatur eines solchen Politbeirats widerspiegeln.

Die Betreiber der sozialen Medien haben unter politischem Druck immer wieder Kritik an der Asylpolitik und Islamisierung als Anstachelung zu Hass und Gewalt eingestuft und zensuriert. Das Gleiche galt und gilt für Kritik an der Klima- und Coronapolitik. So passiert Ähnliches im Bereich der Gender- und Trans-Hysterie. Das heißt zwar nicht, dass von Oppositionsseite nicht – speziell im Bereich der Coronapolitik – auch viel Unsinn verbreitet worden wäre. Aber dieser Unsinn hält durchaus jenem der politisch korrekten Gegenseite in all den genannten Bereichen die Waage.

Darum sollte es aber gar nicht gehen, wo in welchem Punkt gerade jede Seite näher bei der Wahrheit sein dürfte (was auch immer die Wahrheit ist …). Seit wir einen liberalen, aufgeklärten Rechtsstaat haben, war immer klarer: Es darf niemals mehr Aufgabe oder gar Recht des Staates sein, festzulegen, was wahr sei und was verbreitet werden darf. Egal, ob er Menschen anderer Auffassung als Dissidenten, als ungebildet, als Fake-News-Verbreiter, als Ursache von Hass, bezeichnet. Oder als Vertreter der (gerade) wahren Lehre bejubelt.

Das einzige, wo der Staat das Recht – und die Pflicht! – hat einzugreifen, ist alles, das direkt zur Gewalt, zur Nötigung, zu konkretem Betrug aufruft. Jedoch gerade da schläft dieser Staat: Siehe etwa seine Untätigkeit gegenüber der Nötigung Zehntausender eingekesselter Menschen durch Klimaextremisten.

Unzählige Male hat schon dieses Tagebuch Umsatzverluste durch die Versuche von Google erlitten, durch Sperre von Inseraten auf einer konkreten Seite Druck auf den Inhalt auszuüben. Was freilich dank vieler standhafter Spender das Tagebuch zu keiner Konzession zwingen hat können.

Zurück zur ÖVP: Sebastian Kurz hat katastrophale Fehler begangen (Koalition mit den Grünen, Übergabe des Justizministeriums an Frau Zadic, viele Personalentscheidungen im eigenen Bereich, Mittun – statt Konkretisierung der Strafbarkeit – bei den Bestechungsinseraten, und das "Koste es, was es wolle" während der Coronakrise). All diese Fehler wirken nach. Aber Kurz hat wenigstens noch gewusst, wo die Wähler der ÖVP zu finden sind. Mit ihm ist auch dieses Wissen offenbar verloren gegangen.

Die Freiheitlichen können sich über dieses unverhoffte Manna vom Himmel täglich noch mehr freuen.

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