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Möglich wäre es theoretisch schon: Vielleicht haben da in Wien in den letzten Tagen wirklich zwei völlig verschiedene Untersuchungsausschüsse getagt, vor denen die gleiche Juristin ausgesagt hat. Nicht anders erklärbar scheint jedenfalls, wie unterschiedlich die Berichte darüber lauten. In "Kurier" und "Exxpress" liest man unglaubliche Aussagen, die eine ihren Pflichten nachkommende Justizministerin zur sofortigen Suspendierung von Angehörigen der WKStA veranlassen müsste oder zumindest zu einem Disziplinarverfahren. In allen anderen Medien, die ich geprüft habe, einschließlich der einst bürgerlichen "Presse", wird jedoch völlig anders berichtet (nur in der "Wienerzeitung" finden sich jene Aussagen der Juristin wenigstens zum Teil wieder).
Eigentlich sollte sich ja leicht mit einem Anruf feststellen lassen, ob die Aussagen der Rechtsanwältin und früheren Angehörigen der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft namens Linda Poppenwimmer von dieser so gemacht worden sind, wie der "Kurier" berichtet. Die Frau ist ja nicht anonym aufgetreten.
Lediglich Anonymität sollte eigentlich für seriöse Medien (und Staatsanwälte) ein Grund sein, so brisante Aussagen zu ignorieren.
Einschub zum Thema Anonymität: Bei den im Gleichschritt links marschierenden Mainstreammedien scheinen hingegen neuerdings Aussagen erst dann relevant zu werden, wenn sie anonym an die Öffentlichkeit kommen. Das kann man zumindest an der breiten Berichterstattung über anonyme Vorwürfe gegen den Vorarlberger Landeshauptmann erkennen. Diese sind von den seit langem mit Markus Wallner in Fehde liegenden "Vorarlberger Nachrichten" publiziert worden. Die Aussage des Anonymus: Wallner habe einer – ebenfalls nicht genannten – Firma gesagt, er würde dieser helfen, wenn sie in einem ÖVP-Blatt inseriert.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich habe erstens nie verstanden, was die Vorarlberger an Wallner gefunden haben, als sie ihn zum Landeshauptmann gemacht haben. Und zweitens sei ausdrücklich betont, dass ein solcher Satz, so er wirklich gesagt worden wäre, in höchstem Ausmaß verwerflich ist, einen Rücktrittsgrund darstellt und strafbar wäre.
Nur ist es in keiner Weise überprüfbar, ob der Vorwurf aus dem Dunkel der Anonymität heraus stimmt. Denn sollte die Wallner attackierende Zeitung nicht bloß deshalb den Namen für kurze Frist zurückgehalten haben, um die Neugier aufrechtzuerhalten und so die Auflage ein paar Tage zu steigern (was auch nicht die feine Art, aber branchenüblich ist), dann wäre ihr Verhalten schlicht widerlich. Ich selbst habe anonyme Beschuldigungen immer ignoriert. Es ist gar nicht vorstellbar, wie unerträglich dieses Land wird, wenn absolut jeder mit solchen Methoden fertig gemacht werden kann.
Ende des Einschubs und zurück zur Aussage der Ex-WKStA-Staatsanwältin: Diese beschrieb laut "Kurier" drastisch die "Vehemenz", mit der von der WKStA einzelne Personen verfolgt werden, "um sie loszuwerden". Sie bezog sich dabei ausdrücklich auf die WKStA-Kampagnen gegen den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, Fuchs, und den Leiter der zuständigen Sektion im Justizministerium, Pilnacek, also die beiden (neben der Ministerin) einzigen Vorgesetzten der WKStA. "Fuchs und Pilnacek waren die Feinde der WKStA".
Der Kurier wörtlich: "Poppenwimmer schilderte, wie bei einem internen Frühlingsfest 2019 angekündigt wurde, dass man es bei einer Dienstbesprechung eskalieren werden lasse, weil Pilnacek weg müsse." Bei der vom damaligen Minister Moser eingesetzten Mediation sei die WKStA deshalb an keiner Lösung interessiert gewesen.
Und dann liest man in der Zeitung eine unglaubliche Szene: "Sie erzählte dann, dass sich im Mai 2019 im Büro von Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic einige Oberstaatsanwälte versammelten, um eine Pressekonferenz des damaligen Abgeordneten Peter Pilz am TV-Schirm zu verfolgen. ,Jetzt kommt’s, jetzt kommt’s‘ habe Adamovic aufgeregt angekündigt."
Das heißt aber nichts anderes, als dass Adamovic schon vorher genau gewusst hat, was Pilz sagen wird. Dass er also der Informant von Pilz gewesen sein muss. Adamovic ist auch derselbe Staatsanwalt, der das Verfahren gegen Sebastian Kurz vorangetrieben hat – von dem außer der Justizministerin (und früheren engsten Fraktionskollegin von Peter Pilz) sowie der Opposition kein Jurist annimmt, dass es je zu einer Verurteilung von Kurz führen könnte. Adamovic ist auch der gleiche Staatsanwalt, mit dem Kurz bei seiner Vernehmung zusammengekracht ist.
Was Pilz und Adamovic dem von Ministerin Zadic suspendierten Pilnacek vorwerfen, ist der "Verrat" einer Weisung im Eurofighter-Verfahren. Kurier: "Adamovic meinte in dem Zusammenhang ,euphorisch‘ vor den Kollegen, dass Pilnacek wegen "Verdunkelungsgefahr sofort festgenommen gehört".
Poppenwimmer hat aber umgekehrt selbst "Auffälligkeiten" entdeckt, die zeigen, dass Informationen aus der WKStA nach außen getragen worden seien. Das heißt: Die WKStA hat nach ihrer Aussage genau das getan, was sie umgekehrt Pilnacek vorwirft und weswegen dieser suspendiert worden ist. Solche Auffälligkeiten sind schon seit Jahr und Tag immer wieder ganz eindeutig zu beobachten gewesen (und im Tagebuch auch mehrmals aufgelistet worden). Die unter Wahrheitspflicht stehende Zeugin zitierte sogar – laut einem Ohrenzeugen aus dem ÖVP-Klub – eine Äußerung der Chefin der WKStA, Vrabl-Sanda, wörtlich: "Pilnacek ist schon weg, Kurz ist zur Seite getreten, jetzt muss nur noch einer weg", womit sie Fuchs gemeint habe.
Bisher hat die Justizministerin, die Pilnacek suspendiert hat, aber kein Ohrwaschel gerührt, um gegen Adamovic, beziehungsweise gegen die ihn immer deckende Leiterin der WKStA in ähnlicher Weise vorzugehen. Spitzer Kommentar eines Strafrechts-Anwalts: "Da hat sie wohl noch keine Weisung von Pilz bekommen."
Zurück zu den Mainstreammedien. Dort ist weder die Wucht der Poppenwimmer-Vorwürfe gegen Adamovic zu erfahren, noch wird die Rolle von Zadic thematisiert. Statt dessen nutzen sie einen alten, aber miesen Medien-Trick, um die untergriffigen Vorwürfe der SPÖ gegen Poppenwimmer ins Zentrum zu stellen: Das gelingt ihnen, indem sie scheinbar über die Zurückweisung der Vorwürfe durch die Juristin berichten (die nach ihren Worten aus der WKStA ausgeschieden ist, als die Zustände dort "unerträglich" geworden seien). Sie sei kein Maulwurf; sie sei kein Trojanisches Pferd; sie sei kein Spitzel in der WKStA gewesen.
Durch Herausstellen dieses Dementi gelingt es dem Mainstream gleichsam dialektisch, die Vorwürfe gegen Poppenwimmer neuerlich ins Zentrum zu rücken und ihre eigentlich brisanten Aussagen zu übergehen. Die meisten Mainstreammedien benutzten darüber hinaus wortgleich sogar das gleiche Vokabel, um Poppenwimmer unglaubwürdig zu machen: Diese hätte die Oppositionsvorwürfe "wortreich" zurückgewiesen. Wortreich! Na, da weiß man eh alles …
Als endgültiges Killerargument weist dann fast der gesamte Mainstream auch noch darauf hin, dass die Rechtsanwaltskanzlei Ainedter, bei der die Juristin nach ihrem Ausscheiden aus der WKStA tätig ist, Mandate von zwei ÖVP-Politikern hat (Ainedter hat sehr wohl auch Klienten aus anderen Parteien, was die Medien aber verschweigen, weil es ja die beabsichtigte Tendenz stören würde).
Wie um den von Poppenwimmer geschilderten Gesamteindruck zu bestätigen, wurde Stunden nach ihrer Aussage bekannt, dass die WKStA auch gegen die ÖVP-Wirtschaftsministerin Schramböck Erhebungen eingeleitet hat. Deren Vorwand: Diese hat bei der Meinungsforscherin Karmasin einst eine Studie in Auftrag gegeben. Natürlich nichts wurde hingegen von Erhebungen der WKStA gegen SPÖ-Minister bekannt, die ebenfalls bei Karmasin Studien bestellt haben.
Das Zadic-Ministerium hat jetzt auch noch eine weitere Strafanzeige gegen Pilnacek eingebracht, weil dieser 2015 gegen den damaligen Minister Brandstetter keine Anzeige eingebracht hat (wegen einer angeblich rechtswidrigen Postenausschreibung). Ohne dass wirklich klar wäre, was daran strafbar gewesen sein soll.
Ein paar Stunden vorher wurde wiederum bekannt, dass die WKStA von anderen Staatsanwaltschaften das Verfahren wegen des Verkehrsunfalls zweier Kriminalbeamter (Sachschaden im Alkoholeinfluss) an sich gezogen hat, die vorher mit der Ehefrau von Bundeskanzler Nehammer getrunken hatten. Der Grund liegt natürlich in der Hoffnung, diesen Fall Nehammer selbst anhängen zu können …
Ganz zufällig gehören überhaupt fast alle der ÖVP an, denen die WKStA hofft, etwas anhängen zu können.
Dazu gehört aber auch die nicht gerade als links geltende Fürstenfamilie Liechtenstein. Jetzt – fast hätte ich geschrieben: Daher – wird auch gegen sie ermittelt. Die Liechtensteins hatten einst dagegen zu protestieren gewagt, dass die österreichische Finanz allen Ernstes die Renovierung ihres historisch und stadtbildmäßig enorm wertvollen Palais Liechtenstein im Wiener Stadtzentrum als "Liebhaberei" einstufen wollte. Damals hat die Familie ein in der Barockstadt Wien ja noch völlig fehlendes Barockmuseum schaffen wollen. Dieses Projekt hätte eigentlich als touristisch wichtig jede Unterstützung verdient. Aber für die linksradikale grüne Ausschuss-Abgeordnete Tomaselli hat die ÖVP damals ja nur einem "Superreichen" helfen wollen ...
Während die WKStA gegen Sebastian Kurz weiter das Verfahren wegen einer angeblichen Falschaussage vor dem U-Ausschuss vorantreibt, sind die – später begonnenen! – Erhebungen der gleichen theoretisch zur Objektivität verpflichteten Behörde gegen den burgenländischen SPÖ-Landeshauptmann Doskozil jetzt eingestellt worden. Auch dabei ging es pikanterweise um eine angebliche Falschaussage vor einem (burgenländischen) Untersuchungsausschuss. Während die inkriminierte Aussage von Kurz sogar schon einen Satz später richtiggestellt worden war, war das bei Doskozil nicht der Fall. Aber Kurz ist halt bei der falschen Partei. Und daher wird sehr lange nicht eingestellt werden.
Bei der richtigen Partei ist hingegen die grüne Verkehrsministerin Gewessler. Ganz offensichtlich deshalb sind keine Schritte von Justizministerin oder WKStA gegen sie bekannt geworden, obwohl nun (auch) der Verfassungsjurist Heinz Mayer ausdrücklich erklärt hat, dass die offensichtlich von Gewessler an die Asfinag erteilte Weisung rechtswidrig gewesen sei, den Lobautunnel nicht zu bauen. Mayer hält deshalb sogar eine verfassungsrechtliche Ministerklage für möglich.
Freilich braucht es für eine solche Ministerklage (die dann vor dem Verfassungsgerichtshof landen würde) die Stimmen der ÖVP. Und die zeichnen sich nicht ab, ist doch von der ÖVP kaum noch jemand übrig, der noch nicht von Zadic und ihrer WKStA mit Verfahren eingedeckt worden ist und der daher noch handlungsfähig wäre.
Besonders peinliche Pointe zur Affäre Gewessler-Lobautunnel: Mayer berichtete, dass ihn das Gewessler-Ministerium mehrmals dazu kaufen wollte, ein Gutachten zur Verteidigung des Bauverbots zu erstellen. Was der an sich durchaus gutachtensfreudige Mayer aber ablehnte: Offensichtlich hatte er damals schon das Mandat der Wirtschaftskammer, die zusammen mit den Ländern Wien und Niederösterreich für den Tunnel kämpft.
Noch einmal zurück zur Berichterstattung des Mainstreams: Mehr als auffällig war auch, wie dieser nur extrem knapp über die peinliche Niederlage von Zadic+WKStA vor dem Obersten Gerichtshof in Sachen Fuchs berichtet hat. Der OGH hat vor einigen Tagen dessen Suspendierung aufgehoben.
Wir sehen an diesem OGH-Entscheid aber auch: Wenn sich die WKStA einmal doch einem Gericht stellen muss, erleidet sie fast nur Niederlagen – was sie daher tunlichst vermeidet. Aber sie kann ja auch ganz ohne Richter (mit Hilfe dieser Ministerin und der Daueranzeigen des Trios Pilz, Krainer und Krisper) Existenzen und Bundeskanzler vernichten. Oder Finanzminister: So hat die WKStA in der Karwoche im Schatten des Ukraine-Krieges ein weiteres Verfahren gegen Gernot Blümel lieber eingestellt, bevor sie sich damit einem Richter stellen müsste. Aber ihr Ziel hat die WKStA ja ohnedies schon erreicht. Blümel ist weg.
Wahrscheinlich kann man es der Opposition nur begrenzt vorwerfen, dass sie auf diese Weise Politik zu machen versucht. Das Hauptkrebsübel dieser Republik ist vielmehr eindeutig die WKStA, die es ermöglicht, dass so Politik gemacht wird. Diese versteht sich wider alle Objektivitätspflichten zu hundert Prozent als Speerspitze der Linken. Diese demoliert ungehindert und willkürlich einen bürgerlichen Politiker nach dem anderen. Diese bedeutet ganz eindeutig einen historischen, vielleicht sogar irreparablen Schaden für Demokratie wie Justiz.
Das sei klar und deutlich gesagt (auch wenn mir jetzt gewiss bald wieder ganz zufällig eine Strafanzeige wegen irgendwelcher idiotischer Postings ins Haus flattern wird).
PS: Nur in einem einzigen Punkt haben Rot und Pink interessanterweise zuletzt gegen Aktivitäten der Justiz protestiert: Sie sind über die Verurteilung jenes Drogendealers und Detektivs empört, der die Ibiza-Falle gegen H.C. Strache organisiert hat. Damit ist er offensichtlich für sie heilig und steht über dem Strafgesetz.