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Die Königin, ein Erzherzog und der Bundespräsident

Gewiss, nicht alle Monarchen Europas haben in der Geschichte ihre Aufgabe lebenslang so perfekt erfüllt wie die englische Königin Elizabeth, die jetzt tagelang von ihren Mitbürgern begeistert gefeiert worden ist. Mit Sicherheit hat jedoch kein einziger österreichischer Bundespräsident seine Rolle auch nur annähernd so gut gespielt wie die Britin. Daher sind diese Präsidenten von den Österreichern auch nirgendwo begeistert gefeiert worden. Das hängt nicht nur mit dem Charakter der handelnden Personen zusammen. Und das hängt auch nicht nur am Unterschied von Monarchie und Republik. Die unterschiedliche Performance ist vielmehr auch klare Folge des jeweiligen Rollenverständnisses – wobei das der Elizabeth II. freilich in einer Republik fast denkunmöglich wäre. Daher lässt die britische Begeisterung für die Königin schon sehr heftig nachdenken, ob eine Nation nicht in den allermeisten Fällen mit einem Monarchen an der Spitze besser fährt, der nicht in die Politik eingreift, von dem die Menschen aber die Gewissheit spüren, dass er immer unverrückbar zur Stelle ist. Vor allem dann, wenn das Vaterland bedroht ist.

Die wichtigste Aufgabe eines Königs wird keineswegs nur von der englischen Queen wahrgenommen, ist aber dennoch gewiss eine Herausforderung: Er muss sich als Identifikationsfigur für die ganze Nation eignen. Er muss als deren Symbol dienen. Das hat zwar etwas Mythisches an sich. Aber gerade das macht eine Nation stark. Das wirkt gerade dann besonders, wenn sich ein Monarch zu politischen Inhalten – öffentlich oder generell – total zurückhält, zurückhalten muss, wie es bei den englischen Königen der Fall ist.

Ein König, der sich nie zu kontroversen Dingen äußert, ist damit zugleich automatisch jemand, über den sich nie jemand ärgern muss, weil er ja auch nie das Gegenteil von dem sagt, was ein Teil der Bevölkerung, etwa die Opposition, denkt. Außerdem ist ein großer Teil der Bürger ohnedies nur eher marginal an Politik interessiert (vor allem Frauen gehören nachweislich eher zu den Desinteressierten). Gerade für diesen Teil zählt ein sich ständig einmischendes Staatsoberhaupt automatisch zu "den Politikern". Und das empfinden sie nicht als Kompliment.

Noch viel gravierender ist, dass ein gewählter Präsident, insbesondere wenn er durch Volkswahl berufen wird, ja vorher durch einen Wahlkampf gehen muss. Und da emotionalisiert sich naturgemäß ein Teil der Bevölkerung gegen jenen Kandidaten, der später Präsident wird. Fast immer weist die Kampagne der anderen Kandidaten deutlich auf seine Nachteile hin. Es wäre wider die menschliche Natur, wenn sich jene Bürger, die den Kandidaten nicht gewählt haben, am Morgen nach der Wahl plötzlich mit dem Sieger in irgendeiner Weise identifizieren wollten.

Es gibt noch einen weiteren Vorteil von Monarchen: Sie sind von Kind an streng auf die spätere Funktion hin erzogen worden. Also dazu: stets Haltung zeigen und doch zugleich volkstümlich sein, freundlich sein, nie ein böses Wort in der Öffentlichkeit, auf die Menschen zugehen, jederzeit einen persönlich klingenden Smalltalk führen können, sichtbarer humanitärer Einsatz, intensives Engagement in den eigenen Streitkräften (zumindest bei den männlichen Familienmitgliedern) sowie eine fundierte Allgemeinbildung mit besonderen Schwerpunkten auf Sprachen und der Geschichte des eigenen Landes.

Die britische Königsfamilie verkörpert einen weiteren Pluspunkt: Gerade weil alle Familienmitglieder politisch Eunuchen sein sollten, konzentrieren sie sich ganz auf soziale Initiativen. Bis ins dritte Glied sind alle bei irgendeinem Verein, der Gutes macht, Präsident oder Schutzherr.

An allen diesen Vorteilen ändert es gar nichts, dass gerade jetzt etwa die Australier nach Wahl einer linken Regierung überlegen, wie schon etliche andere Commonwealth-Länder, ein eigenes Staatsoberhaupt zu bestellen. Denn bei aller gemeinsamen Vergangenheit ist doch ein Staatsoberhaupt seltsam, dass auf der anderen Seite des Globus lebt. Andererseits beweist gerade Australien den oben skizzierten Nutzen einer stabilen Monarchie: Denn nur deshalb, nur weil man die vielen Vorteile erkannt hat, hat man auf dem fünften Kontinent trotz der klaren geographischen Nachteile freiwillig so lang am britischen Königshaus festgehalten.

Im Vergleich dazu fällt einem nicht viel Positives ein, das für einen Präsidenten sprechen würde. Zwar ist ein Land einen unfähigen Präsidenten nach ein paar Jahren automatisch los. Das ist aber auch in den heutigen Monarchien nicht anders, das geht dort sogar viel rascher. So mussten ein spanischer Monarch (im 21. Jahrhundert), ein britischer im 20. und ein österreichischer Kaiser im 19. Jahrhundert abdanken, weil sie den Anforderungen ihrer Mitbürger nicht genügt haben. Dazu genügt – je nach Verfassung – in aller Regel heute eine Aufforderung durch das Parlament oder die Regierung, und schon muss der König zugunsten eines anderen Familienmitglieds abdanken.

Da die Nachfolge in der Familie bleibt und dort klar geregelt ist, besteht keine Chance, dann Wahlkampf für ein aus der eigenen Partei kommendes Staatsoberhaupt zu machen. Daher besteht auch keine Gefahr, dass Parlamente das leichtfertig tun.

Und wer da einwirft "Aber die Kosten für so einen Monarchen, seine Familie und Schlösser!", der vergisst völlig die touristische Umwegrentabilität einer Monarchenfamilie: Allein die Feierlichkeiten zu Elizabeths 70. Thronjubiläum sind durch ihre taglangen Berichte und Übertragungen in alle Welt Milliarden an völlig unentgeltlicher Werbeleistung für Großbritannien wert. Das Defizit ohne diese Wirkung spürt man in Wien, wo man recht artifiziell durch Inszenierung eines Sisi-Kultes – unter Ausklammerung all ihrer Schattenseiten – ein touristisches Substitut für den fehlenden Kaiser zu konstruieren versucht hat.

Vergleicht man damit die österreichischen Bundespräsidenten, dann fällt einem bis auf Rudolf Kirchschläger keine wirklich positive Persönlichkeit ein. Man denke etwa an die letzten drei:

  • Da war Thomas Klestil mit seinem unheilvollen Rollenverständnis, in dem er im Jahr 2000 die Bildung einer Regierung trotz klarer demokratischer Mehrheit willkürlich verhindern wollte; und mit seinem heuchlerischen Privatleben, das an manche Affären in der Familie der britischen Königin erinnert.
  • Da war Heinz Fischer, der am weitesten links stehende Präsident in der Geschichte des ganzen deutschen Sprachraums, dessen Herz vor allem für Staaten wie Nordkorea oder Kuba schlägt.
  • Und da ist Alexander van der Bellen Präsident, der fast noch mehr Schlechtpunkte gesammelt hat, der selbst in seinem Privatleben, wo er sich Hunde als Kinderersatz hält, alles andere als vorbildlich ist. Vor allem aber ist sein Problem, dass er eben ein politischer Präsident ist, und – abgesehen von seinem netten onkelartigen Auftreten – aus mehreren Gründen für Bürgerliche inakzeptabel ist (und wenn etwa die steirische ÖVP zu seiner Wiederwahl aufruft, tut sie das wohl primär aus Opportunismus, weil sie davon ausgeht, dass ihr eh nichts anderes übrigbleiben wird, als weitere sechs Jahre mit ihm auskommen zu müssen):
  1. So war Van der Bellen in früheren Jahren ein übler Hetzer gegen das Bundesheer, was seinen jetzigen Worten als nomineller Oberbefehlshaber jede Glaubwürdigkeit nimmt.
  2. So hat er nie ein Wort der Kritik an der illegalen Massenmigration nach Österreich geäußert, sondern in seinen eitlen Predigten ganz im Gegenteil "alle, die hier leben" demonstrativ mit den Österreichern gleichgestellt.
  3. So hat er sich bei der Regierungskrise 2019 keine Sekunde bemüht, das zu tun, was weltweit alle anderen Präsidenten und Könige als ihre Pflicht ansehen. Er hat nie versucht, Koalition und Stabilität zu retten, sondern ganz im Gegenteil mit geschickten Intrigenzügen (die Sebastian Kurz nicht durchschaut haben dürfte) seine Grünen in die Regierung gehievt.
  4. So hat er, obwohl theoretisch Ökonom, nie den Mut gehabt, um auf die verheerenden Folgen der multiplen Katastrophe aus Geburtendefizit, zu frühem Pensionsalter und rapide wachsendem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften hinzuweisen.

In Summe lässt das alles intensiv nachdenken, ob nicht so ein Erzherzog (ein "Kaiser" wäre für einen Kleinstaat zu skurril) in der Hofburg besser für Stabilität und Identität des Landes wäre.

Gewiss, auch Karl Habsburg – der Enkel des letzten Kaisers – kann nicht durch ein vorbildliches Privatleben strahlen. Aber dennoch dürfen und sollen wir über einen Abschied von der Republik zumindest nachdenken. Das Nachdenken ist ja Teil unserer Gedankenfreiheit, die uns die Political-Correctness-Gesetzgebung noch nicht ganz verbieten hat können.

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