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Der Begriff "nachhaltig" ist durch die Grünen modisch geworden. Aber in Wahrheit ist er uralt und meint gutes Wirtschaften, das nicht nur auf heute und morgen blickt, sondern viele Jahre voraus. Der Begriff ist darüber hinaus ein Grundprinzip verantwortungsbewussten menschlichen Verhaltens.
Dem steht jedoch wieder in der Realität oft sehr kurzfristig-opportunistisches Denken gegenüber. Dieses zeigt sich in der skurrilen Orientierung an Quartalsergebnissen – als ob nicht jeder Vorstand imstande wäre, Bilanzen kurzfristig zu hübschen, indem er halt auf nur langfristig notwendige Investitionen verzichtet. Dieses Denken zeigt sich ebenso in ständig steigender Verschuldung eines Budget- oder Währungsraumes – als ob nicht die Geschichtsbücher voll wären von Beispielen der dadurch längerfristig verursachten Not.
Besonders lange praktiziert wird Nachhaltigkeit hingegen in der Land- und Forstwirtschaft. Die Aufforstung eines Waldes bringt zwar erst für die nächsten Generationen einen Nutzen – und erfolgt doch. Auf der anderen Seite zeigt gerade der Wald die Folgen verantwortungslosen Verhaltens: Europäisches Musterbeispiel ist die über Jahrhunderte erfolgte Abholzung adriatischer Wälder zum Bau venezianischer Schiffe – was bis heute irreversible Schäden und Verkarstungen auf der kroatischen Seite der Adria zur Folge hatte.
Verantwortungsloses Verhalten ist meist politisch motiviert: Ob durch das Verlangen Venedigs nach einer mächtigen Flotte oder durch Parteipolitiker, die sich mit zusätzlichen Schulden zusätzliche Stimmen bei der bevorstehenden Wahl kaufen wollen. Das Schlimme: Beides hat zumindest etliche Zeit funktioniert – venezianische Weltmachtträume ebenso wie der Versuch, solcherart Wahlerfolge zu erzielen.
Auf der anderen Seite gibt es in der Wirtschaft viele positive Beispiele von nachhaltigem Denken. Siehe etwa die oft viele Jahre erfordernde Markenpflege. Siehe insbesondere die vielen, für Deutschland und Österreich so prägenden Familienbetriebe, wo (fast) jede Generation von Eigentümern ganz natürlich an die nächste denkt.
Volkswirtschaftlich haben wir hingegen in den letzten 50 Jahren auf den wichtigsten Aspekt der Nachhaltigkeit total vergessen: auf die Ressource Mensch, auf genügend Nachwuchs, der einer postindustriellen Gesellschaft gut gewachsen ist. Wir haben – etwa rund um den Club of Rome – in den 70er Jahren panisch phantasiert, dass die Welt zur Jahrtausendwende kein Öl und Gas haben werde. Heute hat die Welt noch immer genug davon – würde nicht ein Diktator den Gashahn einseitig abdrehen. Was nur vorübergehend gelingen kann.
Hingegen haben wir völlig übersehen, dass gut qualifizierte Mitarbeiter oder Unternehmer wichtiger sind als alles andere – und umso wichtiger, je entwickelter eine Ökonomie ist. Wir haben schon fast zwei Generationen lang in ganz Europa viel zu wenige Kinder in die Welt gesetzt. Und wir haben die Folgen ignoriert – oder geglaubt, dass man diese einfach durch Importe wenig gebildeter Afrikaner oder Asiaten ersetzen kann, oder wir haben naiv von Robotern geträumt, die menschliche Mitarbeiter ersetzen würden.
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wir dieses Versäumnis noch mehr bereuen werden müssen als viele andere Bereiche, wo wir auf Nachhaltigkeit vergessen haben.
Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".