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Warum das Berliner Wahlergebnis ein so großes Signal ist

Berlin ist von der Bevölkerungsgröße her lange nicht so bedeutend für Deutschland wie Wien für Österreich. Und Berlin wird trotz des CDU-Wahlerfolge und aller linken Verluste weiterhin eine sozialdemokratische Bürgermeisterin haben (da ja bekanntlich bei einem linken Politiker Plagiate keine Relevanz haben). Dennoch ist das jüngste Berliner Wahlergebnis ein weit über die deutsche Metropole und Deutschland hinausgehendes Fanal. Und zwar gleich in vierfacher Hinsicht.

Die erste Erkenntnisebene heißt: Regierende verlieren derzeit in Europa überall gewaltig an Wählerunterstützung. Und zwar egal, ob sie rechts oder links stehen. Das gilt seit einem Jahre geradezu gesetzmäßig. So auch in Deutschland. Immerhin sind zwei der drei Berliner Regierungsparteien auch auf deutscher Bundesebene an der Regierung. Sie haben beide deutlich verloren, wenn auch die Verluste der Roten deutlich größer sind als die der Grünen. Und auch jene beiden Parteien, die nur in der Stadt beziehungsweise nur im Bund Rot-Grün zur Mehrheit verhelfen, sind Verlierer. Sogar besonders heftig getroffene.

In den letzten drei Jahren sind besonders viele Gründe entstanden, um "der Politik" einen Denkzettel zu geben:

  • Die teuren Auswirkungen der Corona-Pandemie,
  • die während dieser Zeit (nicht nur in Deutschland) passierten überschießenden Eingriffe in die persönliche Freiheit,
  • die Unsicherheiten des Krieges,
  • die beschleunigte Inflation,
  • und der Frust über den Terror der Klima-Bekämpfer, die praktisch alle Regierungen ziemlich erfolgreich nach ihrer Pfeife tanzen lassen.

Diese Wählerreaktionen kann man natürlich auch gelassen hinnehmen. Denn einerseits lebt ja die repräsentative Demokratie – an der alle Parteien so klammern – vom Wechsel. Und andererseits zeigt sich ja immer bald, dass es auch die anderen nur selten besser können. Gerade in diesen schwierigen Themenbereichen.

Die Wähler spüren im Grund längst schon die Ohnmacht aller Parteien. Deshalb haben sie ja vor allem eine Partei gestärkt, die in den zahllosen Politiker-Interviews überhaupt nie zu Wort kommt: die der Nichtwähler. Während die CDU, die unter den Parteien als einzige Wahlsiegerin dasteht, rund 100.000 Stimmen dazugewonnen hat, hat sich das Lager der Nichtwähler um fast 300.000 vermehrt: auf rund 920.000, also fast eine Million Menschen. In diesem Lager sind insgesamt doppelt so viele Berliner gelandet wie bei der CDU, der jetzt stärksten Partei. Und sämtliche anderen Parteien haben überhaupt weniger Stimmen bekommen als beim letzten Mal, also auch die AfD, die neben der CDU als einzige wenigstens ihren Prozentanteil ein wenig vergrößern konnte.

Eine noch deutlichere Sprache spricht das Ergebnis der sogenannten "anderen Parteien", das völlig unbeachtet in den Ergebnislisten am Ende steht. Denn auf diese Anderen entfielen in Summe neun(!!) Prozent der zur Wahl gegangenen Berlinern, wenn auch kein einziges Mandat. Bezeichnenderweise fand es kein Mainstream-Medium der Mühe wert, auf diese neun Prozent näher einzugehen, wie die "Tierschutzpartei" oder den Spaßhaufen "Die Partei" (die etwa mit der Forderung "Schwarzfahren muss bezahlbar bleiben" nach Art des österreichischen Pogo Politik in eine Hetz verwandeln will). Tatsache bleibt, dass neun Prozent zwar hingegangen sind, dass sie aber etwas gewählt haben, was nicht die geringste Chance auf ein Mandat hat.

Wer diesen an der Wahlbeteiligung und an den Stimmen der "Anderen" ablesbaren dramatischen Überdruss der Wähler an der repräsentativdemokratischen Realität nicht als zentrales Problem vireler europäischer Staaten begreift, der hat gar nichts begriffen.

Die zweite Ebene: Auch in der traditionell linken Stadt Berlin hat die auf Bundesebene regierende Ampel aus SPD, Grünen und FDP keine Mehrheit mehr. Und selbst in Berlin kann sie nur noch unter Einbeziehung der postkommunistischen Linkspartei regieren, die dort noch relativ stark ist, wo die Bonzen-Familien der einstigen DDR-Diktatur leben.

Dritte Ebene: Dennoch kann die Ampel relativ unbesorgt weiterregieren: Denn die Parteien rechts der Mitte sind nach wie vor und mehr denn je unfähig, miteinander zu kooperieren. Die CDU glaubt in ihrem offensichtlich auch nach Merkel perpetuierten Selbstzerstörungstrieb, dass ihre Hauptaufgabe die Abgrenzung zur AfD wäre. Offenbar hat sie Angst, dass die dem sogenannten "Kampf gegen Rechts" gewidmeten und mit viel Steuergeld gefütterten Kanonen auch gegen sie gerichtet werden.

Jetzt hat die CDU in Fortsetzung dieses Triebs am Tag nach der Wahl auch noch den ehemaligen Verfassungsschützer Maaßen hinausgeworfen, den heute zweifellos eindrucksvollsten Exponenten unter allen wertkonservativen Intellektuellen Deutschlands. Besonders beklemmend ist dabei die kafkaeske Nebulosität der Vorwürfe gegen ihn: Maaßen verwende eine "Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen". Man kann ihm zwar nichts Antisemitisches oder Nazistisches konkret vorwerfen oder eine nachweislich falsche Verschwörungstheorie. So wirft man ihm halt eine "Sprache aus dem Milieu" vor! Das wagt man in einem Rechtsstaat auch noch so zu formulieren. Da sind ja die Anklagen russischer Staatsanwälte noch konkreter und weniger verschwurbelt.

Die CDU setzt also auch unter Friedrich Merz hundertprozentig den Kurs der Angela Merkel fort. Sie hat sich damit selbst auf der Nebenfahrbahn der ewigen Opposition festgeklebt. Von der sie keine freundlichen Polizisten loslösen werden, wie sie es bei den Klebeterroristen tun. Denn die CDU kann noch so weit nach links rücken, so wird es ihr doch nicht glücken, Rot oder Grün aus deren symbiotischer Beziehung herauszulösen. Disee beiden werden immer zusammenbleiben – zumindest so lange ihnen die postkommunistische Linkspartei eine Mehrheit links der Mitte verschafft. Wie in Berlin. Und solange die FDP dabei mithilft, die Linksparteien an der Macht zu halten. Wie auf deutscher Bundesebene.

Der CDU versucht in dieser Situation nicht einmal, die Verlogenheit der deutschen Medien zu thematisieren (die sich wie immer in den österreichischen fortsetzt). Diese finden einerseits nichts dabei, dass Rot und Grün problemlos mit der direkten Nachfolgepartei der ostdeutschen Kommunisten zusammenarbeiten, die sogar das beträchtliche (zuvor gestohlene) Vermögen der einstigen Mörderpartei übernommen hat. Diese Medienszene erregt sich aber ständig maßlos über die AfD. Dabei ist diese in keiner Weise Rechtsnachfolgerin einer Verbrecherpartei.

Gewiss kann man der AfD vorwerfen, dass sie den wirtschaftsliberalen Flügel hinausgeworfen hat, der ihr einst ein sehr spannendes Profil gegeben hat. Gewiss war die AfD unter Parteigründer Bernd Lucke oder etwa der späteren Parteichefin Frauke Petry ein viel sympathischerer Haufen. Gewiss gibt es insbesondere aus Thüringen einige besonders dümmlich-grausliche AfD-Zitate.

Aber solche lassen sich bei jeder Partei einsammeln. Vor allem kann es im Vergleich zur Linkspartei eben überhaupt keine Frage sein, welche der beiden Parteien ideologisch und personell viel näher zu einer verbrecherischen und kriminellen Partei der deutschen Zeitgeschichte steht.

Die dritte Ebene der Analyse Deutschlands aber sind die Freidemokraten. Diese sind im Verhältnis zur letzten Wahl der schwerste, in Hinblick auf die Stimmenzahl fast halbierte Verlierer. Sie sind vielmehr auch der schwerste Verlierer aller 2022 und 2023 abgehaltenen vier Landtagswahlen. Das deckt sich genau mit dem Zeitraum, in dem die FDP für Rot und Grün als Mehrheitsbeschaffer in der linken Ampel dient.

Wer da nicht einen massiven und direkten Zusammenhang erkennen will, der scheitert wohl auch schon bei den Grundrechnungsarten im einstelligen Zahlenraum.

Dabei würde Deutschland – so wie Österreich – natürlich eine klassisch liberale Partei dringend benötigen. Die Hauptanliegen einer solchen Partei müssten aber ganz wo anders liegen, als sie bei der deutschen Ampelregierung mit Rot und Grün zu finden sind – oder bei der von den österreichischen Neos insgeheim so erhofften Linkskoalition mit Rot und Grün. Beide Länder (wie viele andere auch) würden zentrale liberale Inhalte brauchen. Die da insbesondere sind:

  • Massive Deregulierung, da die Gesetzes- und Vorschriftenflut von EU und Nationalstaaten ja ständig Kosten und damit Preise in die Höhe treibt und damit die gerade für Deutschland so wichtige Wettbewerbsfähigkeit zertrümmert;
  • Hinausdrängen des Staates aus der Wirtschaft;
  • Absage an Korruption durch den ununterbrochenen Griff der Machthaber in die Steuerkasse, sei es zur Wählerbestechung, sei es zur Medienbestechung (also in jenen Bereichen, in denen insbesondere in Österreich die linke Korruptionsstaatsanwaltschaft alles für richtig und in Ordnung hält, solange es mit Steuergeld passiert);
  • Einsatz für ein auch in Zukunft nachhaltig funktionierendes Pensionssystem (wie es der liberale Franzose Macron vorzeigt);
  • niedrigere Steuern;
  • und Wiederherstellung der durch zahllose Denkverbote und Political-Correctness-Vorschriften schon massiv eingeschränkten Meinungsfreiheit (die es ja nur dann gibt, wenn Menschen auch Unsinniges und Unsympathisches sagen dürfen).

Absolut nichts davon ist jedoch in einer Koalition mit Rot und Grün erreichbar. Dort geht das ganze Drängen genau in die Gegenrichtung. Ein wirklich Liberaler kann mit deren Inhalten nichts anfangen. Berührungspunkte gibt es nur bei den Stichwörtern Schwule, Transmenschen und Migrationsförderung. Wobei die Transmenschen ein nicht vorhandenes Scheinthema sind. Wobei schon beim Thema Migration klassisch Liberale massiv der Behauptung widersprechen würden, dass man da mit den Linken Ähnlichkeiten habe. Denn wie Milton Friedman, einer der allergrößten Liberalen der Geschichte (wenn er auch körperlich sehr klein gewesen ist) , brillant herausgearbeitet hat: Offene Grenzen können nur dann funktionieren, wenn zuvor das innerstaatliche Wohlfahrtssystem abgeschafft ist.

Ach ja, noch einen Berührungspunkt gibt es: In den USA nennen sich die Sozialisten "Liberals", weil man dort geradezu entmündigt würde, würde man zugeben, ein "Sozialist" oder "Sozialdemokrat" zu sein. Mit ein paar Jahrzehnten Verspätung haben dann auch Europas Linke diese Selbstbezeichnung adoptiert (daher nennt sich der "Standard" "liberal").

Liberal zu sein klingt in der Tat nach dem Scheitern all der linken Experimente viel besser. Nur kann man in Wahrheit halt in keiner Weise zumindest in klassischer Interpretation liberal sein, wenn man gleichzeitig linke Politik zumindest fördert. Wie es die FDP derzeit tut – egal ob freiwillig oder als Mitgehangener einer Ampelkoalition. Wie es die Neos tun – von ihrer Rolle im Wiener Rathaus bis zu 90 Prozent der Aussagen der pinken Bundespolitiker.

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