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Parteitage sind zu reinen Jubel-Veranstaltungen degeneriert. Jeder Delegierte, der an einem Parteitag teilnimmt, weiß, dass er im Dienste seiner Partei nur eine einzige wirkliche Verpflichtung hat: geschlossen den eigenen Chef mit Applaus, Stimmabgabe und Standing Ovations zu bejubeln. Wer das nicht tut, stellt sich als unsolidarisch aus der eigenen Gemeinschaft hinaus, in der die Delegierten ja fast alle ihre gesamte Frei- und oft auch Arbeitszeit verbringen. Das ist verständlich, aber eine ungesunde Entwicklung – an der man gar nicht primär den Parteien die Schuld geben sollte. Das ist vielmehr eine klare Folge der Degeneration von Medien und Demokratie. Und schadet in einem Teufelskreis der Demokratie immer noch mehr.
Praktisch alle, die auf Parteitagen anwesend sind, sind in ihrem Parteiengagement total vom Erfolg des Chefs abhängig. Und sie sind gleichzeitig überzeugt: Diesen Erfolg kann man am einfachsten mit dem Stimmzettel am Parteitag unterstützen. Was fast jeder tun will und tut. Sonst wäre er ja nicht in dieser Partei aktiv.
Daher gibt es fast immer nur einen Kandidaten auf dem Stimmzettel. Daher finden wichtige Entscheidungen meist nur hinter dicken Polstertüren im Kreise einiger weniger Auserwählter statt. Daher werden dann vor den Polstertüren auch erzwungene Rücktritte gerne als freiwillige ausgegeben, als Orientierung nach neuen Zielen, als mit "persönlichen Gründen" motiviert. Lediglich Reinhold Mitterlehner hat dieses Spiel nicht mitgemacht.
Und sollte es wirklich einmal eine parteiinterne Revolution geben, dann wird die nicht auf Parteitagen durchgeführt, sondern meist über die Bande gespielt, wie etwa beim Sturz des Bundeskanzlers und Parteichefs Werner Faymann. Da man nicht einmal in Parteivorständen gewagt hatte, gegen ihn aufzutreten, haben seine Gegner lieber die Basis organisiert, damit diese Faymann mit einem Pfeifkonzert am 1. Mai abserviert ...
Dass die Parteitage zwar in allen Parteien das höchste Gremium sind, dass dort aber fast nie die relevanten Entscheidungen falken, hängt auch stark mit dem Verhalten der Medien zusammen. Denn diese halten Parteitage – ob auf Bundes- oder Landesebene – noch immer für die wichtigsten Ereignisse im Parteileben, über die sie breit berichten. Da aber dort kaum mehr Wichtiges passiert, wird halt der Prozentsatz der Stimmen für die Wahl des Parteiobmanns als wichtigstes Objekt der Berichterstattung genommen. Dabei wird schon jeder Stimmanteil unter 90 Prozent als kritisches Anzeichen der Unzufriedenheit genommen. Damit erzwingen die Medien geradezu die Gleichschaltung des Verhaltens und die Fadesse von Parteitagen.
Die Medien lassen sich auch sonst immer mehr von Oberflächlichkeiten wie auch den Desinformationen der diversen Pressesprecher lenken. Intellektuell besonders peinlich waren etwa rund um den ÖVP-Parteitag die "tiefschürfenden" Abhandlungen, ob die ÖVP nun schwarz oder türkis ist, ohne dass auch nur in einer einzigen Frage klar geworden wäre, worin der Unterschied zwischen den beiden Farben eigentlich besteht.
Hingegen habe ich fast nirgendwo Versuche zu inhaltlichen Analysen über die vielen auch ÖVP-intern ungelösten und unter den Teppich geschobenen Sachfragen gesehen. Obwohl die tausendmal wichtiger und auch interessanter sind als Parteifarbe und Stimmprozente des gewählten Obmanns:
Um nur einige zentrale Punkte zu nennen, die dringend ins Zentrum der Debatte gehörten. Bei SPÖ und FPÖ geht es nicht anders zu. Bei diesen beiden Parteien könnte man mindestens ebensolange Listen völlig ungeklärter Inhalte anführen. Die SPÖ mutet uns überhaupt zu, gleichzeitig die Partei der Pamela Rendi-Wagner, des Hans-Peter Doskozil und des Michael Ludwig sein zu wollen, obwohl es zwischen diesen drei Personen und ihren politischen Positionen so gut wie überhaupt keine Gemeinsamkeiten gibt.
Jetzt kann man stundenlang über jede einzelne Partei den Kopf schütteln. Für den Bürger wird die Lage dadurch nicht besser. Diese Entwicklung der Parteien zu immer dumpferen Wahlvereinen geht schon lange so. Sie ist nur bisweilen durch das Strahlen charismatischer Führerfiguren übertüncht worden, wie Bruno Kreisky, wie Jörg Haider, wie Wolfgang Schüssel oder Sebastian Kurz. Aber gerade solche tollen Typen an der Spitze haben verwischt, dass Demokratie, dass Parteien eigentlich etwas ganz anderes sein sollten als die Suche nach dem jeweils besten Führer.
Fehlen aber solche – und nie war deren Fehlen stärker merkbar als heute – dann wird die ganze Hohlheit der Demokratie auch optisch sichtbar. Weder in Parlamenten und Landtagen noch auf Parteitagen fallen noch echte Entscheidungen. Wie im Feudalismus hat es eine kleine Schicht verstanden, sich und ihre Entscheidungen weitgehend abzukapseln, sodass die Wähler immer mehr vom ohnmächtigen Frust gebeutelt werden und das Gefühl bekommen: Die tun eh alle nur das, was sie wollen, unsere Meinung interessiert sie nicht. Und mit "die" meinen sie das Machtkonglomerat aus Justiz, Politik, Verwaltung und Mainstreammedien. Diese fechten zwar untereinander auch sehr heftige Machtkämpfe auf – nur in einem sind sie sich einig: Die Bürger wollen wir möglichst draußen halten. Wissen wir doch selbst wie Joseph II. am besten, was für die Bürger gut ist.
Wenn es der Demokratie nicht gelingt, die Bürger selbst mehr einzubeziehen, dann werden diese eines Tages der Demokratie als Ganzes überdrüssig sein. Das Vertrauen der Bürger in die Demokratie wird auch gewiss nicht durch durchschaubare Schauinszenierungen wie den grünen "Klimarat" wiederhergestellt, bei dem mit absoluter Gewissheit das herauskommen wird, was die Grünen vorher gewünscht haben.
Den Bürgern genügen auch längst nicht mehr als völlig wirkungslos entlarvte Aktionen wie Volksbegehren. Die Österreicher haben erkannt, dass diese irrelevant, nur reine Proagandaaktionen sind, wie etwa zuletzt das daher grandios gescheiterte Korruptionsvolksbegehren der Linksparteien.
Die Menschen sind ja nicht blöd. Sie werden erst dann wieder ein überzeugtes Ja zur Demokratie sagen, wenn sie spüren, dass das Recht wieder von ihnen, vom Volk ausgeht. Und das beste, wenn nicht gar einzige Instrument dafür sind Volksabstimmungen, die vom Volk erzwungen werden können, und deren Ergebnis bindend ist und auch nicht von einem (besonders machtbewussten!) Verfassungsgericht nachträglich wieder ausgehebelt werden kann.
Wenn die herrschende politmedialjustizielle Elite nicht bald in ihrem Machtrausch erkennt, dass sie dem Volk wieder deutlich mehr des Sagens lassen muss, dann wird der Demokratieüberdruss übermächtig werden, dann werden die einzigen Alternativen die einer gesetzlose Anomie oder aber einer Rückkehr des starken Mannes sein, von dem die Menschen am Anfang wieder einmal glauben, er würde alles wieder gut machen, was sie stört. Der dann seine Machtbasis aber oft längst einzementiert hat, wenn sie draufkommen, dass sein Wirken das Gegenteil bedeutet.