Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Jahrelang hat eine selbsternannte Elite in westeuropäischen Regierungen und EU-Behörden die Obergouvernante wie in einem Mädchenkloster gespielt und vorgegeben, die Osteuropäer erziehen und ihnen beibringen zu müssen, was Rechtsstaat und Demokratie seien. Jetzt aber sind es genau diese Osteuropäer, die den heuchlerischen Linksliberalen im Westen zeigen, dass sie es sind, die wirklich für die wichtigen Werte einstehen. Für die Freiheit, für Demokratie, für nationale Selbstbestimmung, für Nächstenliebe. Und sie tun das mit großem persönlichem Mut.
Wenn die Westeuropäer einschließlich der Österreicher, wenn vor allem die Deutschen in all ihrer Jämmerlichkeit ein bisschen Charakter hätten, dann würden sie spätestens jetzt den Osteuropäern Abbitte leisten. Denn diese sind es, die Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine mit unglaublicher Großherzigkeit aufnehmen. Denn es sind die Regierungschefs aus Polen, Tschechien und Slowenien, die die hochriskante Reise ins belagerte Kiew gewagt haben, um den Ukrainern Mut zu machen.
Hingegen reicht der ganze Mut der Deutschen und vieler anderer Länder höchstens noch dazu, um den ukrainischen Präsidenten Selenskyj per Video aus dem sicheren Westen zu applaudieren. Man wird es wohl lange nicht vergessen können, dass Deutschland in den letzten Monaten lange lediglich dazu bereit gewesen ist, den schon lange um Hilfe flehenden Ukrainern statt der benötigten Waffen zur Selbstverteidigung gerade noch 5000 ausrangierte Stahlhelme zu schicken.
All diese europäischen Linksliberalen, die mit Gestalten wie Othmar Karas oder Angela Merkel auch einen Teil des konservativen Lagers umfassen, waren erst nach Beginn des russischen Einmarsches zu den ersten ernsthaften Sanktionen gegen die Putin-Diktatur bereit. Sie haben in den letzten Jahren immer sofort all ihre Werte vergessen, wenn das Gas aus Russland billiger war als jenes aus anderen Weltregionen.
Während die osteuropäischen Länder Würde, Anstand und Humanität beweisen, werden sie von der europäischen Linken, die in der EU-Kommission und im Gerichtshof den Ton angeben, in schandbarer Weise mit EU-internen Sanktionen bedroht. Weil die Osteuropäer endlich die altkommunistischen Richter aus dem Amt drängen wollen. Weil sie die Verbreitung homosexueller und "Trans"-Propaganda an Schulkinder verbieten (was natürlich prompt der russischen Propaganda einen der wenig wahren Punkte ihrer Agitation gegen westliche Dekadenz verschafft hat).
Aber, was soll der Westen denn wirklich tun? So jammern viele. Nun, klug und notwendig wäre es sicher gewesen, jene deutliche Reaktionen zu Russland schon damals zu beschließen, als Wladimir Putin mit seinen Eroberungsfeldzügen begonnen hatte.
Schier unendlich ließe sich die Liste dessen fortsetzen, was schon seit mehr als einem Jahrzehnt gezeigt hat, welchen Weg Putin geht. Diese Liste hätte eine viel frühere klare Reaktion des Westens verlangt.
Eine solche frühzeitige Reaktion hätte wahrscheinlich Putin schon vor Jahren in die Schranken verwiesen und den Ukrainern heute unermessliches Leid erspart. Aber im Westen gibt es ja heute noch Menschen wie den österreichischen Bundeskanzler, der allen Ernstes glaubt, die Sowjetunion hätte uns 1945 Freiheit und Demokratie gebracht (und der daher auch nicht erklären kann, wieso sein Vorgänger und die große Mehrheit der Österreicher erst 1955 über die Freiheit gejubelt haben, und wieso 1955 und nicht schon 1945 ein ÖVP-Außenminister gerufen hat: "Österreich ist frei!").
Die Osteuropäer haben hingegen 40 Jahre lang lernen müssen, dass einer, nur weil er gegen Hitler gewesen ist, deswegen noch lange kein Guter sein muss, sondern ein ebenso widerlicher Diktator sein kann.
Bei uns hat man es hingegen linken Geschichtsverdrehern durchgehen lassen, die amerikanischen Aktionen und Kampfeinsätze mit denen Moskaus gleichzusetzen. Dabei haben die Amerikaner bei all ihren Kriegen von Korea über Vietnam bis Irak und Kosovo nie ein Land erobert oder erobern wollen, sondern immer nur – freilich nicht immer erfolgreich – den Bürgern dieses Landes die Freiheit gegen üble Diktatoren zu bringen versucht. Besonders grotesk ist, dass heute solche Geschichtsverdrehungen primär ganz rechts zu hören sind. Das beweist freilich wieder einmal, wie erfolgreich Indoktrination selbst mit den dümmsten Verdrehungen sein kann (und wie sehr sich die Extreme berühren).
Wahrscheinlich wird auch bald noch eine weitere Fakten- und Geschichtsverdrehung von linksaußen nach rechtsaußen überspringen: nämlich das Framing, dass Polen&Co jetzt ihre Haltung gegenüber Flüchtlingen geändert hätten. Dass also die Linken Recht hatten, als sie die Osteuropäer zur Aufnahme islamischer und afrikanischer Migranten zwingen wollten.
Wahr ist freilich das absolute Gegenteil: Die Osteuropäer haben immer gesagt, dass Flüchtlingshilfe eine Aufgabe der Nachbarn ist, und nicht die von Nationen, die tausende Kilometer entfernt sind, die nur deshalb ausgesucht werden, weil es dort den komfortabelsten Wohlfahrtsstaat gibt. Die Osteuropäer reden nicht nur von den Aufgaben eines Nachbarn, sie erfüllen diese auch vorbildlich. Sie haben natürlich auch damit Recht gehabt, dass sich Flüchtlinge aus Nachbarstaaten tausendmal leichter integrieren als jene, die von weither aus völlig anderen Kulturen, Sprach- und Religionskreisen kommen.
Die Osteuropäer praktizieren wirkliche Nächstenliebe im christlichen Sinn, ganz im Gegensatz zur verbalen Fernstenliebe der westlichen Linksliberalen.
Sie wissen, dass die Freiheit einer Nation nicht davon abhängig sein kann, ob irgendjemand behauptet, sie würden zum Einflussbereich irgendeiner anderen Großmacht gehören.
Sie wissen, dass Freiheit etwas ist, um das man immer wieder kämpfen muss.
Sie wissen auch – so wie der Ukrainer Selenskyj – dass man in diesem Kampf immer von der Legitimität und der Gewissheit des eigenen Erfolgs ausgehen muss, wenn er Chancen auf den Sieg haben soll. Nur diese Gewissheit hat eine positive Ausstrahlung auf die eigenen Bürger.
Und sie wissen auch, dass man niemals von der depressiven Lethargie erfüllt sein soll, die sich im Westen breitgemacht hat.
PS: Die einzige enttäuschende Ausnahme in ganz Osteuropa ist derzeit Ungarn. Gewiss wird Viktor Orbán von der EU infam bekämpft und hat in diesem Kampf auch keine Unterstützung durch seine konservativ-christdemokratischen Parteifreunde bekommen, die ihn trotz seiner in vielfacher Hinsicht und nicht nur verbal christlichen Politik allein gelassen haben. Und gewiss ist er in einen heiklen Wahlkampf verstrickt, wo sich hinter dem Aushängeschild eines konservativen Spitzenkandidaten Rechtsextreme mit Linken gegen ihn verbündet haben. Trotzdem ist Orbáns gegenwärtige Schaukelpolitik sehr ernüchternd. Ist er doch der einzige der heutigen osteuropäischen Führer, der im Kampf gegen den Kommunismus selbst noch eine heldenhafte Rolle gespielt hat.