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Föderalismus ist an sich ein gutes Ding – wenn man ihn richtig versteht: Entscheidungen sollten möglichst nahe bei den Menschen getroffen werden, damit sie von diesen auch verstanden und mitgetragen werden. Damit sie effizient sind. Jetzt zeigt sich aber gleich in zwei ganz verschiedenen Bereichen, dass Österreich diesbezüglich ziemlich verbaut ist – woran freilich die politische Praxis, die sogenannte Realverfassung, mindestens ebenso schuld ist wie die geltende Bundesverfassung.
Denn in beiden Bereichen führt Föderalismus nicht zu besseren, effizienteren Entscheidungen, sondern zu gegenseitigen Blockaden.
Der eine Bereich, wo man nur noch den Kopf schütteln kann, ist jener der Ukraine-Flüchtlinge. Täglich kommen da neue Massen an bedrohten und ausgebombten Menschen nach Österreich – aber das Bundesland Kärnten legt sich als einziges dagegen quer, dass die Ukrainer mehr zu ihrer Grundversorgung dazu verdienen dürfen als 110 Euro im Monat. Alle anderen Bundesländer wollen diese Grenze hingegen auf 485 erhöhen.
Noch unfassbarer ist der Grund, den die Kärntner Genossen nennen, wobei sie auch vom üblichen Linksaußen-Juristen Heinz Mayr aus der sehr SPÖ-nahen Kanzlei Lansky (und natürlich dem ORF) unterstützt werden: Sie wollen durch ihr Veto erpressen, dass gleich auch alle anderen Migranten, also auch die aus Afrika und Asien die gleichen Zuwanderungsrechte bekommen.
Die Kärntner Haltung entlarvt in Wahrheit die tiefsitzenden Aversionen vieler Sozialdemokraten gegenüber den Ukrainern. Offenbar, weil diese es wagen, den Russen Widerstand zu leisten, weil sie der EU und Nato beitreten wollen und weil sie nicht die gleichen Luftschlösser bejubeln wie die Genossen. Diese Aversion der Sozialdemokraten gegenüber den Ukrainern ist ja vor ein paar Tagen schon einmal offenkundig geworden, als SPÖ und FPÖ es gemeinsam verhindert haben, dass der ukrainische Präsident eine Video-Ansprache im österreichischen Parlament halten kann.
"Dank" des Föderalismus können sie die Flüchtlingspolitik in ungenierter Art und Weise beeinflussen. Das ist recht blamabel. Freilich scheint rechtlich ziemlich eindeutig, dass die im Bund regierende Koalition da drüberfahren könnte. Der einzige Grund, warum sie es nicht tut, dürfte darin liegen, dass auch die Grünen die Ukraine-Flucht am liebsten dazu nutzen wollen, um den ihnen besonders am Herzen liegenden Drittweltmigranten die österreichischen Tore noch weiter aufzureißen.
Eine blamable Föderalismus-Vorstellung vor dem Hintergrund einer wenig einigen Koalition bietet aber regelmäßig auch die Corona-Krise. Dabei ist schon das Agieren des Bundes kaum mehr erträglich, der zumindest zweimal im Monat irgendeine Vorschrift ändert. Und der schon so oft die neuen Verordnungen wirklich erst am allerletzten Tag bekannt gemacht hat. Ganz offensichtlich, weil man koalitionsintern wie mit den ständig in unterschiedlichen Richtungen zerrenden Bundesländern nicht rechtzeitig einen Konsens gefunden hat.
Noch schlimmer aber ist, dass selbst solche verspätete Verordnungen dann noch durch die Sozialpartner und durch die Neunmal-Mühle der Bundesländer zusätzlich zerfleddert werden.
Wobei vor allem Wien das zweifellos aus parteipolitischem Bestemm macht. Aber auch die anderen Bundesländer sind von individueller Profilierungsneurose gepackt.
Sie alle begreifen nicht, dass der rasche Wechsel und noch mehr die Alleingänge einzelner Bundesländer ein voraussehbares Ergebnis haben: nämlich, dass sich am Ende überhaupt niemand mehr auskennt, dass die Vorschriften in Hinblick auf Testen, Impfen oder Quarantäne zunehmend unbekannt sind – und daher ignoriert werden. Die Politik auf allen Ebenen begreift nicht: Noch viel wichtiger als die Suche nach der bestmöglichen Vorschrift ist, dass die Bürger die geltenden Vorschriften überhaupt kennen, dass diese einfach, klar und logisch sind und dass sie sich nicht alle paar Wochen und alle paar Kilometer ändern. Denn dieses Dauerändern signalisiert nur Unsicherheit und die Botschaft, dass die Regeln eh nicht weiter ernst zu nehmen sind.
Damit sehen wir auf zwei wichtigen Politikfeldern ein eindeutiges Versagen der österreichischen Föderalismus-Konstruktion. Vernünftiger Föderalismus würde ganz anders aussehen: In einem solchen haben – in einem solchen hätten - Regionen und Provinzen eigenständige Rechte und Aufgaben, für deren Finanzierung sie dann aber auch wirklich selbst aufkommen müssten. Dort aber, wo der Zentralstaat zuständig ist, sollten sie keinerlei Chance mehr haben, dessen Effizienz durch gemischte Kompetenzen zu blockieren.
PS: Wer die Corona-Nachrichten immer nur via ORF verfolgen sollte, hat längst die Überzeugung gewonnen, dass das Wiener Rathaus am strengsten, konsequentesten und erfolgreichsten durch die Pandemie geführt hat, so oft bekommen da der Wiener Bürgermeister und sein Gesundheitsstadtrat einschlägige PR-Auftritte, die durch keine kritische Zwischenfrage gestört werden. Dabei ist das Gegenteil wahr: Alle drei westlichen Bundesländer wie auch das Burgenland haben weit geringere Sterberaten in der Pandemie gehabt; und Niederösterreich eine genauso hohe. Dabei erinnern wir uns alle noch, wie in diesen zwei Jahren vom Gebührenfunk gerade Tirol und Salzburg als unverantwortlich heruntergemacht worden sind. Aber in der Mediendemokratie zählt ja nicht, was wirklich ist, sondern der Eindruck, den die Medien hervorzurufen imstande sind ...