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Niederösterreich zwischen Koalitionskrise und nächstem WKStA-Eklat

Ein unguter Wahlkampf mit etlichen Untergriffen geht zu Ende. Dass darin alle anderen Parteien gegen eine einzige gekämpft haben, war nicht weiter überraschend, da es bei dieser am meisten zu holen gibt. Ebenso wenig, dass die Bundespolitik die Wahlen im größten Bundesland total überschattet hat. Viel spannender ist es, genauer zu analysieren, warum Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner voraussichtlich ziemlich schlecht abschneiden wird. Und am spannendsten und empörendsten ist, dass neben dem ORF die sich zur politischen Großmacht hochintrigierende und demokratiegefährdende WKStA in diesem Wahlkampf schon wieder eine mehr als seltsame Rolle gespielt hat.

Zuerst zu den dominierenden Auswirklungen der Bundespolitik. Diese schaden ganz eindeutig und massiv der ÖVP. Aus folgenden Gründen:

  1. Die ÖVP hat sich selbst in eine Position manövriert, wo ganz automatisch alle anderen Parteien fast in geschlossener Marschformation gegen sie antreten: die Oppositionsparteien sowieso quasi naturgemäß, aber auch der grüne Koalitionspartner. Die Grünen zeigen ständig, dass sie innerlich nur das Alter Ego der SPÖ, die andere Verkörperung der Sozialisten sind, und dass sie in der Sekunde, da diese endlich eine Mehrheit hätten, in eine Linkskoalition wechseln würden. Dieses innere Selbstverständnis der Grünen nicht durchschaut zu haben, war der große strategische Fehler des von Sebastian Kurz durchgeführten Koalitionswechsels.
  2. Bundesweiten Schaden für die ÖVP – aber auch für die Demokratie und den Rechtsstaat – hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss verursacht, der zu 90 Prozent aus wilden und nie bewiesenen Verschwörungstheorien der anderen Parteien bestanden hat, über den lediglich die Taten zweier wirklich durch Beweise belasteter ÖVP-Exponenten (Karmasin und Schmid) neuerlich durch die Öffentlichkeit gezerrt werden konnten. Der Hauptschaden für die ÖVP bestand aber in der unzählige Male vom ORF wiederholten und eigentlich kriminell verleumdenden, aber vom linkskontrollierten Verfassungsgerichtshof tolerierten generalisierenden und vorverurteilenden Ausschuss-Bezeichnung "ÖVP-Korruption" und dem Bekanntwerden pikanter (wenn auch rechtlich völlig irrelevanter und daher illegal an die Öffentlichkeit dringender) Schimpfworte wie "Orsch" und vieler anderer rein privater Chat-Inhalte, die die Öffentlichkeit nichts angehen.
  3. Gleichzeitig – nur ein scheinbarer Widerspruch – fehlt der ÖVP mit dem Abgang des charismatischen Kurz der attraktive Wählermagnet, zu dem sich Karl Nehammer in keiner Weise entwickeln hat können.
  4. Unabhängig davon sind europaweit für Regierungsparteien, linke wie rechte, wirtschaftlich schlechte Zeiten auch politisch schlechte Zeiten. Wirtschaftlich schlecht sind sie ganz enorm: Siehe die Stichwörter Inflation, Rezessionsgefahr, Nachwirkungen der Corona-Krise und wirtschaftliche Auswirkungen eines großen Krieges in der Nachbarschaft.
  5. Dazu kommt das neuerliche exorbitante Anschwellen der illegalen Migration, an der zwar eindeutig die weltfremde Judikatur europäischer und österreichischer Höchstgerichte und das jahrelange Fehlen eines EU-Konsenses über die notwendigen Maßnahmen die Hauptschuld tragen. Diese Migration wird aber von vielen Bürgern nachvollziehbarer Weise vor allem der Hauptregierungspartei angelastet, da die europäischen und rechtlichen Verantwortungen für die meisten zu kompliziert sind.

Gleichzeitig mit den Auswirkungen dieses ihr heftig ins Gesicht blasenden Sturmes aus der Bundes- (und Europa-)Politik hat es die niederösterreichische ÖVP nie geschafft, in der Landespolitik selbst einen Rückenwind zu gewinnen. Auch die landesspezifischen Aspekte lassen sich in mehrere Punkte aufgegliedert analysieren:

  • Johanna Mikl-Leitner hat nie die Strahlkraft ihres Vorgängers Pröll erlangt, der ständig durchs Land gezogen ist und dort jeden einzelnen Niederösterreicher so begrüßt hat, als wäre dieser seit der Volksschule sein engster Freund.
  • Mikl-Leitner hat es im Gegensatz zu Pröll auch nie geschafft, ein Thema so kraftvoll zu besetzen, einen angeblichen Feind so aufzublasen, dass Bedrohung oder Thema die Niederösterreicher emotional bewegt hätten. Wie es Pröll einst beim "heroischen" Abwehrkampf gegen den angeblich gefährlichen Semmering-Tunnel gelungen ist; wie es bei der Durchsetzung einer eigenen Landeshauptstadt gewesen ist; wie es die Beschimpfung des Frank Stronach als aus dem Ausland gekommenen Millionärs gewesen ist.
  • Spätestens in der abschließenden TV-Diskussion hat Mikl-Leitner auch schon körpersprachlich massiv Nerven gezeigt, was einem Politiker nie passieren sollte.

Ebenso hat Mikl-Leitner nun höchstwahrscheinlich die Folgen von drei Fehlern an der Schnittstelle zwischen Bundes- und Landespolitik zu tragen, bei denen sie selbst der ÖVP-Spitze jeweils strategisch falsche Ratschläge gegeben haben dürfte – wobei einzuräumen ist, dass ihre Rolle bei allen drei Entscheidungen nicht direkt nachzuweisen, sondern nur durch Indizien erschließbar ist:

  • Sie galt immer als Verteidigerin des ORF-Gebührenmonopols, weil der für sie wichtige ORF-Niederösterreich traditionell ÖVP-freundlich berichtet (so wie auch alle anderen ORF-Landesstudios Speichellecker der jeweiligen regionalen Machtpartei sind – jene in Wien am schlimmsten). Diese ÖVP-Nähe der NÖ-Berichterstattung ist nun im Wahlkampf plötzlich vom linken Intrigenzirkus im ORF in einer verlogenen Kampagne plötzlich massiv thematisiert worden. Dies geschah insbesondere durch die ZiB- und Radio-Zentralredaktionen, die die Affäre Ziegler (dem NÖ-Landesintendanten waren offenbar ein paar Mails entwendet worden) hemmungslos aufgeblasen haben, während sie die Zustände in anderen Landesstudios nicht einmal erwähnen, geschweige denn in den bundesweiten Hauptnachrichten des ORF-Fernsehens.
  • Sie galt auch als eine jener Landeshäuptlinge, die Sebastian Kurz 2019 zum selbstbeschädigenden Bruch der schwarz-blauen Koalition geraten haben.
  • Ebenso galt sie als einer jene Landesfürsten, die im Druck der infamen WKStA-Kampagne Kurz zum Rückzug geraten haben.

Gewiss: In keinem dieser Punkte ist das Verhalten der niederösterreichischen Landeshauptfrau bewiesen. Aber Mikl-Leitner ist jedenfalls nie öffentlich gegen diese drei Fehlentscheidungen aufgetreten, die ihr, die der ÖVP jetzt ziemlich dauerhaft auf den Kopf fallen.

Große Wahlsiegerin dürfte die FPÖ werden, die auf den zweiten Platz in einem Bundesland vorstoßen könnte, in dem sie bisher nie sonderlich daheim gewesen ist. Sie hat das insbesondere folgenden Faktoren zu verdanken, die sie zur einzigen Profiteurin der skizzierten ÖVP-Probleme machen:

  1. Die hasserfüllte Kampagne vor allem des ORF gegen die Freiheitlichen hat vielen Bürgern eine Botschaft vermittelt, die wohl nicht ganz in der Intention des ORF gelegen ist: Wenn man der herrschenden Politik besonders kräftig gegens Schienbein treten will, ist die FPÖ die deutlichste, ja die einzige Möglichkeit dazu.
  2. Die Anti-FPÖ-Attacken des Alexander van der Bellen, der sich wie einst Thomas Klestil als Bezwinger des freiheitlichen Tigers aufplustert, waren erkennbar unfair: Erstens lastete er die skandalöse Hausdurchsuchung beim Verfassungsschutz der FPÖ an, obwohl sie von der WKStA angeordnet worden war. Zweitens sorgt es für Empörung bei den Wählern, wenn er unmissverständlich andeutet, sich nach den nächsten Nationalratswahlen über den demokratischen Wählerwillen hinwegsetzen zu wollen, wenn dieser unerfreulich für ihn ausfallen sollte. Damit rückt er die FPÖ gleich doppelt in die Rolle des untergriffig Verfolgten.
  3. Bedauerlicherweise dürfte bei gar nicht so wenigen Österreichern auch der Ukraine-Krieg eine erstaunliche Folge haben: Denn offenbar hat der links wie rechts außen verbreitete Antiamerikanismus und die kaum getarnte Unterstützung der Freiheitlichen für den russischen Angriffskrieg etliche Wähler ins Lager der FPÖ getrieben.
  4. Eine ähnliche Wirkung dürfte auch die freiheitliche Kampagne gegen die Corona-Impfung ausgelöst haben, obwohl diese in Wahrheit eindeutig positiv ist.

Dass all diese Faktoren der FPÖ fast als einziger nutzen dürften, hängt aber auch mit der Schwäche der Linksparteien zusammen.

Die zwei Kleinparteien leiden nicht nur unter der Schwäche ihrer Spitzenkandidatinnen. Ihnen schadet auch das Wissen der Niederösterreicher, dass Grün und Pink auf Grund der Landesverfassung de facto keine Chance haben, in die Landesregierung zu kommen, dass sie daher auch nicht relevant werden können. Sie haben beide bei den Wählern überdies auch keine unter die Haut gehenden Botschaften durchgebracht.

Letzteres trifft auch auf die SPÖ zu. Sie dürfte ähnlich wie die ÖVP unter fast allen bisherigen Ergebnissen abschneiden. Die für sie prophezeiten 23 Prozent sind ein Jammer, haben doch die Sozialdemokraten einst oft über 30 und einmal sogar über 40 Prozent der niederösterreichischen Stimmen errungen. Die Ursachen der SPÖ-Krise:

  1. ein ebenfalls ganz schwacher Spitzenkandidat;
  2. peinliche Fehler in der Kampagne ("die rote Hanni");
  3. die schwache Leistung der Bundespartei, die unter Pamela Rendi-Wagner nicht imstande ist, vom Tief der Regierungsparteien zu profitieren, obwohl sie theoretisch die Chefin der Opposition zur Regierung ist;
  4. und der innerparteiliche Dauerkonflikt beim dominanten Thema der illegalen Migration, wo die SPÖ zerrissen wird zwischen den gutmenschlichen Bobos der städtischen Schickeria einerseits, die de facto alles hereinlassen wollen, und dem ganz anders gearteten Kurs des Burgenlandes – was ihr so und so jede Glaubwürdigkeit nimmt.

In dieser Mehrfachkrise hat der SPÖ nicht einmal die skandalöse Wahlhilfe der Genossen aus der Korruptionsstaatsanwaltschaft geholfen. Denn diese hat nur ganze drei Tage gebraucht, um eine anonyme Sachverhaltsdarstellung als unberechtigt niederzulegen, die Anfang des Jahres gegen den niederösterreichischen SPÖ-Spitzenkandidaten Franz Schnabl wegen recht undurchsichtiger Beteiligungen an einer seltsamen Privatbank eingegangen ist.

Man kann zwar keinen Zweifel haben, dass diese Anzeige einen parteipolitischen Hintergrund hatte – wie so viele andere Anzeigen. Das Empörende ist nun nicht die Einstellung an sich, sondern der skandalöse Kontrast zum sonstigen Verhalten dieser WKStA, sobald ähnliche anonyme Anzeigen gegen Politiker von Schwarz oder Blau einlangen. Da wird nie nach drei Tagen öffentlich erklärt, dass nichts dran sei. Wie viele Jahre es bei nicht gegen die SPÖ gerichteten Anzeigen dauert, bis die WKStA-Staatsanwälte sich zu einer Einstellung durchringen, ist mittlerweile ganz Österreich bekannt. Mit dem scheinheiligen Vorwand, allen Hinweisen nachgehen zu müssen, werden Verfahren oft jahrelang mit katastrophalen Folgen für die Betroffenen hingezogen und führen dann in 90 Prozent zu keiner Verurteilung, wie man jetzt neuerlich in der jüngsten WKStA-Bilanz zugeben musste. Bei Schnabl wusste die WKStA hingegen in – maximal – drei Tagen, dass da nichts dran war.

PS: Wegen ihrer Bilanz eines ständigen katastrophalen Scheiterns will die WKStA jetzt ein eigenes Gericht haben. Ganz offensichtlich im Glauben, ihre Opfer vor einem von Frau Zadic neu zusammengestellten Gerichtshof wenigstens hie und da auch gerichtlich verurteilt zu bekommen. Und in der Hoffnung, Frau Zadic werde endlich dafür sorgen, dass die WKStA mit ihr sympathisierende Richter bekommt.

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