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Die Geburt eines Kindes – die Geburt des Kindes, das eine frohe Botschaft in eine dunkle Welt gebracht hat: Das ist der Kern dessen, was Christen in diesen Stunden feiern. Was auch immer die anderen feiern mögen. Der Winter ist es offenbar bei den Wiener Rathaus-Menschen, die skurrile "Wintermärkte" veranstalten. Ihre Genossen im Osten feierten oder feiern noch immer "Väterchen Frost". Der Großbäcker aus Vorarlberg feiert durch einen "Traditionsstollen" etwas, das vermutlich an die Stelle der wirklichen Tradition des Christstollens getreten sein soll. Hunderte solcher Beobachtungen lassen bange Fragen aufkommen: Wird das Christentum zunehmend verdrängt? Wird es wieder zur Untergrundkirche?
Nun, selbst wenn das so wäre, muss das keine unfrohe Botschaft sein. Hat doch das Christentum die größte geistige Dynamik seiner ganzen Geschichte in jenen Epochen gefunden, da es im Römischen Reich wirklich nur im Untergrund, in den Katakomben existiert hat, von wo aus es wider alle Verfolgungen zur größten und weltumspannenden Religionsgemeinschaft geworden ist.
Kann das Christentum wieder diese Kraft gewinnen? Die Antwort heißt zweifellos: "Ja – aber nur, wenn die Christen selber es wollen". Allzu oft sind sie in der Geschichte auch Irrwege gegangen. Das ist immer dann passiert, wenn sie sich allzu sehr dem Zeitgeist hingegeben haben, wenn sich die Amtskirche in ein Aggiornamento geflüchtet hat, also in eine modische Anpassung, statt für ihre ewigen Wahrheiten einzutreten.
Über etliche Jahrhunderte hatte das Aggiornamento der Kirchen – genauer: eines Teils der diversen christlichen Kirchen – darin bestanden, sich mit den politischen Mächtigen zu arrangieren, statt an der Seite des Volkes zu stehen. Es ist kein Zufall, dass das Christentum dort am stärksten und tiefsten verwurzelt ist, wo die Kirche fest an der Seite des Volkes gestanden ist und steht und nicht an jener der politischen Macht. Von Polen über die Slowakei bis Vietnam lässt sich das sehr gut nachweisen. Auch hierzulande war es kein Zufall, dass die Religiosität durch das weitgehende Nein der Kirche zum Nationalsozialismus (und durch das Nein der Nazis zur Kirche) besonders kräftig geworden ist.
Auch wenn es manche in ihrer politisch-korrekten geistigen Beengtheit nicht gerne hören: Zuwendung zum Volk bedeutet natürlich immer auch Zuwendung zu dessen Heimatverbundenheit, zu dessen nationaler Identität. Das war und ist nicht nur notwendig, sondern auch völlig legitim und richtig. Man nimmt Menschen nicht an, wenn man ihnen einen untrennbaren Teil ihrer Identität raubt. Auch objektiv ist ein Bekenntnis zur Heimat, zur nationalen Identität eine positive Kraft, die etwa die Osteuropäer nach den Verwüstungen des Kommunismus, oder die Österreicher nach den Verheerungen des Nationalsozialismus befähigt hat, in sensationell kurzer Zeit wieder eine starke Gesellschaft aufzubauen. Nationalismus wird erst dann etwas Negatives, wenn er dazu führt, dass sich ein Volk erhaben fühlt über andere, wenn es andere gar unterjochen, versklaven, erobern, ihrer Rechte auf Sprache, Kultur und Gleichberechtigung berauben will. So ist eindeutig der aggressive Chauvinismus in etlichen orthodoxen Kirchen, vor allem der russischen und serbischen, zutiefst unchristlich, weil er nicht oder nicht nur dem eigenen Volk den notwendigen Halt bietet, sondern sich aggressiv auch gegen andere Völker wendet. Oder gar Angriffskriege rechtfertigt.
Zurück zu den Gefahren von Irrwegen für die Kirchen. Heute lockt sie der Zeitgeist zumindest in Westeuropa nicht mehr zu den Wertkonservativen oder Sozialdemokraten. Heute begehen Teile der Kirchen den epochalen Fehler, sich mit anderen modischen Kulten zu arrangieren, oder zumindest die Übernahme dieser Kulte durch die staatliche Macht kritiklos hinzunehmen. Das ist der Kult der Schwulen und Transvestiten aller Art, der Kult der Dutzenden neuerfundenen "Geschlechter", der Kult des "sozialen Geschlechts", das man gemäß der jüngsten Verrücktheit ununterbrochen wechseln kann wie das Gewand. Aus diesem Aggiornamento kann für das Christentum eine noch viel größere Gefahr entstehen als durch die einstige Liaison mit den gekrönten Häuptern.
Musste die Kirche sich einst bei allzu großer Nähe zur Staatsmacht nur der kritischen Frage stellen, ob Christus nicht einst gesagt hat, dass sein Reich nicht von dieser Welt sei. Heute muss sie sich viel fundamentaleren Fragen stellen: Was hat das, was insbesondere der deutsche "Synodale Weg" verlangt, noch mit dem Christentum der letzten 2000 Jahre, mit der Botschaft des Evangeliums zu tun?
Jede Verrücktheit in der Kirche wird damit verteidigt, dass die Kirche ja in einer Krise sei, dass sie sich deshalb "modernisieren" müsse. Wahr scheint freilich das Gegenteil zu sein: Die Kirche, die Kirchen – die protestantischen noch viel mehr als die römische Kirche – haben aus drei ganz anderen Gründen viele Gläubige verloren:
Besonders beklemmend ist, dass es schon wieder deutscher Boden ist, von wo aus eindeutig schismatische Abtrennungssignale ausgehen, wo manche dabei sind, aus der katholischen Kirche hinaus auf einen eigenen Weg eines "zeitgemäßen" Christentums zu gehen. Der "synodale Weg" in Deutschland erinnert frappant an den Weg, den einst Martin Luther gegangen ist, nur weil die römische Kirche ihm damals nicht gefolgt ist. Freilich war Luthers damalige Kritik wohl in vielem berechtigter als die der heutigen deutschen Kirchenfunktionäre. Heute taumeln sie in ihrer Desorientierung jeder grünen Idiotie nach - und begreifen nicht einmal, dass die Grünen, die ja am Stamm des linken Sozialismus groß geworden sind, von einem tiefen Christenhass geprägt sind. Ist es nur Dummheit, ist es eine Art Stockholm-Syndrom, ist es Masochismus, dass vor allem in Deutschland so viele Bischöfe den Grünen nachtrotten?
Richtig freuen kann einem da, dass die österreichische Kirche sich – zumindest derzeit – sehr positiv von den deutschen Dummheiten abhebt.
Nicht nur das Weihnachtsfest mit all seiner strahlenden, von keinem "Wintermarkt" beeinflussbaren Beständigkeit gibt Zuversicht, dass die Christen wieder zu sich selber finden können und werden. Und zwar nicht nur der evangelikale Teil, der zum Unterschied von vielen anderen Teilen von Jahr zu Jahr stärker wird.
Vielleicht ist auch gerade die militante Herausforderung durch den Islam die Chance für die Christen: Denn letztlich geht es in einem globalen geistigen Ringen darum, für die Menschen überzeugender und glaubwürdiger zu sein als alle anderen geistigen und religiösen Angebote.
Eigentlich spricht ja viel gegen den Islam:
Dem steht die sensationelle und – bei allen Fehlern einzelner christlicher Exponenten – unverrückbare Botschaft des Jesus Christus von der Nächstenliebe gegenüber. Aber auch die Tatsache, wie viel erfolgreicher die christlich geprägten Nationen im Aufbau ihrer Gesellschaft gewesen sind.
Dennoch hat der Islam auf viele Menschen eine erstaunlich große Anziehungskraft. Das hängt nicht nur mit der sehr konkreten Lebensgefahr zusammen, wenn jemand aus dem Islam ausscheidet, sondern ganz gewiss auch mit der Ausstrahlung innerer Unsicherheit vieler Christen und mit der abstoßenden Besserwisserei so mancher christlichen Funktionäre.
Vor allem aber hängt es bei jungen Menschen damit zusammen, dass die christliche Welt in den letzten Jahrzehnten bei Grundfragen der menschlichen Identität irre Amokläufe hinlegt, dass der anthropologische und von der gesamten Wissenschaft der Biologie bestätigte Unterschied zwischen Männern und Frauen gerade in (einst) christlich geprägten Ländern ins Schwimmen geraten ist, dass Sexualität und Geschlechteridentität in diesen Ländern neuerdings beliebig gewechselt werden können wie Unterhosen. Das alles geht zwar vielfach nicht von Papst, Bischöfen oder Priestern aus (wenn man die offenbar in jeder zweiten Generation zu Amokläufen neigenden Deutschen übersieht). Aber Papst, Bischöfe und Priester haben sich nicht mehr getraut, weil sie ja so modern sein wollen, ein klares Nein zu all dem zu sagen. Was für ein Kontrast zum erfreulich deutlichen Nein nicht nur der katholischen Kirche zu Abtreibung und Euthanasie.
Das alles übertönt in den Ohren junger Menschen um ein Vielfaches die an sich so starke Botschaft des vor mehr als 2000 Jahren in die Welt gekommenen Kindes. Wenn eine Religion nicht mehr klare und unbeirrte Orientierung in fundamentalen Fragen geben kann oder will, dann orientieren sich junge Menschen naturgemäß immer weniger an dieser Religion.
Brauchen und suchen doch junge Menschen – als nur scheinbarer Kontrast zu ihrem zeitweiligen pubertären und ödipalen Aufbegehren – letztlich ständig nach Halt, nach Orientierung über die wichtigsten Fragen des Lebens, über das "Woher kommen wir?", über das "Wohin gehen wir?" und vor allem über das: "Was sind wir? Was ist ein gutes, ein geglücktes Leben? Wie soll ich leben?"
Zwar sind viele Antworten des Islam ganz sicher falsch und auch zum Teil böse. Aber er gibt eben Antworten und Halt. Und er ist immer mit einer klaren nationalen Identität verbunden.
Es ist eine Tragödie, dass zumindest derzeit die (späteren) Antworten des Kindes in der Krippe auf all diese Fragen nicht mehr gut und klar weitergegeben werden. Haben sie den Menschen doch so lange zu einem wirklich gelingenden Leben verholfen.