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Das große historische Verdienst der Linken, der Sozialisten, der Gewerkschafter war eindeutig das Engagement für die kleinen Leute, für die Menschen, die am Rande stehen. Sie haben – Hand in Hand mit den Bürgerlich-Liberalen – gegen die einstige Feudal-Aristokratie das zentrale Prinzip der Gleichberechtigung aller Menschen durchgesetzt. Dieses Verdienst kann nicht aus der Geschichte eliminiert werden, auch wenn der Linken vor allem im 20. Jahrhundert die blutig-totalitäre Perversion des Kommunismus entsprungen ist, auch wenn der Wohlstand der Massen letztlich ganz eindeutig durch andere Faktoren als die Agitation der Linken ermöglicht worden ist: durch die gigantischen Fortschritte von Wissenschaft und Technik, durch den Nutzen korrekt funktionierender Staatsverwaltungen und Gerichte, durch die Globalisierung und durch die Segnungen einer freien Marktwirtschaft. Aber unbestreitbar ist das Erkämpfen der Demokratie gegen Feudal- und Privilegiensysteme vor allem ein Verdienst der Linken. Umso beschämender, umso katastrophaler ist, dass sich die Linke am Ende des 20. Jahrhunderts von den kleinen Leuten hochmütig abgewandt und eine von Jahr zu Jahr elitärere Identität angenommen hat.
Das Engagement für die kleinen Leute ist heute bei den Roten nur noch historische Reminiszenz – oder eine geheuchelte Redeübung; bei den Grünen und Linksliberalen hat es ein solches Engagement überhaupt nie gegeben. In einem großen soziologischen Austausch haben die Sozialisten die Arbeiterschaft verloren und sind heute zu einer Bewegung für die früher so verachtete städtische Bourgeoisie, für Studenten und Intellektuelle geworden. Die kleinen Leute und Arbeiter hingegen werden heute in breiter Front von den einstigen Linksparteien links – oder eigentlich rechts – liegen gelassen. Nur bei den Pensionisten haben die Sozialisten noch eine starke Anhängerschaft – aber dort ist das bei vielen primär nur die Fortführung einer jahrzehntelangen Gewohnheit.
Ursache dieser Entwicklung ist einerseits der wachsende Wohlstand der Arbeiter und ihre Verwandlung zu Kleinbürgern; sie haben heute durchaus viel mehr zu verlieren als ihre Ketten, von denen die Sozialisten einst als Symbol geschwärmt haben. Noch viel mehr trägt das geistige Ausrinnen der Identität der Sozialisten schuld an dieser Entwicklung. Wie bei einem Gehirnaustausch in einem Science-Fiction-Film haben diese ihr historisch gewachsenes Denken durch ursprünglich von ganz weit rechts herkommende und dann über ganz weit links einsickernde grüne Parolen ersetzt. Dabei waren diese Parolen lange für jeden Linken unakzeptabler Blut-und-Boden-Faschismus.
Diese Entwicklung hat in den 70er Jahren begonnen. Damals haben in Österreich Studenten, Linksradikale und Boulevardzeitungen gegen die Arbeiter und die damalige SPÖ-Führung den Verzicht auf die Inbetriebnahme des schon fertigen Atomkraftwerks Zwentendorf durchgesetzt – und sehr bald die Schlagworte dieses Sieges zur innersten Identität der früher ganz anders denkenden Partei gemacht. Das hat sich ab der späteren offiziellen Gründung der grünen Partei zu einer Feldschlacht um die städtischen Bobo-Stimmen verstärkt. Und das hat mit dem von den Sozialisten unterstützten Heimat-Getue eines russisch-estnisch-holland-stämmigen grünen Ex-Parteiobmanns einen absoluten Höhepunkt erreicht.
Die Entfremdung der Arbeiter von den Sozialdemokraten/Sozialisten hat vor allem mit drei inhaltlichen Positionen zu tun, wo SPÖ wie SPD jedes Mal grüne Inhalte übernommen haben, die frontal dem Willen ihrer früheren Kernwähler aus der Arbeiterschaft widersprochen haben:
Das Gendern, also der Eindruck eines Verbots, nicht mehr so sprechen zu dürfen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, wie sie seit Jahrzehnten gesprochen haben, empört die Menschen noch viel mehr als andere Schwachsinnigkeiten aus der linken Ecke. Wie es etwa die Schwulenehe ist, wie die Erfindung zahlloser neuer Geschlechter, wie etwa die Leugnung der für einfache Menschen wie alle Naturwissenschaftler eindeutigen Identität von Männern und Frauen.
Diese zuletzt genannten Anliegen sind für Rotgrün und ihre Richter zentral. Für die meisten Menschen sind sie aber nur eine weitere Absurdität der Art, wie man sie sonst nur amüsiert in der Zeitung unter "Vermischtes" liest. Diese Absurditäten haben mit ihrem eigenen Leben wenig zu tun (außer sie haben Kinder, die in Zeiten der pubertären Verwirrung plötzlich glauben, das Geschlecht ändern zu müssen). Hingegen mit Sprache haben alle ununterbrochen zu tun.
Daher sind sie – genauso wie auch alle Linguistik-Wissenschaftler – empört, wenn ihnen eine militante kleine Minderheit vorschreiben will, dass sie künftig ganz anders zu reden haben. Diese Minderheit ist freilich in Medien und Politik sehr mächtig. Sie hat sowohl die klassisch-Konservativen wie auch die Arbeiter zu überrumpeln verstanden. Diese Gruppen fühlen sich an allen Regeln der Demokratie vorbei vergewaltigt. Mit gutem Grund: Hat es doch nie einen Wahlkampf gegeben, bei dem die Bürger über so essentielle Fragen wie die eigene Sprache abgestimmt hätten.
Und die einfachen Menschen spüren empört genau dasselbe, worüber Linguisten entsetzt und wissenschaftlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: dass das Gendern völlig unlogisch und widersprüchlich ist, dass es unpraktisch ist und dass es willkürlich und unsystematisch eingesetzt wird. Nur ein paar Beispiele:
Unzählig ließen sich die Beispiele fortsetzen, die beweisen, dass das Gendern krampfhaft ist, dass es unlogisch ist, dass es widersprüchlich ist. Egal in welcher Form man zu gendern versucht. Diese Vorwürfe gelten vor allem im Deutschen. Denn nur in dieser Sprache wird ja so krampfhaft gegendert; im Englischen, aus dem das Gendern einst gekommen ist, gibt es ja keine Geschlechter bei Substantiva; da gibt es das Gendern lediglich bei "he/she", weshalb es in dieser Sprache zwar auch überflüssig, aber problemlos verdaubar ist.
Die Absurdität hinter vielen Aspekten des Genderns wird keineswegs nur von Linguisik-Professoren und Germanisten erkannt und ständig aufgedeckt. Viel mehr Menschen spüren, dass im Zeitalter des Genderns die Sprache nicht mehr primär dazu verwendet wird, dass man sich möglichst einfach und möglichst klar miteinander verständigen kann. Sie wird vielmehr als ideologisches Banner missbraucht.
Gendern ist darüber hinaus ein Riesenproblem besonders für alle jene, die sich mit der Hochsprache schwer tun, etwa beim Lesen amtlicher Texte, die dadurch zwangsläufig länger und komplizierter werden.
Ein noch viel größeres Problem ist es für alle, die Deutsch als Fremdsprache lernen müssen. Dabei haben die Linksparteien eigentlich die Migranten als neues Zielpublikum ausersehen. Nach Verlust der Arbeiterschaft brauchen sie ja dringend ein solches. Daher wollen sie den Migranten auch möglichst rasch das Wahlrecht geben. Was nur die böse ÖVP verhindert. Wenn ihnen die Linken aber gleichzeitig das Erlernen der Sprache immer schwerer machen, erhebt das den Verdacht, dass es im Grunde eh genügen soll, wenn eingebürgerte Migranten nur die drei Buchstaben SPÖ lesen und ankreuzen können.
Schwachsinnig und tragisch ist, dass die ÖVP beim Gendern zu feig war, linkem Schwachsinn energisch entgegenzutreten. So, wie sie und die FPÖ dumm und feige die einst nur von linksradikalen Studenten und der "Kronenzeitung" ausgehende Anti-Atomkampagne übernommen haben.
Umso mehr ist anzuerkennen, dass die CDU in Thüringen jetzt einen historischen Landtagsbeschluss herbeigeführt hat, demzufolge Landtag und Landesregierung nicht mehr gendern dürfen. Großartig. Besonders zu respektieren ist, dass sich die CDU dabei nicht mehr dadurch wie unter Merkels Zeiten abschrecken hat lassen, dass die bisher so krampfhaft auf die Eselsbank verbannte AfD diesem Gesetz zugestimmt hat – denn ohne die AfD hätte sie ja keine Mehrheit gehabt.
Wieviel Gutes und Sinnvolles wäre in Österreich möglich, würden ÖVP und FPÖ ihre gemeinsame Mehrheit nutzen!
PS: Der eingangs skizzierte Identitätsverlust von Sozialisten und Gewerkschaften hängt auch eng damit zusammen, dass in Zeiten des größten Arbeitskräftemangels der Geschichte fast niemand mehr – außer den Beamten – die Gewerkschaften zur Verbesserung seiner persönlichen Einkommenssituation benötigt. Denn 90 Prozent der Arbeitnehmer müssen nur den Arbeitgeber wechseln – oder mit einem solchen Wechsel drohen – und schon verdienen sie deutlich mehr.