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Eigentlich hätte man ja glauben können, dass die SPÖ der Bemühungen langsam überdrüssig geworden wäre. Nämlich der Bemühungen um den Beweis, dass sie weniger denn je zur Übernahme von Regierungsverantwortung geeignet ist, dass sie bestenfalls für eine Wirtshausrauferei in der Vorstadt taugt, etwa der Art, wie sie im 16. Wiener Bezirk nach einem Länderspiel Serbien-Kroatien angesagt ist, oder im 10. bei jeder Begegnung zwischen Türken und Kurden. Doch weit gefehlt. Der Hass in der Partei wird vielmehr immer größer. Und immer übler wird dabei die Rolle des bisher eher im Hintergrund gebliebenen Dritten Mannes.
Es wäre eine völlige Fehleinschätzung zu glauben, dass es bei diesem Watschentanz um inhaltliche Auseinandersetzungen etwa über Migration, etwa über Wohnbaupolitik, etwa über die Möglichkeit einer Koalition mit der FPÖ, etwa über das Parteistatut, etwa über die richtigen Antworten auf die Inflation oder gar über die großen wirtschaftlichen und demographischen Probleme der Republik ginge. All diese Fragen sind bei der Rauferei zwischen dem Linksradikalen aus Traiskirchen und dem Intrigantentrupp aus dem Burgenland – samt allen da wie dort Mitraufenden – längst völlig in den Hintergrund getreten. Es geht vielmehr nur noch um ganz persönliche Animositäten, um die Eitelkeits-Rivalitäten zwischen Möchtegern-Alphatieren und um die Unfähigkeit von Männern, gegenseitigen Hass durch einen Kompromiss beizulegen.
Sie sind nicht einmal mehr imstande, so wie einst die innerparteilichen, sich eigentlich hinter Polstertüren abspielenden Vorgänge geheimzuhalten und nach außen wenigstens den Anschein zu erwecken, es gäbe noch irgendwelche Spurenelemente von Loyalität und Parteifreundschaft. Kein einziger der Akteure wird jemals mehr glaubwürdig sein können, wenn er in ein paar Wochen oder Monaten wieder versucht, so zu tun, als gäbe es diese "Freundschaft" noch oder schon wieder.
Über das Verhalten der Herren Doskozil und Babler konnte man nicht mehr wirklich überrascht sein. Überraschend ist jedoch das Verhalten des dritten Mannes, nämlich des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig. Dabei wäre der Chef der größten Landesorganisation eigentlich prädestiniert, ja geradezu verpflichtet, mangels einer aktionsfähigen Vorsitzenden den Friedens- und Kompromissstifter zu machen, wenn sich andere Granden streiten.
Das ist wirklich eine Schande. Wer kann diesen Mann nur jemals wieder für glaubwürdig halten?
Offenbar ist Ludwig innerlich tief empört, dass seine Kandidatin durchgefallen ist, obwohl ein Wiener Bürgermeister bisher in der Partei immer als allmächtig gegolten hat, obwohl jetzt – jetzt! – sogar der ZiB-Kommentator plötzlich zugeben musste, dass Rendi es einfach nicht kann. Offenbar weiß Ludwig auch, dass er unter Doskozil nicht mehr die graue Eminenz im Hintergrund aller Parteientscheidungen sein wird, die an der Rampe ein Leichtgewicht von seinen Gnaden zu vertreten hat. Offenbar hofft er, dass er das hinter einem Babler, der ja vom Tuten und Blasen noch viel weniger Ahnung hat als Rendi, wieder sein kann.
Ganz gewiss ist aber eines: Sollte es Doskozil an die Parteispitze schaffen, dann wird Ludwig auf allen Ebenen genau die Rolle spielen, die Doskozil bei Rendi gespielt hat: die des Dauerintriganten und Stichlers, der in jeder Sitzung und bei jedem Interview mehr oder weniger subtile Gemeinheiten gegen Doskozil absetzt.
Gerade Ludwigs Verhalten zeigt, dass es in der SPÖ in keiner Weise mehr um Inhalte geht, sondern eben nur noch um hasserfüllte persönliche Animositäten. Dabei ist Ludwig selbst vor fünf Jahren genau in der Rolle Doskozils gewesen, als er in einer Kampfabstimmung gegen Andreas Schieder stand. Schieder war damals eindeutig der Babler der Linken, er stand für jene Linie und jene Teile der Partei, die mit beinharter Ideologie und pseudoproletarischem Gehabe gestützt auf das studentische und Bobo-Milieu agieren, während Ludwig der pragmatische Kandidat der "Flächenbezirke" mit den einfachen Leuten gewesen ist. Ludwig hat damals noch den Eindruck erweckt, sich primär um deren Probleme kümmern zu wollen. So wie es heute Doskozil versucht.
Vor diesem Männerhahnenkampf nimmt sich der Rückzug der Pamela Rendi-Wagner geradezu würdevoll aus. Sie unterscheidet sich damit von vielen Parteichefs, die keinen würdevollen Abgang schaffen. Man erinnere sich etwa an die Bitterkeit, die Reinhold Mitterlehner bei und auch noch lange nach seinem Abgang als ÖVP-Chef gezeigt hat.
Dabei ähneln sich Mitterlehner und Rendi durchaus: Beide waren passable Minister, aber als Parteichefs schwer überfordert. Sie hatten kein Charisma, keine zündenden inhaltlichen Ideen, keine Wahlerfolge und waren im gesamten Auftreten immer nur der Inbegriff eines Zweiten Mannes.
Gerade der Vergleich mit Mitterlehner zeigt aber auch, dass es nichts mit Frauenfeindschaft zu tun hat, wenn man sagt: Rendi hat es halt nicht gekonnt. Das ist genauso auch über einen Mann namens Reinhold Mitterlehner immer wieder gesagt worden. Erfolglosigkeit ist aber das Allerletzte, was eine Partei verzeiht. Bei Männern wie Frauen.
Rendi-Wagner ist einst sogar über das Frauenticket an die Spitze der Partei gekommen. Damals sagten alle führenden SPÖ-Funktionäre (vielleicht weil es kein anderer tun wollte?) sehr simpel: "Eine Frau muss her. Es ist Zeit für eine Frau." Möglicherweise hat – der sie jetzt skurrilerweise bekämpfende – Christian Kern die Gesundheitsministerin sogar deshalb als Nachfolgerin vorgeschlagen, weil er nicht wollte, dass nach ihm ein starker Parteichef kommt und seinen vermeintlichen Glanz überstrahlt.
Dann hat Rendi noch einmal die Frauenkarte gespielt, als sie ihre Kandidatur von einer reinen Frauenplattform vorschlagen ließ. Das war ein schwerer strategischer Fehler: Denn so etwas provoziert und ärgert bloß die Männer. Die stellen aber bei den Mitgliedern aller Parteien die klare Mehrheit.
Das Frauenticket ist für die dadurch beförderten Frauen in Wahrheit nie sehr vorteilhaft. Das wissen besonders jene Frauen, die in die von vielen Männern wie Frauen recht abschätzig gesehene Rolle einer Quotenfrau gerutscht sind. Ganz anderes gilt für jene Frauen, die durch Eigengewicht und nicht durch ihr Geschlecht an die Spitze gekommen sind. Um nur die bekanntesten und tollsten zu nennen: die Britin Margaret Thatcher, die Israelin Golda Meir, die Dänin Mette Frederiksen, die Inderin Indira Gandhi oder die Österreicherin Maria Theresia. Zugegeben: die beiden letztgenannten sind mehr oder weniger durch Erbfolge an die Spitze gekommen – das ist aber auch bei vielen Männern der Fall (siehe etwa auch den Wahlerfolg des Griechen Mitsotakis) und wird viel eher akzeptiert als eine Karriere des Geschlechts wegen. Kinder eines großen Vaters haben daheim das Geschäft genau beobachten und lernen können.
All die zuvor genannten Frauen haben von der ersten Minute an ihren Mann gestellt. Und viele andere Frauen wie Männer sind gescheitert.
PS: Das Widerlichste an allen Äußerungen aus der SPÖ in diesen turbulenten Tagen war zweifellos ihr gemeinsamer Nenner: Es ging allen immer nur um die Partei, immer nur um den endlich aufzunehmenden Kampf gegen den politischen Gegner. Um Österreich geht es keinem.
PPS: Das Interessanteste am Lebenslauf des Andreas Babler: Er hat in Krems "Politische Kommunikation" studiert. Genau dasselbe wie ORF-Linksaußen Armin Wolf. Wer aber ist dort der Lehrer der linksradikalen Blase? Ein gewisser Peter Filzmaier. Ja genau der, der im ORF vorgibt, die Innenpolitik objektiv zu bewerten. Noch irgendwelche Fragen?