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Für meine Eltern war es einst der wichtigste Höhepunkt der Radiowoche (Fernsehapparate waren ihnen damals mehr als fern). Jetzt hat der ORF genau solche Formate zu Werken des Teufels erklärt und sie verboten – um sie in noch viel brutalerer Form durch die Hintertür und mit ganz einseitiger Schlagseite einzuführen, wie der Kärntner Wahlabend gezeigt hat.
Meine Eltern erfuhren jedenfalls ganz offensichtlich jeden Samstag in der "Sendung des Bundeskanzlers" Dinge, die sie so nicht in den Zeitungen gelesen haben. Sonst hätten sie sich nicht so begierig hingesetzt. Oder sie vertrauten seinem O-Ton mehr als den journalistischen Wiedergaben seiner Aussage. Denn bei solchen Sendungen wussten sie wenigstens, dass da keine Verfälschung des Gesagten passieren konnte.
Längst hat der Gebührenfunk dieses Format eingestellt – das es hingegen in einigen anderen europäischen Ländern wie Ungarn neuerdings durchaus gibt und das sich dort durchaus etlicher Beliebtheit erfreut. Aber journalistische Neurose will es nicht zulassen, dass die Politiker sich ungefiltert an den redaktionellen Gatekeepern vorbei an die Menschen wenden können.
Aus ähnlichen Motiven kämpften sie in den USA wütend dagegen, dass der Präsident via Twitter ungefiltert direkt mit den Bürgern kommuniziert. Sie nahmen einige Lügen des Donald Trump zum Anlass, um erfolgreich seinen Twitter-Kanal abstellen zu können. Und bedachten nicht, dass mit der gleichen Begründung praktisch auch jedes Medium verboten werden könnte. Denn eine Ansammlung von Unwahrheiten gibt es bei intensiver Suche bei jeder Zeitung, jedem Sender zu finden.
Zurück nach Österreich: Die Genossen im ORF haben rund um die Untersuchung des ÖVP-nahen Radio Niederösterreich entdeckt, dass es in einigen Bundesländern noch Sendungen der Landeshauptleute gibt, und haben sie jetzt prompt abgedreht. Das ist nur noch krank und selbstbeschädigend. Woran die Tatsache nichts ändert, dass manche Landeshauptleute sich als eher unterbegabt gezeigt haben, dieses Format zu nutzen.
Was ist mit Garantie die Folge? Entweder werden clevere Privatsender die Lücke wahrnehmen. Oder clevere Landeshauptleute werden via Podcast oder Youtube die Chance suchen, direkt mit den Wählern zu kommunizieren. Etliche Politiker haben mit solchen Formaten schon längst angefangen. Am erfolgreichsten war wohl Sebastian Kurz.
Aber in den ORF-Redaktionen sitzen sie in Krisenversammlungen und denken nach, warum ihnen immer mehr Seher und Hörer wegrennen. Das ändert nichts an der generellen Tatsache, dass Podcasts, selbst wenn sie nur aus Monologen bestehen, und fixe Youtube-Kanäle einzelner interessanter Menschen eindeutig die massiv aufstrebenden Kommunikationsformen sind.
Nun gut. Glauben wir einmal blauäugig den ORF-Behauptungen, dass es ohne solche Sendungen moderner, mediengerechter und – bitte festhalten vor Lachen: – objektiver zuginge.
Umso empörender ist es dann, wenn sich der ORF selber nicht an das Verbot solcher Politikermonologe hält. So werden wir in regelmäßigen Abständen mit Predigten des Bundespräsidenten belästigt, die natürlich immer viel substanzloser sind als Ansprachen – oder Gespräche – eines für die konkrete Exekutivpolitik zuständigen Politikers.
Noch empörender war jetzt das, was sich am Sonntagabend nach der Kärntner Landtagswahl abspielte: Eine ganze Stunde lang wurde ein rein SPÖ-interner Sesselkreis direkt übertragen, in der die Genossen unter sich diskutieren konnten (eine Frau Linsinger vom "Profil" ist zwar vermutlich kein formales Parteimitglied, aber de facto verhält sie sich wie ein solches).
In der ORF-Redaktion wird vermutlich gar nicht aufgefallen sein, dass damit der letzte Anspruch, "ausgewogen" und "pluralistisch" zu sein, jetzt in einem Meer der Lächerlichkeit ertrunken ist. Denn dort verläuft ja jede Redaktionskonferenz wie eine SPÖ-interne Sitzung. Höchstens, dass sich auch etliche Grüne einfinden. Alles andere ist praktisch nicht vorhanden: Bürgerliche, Konservative, klassisch Liberale, Heimatverbundene oder gar direkt ÖVP- oder FPÖ-Nahe. Die würden so niedergemacht, sobald sie sich nur zu räuspern wagen, dass sie lieber gleich als Korrespondenten auf den Balkan gehen.
ORF-Menschen begründen die Einstellung der Informationssendungen von Landeshauptleuten & Bundeskanzlern auch damit, dass diese dadurch einen wahlstrategischen Vorteil erhalten, dass eben nicht die Opposition zu Worte kommt.
Auch das ist Nonsens: Denn erstens könnte man ja auch der Opposition einmal in der Woche ein paar Minuten zur Verfügung stellen. Zweitens ist aber nun mal konkretes Regierungshandeln interessanter und interessiert mehr. Es kann ja drittens nicht der Ernst von gebührenkassierenden Medien sein, sich auf den Standpunkt zu stellen: Dann informieren wir lieber schlechter über das, was unsere Bundes-/Landes-Regierung tut, weil die Opposition nicht über gleichviel Interessantes zu berichten hat.
Dennoch hat die Aufkündigung der Landeshauptleute-Sendungen zumindest einen ungeplanten, aber großen Vorteil: Die ÖVP-nahen Landseshauptleute, die ja bisher ÖVP-intern durchgreifende Maßnahmen zur Gebühren-Abschaffung immer verhindert haben, werden der Erkenntnis wieder um einen großen Schritt nähergebracht: Es war ein ziemlicher Unsinn von uns, das ORF-Monopol und vor allem die Gebühren zu verteidigen.