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Die Welt ist ein kleines bisschen besser geworden

Manche Tage muss man sich im Kalender dick anstreichen, weil da so viel Positives in unser Bewusstsein rückt, weil so viele durchaus begründete Hoffnungen geweckt werden. Von Kärnten bis Nigeria. Von der Türkei bis Österreich. Von Europa bis zur Öl- und Gasversorgung. Von der österreichischen Asylproblematik bis zum Brexit. All diese Dinge seien hier herausgestrichen, da sie bis aufs Brexit-Thema den Weg kaum in den Mainstream finden.

Oder weil bei vielen Themen die positive Dynamik mancher Entwicklungen nicht erkannt wird.

  1. Da ist an der Spitze die ungemein wichtige Tatsache zu setzen, dass das bevölkerungsreichste Land Afrikas zumindest bisher sehr ordentliche Wahlen zustandegebracht hat. Mit deutlich weniger Gewaltakten als sonst und ohne große Betrugsfälle. Das ist ein gewaltiger Unterschied zur Tradition des Landes und zu vielen Erfahrungen aus afrikanischen Wahl-Konflikten. Hoffen wir, dass es auch in den nächsten Tagen so weitergehen wird. Denn Nigeria leidet im Norden sehr oft unter den Taten islamistischer und krimineller Banden. Denn Nigeria mit seinen 218 Millionen Einwohnern ist potentielle Quelle des dramatischsten Massenexodus von "Flüchtlingen" nach Europa. Und solange die EU auf Grund des Widerstandes der Linksregierungen nicht zu einer wirklichen Migrations-Abwehr – also vor allem Abschiebung – imstande ist, muss sich die Hoffnung aus solchen Teilerfolgen nähren.
  2. Immerhin vermittelt zu diesem Thema ja auch die österreichische Statistik eine erfreuliche Atempause. Jänner und Februar sind die Asylanträge zumindest gegenüber dem Jahresende 2022 deutlich, nämlich um rund 40 Prozent, gesunken. Allerdings sind die Zahlen noch immer höher als im Vergleich zum gleichen Monat des Vorjahrs. Der nicht gerade vom Glück gebeutelte Karl Nehammer hat aber jedenfalls an einer Teilfront einen eindeutigen Erfolg errungen. Er hatte bei Ungarn und Serbien erreichen können, dass die visumfreie Einreise von Indern über Serbien nach Europa gestoppt worden ist, die zuletzt einen Hauptanteil der Asylwerber in Österreich gestellt haben (die einst bürgerliche "Presse" hat sich dennoch in unfassbarer Weise empört, dass sich Nehammer in Ungarn und Serbien mit "zwielichtigen Partnern" einlasse …). Inzwischen machen Marokkaner – ohne jeden objektiven Grund – die größte Gruppe unter den Asylwerbern aus: Was Nehammer jetzt in seinem Sisyphoskampf nach Marokko reisen lässt, wo man ihm ebenfalls die Daumen halten muss (auch wenn Marokko für linke Journalisten zweifellos noch viel "zwielichtiger" ist). Denn dort geht es darum, dass sie die Flüchtlinge ohne levantinische Tricks zurücknehmen.
  3. Zumindest aus Oberösterreich, wo es als einzigem Bundesland auch für ukrainische Kriegsflüchtlinge die Pflicht gibt, sich beim AMS zu melden und Sprach- sowie Weiterbildungskurse zu besuchen, dringen ermutigende Zahlen: Dort sind schon 61 Prozent der ukrainischen Vertriebenen in legaler Beschäftigung.
  4. Eine weitere ganz eindeutige Erfolgsstory dieses wieder einmal zurückgekehrten Winters wird einem erst bewusst, wenn man sich an die Schreckensprophezeiungen des vergangenen Spätsommers zurückerinnert: Niemand hat in Österreich, hat in Europa entgegen diesen Prophezeiungen frieren müssen, niemand hat seinen Arbeitsplatz verloren, weil der Industrie das Gas ausgeblieben wäre. So bitter die durch die Gaspreisentwicklung angetriebene Inflation auch ist: Aber gerade der als Reaktion auf die Preiserhöhungen sparsamere Verbrauch hat zusammen mit der Aktivierung neuer Gaslieferanten und einem offensichtlichen Einlenken Moskaus zu massiver Entspannung geführt, die auch schon zuversichtlich in den nächsten Winter blicken lässt.
  5. Während es beim Gas ja nie westliche Sanktionen gegen Russland gegeben hat, gibt es die beim Öl sehr wohl. Aber auch da hat sich der Weltmarkt sehr beruhigend entwickelt. Denn während dieser im Vorjahr zweimal die 110-Euro Linie (für Brent-Rohöl) kräftig nach oben durchstoßen hat, ist er seit Dezember konstant unter der 80-Euro-Linie. Also selbst das Autofahren wird uns möglich bleiben (oder nur durch grüne Schikanen unmöglich gemacht).
  6. Erfreulich ist auch ein klarer Richtungswechsel bei Verteidigungsministerin Tanner: Sie hat jetzt erstmals davon gesprochen, dass Österreich weitere Abfangjäger kaufen dürfte. Das zeigt – oder würde zeigen –, dass man hierzulande doch die Landesverteidigung wieder ernster nimmt. Trotz der jahrzehntelangen Hetze der SPÖ (und damit automatisch der WKStA) gegen den letzten Abfangjägerkauf. Und trotz der skurrilen Drohungen der Frau Tanner in ihren Anfangstagen gegen die Eurofighter-Verkäufer.
  7. Noch ein österreichisches Thema, das eigentlich positiv zu bewerten ist: Die Kärntner FPÖ hat für den Kärntner Landtagswahlkampf einen alten Schlager Jörg Haiders aus der Schublade geholt: eine Unabhängigkeit Kärntens als "Freistaat". Was bei Haider noch einst die ganze Nation in Aufregung versetzt hat, trifft jetzt überall auf die einzig richtige Reaktion: auf Gelassenheit. Denn das industriell relativ arme Kärnten ist ja im innerösterreichischen Transfer ein Nettoempfänger und wäre daher gar nicht gut beraten, diesen Schritt wirklich zu setzen. Und wenn sie es dennoch täten, wäre wohl die Mehrheit der Österreicher bereit, die Kärntner ziehen zu lassen (so nette Menschen sie auch sind). Vor allem scheint niemand gewillt, wie Spanien mit Polizei und Strafprozessen gegen Sezessionswillige vorzugehen.
  8. Auch dem grässlichen Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet kann man wenigstens eine positive Seite abgewinnen. Auf beiden Seiten gibt es plötzlich überaus freundliche Töne zwischen lange tief verfeindeten Gegnern. Große Gefahren lassen große Feinde zusammenrücken. So ist Griechenland den Türken rasch zur Hilfe gekommen, was sogar zu einer Umarmung zwischen den Außenministern der beiden Länder geführt hat. So hat Armenien – ein anderer mit den Türken verfeindeter Nachbar – Hilfslieferungen geschickt und die Türken haben Grenzübergänge nach Armenien hoffentlich dauerhaft geöffnet. So hat es plötzlich fast noch sensationellere Kontakte zwischen Syrien einerseits sowie Saudi-Arabien und Ägypten andererseits gegeben, den beiden wichtigsten Staaten der arabischen Welt, die zuletzt mit Syrien total verfeindet gewesen sind. Ob es als wichtigstes Element der politischen Dialektik der Erdbebenkatastrophe auch zur dringend notwendigen Abwahl des türkischen Machthabers Erdogan kommen wird, ist freilich noch völlig offen. Aber ebenfalls wahrscheinlicher geworden.
  9. Besonders überraschend und seit langem wieder ein wichtiger Friedensbeitrag der EU-Vormächte Deutschland und Frankreich: Sie haben Serbien und Kosovo erstmals dazu gebracht, eine Einigung zu unterzeichnen, das wichtige technische Fragen im Zusammenleben regelt. Von einer Anerkennung des Kosovo durch Serbien sind wir freilich noch weit entfernt. 
  10. Last, but not least: der verkündete Konsens bei der seit Jahren umstrittenen Umsetzung des Brexit. Erstmals haben Premier Sunak und EU-Präsidentin Von der Leyen eine Einigung erzielt, wie das leidige Thema Nordirland, das als Nicht-EU-Gebiet gleichzeitig ohne Grenzkontrollen offen für den EU-Handel sein soll, gelöst werden soll. Noch ist das Kleingedruckte nicht bekannt. Noch ist unklar, ob nicht noch eines der vielen Gremien auf beiden Seiten – etwa das britische Unterhaus – Sand ins Getriebe werfen kann. Aber dennoch klingt alles viel positiver als all die Entwicklungen der letzten Jahre. Es scheint sich die Vernunft durchzusetzen. Brauchen doch beide Seiten angesichts der vielen sonstigen Krisen ganz dringend einen Erfolg. Und macht doch der russische Amoklauf ein Zusammenrücken des freien Europas geradezu zum Imperativ.

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