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Es ist gewiss nur ein kleiner Randaspekt des Ukrainekrieges: Es ist aber einer der vielen, wo durch den Krieg der Handlungsbedarf überraschenderweise gleich mehrfach überdeutlich geworden ist. Er lautet schlicht und einfach: Das Amt des Bundespräsidenten ist völlig überflüssig. Machen wir endlich Schluss damit. In Österreich wie in Deutschland.
Das wird nicht nur in Rückblick auf die Tätigkeit von Alexander van der Bellen deutlich, der absolut nichts Relevantes getan hat – außer 2019 neben den Landeshauptleuten eine weitere Stimme gewesen zu sein, die Sebastian Kurz zu dem fatalen Fehler eines Koalitionsbruchs bewegt und damit eine jahrelange Krise mitverschuldet hat.
Das bestätigt auch der Blick auf seine Vorgänger. Ebenso wie auf die deutschen Bundespräsidenten. Von den Österreichern hat Thomas Klestil als einziger versucht, seine theoretisch in der Verfassung stehenden Kompetenzen auszuschöpfen und dadurch die Bildung der ersten schwarz-blauen Koalition zu verhindern – er hat das aber sehr trickreich und zu einem unmoralischen Zweck versucht (um bei Kronenzeitung, ORF und im Ausland gut anzukommen, statt die demokratische Entscheidung der Österreicher zu schützen) und ist damit kläglich gescheitert. Rudolf Kirchschläger hat wenigstens salbungsvolle Predigten gehalten.
Aber bei keiner der Schlüsselstellen der österreichischen Geschichte (etwa Staatsvertrag, Neutralitätsgesetz, EU-Beitritt, aber auch ungarische oder tschechoslowakische Volkserhebungen oder Jugoslawien-Kriege) haben die jeweiligen Bundespräsidenten irgendeine Spur in der Geschichte zurückgelassen. Und Karl Renner als erster Nachkriegspräsident kann überhaupt froh sein, dass die historischen Institute und die politisierenden Künstlerszenen fest in linken Händen sind, sonst müsste bei jeder der linken Dauerattacken auf den einstigen Wiener Bürgermeister Lueger klar gemacht werden, dass der sozialdemokratische Bundespräsident Karl Renner genauso ein Antisemit wie Karl Lueger gewesen ist, und dass Renner darüber hinaus auch peinlicher Anbiederungen sowohl an Hitler wie auch Stalin schuldig ist.
Die Geschichte beweist: Parlamentarische Demokratien brauchen keinen Bundespräsidenten. Punkt.
Die paar Funktionen, die er ausübt – etwa den Empfang ausländischer Potentaten – könnte wie in der Schweiz reihum jeweils ein anderes Regierungsmitglied ausüben. Und die Funktion, jemand nach einer Wahl mit der Regierungsbildung zu beauftragen, könnten wie in anderen Ländern entweder der Parlamentspräsident oder die OGH-Präsidentin oder der jeweilige Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz ganz nebenbei ausüben.
Das würde der Republik Österreich alljährlich mindestens einen zweistelligen Millionenbetrag ersparen. Ganz abgesehen davon, dass die von Maria Theresia geprägten Präsidenten-Räume in der Hofburg anderwärtig, etwa touristisch genutzt werden könnten und dass der Landsitz des Bundespräsidenten in der Steiermark zu verkaufen wäre. Dazu kommen die enormen, aber letztlich sinnlosen Ausgaben durch Parteien und Verwaltung für die regelmäßigen Präsidenten-Wahlen und -Wahlkämpfe, die ja letztlich auch überwiegend aus Steuermitteln finanziert werden.
Auch zum Ersatzkaiser sind die Bundespräsidenten ungeeignet. Sie haben im Unterschied zu Monarchen keinerlei touristischen Wert – während die Schlösser und Wachgarden westeuropäischer Könige so gut wie auf jedem Reiseprogramm von Besuchern stehen und damit goldeswert sind. Und als nationales Identifikationsobjekt wie die meisten noch amtierenden König kann sich erst recht niemand eignen, der alle sechs Jahre in einem polarisierenden Wahlkampf jeweils von einem bedeutenden Teil der Wählerschaft bewusst abgelehnt wird.
Diese Überflüssigkeit kommt einem in diesen Stunden besonders in Erinnerung, da sich ein paar Medien darüber aufregen, dass Karl Nehammer nach Moskau geflogen ist, ohne den Bundespräsidenten vorher davon zu informieren. Sei es, dass er schlicht darauf vergessen hat. Sei es – was wahrscheinlicher ist –, dass er einfach möglichst wenig Mitwissende bei seinem geheim gehaltenen Reiseplan haben wollte. Das ist mehr als verständlich – auch wenn es nichts am Urteil über die wenig begeisternde Lieschen-Müller-Naivität der Nehammer-Reise an sich ändert: Jetzt fahr ich einmal hin und sag Putin ordentlich meine Meinung.
Die Überflüssigkeit des Bundespräsidenten-Amtes hat sich in diesen ukrainischen Tagen aber nicht nur in Österreich gezeigt, sondern auch in Deutschland: Dort hat es die Ukraine – was angesichts ihrer bedrängten Lage enorm imponiert – gewagt zu sagen, dass sie keinen Besuch von Bundespräsident Steinmeier wünscht. Die Ukrainer wollen aus Berlin jemanden sehen, der wirklich etwas zu sagen hat: also primär Bundeskanzler Olaf Scholz.
Das hängt nicht primär damit zusammen, dass sich Steinmeier lange als besonders Putin-feundlich und russophil gezeigt hat (das kann man nämlich sehr, sehr vielen anderen Persönlichkeiten in allen möglichen Ländern auch vorwerfen, die in Putin eine Fortsetzung von Gorbatschow und Jelzin gesehen haben, während er in Wahrheit zu einer glatten Reprise von Lenin und Stalin geworden ist). Das hängt vielmehr damit zusammen, dass die Ukraine von Deutschland – immerhin der viertgrößte Waffenproduzent der Welt! – dringend mehr schwere Waffen benötigt. Deutschland könnte dazu insbesondere die alten Ostwaffen aus DDR-Zeiten sofort liefern. Denn erstens haben auch Panzer&Co ein Ablaufdatum (wer würde noch ein weit mehr als 30 Jahre altes Auto kaufen?) und müssen daher ohnedies in absehbarer Zeit ersetzt werden. Und zweitens sind die ehemaligen Ostblockwaffen genau die, die die ukrainischen Soldaten schon kennen, mit denen sie also sofort losfahren könnten.
Aber solche Beschlüsse kann nur die deutsche Regierung fällen, nicht ein Grüßaugust und Frühstücksdirektor aus der Präsidentschaftskanzlei: Genau das hat die Ukraine jetzt den Deutschen signalisiert. Wenn auch höflicher.
Und sie hat völlig recht damit. Nicht nur für die Interessen der Ukraine, sondern auch für die der Deutschen und Österreicher sind repräsentative Figuren wie ein Bundespräsident völlig überflüssig. In Zeiten, wo explodierende Energiepreise wie auch die Folgen der Corona-Krise unvorstellbare Summen kosten, müsste dringend auch einmal daran gedacht werden, überflüssige Staatsausgaben wegzulassen.
Freilich: Das Wort "Sparen" ist in Österreich seit anderthalb Jahrzehnten völlig aus dem politischen Sprachgebrauch verschwunden. Und in Deutschland fällt dazu insbesondere die FDP negativ auf, die dort im Finanzministerium in Sachen Sparen das Gegenteil dessen tut, was sie in der Opposition jahrelang gepredigt hat …
PS: Diese Analyse über die Sinnlosigkeit des Präsidentenamtes bezieht sich natürlich nicht auf jene Länder, wo der Präsident die entscheidende exekutive Figur ist, wie Frankreich und Amerika oder Ukraine und Russland. Gerade Russland zeigt in diesen Tagen aber, dass ein einsamer Mann an der Spitze ein ganz anderes, und noch viel größeres Problem darstellen kann: Hat doch Putin ganz im Alleingang einen verheerenden, brutalen und sinnlosen Eroberungskrieg ausgelöst. Ebenso wie die allerschlimmsten Kriege des letzten Vierteljahrtausends von Diktatoren in Paris beziehungsweise Berlin im Alleingang ausgelöst worden sind, nicht von demokratischen Regierungen (der erste Weltkrieg hatte hingegen unglaublich viele Ursachen und Verantwortliche in vielen Orten, die in die Katastrophe hinein geschlafwandelt sind). Andererseits hat aber ein Michail Gorbatschow ebenfalls im Alleingang die Welt auf 30 Jahre zu einer besseren gemacht …