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Zehn Fußnoten zu Anton Zeilinger

Der mit dem Nobelpreis ausgezeichnete oberösterreichisch-Wiener Physiker hat gedankt – aber nicht nur für den Nobelpreis, sondern auch den Steuerzahlern, die ihm seine Forschungen ermöglicht haben. Und das ist das eigentlich Bewegende an der historischen Nobelpreis-Ehrung für einen österreichischen Physiker. Aber nicht nur dieser Dank, sondern auch viele andere Beobachtungen rund um Zeilinger geben Anlass zu einigen Fußnoten anlässlich seiner Ehrung.

Im Detail:

  1. Die erste Fußnote ist einfach: Diese Ehrung gibt Grund zur Freude. Vor allem, weil es eine Ehrung im Bereich der Naturwissenschaften ist. In diesen Bereichen haben die Nobelpreiskomitees nur selten geirrt. Diese Ehrungen sind daher besonders ernst zu nehmen. Hingegen sind die Nobelpreise für Literatur und Frieden extrem problematisch und aleatorisch geworden, auch wenn viele Journalisten sich viel lieber mit ihnen befassen, vor allem, weil sie (so wie ich) mit den naturwissenschaftlichen Preisen nichts anfangen können, das aber nicht zugeben wollen. Bei der Literatur haben wiederum die meisten Bücherleser mit den Werken der Ausgezeichneten nicht viel anfangen können. In diesem Bereich fehlt im Unterschied zu den Naturwissenschaften jedenfalls der objektive Maßstab. Als da etwa eine Elfriede Jelinek geehrt worden ist, deren Werk man zumindest in Teilen kennt, ehrt das jedenfalls den Nobelpreis nicht, obwohl sie Österreicherin ist. Noch schlimmer sieht es in Sachen Friedensnobelpreis aus. Von Vietnam bis Äthiopien sind schon allzu oft Preisträger später als Minusmänner in die Geschichte eingegangen. Sei es, weil sie sich als totalitäre Diktatoren erwiesen haben, sei es, weil sie selber Verantwortung für neue Kriege getragen haben.
  2. Es ist ein bisschen Koketterie, wenn Zeilinger sagt, der Zweck seiner Forschungen sei einfach Spinnerei. Die Vermehrung des Wissens der Menschheit um alles, was in der Welt ist und was dort möglich ist, ist immer wichtig, immer wertvoll und kann daher nie Spinnerei sein. Es ist sogar eine der wichtigsten Qualitäten des Menschen, einfach Dinge verstehen zu wollen, wissen zu wollen, was ist, was war und was sein wird. Daher ist ein Erkenntnisgewinn immer zutiefst wertvoll, auch wenn er aufs erste nur als Spinnerei erscheint.
  3. Es hat sich überdies schon oft herausgestellt, dass das, was Zeitgenossen oder auch die Forscher selber als Spinnerei, als reine Theorie abtun, später sehr wichtig und relevant wird. Berühmtestes Beispiel für eine solche Entwicklung ist wohl Albert Einstein, der mit manchen seiner Theorien einst bei Zeitgenossen Kopfschütteln ausgelöst hat, deren Erkenntniswert erst Dekaden später relevant geworden sind. Auch bei der Raumfahrt war das "Wozu?" am Anfang keineswegs so klar wie heute.
  4. Man darf es so pauschal sagen: Alle naturwissenschaftlichen Spinnereien sind wichtig – wichtig auch für jene, die nur output- und nutzenorientiert denken wollen. Denn man kann nie wissen, welche Spinnerei, welche total abstrakte Grundlagenerkenntnis einmal über die – immer wichtige – abstrakte Wissensvermehrung hinaus konkreten Nutzen bringt. Aber mit Sicherheit tun das im Rückblick sehr viele Spinnereien.
  5. Zeilingers Ehrung ist aber auch als kleiner Beweis dafür zu werten, dass Österreichs Schul- und Bildungssystem nicht ganz so schlecht sein kann, wenn es solche Beweise für Exzellenz in diesem Land gibt. Ein klassisches Gymnasium, diese als altertümlich verschrieene Institution, hat sich wieder einmal als hervorragende Basis erwiesen. Es geht nämlich nicht darum, sich schon in frühester Jugend naturwissenschaftlich zu spezialisieren, es geht vielmehr darum, Denken zu lernen und zu trainieren, es geht noch mehr darum, geistige Offenheit und Neugier bei jungen Menschen nicht zu ersticken, sondern zu fördern. Was nur im Zusammenwirken von Familie und Schule gelingen kann.
  6. Mit Zeilingers Ehrung wird auch eine Wunde ein wenig geschlossen, die der gewaltige Aderlass an geistiger Kapazität gerissen hat, den die Armut der Zwanziger bis Fünfziger Jahr in den Reihen der im Lande wirkenden Großgeister ausgelöst hat, den noch viel mehr der Nationalsozialismus durch Ermordung und Vertreibung vor allem von Juden verbrochen hat. Aber immerhin: Das einst so große globale geistige Zentrum Wien ist nicht zur Gänze in dumpfer Kleingeistigkeit untergegangen.
  7. Zeilinger ist durch und durch katholisch geprägt worden. Das widerlegt einmal mehr die mancherorts ausgestreute Mär, dass das Christentum der modernen Wissenschaft im Wege stünde. Diese Mär hat auch früher nie gestimmt, waren doch über lange Epochen die katholischen Mönche die wichtigsten, ja oft die einzigen Träger der naturwissenschaftlichen Neugier und des daraus entstehenden Wissens. Siehe auch den schönen Schönborn-Satz: "Was der Vernunft widerspricht, kann nicht Teil des Glaubens sein."
  8. Zeilinger ist ein alter weißer Mann. Gar nicht auszudenken, hätte er durch die vernichtenden Mühlen des woken Wissenschaftsbetriebs der letzten Jahre müssen, in dem alte weiße Männer mancherorts als so ziemlich das Letzte gelten. In dem die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass auch ein Zeilinger durch die heutigen völlig leistungsfernen Auswahlkriterien an manchen Universitäten und bei manchen Forschungsförderungen nie zum Zug gekommen wäre, seine Forschungen vorantreiben zu können. Passt er doch nicht in die Frauenquote, ist er doch weder schwul, noch trans, noch Afrikaner.
  9. Last but not least sei noch einmal auf Zeilingers Dank an die Steuerzahler zurückgekommen: wie schön wäre die Welt, wie viel freudiger würden wir die gewaltige Steuerlast zahlen, würde sich öfter einer der Profiteure bei jenen bedanken, die das gesamte Staatsgetriebe finanzieren, denen der Staat die Hälfte des von ihnen Erworbenen wegnimmt (und wo die Linken immer noch mehr wegnehmen wollen). Dieser Dank stünde den gratis rundumversorgten Volksschulkindern und Studenten genauso an wie dem fürstlich (für was auch immer) honorierten Bundespräsidenten. Von munter pfuschenden Arbeitslosen und lustig tennisspielenden Frühpensionisten gar nicht zu reden, die wir als Produkt der Versozialdemokratisierung unserer Gesellschaft genauso – nein -, noch viel mehr finanzieren müssen als die Forschung.
  10. Jedenfalls wissen wir mehr denn je, dass Geld, das in ein gutes, sich auf traditionelle Qualitäten konzentrierendes Bildungssystem und in hervorragend ausgestattete naturwissenschaftliche Institute und Forschungsprojekte fließt, gut, wertvoll und vielleicht auch eines Tages nützlich investiert ist. Was man von vielen anderen Instituten ganz und gar nicht sagen kann, wie speziell denen für Politologie (wo fast nur Ideologie verzapft wird), Genderologie (wo eindeutig ein den Naturwissenschaften widersprechender Aberglaube verbreitet wird), Publizistik (wo man Ideologie, aber nichts Sinnvolles lernt) und vieles andere mehr: Sie zertrümmern mit ihrem niemals relevant und niemals nützlich werdenden Schwachsinn ganz im Gegenteil  Ansehen und Wert der Universitäten als Ganzes. Sie beschädigen damit indirekt aber auch den Stellenwert der Naturwissenschaft an den von ihnen so stark beeinflussten Universitäten, obwohl deren Wert und Ruf ganz und gar von den Naturwissenschaften abhängt. Denn wenn an Unis Gendertoiletten eingerichtet werden, ist das nicht anders zu werten als der Bau von Energieringen rund um Spitäler der Gemeinde Wien.

All diese Überlegungen aus Anlass der Ehrung für Zeilinger drängen sich auf, auch wenn man wie bei Einstein in Wahrheit fast nichts von dem versteht, was die Teleportation wirklich ist.

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