Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Damit werden Herr Ludwig und sein ebenbürtiger Kompagnon Hacker in die Geschichte eingehen – aber vielleicht nicht ganz so, wie sie es sich gewünscht hätten: Sie haben es nämlich geschafft, die Corona-Dummheiten des Herbert Kickl (und vieler anderer) noch zu übertreffen. Das Ergebnis müssen tagtäglich viele Zehntausende Österreicher am eigenen Leib miterleben – und können es belachen oder beweinen.
Denn die beiden Herren haben dekretiert, dass in Wien trotz der österreichweit stark zurückgehenden Zahlen in öffentlichen Verkehrsmitteln weiterhin die Maskenpflicht gilt – während der Bund und alle acht anderen Bundesländer diese Pflicht entspannt abgeschafft haben.
Das führt seit einigen Stunden vor allem in Schnellbahnen und Zügen zu grotesken Szenen und Heiterkeitsausbrüchen. Denn in diesen ertönt bei Erreichen der – sonst ja vielleicht übersehenen – Wiener Stadtgrenze per Lautsprecher der Befehl, dass ab jetzt die Corona-Schutzmaske aufgesetzt werden müsse. Was auch die ÖBB-Schaffner – obwohl bekanntlich in ihrer großen Mehrheit geeichte Genossen – auf der bisherigen Fahrt natürlich nicht getan haben.
Ab solchen Durchsagen wird in den Zügen nur noch über die unterschiedliche Gefährlichkeit von Viren auf Wiener und auf niederösterreichischem Boden gescherzt. Sind die Viren etwa gar bis zur Stadtgrenze als blinde Passagiere mitgereist?
Selten noch hat sich die Politik so blamiert wie durch diesen Masken-Zirkus. Selten noch ist durch den verbissenen Profilierungswillen der Wiener Stadtsozialisten der österreichische Föderalismus so ad absurdum geführt worden. Es gibt gewiss Dinge, wo die Eigenständigkeit der Bundesländer sinnvoll ist – so wäre es etwa absurd, wenn die Häuser im Burgenland genauso aussehen müssten wie in Tirol.
Aber beim Maskenthema ist es nur absurd, dass jedes Bundesland tun und lassen kann, was es will. Vor allem führt der Wiener Justament-Standpunkt gegen alle anderen dazu, dass in den Österreichern die Stimmung zum Föderalismus, der so peinliche Blüten produziert, gewaltig ins Rutschen gekommen ist. Diesen Unterschied in den Corona-Regeln kann man keinem Wiener, keinem Österreicher mehr erklären. Sie alle nehmen daher den Staat noch weniger ernst als je zuvor. Sie alle verlieren den letzten Respekt vor Behörden und Politik, die sich ihnen so peinlich präsentieren, die aus parteipolitischer Bestemmhaltung heraus nicht imstande sind, solche grotesken Zustände zu verhindern und einheitliche Regeln für gleiche Situationen zu vereinbaren.
Gewiss: Rot-Pink und ihre Lautsprecher im ORF werden irgendwelche "Expertiiiinnen" finden, die den Wiener Eigenweg für gut und richtig erklären. Gewiss: Durch das Tragen von Masken in Wien wird auch die eine oder andere Infektion verhindert werden.
Aber gemäß dieser Hacker-Ludwig-Logik wäre es ja auch geradezu zwingend, dass in Wien jeder Fußgänger einen Stahlhelm und eine gepanzerte Weste tragen muss. Denn dadurch würde es ein paar Fälle weniger geben, wo jemand durch einen Stein auf den Kopf verletzt wird und die Wiener Spitäler belastet – egal ob es ein sich zufällig lösender Stein oder einer von einem Linksextremisten geworfener ist (die tun das bisweilen etwa von Dächern, wenn unten als politisch inkorrekt erkannte Menschen vorbeimarschieren). Durch eine solche Weste ist man vor Messerstichen und Projektilen besser geschützt, die bisweilen ein von den Sozialisten importierter Islamist den bösen Ungläubigen am Weg zu den 99 Jungfrauen versetzt.
Hacker und Ludwig sollten auch unbedingt Wiens Buben und Mädchen zum Tragen langer Hosen verpflichten. Denn solche bilden ja einen besseren Schutz gegen im Gras lauernde Zecken.
Wer das Verhalten der Rathaus-Justamentler ernst nimmt, wird sich aber noch zwei ernste Fragen stellen:
Erstens: Wird diese groteske Lösung auch vor dem Verfassungsgerichtshof halten? Dieser hat ja – neben vielen mehr als seltsamen Judikaten der letzten Zeit – in Sachen Corona durchaus Kluges gesagt: Einschränkungen der Freiheit als ganz fundamentales Rechtsgut sind nur dann hinzunehmen, wenn dadurch eine allgemeine Gefahr entsteht, etwa weil es zu einer Überlastung der Intensivstationen kommt.
Davon sind wir aber zum Glück weit entfernt. Und die durchaus nicht auszuschließende Möglichkeit, dass im Herbst eine weitere ernsthafte Corona-Welle kommt, gibt noch kein Recht, sicherheitshalber schon viele Monate vorher die Menschen unnötig zu quälen. Denn ausrotten lässt sich das Virus ja ohnedies nicht, wie selbst die Chinesen und Nordkoreaner trotz ihrer brutalen Maßnahmen erfahren mussten.
Und zweitens kann man interessante Analysen anstellen, was Linkssein im 21. Jahrhundert eigentlich bedeutet. Während Linke in den 70er und 80er Jahren fanatische Kämpfer für libertinäre Freiheit in jeder Hinsicht, für Pornografie, Rauschgift, sexuelle Vielfalt und Regelübertretungen aller Art waren, sind die meisten Linken heute ganz vehemente Exponenten einer Zensur- und Verbotskultur.
Das mag mit dem Altwerden der 68er Generation zu tun haben, die selbst gar nicht richtig merkt, wie sie sich mit den Jahren gewandelt hat. Das mag Folge des Entstehens der grünen Dauerpanikmacherei sein, die fast der ganzen Linken inzwischen ihre umfassende Verbots-Manie übergestülpt hat. Das mag mit der feministischen Verweiblichung der einst männlich dominierten Linken zu tun haben, in der es heute – mit Ausnahme der gehirnwäscheartigen Förderung der Homosexualität als anscheinend einzig richtiger sexueller "Orientierung" – zugeht wie einst in einem strengen Schweizer Mädchenpensionat.
Tatsache ist, dass Freiheit heute ein rein rechter Wert geworden ist, und dass sich die Linken mehrheitlich inzwischen in fast jeder Frage für die Regulierung, für die Verbote, für die Zensur, für das Diktat der von ihnen formulierten politischen Korrektheit aussprechen.
Das führt – um zu einem heiteren Kapitel zu wechseln – aber auch zu inneren Spannungen innerhalb der Linken. Weil am Wiener SPÖ-Parteitag ein Redner im altproletarischen Slang von "Heisln" gesprochen hat (über jene, die den Bau des Lobautunnels verhindern wollen), ist ihm in allen "sozialen" und vielen gedruckten Medien ein unglaublicher Proteststurm der grünen Szene entgegengekommen. Umgangstöne, die früher bei den Sozialisten als volksnah selbstverständlich waren, sorgen heute für Empörung in der Boboszene des 7. bis 9. Bezirks.
Amüsant ist freilich auch, dass sich die gleiche SPÖ, die Beifall klatscht, wenn einer die Grünen als "Heisln" (für Nichtwiener: "Häusln" ist ein wienerischer Ausdruck für Klos) bezeichnet, maßlos erregt, Strafanzeigen eingebracht, Entschuldigungen erzwungen und deswegen sogar Neuwahlen gefordert hat, weil die einstige ÖVP-Ministerin Mikl-Leitner in einem internen SMS geschrieben hat: "Rote bleiben Gsindl".
Dabei hat Mikl-Leitner diesen Ausdruck lediglich in einem eigentlich bloß für einen einzigen Adressaten bestimmten SMS geschrieben, das nur dank der sehr erfolgreichen Anti-ÖVP-Agitation der Staatsanwaltschaft an die Öffentlichkeit gekommen ist, während der wohl noch eine Etage tiefere "Heisln"-Sager eines SPÖ-Bezirkschefs in der relativ großen und medialen Öffentlichkeit eines lachend zustimmenden Parteitags getan worden ist.
Wir lernen: Die altjüngferliche Prüderie, Korrektheits- und Verbotsmanie der Linken gilt nicht für sie selbst, sondern immer nur für die anderen.
Wir könnten aber auch eine neue Differenzierung innerhalb des linken Lagers lernen: Beim Thema Corona haben die Sozialisten an Strenge sogar die Grünen (und deren Gesundheitsminister) überholt; in Sachen politischer Sprech-Korrektheit hingegen lassen sich die Grünen durch absolut niemanden überholen.
PS: Die Korrektheits-Diktatur der Grünen hat jetzt auch den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz getroffen. Er steht im grün-linken Kreuzfeuer, weil er folgenden – völlig richtigen – Satz gesagt hat, als er (auch) beim deutschen Katholikentag(!) von linksextremistischen Störern unterbrochen worden ist: "Diese schwarz gekleideten Inszenierungen bei verschiedenen Veranstaltungen von immer den gleichen Leuten erinnern mich an eine Zeit, die lange zurückliegt." Mehr hat Scholz nicht gebraucht, um einen grünen Hass-Sturm zu ernten. Wir lernen (wenn wir es nicht eh schon gewusst hätten): Die Grünen dürfen jeden und alle als Nazis beschimpfen, aber wehe, solche Vergleiche richten sich gegen sie. Obwohl diese Vergleiche da oft viel mehr stimmen.
PPS: Zur Maskenfrage gibt es auch wieder eine köstliche Formulierung unseres weisen Alexander van der Bellen zu berichten: Er kann sich offenbar noch nicht so richtig entscheiden, welches Lager für seinen Wahlkampf wichtiger ist, die Masken-Anhänger oder die Gegner, und sagt deshalb in bekannt klarer Art: Er werde "wahrscheinlich schon" weiterhin Maske tragen. Na, dann ist ja alles wahrscheinlich schon klar. Van der Bellen beruft sich auch nicht auf eigenes Wissen (er ist ja nur Bundespräsident), sondern auf einen Konzertbesuch, wo fast jeder freiwillig Maske getragen hätte. Seltsam. Denn ich würde gerne wissen, in welchem Konzert der gute Mann gewesen sein will. Ich war jedenfalls in der Vorwoche gleich in zwei – doch dort haben trotz eines keineswegs jugendlichen Publikums höchstens zehn Prozent eine Maske aufgesetzt gehabt. Wir lernen: Wenn sie nicht wissen, was der Populus, das Volk will, haben es Populisten wahrscheinlich schon schwer.
PPPS: In keinem der Mainstreammedien, die die Weisheit des seit langem viel strengeren Wiener Corona-Kurses bejubeln, war zu lesen, dass dieser Kurs letztlich nur ein sehr durchwachsenes Ergebnis gebracht hat. Denn Wien liegt im Bundesländervergleich der Corona-Todesfälle pro 100.000 Einwohner mit 207 zwar besser als vier andere Bundesländer, aber schlechter als ebenfalls vier weitere Länder, insbesondere als Vorarlberg (160) und Tirol (176). Dabei sind gerade die Tiroler im ORF ständig als ganz negatives Beispiel vorgeführt worden. Wien natürlich nie.
PPPPS: Wie sehr die verkrampfte Diktatur der Political Correctness auch schon die ÖVP erfasst hat, hat man vor kurzem bei der ÖVP-nahen Internet-Seite "Exxpress" sehen können. Dort wurde eine hochbegabte Journalistin nur deshalb gefeuert, weil sie irgendwo die Binsenwahrheit geschrieben hat, dass die Nationalsozialisten durch und durch Sozialisten gewesen sind. Was ja nicht nur auf Grund des Parteinamens eindeutig richtig ist, sondern auch angesichts der antikapitalistischen Rhetorik der Nazis, angesichts ihres Hasses auf die westlichen Demokratien und ihrer durch Gelddrucken finanzierten Wirtschaftspolitik. Offensichtlich hat auch die ÖVP gelernt: Nazi-Vergleiche dürfen nur gegen sie und die FPÖ, aber niemals gegen Linke aufgestellt werden.