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Der Populismus des Kardinals ist nicht einmal populär

Christoph Schönborn hat sich wieder einmal ohne Not öffentlich mit einer politisch-wirtschaftlich-naturwissenschaftlichen Frage befasst – und kräftig danebengehaut. Offenbar wollte er durch eine verbale Solidarisierung mit den Klima-Extremisten populistisch sein. Und erreichte doch das Gegenteil. Schönborn liegt inhaltlich falsch und entfremdet die Kirche noch ein Stück mehr von den Menschen, die von den Klimaklebern in Europa millionenfach zu wehrlosen Geiseln gemacht werden. Warum nur?

Schönborn verteidigt seine Annäherung an die Klima-Extremisten mit einem besonders seltsamen Argument: "Ich bin ein Alt-68er." Im Jahr 2023 sich selbst so zu bezeichnen ist aber nur noch peinlich. Denn 1968 und in den Jahren danach hatten kommunistische, maoistische, trotzkistische, linkssozialistische Jugendliche in einem massiven Kampf versucht, Demokratie und Rechtsstaat auszuhebeln. Sie hatten Universitäten monatelang lahmgelegt, sich in der großen Ost-West-Polarisierung militant auf die Seite der totalitären Sowjetunion und gegen die freie Welt gestellt und für freie, wild gemischte Sexualität, Auflösung der Familie sowie Drogen gekämpft. Für einen Teil führte die 68er-Revolte sogar direkt zu Terror und Mord. Mit dem Christentum haben die allermeisten jener Extremisten absolut nichts am Hut gehabt. Schon damals war der revoltierende Teil der Jugend (es war ja immer nur eine Minderheit!) durch vieles gekennzeichnet, aber weder durch Intelligenz noch durch einen jener charakterlichen Werte, für die das Christentum steht. Vor allem aber haben in den Jahrzehnten seither zum Glück die Allermeisten der damaligen Möchtegern-Revolutionäre ihre jugendliche Dummheit bereut und sich – manche langsam, manche schlagartig nach einem Damaskus-Erlebnis – von einstigen Aktionen, Verhaltensweisen und Ideologien abgewandt, nicht nur von den kriminellen Taten.

Mit seiner Aussage "Ich bin ein Alt-68er" sendet Schönborn eine klare Nachricht aus: Er hat nicht nur zu jenen Extremisten gehört, sondern ist heute noch stolz darauf.

Dabei stimmt wahrscheinlich beides nicht wirklich, aber Schönborn glaubt wohl, dass solche Sätze aus dem Mund alter Männer gut ankommen. Aber selbst jene Mode einiger lateinamerikanischer Katholiken (etwa eines Ernesto Cardenal), sich durch eine sogenannte "Befreiungstheologie" de facto mit den Kommunisten zusammenzuschließen, ist längst durch viele klare kirchliche Aussagen zurückgewiesen worden. Sie hat in Lateinamerika zu einer Entfremdung vieler Gläubiger geführt und den evangelikalen Kirchen viele Christen zugetrieben. Will Schönborn mit salopp hingeworfenen Sätzen das wieder fortsetzen?

Jetzt kann der Kardinal zu Recht darauf hinweisen, dass er in seinem Fernsehinterview eh auch gesagt habe, dass er "Gewalt" ablehne. Das ist aber deutlich zu wenig. Genau solche Formulierungen werden typischerweise auch von den Klimaklebern verwendet: Sie würden sich eh nur gewaltfrei am Boden festkleben.

Wenn sich der Wiener Erzbischof auf diese Phrase zurückzieht, heißt das im Grund aber auch: Er findet jede andere Form von Rechtsbruch für Ziele, die er teilt, okay, solange dieser nicht in unmittelbarer Gewaltanwendung besteht. Also etwa die Nötigung von Millionen anderer Menschen und die Zerstörung von Gegenständen für ein politisch-ideologisches Ziel, das die Extremisten (so wie eben damals die 68er) nicht auf demokratisch-rechtsstaatlichem Weg erreichen können. Ist er wirklich der Meinung, dass eine selbsternannte Elite unter Berufung auf ein vermeintlich höheres Wissen an allen rechtsstaatlichen und demokratischen Regeln vorbei das Recht hätte, die Massen zu drangsalieren? Weiß er nicht, wie oft schon genau solche elitären Machtansprüche in der Geschichte zu Unheil geführt haben?

Unterschwellig teilt Schönborn mit seinen Worten auch das immer deutlicher werdende Ziel der Klebe-Extremisten: Wenn es zu keiner Klimadiktatur kommt, dann gehe die Welt unter. Das wisse aber eben leider nur eine kleine Elite, die daher das Recht habe, die Massen zu gängeln.

Manche Christen glauben, darin Ähnlichkeiten zur biblischen Ankündigung der Apokalypse zu erkennen, was den Erleuchteten jedes moralische Recht gäbe, sich dem unter Selbstaufopferung entgegenzustellen. Lassen wir beiseite, dass das nüchterne Christen total an viele Fehlentwicklungen in Sekten erinnert, die regelmäßig Ankündigungen des Weltunterganges machen.

Nehmen wir aber einmal an, die Erleuchteten hätten Recht: Dann wäre es doch absolut logisch, dort gegen die Apokalypse zu kämpfen, wo jedes Jahr mehr statt weniger von jenem Gas emittiert wird, das alle Pflanzen eigentlich dringend brauchen, das aber von der Klimasekte zu Gift erklärt worden ist. Dann müssten sie sich zweifellos schnellstens unter Mitnahme eines Superklebers nach China begeben, wo ja noch immer reihenweise Kohlekraftwerke gebaut werden. Und dann müssten sie halt auch in Kauf nehmen, dass man danach ganz unfreiwillig viele Jahre dort bleiben muss.

Nur das wäre ein echtes und ernstzunehmendes "Zeichen", das die von Schönborn so bewunderten "jungen Menschen" ständig zu setzen behaupten. Ansonsten ist es doch billige Heuchelei, sich nur in europäischen Staaten mit ihren völlig zahnlos gewordenen Rechtssystemen festzukleben.

Was Schönborn offenbar nicht weiß, ist,

  • dass viele Tausende Natur(!)-Wissenschaftler mehrfach öffentlich erklärt haben (auch wenn sie  von UNO und Politik bekämpft werden), es gebe keinerlei Beweis, wonach der Mensch die Schuld am Wärmerwerden der letzten Jahre trägt;
  • dass es auf Erden ganz ohne menschliches Zutun des Öfteren schon viel wärmer gewesen ist;
  • dass er damit auch jene linken Extremisten unterstützt, die die Dezimierung oder gar Ausrottung der Menschheit als wichtigste Therapie gegen den Klimatod verlangen;
  • dass er damit alle kirchlichen Kämpfe gegen "Ein-Kind-Poltik" und Abtreibungen desavouiert;
  • dass in der UNO viele Länder der Dritten Welt zusammen mit linken Regierungen Mehrheiten für die Klimapanik-Thesen durchgedrückt haben, weil das ein neuer, perfekter Hebel ist, um (Buss-)Zahlungen aus dem Norden zu fordern, nachdem der alte Hebel unwirksam geworden ist, Europäer & Co als "Kolonialisten", "Rassisten" und "Ausbeuter" zur Kasse zu bitten.

Ganz offensichtlich haben Männer der Kirche einen Hang dazu, auf jede nur erdenkliche Frage sofort ins selbstanklägerische Denkschema "Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa" zu verfallen. Und zwar nam liebsten dann, wenn man von einer erbsündenartigen Gesamtschuld der ganzen Menschheit sprechen kann. In diesem Denken ist es dann auch keine Verdienst mehr, sondern ganz im Gegenteil europäische und amerikanische Erbschuld, dass durch Technik, Marktwirtschaft, Wissenschaft und Rechtsstaat (also die im Westen entwickelten Säulen aller erfolgreichen Gesellschaften) die Menschheit den größten Fortschritt ihrer Geschichte erzielt hat, dass die Zahl der Hungernden und Verhungernden weltweit dramatisch zurückgegangen ist, dass die Lebenserwartung sich binnen weniger Generationen – selbst wenn man nur gesunde Jahre rechnet – mehr als verdoppelt hat, dass die Bildung außerhalb der islamischen Welt dramatisch zugenommen hat, dass zahllose Krankheiten bekämpfbar sind.

Für Schönborn ist das alles irrelevant. Für ihn ist vielmehr "offensichtlich", dass es zwischen dem Verhalten der Menschen und dem Klimawandel einen Zusammenhang gebe. Wer anderes sage, sei "verantwortungslos".

Was für ein Kurzschlussdenken!

In Wahrheit ist in der Naturwissenschaft die Behauptung "offensichtlich" das Gegenteil eines Beweises. Wie oft haben die Menschen aus irgendwelchen wahrgenommenen Phänomenen fälschlicherweise auf Kausalitäten geschlossen (etwa dass die Sonne sich um die Erde dreht, um an ein lange Zeit von der herrschenden Lehre und auch der Kirche geglaubtes Axiom zu erinnern). Und Wissenschaftler, die einer gerade herrschenden Lehre widersprechen, sind nicht "verantwortungslos", sondern geradezu Treiber des Fortschritts. Verantwortungslos sind vielmehr alle jene, die diese Skeptiker generell zum Schweigen bringen wollen. Etwa aus (politischem oder wissenschaftlichem) Vormachtstreben.

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