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Wenn es der SPÖ wirklich ans dicke Geld geht

Wer die Geschichte und inhaltlichen "Haltungen" der SPÖ während der letzten Jahrzehnte halbwegs kennt, der erkennt – jenseits der taktisch genialen, aber eigentlich geradezu kriminellen Umwandlung von Teilen der Staatsanwaltschaft und fast aller ORF-Redaktionen in De-Facto-Außenstellen der Partei – drei konstant gebliebene Schwerpunkte inhaltlich sozialistischer Identität. Zwei davon sind nun durch die politische Wende, die der stimmlose Burgenländer Hans Peter Doskozil vorantreibt, erstmals fundamental in Frage gestellt. Wobei eine der beiden von ihm attackierten SPÖ-Pfeile im Grunde Hunderte Milliarden wert ist – aber gerade der Angriff auf diese Abteilung linker SPÖ-Identität ist außerhalb des Burgenlandes kaum bekannt.

Diese drei Schwerpunkte der sich durch die gesamte zweite Republik hinziehenden sozialistischen Identität sind für den linken Flügel emotional umso wichtiger, da ja schon drei andere Elemente des früheren Wesens der Partei verloren gegangen sind:

  • In hohem Maße verloren ist für die SPÖ die Arbeiterklasse. Diese wählt heute keineswegs mehr geschlossen die SPÖ, sondern sowohl die ÖVP wie auch (und das derzeit besonders intensiv) die FPÖ, während nur noch Teile bei der Sozialdemokratie verblieben sind.
  • Weitgehend vergessen hat die SPÖ ihren einstigen militanten Kampf für die Verstaatlichung von Industrien aller Art. Denn vor allem in den von der populistischen Kreisky-Politik geprägten 70er und 80er Jahren hat sich die Entwicklung der "Verstaatlichten" als allzu katastrophal erwiesen. Daher löst auch eine eventuelle Privatisierung der noch in Staatshand verbliebenen Unternehmen keine allzu großen Emotionen mehr aus, sondern nur noch Stänkereien wie "Verschleuderung von Familiensilber".
  • Der Kampf gegen die Kirche ist angesichts der progressiven Schwäche dieses Gegners und angesichts der linken Sprüche des gegenwärtigen Papstes kaum noch als Kampf zu bezeichnen, sondern nur noch eine Rest-Reminiszenz.

Die noch verbliebenen drei Schwerpunkte sozialistischer (und damit auffallenderweise immer auch automatisch grüner) Identität:

  1. Der Kampf für die Gesamtschule: Angesichts der Massenmigration kann aber dieser Kampf insbesondere in den noch rot wählenden Arbeiterschichten kaum noch große Begeisterung auslösen – sondern lediglich bei den städtischen Bobos, die selbst wenig Kinder haben (etwa weil bei der ihnen am meisten Spaß machenden sexuellen Betätigung keine Kinder entstehen können) oder diese ohnedies in elitäre Privatschulen schicken.
  2. Das angeblich gutmenschliche Engagement für die legale wie illegale Immigration, durch die man auf neue Wähler hofft. Zwar hält gerade das viele autochthone Wähler von einem Linksticket ab, aber dennoch ist die Migrationspolitik für den Mehrheitsflügel der SPÖ zur Fahnenfrage geworden (die dann auch zu so verbrecherischen "Haltungen" führt wie dem von Gemeinde-Wien-Beamten in militärischer Geschlossenheit an die Immigranten gegebenen Ratschlag, in ihrer Familie bei der alten Sprache zu bleiben, weshalb die Immigranten und ihre Kinder schon rein sprachlich nie wirklich in Österreich ankommen). Im Bereich der Migration versucht Doskozil nun seit einiger Zeit eine Wende herbeizuführen. Diese Versuche (und die in Umfragen sichtbare Bevölkerungsstimmung) haben inzwischen auch eine marginale Kursänderung bei der von Doskozil verachteten Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner ausgelöst. Die Durchschnittswähler haben freilich davon noch kaum etwas bemerkt – was angesichts der zu Doskozil komplett konträren Position des Wiener Rathauses auch künftig kaum möglich sein wird.
  3. Der Kampf für den Genossenschaftswohnbau anstelle des privaten Wohnungseigentums. Hier geht es wirklich für die Genossen um das ganz große Geld. Hier geht es nicht um Hunderte Millionen, wie sie etwa die vom Machtimperium des Wiener Rathauses für die Medienbestechung grob missbräuchlich ausgegebenen Steuergelder ausmachen. Hier geht es um Hunderte Milliarden, also das Tausendfache. Und ausgerechnet hier setzt Doskozil durch ein völlig neues, den Wohnungseigentums-Prinzipien der ÖVP sehr ähnliches Konzept zum Generalangriff auf die sozialistische Identität an.

Dennoch wird ausgerechnet dieser Punkt medial kaum beachtet. Dafür gibt es nur zwei mögliche Erklärungen:

  • Entweder ist den meisten Journalisten die Materie rechtlich und wirtschaftlich zu kompliziert.
  • Oder die massiven Inseratenschaltungen der Wohnbaugenossenschaften zeigen massive Wirkung bei den Zeitungen, insbesondere die teuer bezahlten Beilagen, die vor allem Wiener Genossenschaftswohnungen in den diversen unattraktiven Großprojekten an den Mann bringen sollen.

Egal, welche Erklärungsschiene da relevanter ist: Tatsache ist, dass das im Grund aus der Nazi-Zeit stammende und in der Kreisky-Zeit unter dem (ex-kommunistischen) Justizminister Christian Broda erneuerte Genossenschaftswohnbau-System ein Riesenskandal ist. Denn es zwingt die Wohnungsmieter, ungefähr die gleichen Summen wie ein Erwerber einer Eigentums-Wohnung zu zahlen, ohne dass sie dafür aber Eigentum an ihrer Wohnung bekämen. Und wenn sie ohne eintrittsberechtigte Kinder sterben oder ausziehen, fällt die Wohnung einfach ohne Entgelt an die Genossenschaft zurück.

Die meist sehr SPÖ-nahen Genossenschaften haben sich dadurch um gewaltige Summen bereichert. Der Jurist Erich Kadlec, der das System seit vielen Jahren durchleuchtet und kritisiert, schätzt die Summe der Bereicherung auf Hunderte Milliarden. Schwer nachweisbar ist freilich, wie viel davon direkt oder indirekt an die SPÖ fließt.

Das ist auch zweifellos der Grund, warum die Sozialisten bisher das Genossenschaftsmodell mit Zähnen und Klauen verteidigt haben. Angenehmer Randeffekt ist für die Partei, dass sie in der Führungsetage der Genossenschaften und bei der "Entwicklung" solcher Bereicherungsmodelle lukrative Positionen für gescheiterte Spitzenpolitiker reservieren kann (von denen man dann verlogen sagen kann, sie wären ja eh in der Privatwirtschaft tätig).

Noch angenehmerer Randeffekt: Immer wieder laufen dann unsaubere Geschäfte, bei denen die ganzen Genossenschaften um teures Geld an Immobilienspekulanten weiterverkauft werden, die dann privatwirtschaftlich mit den Wohnungen umgehen können. Einige von diesen – sofern sie als ÖVP-nahe gelten – werden von der WKStA zwar verfolgt, aber der auch in diesem Bereich heillos überforderten Behörde will auch hier nicht der Durchblick gelingen (weil natürlich keiner der Beteiligten Interesse an einer Offenlegung der wahren Zusammenhänge hat).

Das Modell im Detail:

  • Mieter zahlen bei diesen Genossenschaften für die bloße Überlassung des Gebrauchs dasselbe, was ein Käufer für Wohnungseigentum bezahlt.
  • Sie zahlen diesen Betrag aber auch dann monatlich weiter, wenn die gesamten Errichtungskosten bereit abbezahlt sind – was eine fette Einnahmequelle für die Genossenschaften darstellt.
  • Wenn sie später doch Eigentum an der von ihnen finanzierten Wohnung erwerben wollen, zahlen sie dann noch einmal den Tageswert der Wohnung als Fixpreis (der noch dazu von den Genossenschaften einseitig festgesetzt werden kann, und den die Mieter erst in einem mühsamen Rechtsverfahren senken können).
  • Und wenn sie ohne eintrittsberechtigte Erben sterben oder ausziehen sollten, fällt die ganze Wohnung überhaupt ohne Gegenleistung gratis an die Genossenschaften zurück.

Das ist alles für diese eine perfekte Bereicherungsmühle. Das macht auch klar, warum es die SPÖ immer so vehement verteidigt hat.

Die ganze SPÖ? Nein, im kleinen Burgenland regt sich seit Kurzem Widerstand. Im dortigen Wohnbauprogramm werden diese bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen als "falsch" bezeichnet, "wenn es sich tatsächlich um gemeinnützigen und sozialen Wohnbau handeln soll".

Im Burgenland hat man daher außerhalb dieses Bundesgesetzes ein (eigentlich) aufsehenerregendes Modell entwickelt und umzusetzen begonnen. Das aber aus den erwähnten Gründen eben kein Aufsehen erregt:

  1. Der Kaufpreis entspricht dem Errichtungspreis.
  2. Die gesamten Mietzahlungen sind gleichzeitig auch schon Ratenzahlungen für den Kaufpreis.
  3. Die Erwerber einer Wohnung erwerben vom ersten Tag ihrer Einzahlungen an sukzessive Eigentum an der Wohnung.
  4. Beim Ausziehen kann der Mieter den eingezahlten Betrag (mit von der Mietdauer abhängigen Abschlägen) zurückfordern.
  5. Jeder Nachmieter hat die gleiche Rechtsstellung wie der ursprüngliche Mieter.

Damit gibt es kein Körberlgeld mehr für die Genossenschaften durch Fortgang der Zahlungen nach Deckung der Errichtungskosten. Damit gibt es auch keine Bereicherung für die Genossenschaften mehr für den Fall, dass die Erwerber einer ihrer Wohnungen ohne eintrittsberechtigte Erben sterben oder ausziehen.

Dieses Modell ist zwar günstig für die Erwerber einer Wohnung – aber ganz ungünstig für das die Partei dominierende und eng mit den Genossenschaften verfilzte Wiener Rathausimperium. Daher dürfte Doskozils Wohnbau-Modell viel mehr als seine migrationskritische Haltung auch der wahre Grund sein, warum die Rathaus-Gewaltigen alles tun werden, damit dieser nicht an die Parteispitze kommen kann.

Da hilft es Doskozil nicht einmal viel, dass er seine Kehlkopf-Probleme in Deutschland behandeln lässt und nicht bei den tollen Ärzten des Wiener Rathaus-Imperiums.

Das alles wird aber trotzdem noch extrem spannend.

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