Von Amerika bis Österreich: grenzenlose Heuchelei
10. Juli 2022 01:27
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 5:30
Es ist eigentlich unvorstellbar, wie sehr in Medien, Politik und auch oft in der Justiz mit zweierlei Maß gemessen wird. Wie absolut vergleichbare Dinge in einem Fall zum Megaverbrechen aufgeblasen werden, im anderen aber als scheinbar völlig problemlos übergangen werden. Ob es nun den amtierenden US-Präsidenten betrifft oder (wieder einmal) österreichische Staatsanwälte oder einen SPÖ-Abgeordneten oder den Verfassungsgerichtshof: Ringsum stößt man auf Beispiele, wo in skandalöser Art Gleiches völlig ungleich behandelt wird. Das sollten übrigens auch ÖVP und FPÖ endlich begreifen, statt einander zum Gejohle der Linksparteien gegenseitig zu zerfleischen.
Sechs grausliche Heuchelei-Beispiele:
- Das erste Beispiel betrifft den US-Präsidenten Joe Biden. Er attackierte das Oberste US-Gericht, weil ihm dessen Urteil nicht gefällt, dass die gewählten Parlamente jedes Bundesstaats das demokratische Recht haben, über die Strafbarkeit von Abtreibungen zu entscheiden. Dieses Urteil zu kritisieren ist Bidens gutes Recht, wie es auch das Recht jedes anderen Bürgers ist, auch wenn es sowohl allen rechtsstaatlichen wie auch moralischen Prinzipien entspricht. Es ist aber ungeheuerlich, wenn Biden dabei den Supreme Court öffentlich als "extremistisches Gericht" denunziert. Man stelle sich nur vor, ein Donald Trump oder ein europäischer Regierungschef oder Präsident hätte den Obersten Gerichtshof des eigenen Landes als "extremistisch" bezeichnet. Das hätte – zu Recht – Sondersitzungen des Parlaments, empörte Leitartikel, Untersuchungsausschüsse und Misstrauensanträge ausgelöst. Aber wenn es ein Präsident mit der "richtigen" Ideologie ist, der solche hetzerischen Töne von sich gibt, kümmert das keinen der Dauerempörten. Dabei ist das mindestens ein ebenso schlimmer Angriff auf Rechtsstaat, Gewaltenteilung und Demokratie wie es die hetzerischen Worte des Donald Trump an jenem 6. Jänner vor dem Sturm aufs Parlament gewesen sind.
- Wohl jeder von uns – zumindest sofern er das Internet benutzt – hat schon unzählige Male geflucht, wenn er sinnlose Datenschutz- und Cookie-Hinweise wegklicken muss, bevor er die gewünschten Inhalte zu sehen bekommt, nur weil die Grünen und die EU uns das aufgezwungen haben. Dadurch werde angeblich unsere Privatsphäre geschützt. Ein tausend Mal schlimmerer Angriff auf die Privatsphäre eines anderen Menschen stellt hingegen nach Ansicht der österreichischen Staatsanwälte keine strafwürdige Rechtswidrigkeit dar: Das war der gefilmte Lauschangriff eines dubiosen und mutmaßlich des Rauschgifthandels schuldigen Privatdetektivs auf zwei FPÖ-Politiker in Ibiza. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren wegen dieses Lauschangriffs gegen den Mann jetzt heimlich, still und leise einfach eingestellt. Das ist absolut unfassbar. Denn wohl jeder von uns wäre über einen solchen Lauschangriff auf vermeintlich völlig private und intime Gespräche weit empörter, als wenn ein Cookie halt dazu führt, dass man beim nächsten Werbebanner ein Produkt der gleichen Art angeboten bekommt, wie man es gerade gesucht hat. Oder bedeutet diese Aktion der Zadic-Justiz einfach, dass man alle Politiker rechts der Mitte rund um die Uhr belauschen dürfe, sonst aber alles als privat geschützt wird?
- Der SPÖ-Scharfmacher Krainer hat einst den damaligen Finanzminister Blümel wegen Amtsmissbrauchs angezeigt und ihn deswegen zum Rücktritt aufgefordert. Vor ein paar Wochen hat nun (sogar) diese WKStA das von Krainer ausgelöste Verfahren mangels irgendwelcher strafbarer Sachverhalte einstellen müssen. Ich warte und warte und warte: Aber von dem eigentlich in diesem Fall fälligen beschämten Rücktritt Krainers war nirgendwo etwas zu lesen. Nicht einmal vom Hauch einer Entschuldigung.
- Wenn es die WKStA einmal überraschenderweise wagt, nach Jahren der ergebnislosen Verfolgung mit einer dieser vielen haltlosen Anschuldigungen aus dem Dunstkreis der Linksparteien dann doch vor Gericht zu gehen – statt die Verfahren wie meist heimlich einstellen zu müssen, nachdem sie ihre politischen Feinde lange genug gequält und beschädigt hat, – erleidet sie auch dort fast immer Schiffbruch. Das doppelt Infame: Darüber wird meist nicht einmal mit einem Promillesatz jener medialen und politischen Energie berichtet, die am Anfang beim Auftauchen der Verdächtigungen aufgewendet worden ist. Diesmal geht es um zwei Unternehmensberater, die vor 19(!!!) Jahren im Zuge des Eurofighter-Kaufes angeblich Millionen ohne Gegenleistung eingesteckt haben (was medial allgemein als Verschleierung von Bestechungen dargestellt worden ist). Jetzt wurden die beiden mangels Beweisen freigesprochen. Aber 19 Jahre haben einschlägige Medien und Staatsanwälte sie mit schlimmen Wirkungen verfolgt. Wohlgemerkt: Schlimme Wirkungen für die Verfolgten, nicht die Verfolger.
- Es sind nicht nur Staatsanwälte, die ständig nach dem Prinzip vom Zweierlei Maß agieren. Beim (politisch zusammengesetzten) Verfassungsgerichtshof wird es auch von "Richtern" mit voller Brutalität praktiziert. Jetzt haben diese – an sich wohl zu Recht – das ÖVP-Begehr abgeschmettert, dass die WKStA alle internen Mails und Chats herausrücken müsse (obwohl da zweifellos viel Peinliches und Bedenkliches in den Unterhaltungen der knalllinken Behörde zu finden gewesen wäre). Das ist aber haargenau der gleiche VfGH, der in den Jahren davor ständig ÖVP-Politiker gezwungen hat, den Staatsanwälten und Oppositionspolitikern und damit Medien alles "abstrakt Relevante" auszuhändigen, also de facto absolut alles. Dass das ein übler Skandal und krasser Widerspruch zur jetzigen Entscheidung gewesen ist, müssten eigentlich auch die Verfassungs-"Richter" bei all ihrer Schlagseite begreifen. Müssten.
- Begreifen sollte endlich auch die FPÖ, dass die einseitigen und schlagseitigen Aktionen bestimmter Staatsanwälte und Medien gegen die ÖVP mit genau der gleichen Infamie und Schlagseite auch sie selbst immer wieder trifft. Dass es daher nur dumm ist, diesen Attacken lauthals zuzujubeln und ständiges Flächenbombardement gegen die ÖVP zum fast einzigen politischen Inhalt zu gemacht zu haben. Genauso wie die ÖVP dieselbe Dummheit in ihrem eigenen Verhalten gegenüber der FPÖ endlich begreifen sollte. Beide Parteien sind nämlich in ganz gleicher Weise Ziel der gleichen Einseitigkeit der Zadic-Justiz und der haargenau gleichen kriminellen Energie. Das zeigte jetzt besonders drastisch ein vor ein paar Tagen in Medien und daher Öffentlichkeit total untergegangener Bericht der Wiener Jugendanwaltschaft. Obwohl diese politisch dem Rathaus nicht gerade feindlich gegenübersteht, war der Bericht vernichtend. Darin finden sich in Hinblick auf die Krisenzentren der Gemeinde Worte wie "Fehlplatzierungen", "Übergriffe", "Weglaufen aus der Einrichtung", "starre Hausordnungen", "zahlreiche Beschwerden", "Überbelag", "Matratzen auf dem Boden", "fehlende Schreibtische", "nicht dem Kindeswohl entsprechend", "zu wenig und stark belastetes Personal" und "eklatanter Mangel an Platz, Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten". Jedoch: Nichts davon kümmert die Korruptionsstaatsanwaltschaft, die gleichzeitig schon sieben(!!!) Tage lang einen Monsterprozess gegen den niederösterreichischen FPÖ-Landesrat Waldhäusl wegen der ebenfalls unzureichenden Zustände im Quartier Drasenhofen für Minderjährige führt. Wo liegt der Unterschied? Besteht der nur darin, dass im niederösterreichischen Fall mehr oder weniger minderjährige "Flüchtlinge" dort wohnen mussten, im Wiener Fall hingegen mehr oder weniger österreichische Jugendliche, was linke Staatsanwälte naturgemäß weniger aufregt? Oder liegt der Unterschied gar darin, dass man in einem Fall einen roten Stadtrat verfolgen hätte müssen, im anderen einen blauen vorführen kann?
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