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Die Zeitungen haben mit ihren leeren Titelseiten zu einem kraftvollen Sprung gegen die skandalösen und jetzt von der Regierung noch ausgeweiteten ORF-Privilegien angesetzt – und sind als untertäniger Bettvorleger vor dem ORF-Himmelbett gelandet. Jammervoll. Wie mutig waren diese Zeitungen doch noch einst in den 60er Jahren! Auch damals war es ja notwendig gewesen, die Politik zu einer Totalreform rund um den auch damals schwer verkommenen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu bringen. Jetzt hingegen bringen die Zeitungen nur ein peinliches "Me too" hervor.
1964 war das Gebührenfernsehen zu einem reinen SPÖ-Zentralorgan verkommen. Dagegen hat eine geschlossene Aktion der unabhängigen Zeitungen eines der erfolgreichsten Volksbegehren der österreichischen Geschichte durchgeführt. Aus diesem konnte dann die große und erfolgreiche ORF-Zeit unter Gerd Bacher erwachsen.
Diese Zeit ist aber heute lange Vergangenheit. Seit den 90er Jahren hat eine Reihe durchwegs schwacher Generalintendanten und Regierungen tatenlos zugeschaut, wie Schritt für Schritt aus einer unabhängigen und professionellen Redaktion eine militante Speerspitze der rotgrünen Politik geworden ist.
Die österreichischen Bürger hingegen haben die katastrophale Entwicklung sehr wohl mitbekommen und sind empört darüber. Das zeigen nicht nur die von Jahr zu Jahr nach unten gehenden Markanteile des Gebührensenders (heute schauen bereits zwei Drittel der Österreicher im Schnitt schon andere Sender!). Das beweist auch eine brandaktuelle Repräsentativumfrage des "market"-Instituts genauso wie viele andere Umfragen der letzten Jahre: Der jüngsten zufolge haben schon 56 Prozent der Österreicher das "Vertrauen in den ORF verloren", und nur bei 8 Prozent ist es besser geworden!
Dieser Vertrauensverlust wird umso dramatischer, wenn man ihn mit der Vertrauensentwicklung bei anderen Institutionen vergleicht. Denn noch schlechter als der ORF liegen nur – in Zeiten wie diesen ziemlich leicht erklärbar – die Energieversorger und Mineralölkonzerne sowie die Regierung, die dieses ORF-Gesetz ausgebrütet hat. Viele andere Bösewichter vom Dienst haben zwar auch viel Vertrauen verloren, schneiden aber dennoch signifikant besser ab als der ORF. Wie etwa die EU, wie etwa die Pharmaindustrie, die Banken, die Printmedien selber und sogar die (vom ORF ständig heruntergemachten) Social Media. Die Liste der Vertrauensverlierer ist lang, geht bis zum Bundespräsidenten und der Justiz. Aber sie alle haben nicht so viel Vertrauen verloren wie der ORF. Nur bei drei Institutionen überwiegt dieser Studie zufolge der Vertrauenszuwachs: bei Wissenschaft, bei Blaulichtorganisationen und – ziemlich erstaunlich – ganz besonders bei "lokalen Lebensmittelhändlern".
Aber längst geht es nicht nur um den Vertrauensverlust in eine Redaktion, die sich, anstelle um unabhängige Objektivität bemüht zu sein, rund um die Uhr als Brigade von Klassen- und Klimakämpfern versteht. Es geht auch darum, dass heute selbst ein ORF mit der Qualität der Bacher-Jahre absolut keinen objektiv begründbaren Anspruch auf ein Gebührenprivileg hätte.
Daher kann wirklich jeder, der auch nur im Entferntesten den Anspruch erheben will, sich ordnungspolitisch und nicht interessengeleitet dem Bereich der Medien zu nähern, nur zu einem Schluss kommen: Die Gebühren gehören ersatzlos abgeschafft. Punkt. Der (rechtlich sich ja selbst gehörende) ORF soll zu genau den gleichen Bedingungen arbeiten können und müssen wie alle anderen Medien. Nicht besser. Nicht schlechter. Punkt
Wenn der demokratische Gesetzgeber zum Schluss kommt, dass es irgendwelche Bereiche der Berichterstattung oder Kultur gibt, die einen begründbaren Anspruch auf Förderung haben, dann ist diese zu völlig gleichen Bedingungen völlig offen allen Medien anzubieten, sobald sie solche Inhalte produzieren. Diese Themenbereiche erfordern aber jedenfalls einen winzigen Bruchteil jener Gelder, die die Österreicher für den ORF heute – und durch Einbeziehung der Wirtschaft noch mehr morgen – zahlen müssen. Denn fast alles, was einem an solchen förderungswürdigen Inhalten einfallen könnte, von der Regional- bis zur Wissenschaftsberichterstattung bis zur (im ORF eh kaum mehr stattfindenden) Sonntagsmesse hat sich in Wahrheit auch schon ohne Förderung in anderen Medien durchgesetzt.
Die Antwort, warum uns die Regierung trotz alledem zwingt, weiterhin für den ORF zu zahlen, und warum sie den Kreis der Zahlungspflichtigen sogar noch dramatisch ausweitet, besteht aus drei Teilen:
Unbedarft ist die ÖVP aber auch in Sachen genereller Strategie. Denn wirklich jeder durchschnittlich begabte Strategie-Berater hätte den Schwarzen klarmachen können und müssen, dass sie mit der Einführung der Haushaltsabgabe die nächsten Wahlen bereits verloren haben. Dabei wäre ein Veto gegen jede Form von ORF-Zwangsfinanzierung für die ÖVP wie ein aufgelegter Elfmeter ohne Tormann gewesen.
Wie gut hätte man gerade in Zeiten wie diesen damit punkten können, hätte die führende Regierungspartei gesagt:
"Liebe Österreicher, wir können zwar nicht verhindern, dass auf den globalen Märkten alles teurer wird, und wir wollen auch nicht, wie es die SPÖ verlangt, zusätzliche Schulden auf den Schultern unserer Kinder aufnehmen, um die Preise künstlich niedrig zu halten. Aber wir bringen allen Haushalten in Zeiten der Inflation eine deutliche Einsparung, indem wir die ORF-Gebühr abschaffen. Wir ermöglichen dadurch gleichzeitig ein ebenes und gerechtes Spielfeld, auf dem alle Medien gleiche Chancen haben. Nur das ermöglicht Vielfalt und Demokratie. Und wenn die Grünen nicht mittun, wird das unsere erste Priorität nach den Wahlen sein."
Aber zunehmend bekommt man das Gefühl: Die ÖVP will diese gar nicht mehr gewinnen. Wie ein kranker Masochist aus der LGBTQ-Garde lässt man sich lieber von der ORF-Redaktion täglich neuerlich peitschen und zahlt diese noch dafür.
Die ÖVP überlässt derzeit apathisch alle attraktiven Themen, die die Menschen wirklich bewegen, der FPÖ, obwohl sie eigentlich zum Wesenskern einer liberalkonservativen Partei gehören.
Zurück zu den Printmedien und ihrer aufsehenerregenden Aktion der weißen Seiten. Sie haben in ihrem gemeinsamen Text und ihrer Empörung über das zusätzliche Geld für den ORF auch absolut recht – und fordern dann: absolut nichts. Denn das Verlangen nach einer durch nichts spezifizierten "Überarbeitung" des ORF-Gesetzes ist inhaltsfreies Gewäsch nach Politikerart. Man reißt den Mund auf und es kommt nichts heraus.
Die einzige denkbare Interpretation dieses Gewäschs ist ein "Me too": Wenn der ORF so viel Geld durch die Hilfe der Regierung bekommt, dann wollen wir bitte auch viel Geld.
Diese Landung der Zeitungen als Bettvorleger ist peinlich und enttäuschend. Aber offenbar trauen sich die Zeitungen nicht, wirklich etwas Wirksames gegen den ORF zu verlangen, weil sie um die Brosamen vom Küniglberg bangen: also darum,
Und ganz sicher empfinden etliche der Zeitungen auch ideologische Solidarität mit der ORF-Redaktion und wollen verhindern, dass der Linken ihr größter Lautsprecher genommen wird.
Aus all diesen Gründen braucht man kein Mitleid mit den Zeitungen und ihrem selbstverschuldeten Schicksal zu haben. Mitleid verdient nur der Steuer- und Gebührenzahler.
PS: Kleines Faktum aus meinem persönlichen Erfahrungsschatz: Die erfolgreichsten Zeiten der von mir geleiteten Zeitungen waren immer jene, als ich vom ORF zur Strafe für kritische Äußerungen boykottiert worden bin. Also bitte: Fürchtet euch doch nicht so sehr!