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Der heutige Karfreitag erinnert wohl jeden Christen daran, wie derzeit Russland versucht, das gefolterte ukrainische Volk gleichsam ans Kreuz zu nageln. Und vielen Christen wird wohl ebenso bewusst, dass es auch unter den heutigen Aposteln einen Judas als Verräter gibt, der um 30 Silberlinge (oder etliches mehr) käuflich gewesen ist – nämlich den kriegshetzerischen Patriarchen von Moskau, dessen orthodoxe Kirche ja ganz massiv vom Putin-System finanziert wird. Aber Christen haben zum Glück auch die Vorahnung auf Ostern als eine Zeit, da der Tod seinen Stachel verliert. Und dafür findet man sogar im Grauen des Ukraine-Krieges ein paar – durchaus diesseitige – Anzeichen, die zumindest so viel Mut machen, dass man nicht alle Hoffnung fahren lassen muss.
Das erstaunlichste und überraschendste Zeichen der letzten Stunden ist zweifellos die Zerstörung des Kommandoschiffs der russischen Schwarzmeerflotte durch ukrainische Raketen (von wo immer die Ukrainer diese bekommen haben). Das ist für ein so bedrängtes Volk ein psychologisch noch viel wichtigerer Erfolg, als er in militärischer Hinsicht ist.
Ebenso eindrucksvoll sind beispielsweise auch die Internet-Inserate ukrainischer Piloten, die wo auch immer alte Flugzeuge sowjetischer Bauart – die sie umgehend bedienen könnten – zu kaufen suchen. Tausende solcher Dinge zeigen, wie entschlossen, aber auch klug da ein Volk kämpft. Das kann einfach nicht alles umsonst sein.
Ein anderes Anzeichen findet man in der Tatsache, dass die junge technologische Elite Russland in den letzten Wochen schon zu Zehntausenden verlassen hat. Vorerst sind sie in jene Länder gereist, die für Russen ohne Visum erreichbar und die dennoch nicht Putin-hörig sind. Sie sind jetzt vor allem in Georgien, den Emiraten oder Armenien. Da es in Russland gute IT-Experten gibt – wie ja auch immer wieder an den vielen Cyber-Attacken abzulesen ist –, wird da wohl bald ein globaler Wettlauf um sie wie um die mindestens ebenso gut ausgebildeten Ukrainer einsetzen (wobei bei diesen allerdings vorerst fast nur Frauen geflüchtet sind, die meist nicht so IT-affin sind wie die Männer).
Nach diesem neuen Angebot aus Russland werden sehr rasch die globalen IT-Firmen greifen, die dringend gute Kräfte brauchen. Aber auch Länder wie Österreich sollten sich blitzschnell für sie interessieren und ihnen genauso wie Ukrainern eine Überholspur zum heimischen Arbeitsmarkt eröffnen. Denn längst sind gute Technologie-Experten auch hierzulande gesucht wie Gold-Nuggets.
Gewiss: Es wird unabdingbar sein, jeden dieser jungen IT-ler zuerst sicherheitsmäßig zu überprüfen, um die Chance zu reduzieren, dass man da etwa einen Geheimdienst-Mann hereinholt. Dabei wäre etwa auch eine Erklärung sinnvoll, dass der hereingeholte Experte den russischen Angriffskrieg ausdrücklich verurteilt. Denn nach einer solchen Erklärung wird eine eventuelle Rückkehr nach Russland nur schwer sein, solange dort Putin herrscht. Das ist jedenfalls eine junge Generation, die gebildet ist, die gut Englisch kann und die auch in Russland gelernt hat, global und nicht chauvinistisch zu denken. Sie gehen gerne in andere Länder, sofern sie dort willkommen sind.
Weitere Bedingungen braucht es nicht, um durch eine Einladung an sie tolle Fachkräfte zu importieren. Dass Russland ein Jahrhundert nach Vertreibung des Bürgertums und Adels da wieder einen historischen Aderlass erleidet, sollte nicht unser Problem sein.
Ähnliches kann man zumindest theoretisch aber auch den sogenannten Oligarchen aus Russland anbieten: Es gibt keinen Grund, sie und, ja, auch ihr Geld nicht hereinzuholen, wenn sie klar und öffentlich die Taten Putins kritisieren. Allerdings werden das die meisten nicht tun, solange sie noch um in Russland steckenden Besitz bangen müssen.
Über beide Perspektiven sollte man in Österreich zumindest rasch nachdenken. Was aber wahrscheinlich zu viel verlangt ist.
Generell sollte man in Österreich nicht ständig in depressive Minderwertigkeitskomplexe angesichts des riesigen Russlands verfallen und immer nur glauben, Russland gegenüber nur mit Methoden wie dem – nett erfundenen – Reblaus-Märchen aus 1955 agieren zu können. Denn die harten Zahlen sprechen eine erstaunliche Sprache: Die gesamte Wirtschaftsleistung des 203mal so großen Russlands mit seiner 16mal so großen Bevölkerung ist nicht einmal vier Mal so groß wie die Österreichs!
Russland ist also wirklich ein Riese auf sehr dünnen Beinen. Und es ist heute keineswegs mehr ausgeschlossen, dass dieser Riese von der viel kleineren, aber offenbar wirklich bis zum letzten Mann wild entschlossenen Ukraine ins Wanken gebracht werden kann.
Zwar sollte man realistisch immer noch davon ausgehen, dass die sich nun anbahnende große Panzerschlacht im Osten wohl mit großer Wahrscheinlichkeit mit einem russischen Sieg enden wird – schon weil der westliche Nachschub an Panzern nicht binnen weniger Tage herangebracht werden kann (und weil sich die deutsche Linksregierung noch immer extrem seltsam verhält). Aber es ist mittlerweile völlig auszuschließen, dass sich die Ukrainer danach mit einer von den Russen angebotenen Waffenstillstandslinie quer durch ihr Land als neuer Grenze abfinden und sagen werden: "Ok, ihr habt uns das halbe Land geraubt, aber wir nehmen das hin und sind jetzt brav und fügsam."
Solche Fügsamkeit schwebt zwar manchen insbesondere in Deutschland jetzt offenbar als "Lösung" vor. Aber das wird es nicht spielen.
In Wirklichkeit droht Russland ein jahrelanger Kleinkrieg. Dieser hat zumindest für den Rest Europas eine erfreuliche Seite: Er wird das Putin-Reich mit hoher Wahrscheinlichkeit von weiteren Abenteuern gegen andere Länder abhalten. Diese drohen sogar mit Sicherheit, würden die Russen einen vollen Sieg in der Ukraine erzielen.
Die von Russland in den letzten Tagen und Wochen begangenen Grausamkeiten gegen die Zivilbevölkerung werden wohl auch dafür sorgen, dass auch in dieser langen Phase einer dauernden Konfrontation die Ukraine nicht alleingelassen wird. Von Großbritannien bis Polen sind jedenfalls viele Länder voll entschlossen, der Ukraine weiterhin beizustehen.
Und es sind nicht nur Nato-Länder. Auch die beiden neutralen Länder Skandinaviens schicken bereits Waffen an die Ukraine. Sie wissen genau: Wenn Russland die Ukraine zurückerobern kann, dann wird es sich in seinem imperialistischen Wahn auch sehr genau daran erinnern, was sonst noch alles einst Teil des Zarenreiches gewesen ist. Der Angriff auf die Ukraine hat den – sozialdemokratisch regierten! – Schweden und Finnen glasklar gezeigt: Nur die Mitgliedschaft in der Nato kann sie gegen den Wahnsinnigen in Moskau schützen. Allein kann man zwar Tapferkeit zeigen, wird aber untergehen.
In Österreich hingegen ist man noch lange nicht so weit, die Realität der Welt zu begreifen. Was aber auch klar ist in einem Land, dessen Bevölkerung zum großen Teil seine internationalen Informationen nur aus Kronenzeitung, Heute und ORF bezieht. Und wo man sich von einer Mär zur anderen hantelt: Neben der Reblaus-Mär (wir hätten die Russen unter den Tisch gesoffen, daher seien sie damals abgezogen) ist das die Mär von der Vermittlerrolle Österreichs. Dabei gibt es in Wahrheit in der ganzen Nachkriegsgeschichte keinen einzigen Konflikt, der durch Österreichs Vermittlung irgendwie gelöst worden wäre. Aber es ist offenbar nett, wenn man sich selbst solche G'schichteln einredet …