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Österreich hat einen neuen Mega-Skandal. Die Fakten hinter dem versuchten und zum Glück gescheiterten Selbstmord des FPÖ-Ex-Abgeordneten Jenewein enthüllen sowohl einen FPÖ- wie auch einen Kronenzeitungsskandal – wie auch einen weiteren der leider fast schon üblichen Justizskandale. Schon das, was bis jetzt bekannt ist, löst sowohl bei Medien- wie auch Politik-Konsumenten einen angewiderten Brechreiz aus. 13 Beobachtungen zur Jenewein-Affäre und fünf wahrscheinliche Konsequenzen.
Der Auslöser ist bekannt: Auf dem Handy Jeneweins war der Text "anonymer" Strafanzeigen gegen eine Reihe vor allem Wiener Parteifreunde gefunden wurden. Als Reaktion ist Jenewein von Herbert Kickl in seinem Job als Angestellter des FPÖ-Parlamentsklubs hinausgeworfen worden. Diese Reaktion ist wohl schlagender Beweis, dass sich der Text nicht etwa nur deswegen dort befunden hat, weil ein anderer Anzeiger halt etwa Kopien an Jenewein geschickt hätte.
In der weiteren Folge ist dieser zuerst empört über den Hinausschmiss aus der Partei ausgetreten und dann von seiner Familie nach einem Selbstmordversuch bewusstlos aufgefunden worden. Dieser dürfte aber medizinisch nicht allzu folgenschwer gewesen sein. Und schließlich veröffentlichte die Kronenzeitung einen angeblichen Abschiedsbrief Jeneweins, dessen Existenz wiederum von seinen ehemaligen Parteifreunden wütend dementiert wird.
Was heißt das alles? Vieles scheint schon derzeit eindeutig zu sein – bevor noch Jenewein selbst das Wort ergreift. Es wäre freilich eher überraschend, dass er das freiwillig und ehrlich macht. Es sei denn, er wird eines Tages etwa als Zeuge – oder gar Angeklagter – vor Gericht erscheinen müssen. Was aber ebenfalls keine Garantie ist, dass dann alles klar wird.
Zuerst zum Brief: Alles deutet darf hin, dass die Kronenzeitung diesen "Abschiedsbrief" gar nicht hat. Denn hätte sie ihn, dann hätte sie wohl längst triumphierend ein Faksimile veröffentlicht.
Andererseits sind die wütenden Dementis aus der FPÖ über die Existenz eines solchen Briefes noch kein Beweis, dass es ihn wirklich nicht gibt, etwa bei der Polizei.
Jedenfalls ist Tatsache, dass Jenewein in den Stunden vor dem mutmaßlichen Suizid von der Partei hinausgeworfen worden ist. Und dass die FPÖ sein ganzer Lebens- und Existenzinhalt gewesen ist. Dazu kommt, dass seine Schwester Belakowitsch ja noch immer FPÖ-Abgeordnete ist und als solche sehr oft als oberste Scharfmacherin (insbesondere zu Corona) ganz auf der Linie des Herbert Kickl agiert.
Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass sich die Krone, wie es bei Boulevardzeitungen schon öfter passiert ist, den Inhalt eines möglichen Abschiedsbriefes auf Grund des vorher Passierten zusammengereimt hat. Nach einem in diesem Medieneck nicht unüblichen Motto: Was wird er schon geschrieben haben ...
Der Hass der Kronenzeitung auf die FPÖ – ganz im Gegensatz zur einstigen innigen Liebe – ist ja entbrannt, seit bekannt geworden ist, dass H.C. Strache in Ibiza über eine Krone-Übernahme phantasiert hat (was eigentlich kein Grund zum Krone-Zorn gewesen ist, sondern eher ein indirektes Kompliment).
Ein massives Indiz für ein extrem schlechtes Gewissen der Kronenzeitung ist jetzt die Tatsache, dass der angebliche Abschiedsbrief aus der Krone-Berichterstattung inzwischen völlig verschwunden ist. Hätte das Blatt auch nur den Funken eines Beweises, dann hätte die einst auflagenstarke Zeitung inzwischen aus schweren Kanonen auf die FPÖ-Aussagen zurückgeschossen, es gebe diesen Brief nicht.
Vieles deutet also daraufhin, dass wir den größten Medienskandal seit vielen Jahren haben, der mindestens mit Hinauswurf des betreffenden Redakteurs enden müsste – es sei denn, dieser hat sich vorher bei der obersten Blattführung abgesichert. Ohne ein solches Bauernopfer kann der Krone-Skandal aber umgekehrt für das ganze Blatt existenzbedrohend werden.
Ebenso möglich wie eine plumpe journalistische Erfindung ist aber auch, dass sich die Krone hineinlegen hat lassen – oder dass es sehr wohl einen solchen Brief gibt, die Krone aber nur mündlich davon erfahren hat. Falls es ihn wirklich gibt, muss der Verdacht einer Weitergabe auf die Polizei fallen. Lebt doch die Krone seit langem von vertraulichen – und meistens zutreffenden - Kriminal-Hinweisen aus dem Machtbereich des Innenministeriums (während die politische Berichterstattung des Blattes seit Abtreten der Gründergeneration rund um Hans Dichand, also der Herren Dragon, Nimmerrichter und Trost, völlig irrelevant geworden ist).
Dennoch muss man es als große Unprofessionalität der heutigen Krone bezeichnen, ohne Beweis in der Hand über einen Abschiedsbrief zu schreiben.
Diese Unprofessionalität der heutigen Krone könnte aber auch für eine Intrige aus dem Eck der schlimmsten Politkriminalität der Republik genutzt worden sein. Das ist jenes Eck, wo unter anderem die Aktionen Silberstein und Ibiza ausgeheckt worden sind, wo krampfhaft "Einzelfall"-Beweise gegen die FPÖ gesucht worden sind. Dieses Eck hat seit langem abwechselnd die ÖVP und die FPÖ im Visier – die Zadic-Staatsanwälte haben hingegen auffallend rasch das Interesse an seiner kompletten Ausleuchtung verloren, dafür jedoch wild gegen jene Polizisten gekämpft, die dem Lauschangriff von Ibiza eingehender nachgehen wollten.
Diese Sauereien rund um die Krone ändern aber nichts an der Tatsache, dass Jenewein knapp vor dem angeblichen oder wirklichen Selbstmordversuch von Kickl hinausgeworfen worden ist. Dabei waren er und seine Schwester Dagmar Belakowitsch im FPÖ-Klub jahrelang die engsten Alliierten von Kickl. Daher muss der Hinauswurf jedenfalls von Jenewein als schlimmer persönlicher Verrat und arge Enttäuschung empfunden worden sein.
Da auch keinerlei Begründung für diesen Hinauswurf gegeben wurde, kann es wohl als klarer Beweis gelten, dass er eine Reaktion auf das ist, was vorher bekannt geworden ist. Das war die aufsehenerregende – und nie dementierte – Information des Bundeskriminalamtes über den Inhalt von Dingen, die auf Jeneweins Handy oder Computer gefunden worden sind.
Diese Information in Medien, die sich unter Verwischung ihrer Informationsquelle als angebliche "Investigativplattform" missbrauchen lassen, dürfte übrigens nicht direkt von den Kriminalbeamten stammen. Diese hätten niemals ihr eigenes Amt in Verruf gebracht. Der Verdacht muss neuerlich viel eher auf die Staatsanwaltschaft fallen, dass sie in bekannter Art einen internen Aktenvermerk der Polizei über diese Handyinhalte an die Medien weitergespielt hat. Die Staatsanwälte wissen ja inzwischen, dass sie von der Führung des Justizministeriums gegen alle Untersuchungen ihres Verhaltens geschützt werden (zumindest solange dieses Verhalten die "richtige" politische Intention hat).
Damit hat die Justiz neuerlich Zufallsfunde aus meist willkürlich beschlagnahmten Geräten von schwarzen und blauen Politikern benutzt, um diesen durch Leaks an willfährige Medien zu schaden (längst ist man ja so schlau, das nicht mehr nur über "Falter" oder "Profil" zu machen, deren Glaubwürdigkeit ja massiv reduziert ist).
An roten oder grünen Politikern ist die Staatsanwaltschaft hingegen völlig desinteressiert. So etwa – um den aktuellsten Fall zu nennen – am grünen Vorsitzenden des mächtigsten ORF-Gremiums, des Stiftungsrates. Denn dieser Lothar Lockl arbeitet nicht nur für den Bundespräsidenten und den angeblich unabhängigen ORF, sondern hat auch von grünen Ministerien geldschwere Aufträge entgegengenommen.
Unvereinbarer geht’s wohl nimmer. Wäre das bei einem schwarzen oder blauen Politdrahtzieher in einer medialen Schlüsselstellung der Fall, dann wäre dieser mit Sicherheit von der WKStA schon für den Rest seines Lebens mundtot gemacht worden (er wäre, in der Formulierung von Ministerin Edtstadler, dem "zivilen Tod" zugeführt worden). Bei den grünen ORF-Bonzen reagiert sie hingegen überhaupt nicht. Ebenso schweigen der bei jeder schwarzen oder blauen Äußerung so aufgeregte Redaktionsrat und die auf Twitter sonst so aktiven linken Scharfmacher aus den ORF-Redaktionen.
Zurück zu den Zufallsfunden bei Jenewein: Diese dürften zwar auf den ersten Blick keine rechtlich strafbare Aktion enthüllen, aber sehr wohl eine moralisch wie politisch überaus miese – nämlich anonyme Anzeigen gegen FPÖ-Parteifreunde wie H.C. Strache und den Wiener FPÖ-Obmann Nepp. Das führt zu einer Reihe von Anmerkungen.
Wie geht es nun weiter? Neben vielen noch möglichen Überraschungen scheinen drei Dinge wohl festzustehen:
Jenewein hält jedenfalls den letzten Puzzlestein zu den vielen hier aufgezählten Indizien und Aspekten in der Hand. Ihn zerreißt innerlich derzeit wohl die Diskrepanz zwischen fünf widerstreitenden Faktoren: