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Die massiven Kriegsverbrechen Putin-Russlands bedeuten für ganz Europa eine komplette Änderung seiner Situation und fast aller Rahmenbedingungen der letzten Jahrzehnte. Diese Änderung muss zwangsläufig auf allen Gebieten zu grundlegenden Änderungen der Politik führen. Das muss – das müsste auch in Österreich dringend der Fall sein. Dabei stechen drei besondere Handlungsnotwendigkeiten hervor: Erstens die dringend notwendige kräftige Wiederbelebung der Landesverteidigung; zweitens die ebenso notwendige Neutralitäts-Diskussion; und drittens die Notwendigkeit eines fundamentalen Überdenkens der gesamten Energiepolitik. Die ersten beiden Notwendigkeiten sind hier schon mehrfach analysiert worden. Daher heute einige grundlegende Überlegungen zu einer neuen Energiepolitik.
Dabei kann es nicht einfach genügen, den schweren Fehler aller Regierungen der letzten Jahrzehnte zu tadeln, die nichts gegen die wachsende Abhängigkeit der österreichischen Energieversorgung von russischem Gas unternommen haben, die diese sogar gefördert haben. Dabei wurde komplett ignoriert, dass eine widerstandsfähige Energiepolitik zentrale Säule einer wirtschaftlichen Landesverteidigungsfähigkeit sein muss.
Aber noch wichtiger ist natürlich die Frage: Wie geht es weiter? Konkreter: Wie bereitet sich Österreich auf die Gefahr eines ganzen oder weitgehenden Ausfalls der russischen Gaslieferungen vor? Auf welchem Weg immer es zu einem solchen kommen könnte:
Nichts davon ist auszuschließen. Und egal, was die Ursachen sind: Die Folgen werden für Österreich katastrophal sein (noch mehr als für die ebenfalls vom Russengas abhängigen Deutschen und Ungarn). Und es wird keine Reaktionsmöglichkeit geben, die nicht schmerzhaft sein wird.
Daher ist jede Stunde ein schweres Versäumnis, in der nicht schon intensiv auf diese drohende Stunde X hingearbeitet wird. Es gibt dennoch keinerlei Anzeichen dafür, dass an so einem Plan ernsthaft gearbeitet wird. Nicht bei der formal hauptverantwortlichen Energieministerin aus dem Global-2000-Ponyhof. Nicht bei der größeren Regierungspartei. Und schon gar nicht bei den Oppositionsparteien, wo nirgendwo auch nur ein Funken Verantwortungs- oder gar Lösungsbewusstsein zu finden ist, sondern nur die tägliche Forderung, dass die Regierung jedes Unbill kompensieren muss, das die Österreicher treffen könnte.
Die sieben wichtigsten Richtungen, in die ein echter und sinnvoller Energieplan gehen müsste:
Als Sofortmaßnahme bräuchte es einen dringenden Bewusstseinswandel in Sachen Preise. Niemand im ganzen politischen Spektrum der Republik traut sich da jedoch die Wahrheit zu sagen. Die da lautet:
Wenn auf dem Weltmarkt sämtliche Energiepreise – für Gas, Öl, Strom – dramatisch anziehen, dann ist das ein Zeichen rapider Knappheit (sowie rundum erwarteter zusätzlicher künftiger Knappheit). Knappheit ist bei jedem Produkt nicht nur ein Signal, sondern geradezu ein Imperativ, den Konsum zu reduzieren. Es ist daher zutiefst schädlicher Populismus, wenn man Preiserhöhungen durch den Staat direkt oder indirekt kompensiert; oder wenn man so tut, als ob man die Bürger vor jeder Verteuerung und damit dem Zwang, weniger Energie zu verbrauchen, bewahren könnte.
Aber genau das fordert die Opposition, vor allem die SPÖ, fast täglich. Und genau das macht die österreichische Regierung zumindest großteils. Sie alle glauben, die Wähler könnten die Wahrheit nicht akzeptieren. Was vielleicht sogar stimmt – aber dennoch die Wahrheit nicht aus der Welt schafft.
Solche Preiskompensationen sind aber aus drei Gründen absolut falsch:
- wird in der Wirtschaft einen Tag zu spät nachgedacht, ob man industrielle Verfahren technisch eventuell anders ablaufen lassen kann;
- rentieren sich Investitionen in solche Verfahren noch nicht;
- wird in Haushalten auf Sparen beim Heizen verzichtet;
- wird bei Heizungen die Umstellung auf energiesparende Verfahren später eingeleitet.
Gleichzeitig könnte jetzt die goldene Stunde für all jene Entwicklungen eingeläutet werden, die die Grünen und die ganze von ihnen geschaffene, beziehungsweise geförderte Öko-Industrie mit bisher magerem Erfolg vorbereitet haben. Von den Energiesparmaßnahmen bis zum Ausbau der Alternativenergien.
Zwar werden diese Maßnahmen wohl nur einen Teil des Problems lösen, aber jetzt würden sie wenigstens einer zwingenden Notwendigkeit und nicht nur der skurrilen Verschwörungstheorie dienen, dass die EU im Alleingang den Planeten retten müsse und könne.
Die "Windfall"-Profite sollten gezielt genutzt werden, die durch die globalen Preiserhöhungen auch bei österreichischen Energieproduzenten auftreten – das sind hierzulande primär die Wasserkraftproduzenten, vor allem der halbstaatliche Verbundkonzern. Notfalls müsste man da auch gesetzlich eingreifen, dass da nicht Gewinne ausgeschüttet werden (wie es normalerweise eigentlich Pflicht der Geschäftsführungen wäre).
Genauso wenig dürften diese Mittel aber auch für Preissubventionen eingesetzt werden, da diese ja wiederum zu noch höherer Nachfrage und damit noch höheren Preisen führen würden. Sie müssten vielmehr komplett massiven und raschen Investitionen in neue Energieprojekte dienen.
Eines der wichtigsten Ziele solcher neuen Investitionen sollte der rascheste Ausbau zusätzlicher technischer Möglichkeiten samt Pipelines für den Import von Flüssiggas nach Europa werden. Das kann Österreich natürlich nicht allein. Aber österreichische Unternehmen sollten dabei ein wichtiger Investor sein.
Ziel von Investitionen sollte auch die massiv intensivierte Suche nach neuem Erdgas sein, was wiederum nur eine gemeinsame europäische Initiative sein kann. Vor allem im Mittelmeer gibt es dafür interessante Perspektiven.
Dafür ist auch rasch ein Kompromiss mit der Türkei zu suchen, etwa in Hinblick auf die Gewässer rund um Zypern. Ist ein solcher mit dem (ja Putin-ähnlichen) Diktator in Ankara nicht zu erzielen, dann muss auch die Stärke europäischer und hoffentlich auch britischer sowie israelischer Flottenverbände ins Spiel kommen, um etwa zypriotische Hoheitsgewässer zu schützen. Das ist zwar eine für Österreich zu große Dimension, sie wäre aber politisch deutlich zu unterstützen.
Ganz zentral sind Begünstigungen für neue Forschungen und Verfahren im Energiebereich, die technologieoffen verlaufen sollten. Es sollten also nicht Politiker die Entscheidung treffen, welche Technologie, etwa Wasserstoff, die beste und klügste wäre, sondern einzig die Forschung und der Markt sollten darüber entscheiden. Ansonsten drohen gewaltige Verschwendung und Irrläufe.
Diese Notwendigkeit ist die schwierigste wie wichtigste. Das ist die einer sofortigen Aufhebung des Bannes auf der Atomenergie. Längst ist zwar eindeutig klar, dass viele neue Entwicklungen auf diesem Gebiet sowohl die Sicherheits- wie auch Endlagerfragen so gut wie gelöst haben, aber politisch ist das für viele noch immer ein No-Go.
Mit einer Aufhebung dieses vor allem in Deutschland und Österreich gültigen Bannes entstehen zwar nicht sofort neue stromliefernde Kraftwerke. Damit werden aber sofort die Entwicklungen in vielen Nachbarländern signifikant unterstützt, die dortigen Kraftwerke vor dem schon beschlossenen Zusperren zu bewahren. Dort haben ja insbesondere schon die Parteiführer rechts der Mitte aus den beiden wichtigsten Nachbarländern – Friedrich Merz in Deutschland und Matteo Salvini in Italien – den Kurs ihrer Parteien um 180 Grad geändert und auf ein komplettes Ja zu Atomkraftwerken umgepolt.
Das ist insbesondere in Hinblick auf Deutschland bedeutsam, wo auf Grund eines panikartigen Beschlusses der einstigen Merkel-Regierung die letzten Atomkraftwerke vor der Schließung stehen. Diesen Beschluss hat das "Wallstreet Journal" zu Recht als die "dümmste Energiepolitik der Welt" beschrieben.
An Hilfsmaßnahmen für Armutsgefährdete und Steueremäßigungen zur Hilfe für die Bevölkerung sollten höchstens jene Beträge angerührt werden dürfen, die das Budget zusätzlich als indirekte Folge der Teuerung an Einnahmen erzielt. Dabei muss es vor allem um eine prinzipielle Abschaffung der Stillen Progression gehen, die nicht nur ungerecht ist, sondern auch eine echte Strafe für jeden, der mehr arbeiten, der sich mehr anstrengen will.
Gewiss, ein solcher umfassender Energieplan würde vielen Heiligen Kühen, das Leben kosten. Den Kühen der Grünen, die ihre Panik gegenüber Atomenergie und einem verstärkten Abbau von Gas und Öl aufgeben müssten; aber auch den Kühen der Gegenseite, die sich mit hässlichen Solarpaneelen und hohen Energiepreisen abfinden müsste.
Nichts davon kann aber jedenfalls den Österreichern und Europäern dramatische Härten ersparen, wenn der oben skizzierte Katastrophenfall "Kein Russland-Gas mehr" wirklich eintritt. Aber ebenso sicher ist: Je früher mit der Realisierung eines solchen Plans begonnen wird, umso milder werden die Härten ausfallen. Und umso sicherer könnte ein solcher Energieplan schon mittelfristig wieder helles Licht am Horizont bringen.
Freilich: Wahrscheinlich ist die Umsetzung eines solchen Energieplanes nicht. Einerseits, weil allzu viele Heilige Kühe einer Verwirklichung im Weg stehen; andererseits, weil große Teile eines solchen Planes in vielen Schlüsselbereichen nur bei EU-weiter Kooperation funktionieren können.
Daher werden wir halt weiterhin einfach hoffen, dass ein solcher Katastrophenfall nie eintritt. Genauso wie wir weiterhin hoffen, dass unsere Fähigkeit, das Land im Alleingang zu verteidigen, nie getestet werden wird. Hoffen ist ja auch das Einfachste.