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Diesen Unterschied zwischen Deutschland und Österreich möchte man Klavierspielen können. Die deutschen Gewerkschaften haben erkannt, dass sie mit Aktionären und Vorständen in einem Boot sitzen, und setzen sich vehement für deren Bezüge ein. In Österreich hetzt hingegen die Arbeiterkammer in genau die gegenteilige Richtung und beschimpft gutverdienende Spitzenmanager in Gossenmanier als "Fat Cats".
Das macht für Deutschlands Zukunft doch wieder leise Hoffnungen, auch wenn sonst viele Daten steil nach unten weisen. Ganz offensichtlich sind die Katastrophenmeldungen und Belastungen für die Wirtschaft aber schon so dicht – Energiepreise, Atomkraftwerks-Aus, Inflation, drohende Rezession, Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, Lieferkettengesetz – , dass die Gewerkschaft sich jetzt offen an die Seite der Bosse und Aktionäre stellt.
Yasmin Fahimi, die Chefin der deutschen Gewerkschaften, kritisiert öffentlich, dass Unternehmen bei Zuwendungen über 50 Millionen Euro als Folge der Energiepreisbremse keinerlei Boni und Dividenden zahlen dürfen. Dadurch werde in Deutschland das "Risiko der Deindustrialisierung" noch größer. Dividenden und Boni "sind die normalen Mechanismen der Marktwirtschaft. Es mag ja sein, dass die einem nicht gefallen. Aber jetzt ist nicht die Zeit für kapitalismuskritische Grundsatzdebatten, sondern für effektives Handeln in der Realität."
Man muss es dreimal lesen. Jahrelang hat man vergeblich versucht, Linken genau diesen Zusammenhang klarzumachen, dass Unternehmen abziehen werden, wenn die Eigentümer (also Aktionäre) und Spitzenmanager als Folge eines Klassenkampfes nichts verdienen dürfen. Jetzt plötzlich wird genau das von der obersten deutschen Gewerkschafterin selbst getrommelt. Fahimi hat begriffen, dass der Wirtschaft das Wasser bis zu den Nasenlöchern steht. Es geschehen noch Zeichen und Wunder.
Auf diese muss man bei den heimischen Genossen leider noch warten. Knapp nach den Fahimi-Aussagen flimmert ein Hetzaufruf der österreichischen Arbeiterkammer über den Bildschirm, in dem der "Fat Cat Day" ausgerufen wird, weil die großen Industriechefs ein Vielfaches der Durchschnittseinkommen verdienen.
Offensichtlich leben die österreichische AK und der deutsche DGB auf verschiedenen Planeten und nicht in der gleichen mitteleuropäischen Realität, wo gerade die deutsche und die österreichische Industrie und damit die besten Arbeitsplätze eng miteinander verwoben und voneinander abhängig sind.
Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".