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Gleich nach seinem – bewusst bescheiden angesetzten – Start im Jahr 2002 hat der Euro einen triumphalen Aufstieg erlebt. Nur in den allerersten Tagen war er weniger wert als ein Dollar, seither jedoch immer wertvoller als dieser, bis er zum Ende dieses Sommers erstmals wieder unter diesen gefallen ist. Und erschreckenderweise hat daran die erstmalige Erhöhung der Zinsen nicht beigetragen, dass der Euro wieder kräftiger wird.
Auf seiner Hochschaubahn-Fahrt hat der Euro 2008 sogar den gewaltigen Wert von fast 1,60 Dollar erreicht. Das lässt nachsinnen, wie sehr jemand profitiert hätte, der damals all sein Geld in die US-Währung gewechselt hat. Noch mehr aber sollten wir uns bewusst machen, dass der Sturz des Euro den Zustand Europas symbolisiert.
Der Vergleich mit den USA wird angesichts der Tatsache noch viel erschreckender, dass auch diese viele Probleme haben. Man denke an die scharfe Polarisierung zwischen einem Präsidenten mit deutlichen Alterserscheinungen und dem bevorstehenden Wiederantreten des Donald Trump. Man denke an das teure Ausgabenpaket, mit dem Joe Biden jetzt in den Klimakampf eingestiegen ist. Man denke an die gleichzeitige Eskalation gegenüber China wie auch Russland. Um nur die wichtigsten Herausforderungen der USA anzureißen.
Und doch haben die internationalen Investoren heute weit mehr Vertrauen in die USA als in Europa. Jedoch: Die europäische Politik lässt das ziemlich kalt. Sie scheint derzeit nur die einzige Sorge zu haben, ob die Wähler wegen der steigenden Preise böse sind.
Die Inflation ist gewiss ein gewaltiges Problem, war sie doch seit den Siebziger Jahren nie so hoch. Nur erklärt dies nicht den Sturz des Euro. Ist doch die Inflation in den USA nur um wenige Zehntelprozent niedriger als in Europa. Aber dennoch spricht das Vertrauen der Menschen – deren Verhalten in Summe ja die Entwicklung der Märkte bedeutet – ganz für die USA und gegen Europa. Warum?
Freilich: So klar die Diagnose ist, so schwierig wird die Therapie. Ohne eine unabhängige EZB und ohne mutig Politik wird gar nichts gehen.
Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".