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Die Österreicherin Anna Netrebko

Die Sängerin ist ein Fall zum Lernen für Linke geworden – zumindest für den Fall, dass Linke vielleicht doch lernfähig sein sollten (was ja vielfach bezweifelt wird). Denn der einstige Opernstar hat genau das als Privileg erhalten, was viele Linke ständig als allgemeinen Anspruch fordern. Netrebko ist aber nun zum abschreckenden Beispiel dafür geworden, was zehntausendfach die Konsequenzen wären, sollte diese Forderung der Linken (und der Türkei) erfüllt werden (mit nachträglicher Korrektur).

Dabei geht es um ihre doppelte Staatsbürgerschaft. Die Sängerin, die etliche Jahre durch Stimme und Aussehen die meistgefragte Sopranistin der Welt gewesen ist, hat nämlich 2006 zusätzlich zur russischen die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen. Spätestens seit Ausbruch des Ukraine-Krieges ist jedoch klar, was für ein dummer Fehler der Republik es gewesen ist, ihr diese Doppelstaatsbürgerschaft zu gewähren.

An sich ist ja Österreich – gegen den Widerstand der Linksparteien – so klug, normalerweise keine solchen Doppelstaatsbürgerschaften zuzulassen, außer bei Universitätsprofessoren und außer bei Kindern binationaler Eltern bis zu ihrer Volljährigkeit. Ansonsten ist das nur möglich, wenn es einen einstimmigen Ministerratsbeschluss gibt, der ausnahmsweise einer Einzelperson die Doppelstaatsbürgerschaft im Interesse der Republik erlaubt.

Ein solches Interesse Österreichs ist aber bei Netrebko nicht zu finden. Denn die letzten Wochen haben bewiesen, dass sie zu hundert Prozent Russin geblieben ist. Dass sie nicht einmal dann die Chance ergreift, die österreichische Karte zu spielen, wenn es ihr karrieremäßig helfen würde.

Das geht überdeutlich aus mehreren Interviews Netrebkos hervor. So sagte sie dem Hamburger Wochenblatt "Zeit" zum Ukraine-Krieg: "Ich liebe mein Land, meine Kultur, die Menschen. Ich finde es nicht richtig, was dort jetzt gerade passiert, aber ich bleibe eine Russin."

Sie liebt ihr Land und seine Kultur. Und "ihr Land" ist für sie wie selbstverständlich noch immer Russland und nur Russland. Das ist ihr gutes Recht. Ebenso wie es ihr gutes Recht ist, in einem anderen Interview mit einer französischen Zeitung zu betonen, dass "Putin immer noch mein Präsident ist", und dass sie daher keine Kritik an ihm üben könne.

Es wäre aber umgekehrt ebenso Österreichs gutes Recht – und eigentlich auch Pflicht, jetzt zu sagen: "Es war offensichtlich ein Irrtum, ihr die Staatsbürgerschaft zu verleihen. Sie sagt jetzt ausdrücklich und ohne Zusatz selbst, dass sie Russin geblieben ist. Wir machen das daher wieder rückgängig, weil sie gar nicht Österreicherin sein will. Sie hat ja ohnedies den Pass eines Landes, dem sie sich zu hundert Prozent verpflichtet fühlt."

Netrebko hat durch ihre Formulierungen in der Tat ganz eindeutig gezeigt, dass sie mit dem österreichischen Pass nichts am Hut hat. Diesen braucht sie höchstens zum visafreien Reisen, was mit einem russischen Pass oft nicht gut möglich ist.

Dass sie auch im Kopf ausschließlich Russin geblieben ist, beweist ihre vordemokratische Denkstruktur: Denn keinem Österreicher würde es auch nur im Schlaf einfallen zu sagen, dass er seinen Bundespräsidenten, seinen Bundeskanzler oder wen auch sonst immer nicht kritisieren könne. Kritik ist für die Alpenrepublikaner ganz selbstverständliches demokratisches Grundrecht, gerade auch an Personen der Staatsspitze. In Russland war es das, bis auf wenige Gorbatschow- und Jelzin-Jahre, hingegen noch nie.

Auch sonst hat sich die 50-jährige Sängerin in den 16 Jahren als "Österreicherin" nie bemüht, zu einer solchen zu werden:

  1. Sie hat sich nicht die Mühe gemacht, die Landessprache zu lernen.
  2. Sie hat seither auch nicht etwa mehr Auftritte in Österreich absolviert als vorher.
  3. Sie ist an ihrem Wiener Wohnsitz sehr selten anzutreffen. Hat sie doch auch einen solchen in Sankt Petersburg und New York.
  4. Sie hat im russischen Fernsehen erstmals von der Krankheit ihres Sohnes berichtet.
  5. Sie hat ihre Corona-Erkrankung samt dadurch ausgelöster Lungenentzündung in einem Moskauer Krankenhaus behandeln lassen.
  6. Sie ist keineswegs auf den Gedanken gekommen, sich hilfesuchend an Österreich zu wenden, als ihr vielerorts die Engagements aus politischen Gründen gestrichen worden sind.

Mit anderen Worten: Netrebko ist der leibhaftige Beweis dafür, dass mit der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht leichtfertig umgegangen werden sollte. Sie war oder ist eine große Sängerin. Aber mit Österreich hat sie nichts am Hut. Und das eine sollte mit dem anderen nichts zu tun haben.

Das sollten auch all jene vielen Linken begreifen, die das österreichische Recht aufweichen wollen: Eine Staatsbürgerschaft soll immer für eine klare und eindeutige Identifikation mit dem Land stehen, demgegenüber man dann alle Rechte wie Pflichten haben will.

Jene Menschen, die von österreichischen Eltern geboren und hier aufgewachsen sind, haben diese Identifikation als ganz selbstverständlichen und wichtigen Teil ihres Lebens erfahren und internalisiert. Einige wenige Ausnahmen bestätigen nur diese Regel. Man denke nur – wenn man einen Beweis sucht – daran, wie verbunden die einst vertriebenen Altösterreicher mit der Heimat ihrer Jugend auch noch am Ende ihres Lebens sind.

In fast allen anderen Fällen jedoch wurzelt das Interesse am österreichischen Pass nicht in Heimatverbundenheit, sondern in materiellen oder sonstigen Vorteilen, die man sich dadurch verspricht. Daher tut Österreich gut daran, die Staatsbürgerschaft in der Regel nicht leichtfertig wie einen beliebigen Orden zu vergeben. Und man tut vor allem gut daran, sie jenen zu verweigern, die aus welchen Gründen immer ihre bisherige Staatsangehörigkeit behalten wollen.

Am häufigsten haben in Österreich lebende Türken Interesse an Doppelstaatsbürgerschaften. Diese wollen zwar praktisch alle den rot-weiß-roten Pass – schon wegen der damit verbundenen unbegrenzten Arbeitserlaubnis und etlicher anderer Vorteile. Sie sind aber oft nicht bereit, gleichzeitig den türkischen Pass wirklich zurückzulegen. Sehr oft legen sie diesen bei Erhalt des österreichischen nur zum Schein zurück und bleiben so durch die Hintertür dennoch türkische Staatsbürger. Weil sie sich mit der Türkei – so wie Anna Netrebko mit Russland – noch immer dominant verbunden fühlen. Weil sie in der Türkei Besitz haben oder solchen zu erben erwarten. Weil sie später in dieses Land zurückkehren wollen. Nun wollen sie und die Linken das, was etliche illegal tun, auch ganz offiziell und dann naturgemäß in noch viel größerer Zahl tun.

Gerade dieses Denken, auf beiden Ufern eines Flusses gleichzeitig leben zu wollen, führt vor allem bei den Türken zu besonders reduzierter Integrationsbereitschaft:

  • Diese äußert sich nicht nur in der starken Überbetonung der alten Religion und ihrer Kleiderzwänge als Zeichen der Zugehörigkeit (das bei den in Österreich lebenden Türken weit stärker ist als vielerorts in der Türkei selber).
  • Sie äußert sich im Umgang mit Frauen.
  • Sie äußert sich darin, dass auch in der zweiten und dritten Generation in der Familie vielfach nicht Deutsch, sondern Türkisch gesprochen wird.
  • Sie äußert sich darin, dass man glaubt, für den Erwerb der deutschen Sprache würde eh die Schule genügen.
  • Sie äußert sich darin, dass man zwar gezwungenermaßen die österreichischen Gesetze einhält – abgesehen von Schummeleien zur Beibehaltung des türkischen Passes, abgesehen von Schummeleien etwa bei Nichtbeachtung der Ladenöffnungsgesetze, abgesehen vom Ignorieren der eigentlich von der Verfassung vorgeschriebenen Gleichbehandlung der Geschlechter. Hingegen sieht man bis heute nur bei wenigen türkischen Neoösterreichern eine innere Verpflichtung zur Solidarität mit Österreich und seinen Einwohnern. Dabei funktioniert die österreichische Bürgergesellschaft ja nur deshalb, weil jeder auch freiwillig etwas beiträgt, von der Freiwilligen Feuerwehr bis zum unbezahlten Rotkreuz-Dienst, vom Spenden für karitative Einrichtungen bis zur Hilfe für betagte Nachbarn.

Würde man die türkisch-österreichische Doppelstaatsbürgerschaft den Wünschen der Linksparteien gemäß allgemein erlauben, dann wäre das also ein weiterer riesiger Schritt zur Spaltung der Gesellschaft, zur Verfestigung komplett getrennter Communities innerhalb der Staatsgrenzen, zum Zerreißen der inneren Identität des Landes. Dann würde es noch weniger Druck, noch weniger Motivation geben, sich in Österreich zu integrieren, zu echten Österreichern zu werden. Denn Doppelstaatsbürger würden so wie Netrebko fast immer das bleiben, was sie vorher waren. Hingegen wären sie meist nur auf dem Papier, wegen irgendwelcher oberflächlicher Vorteile, Österreicher.

Nachträgliche Korrektur: Wenn Kinder die Doppelstaatsbürgerschaft erwerben, verlieren sie diese nicht automatisch. Dies passiert nur im Falle eines Militärdienstes oder eines entsprechenden Gesetze im anderen Staat.

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