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Gas: die Geschichte jahrzehntelanger Fehler

Unzählige Male hatte einst mein Kollege Erich Hoorn gewarnt: Österreich solle sich nicht so einseitig von russischen Gaslieferungen abhängig machen. Genutzt haben seine Warnungen nichts. Außer, dass Hoorn vom üblichen linken Mainstream als "kalter Krieger" verhöhnt worden ist. Heute macht der Ukrainekrieg  genau diese Gaslieferungen zum größten wirtschaftlichen Problem Österreichs (mit nachträglicher Ergänzung).

Einerseits ist diese Abhängigkeit ein Erpressungshebel in Händen Moskaus. Zwar beteuert Russland, ihn nicht einsetzen zu wollen. Zwar braucht Russland selbst die Gasexport-Einnahmen – hat es doch den Weltmärkten nichts zu bieten außer Rohstoffen: Aber dennoch ist im Krieg mit allem zu rechnen.

Andererseits sind die Gasleitungen durch die Ukraine – aber auch die Pipelines anderswo – ein ideales und leichtes Ziel für Anschläge, sobald Russland den Krieg gewonnen hat. Ukrainische Partisanen haben schon mehrmals im 20. Jahrhundert jahrelange gegen russische Besatzer gekämpft. Sobald keine Gebühren für die Durchleitung des Gases mehr in ihre Staatskassen fließen, fällt jedes Interesse ukrainischer Freiheitskämpfer an den Gasleitungen weg.

Gewiss: Hoorn war ja nur ein Journalist, wenn auch der mit der besten Kenntnis der Ostwirtschaft. Aber ganz genauso warnen nüchterne und politikfreie Analysten wie auch die Vernunft jedes vorsichtigen Kaufmannes davor, sich einseitig von einem einzigen Lieferanten abhängig zu machen. Jedes Lehrbuch der Betriebswirtschaft zeigt, dass es ganz dumm ist, nur unzureichende Reservelager zu haben und sich zugleich komplett von einem Zulieferer abhängig zu machen. Auch wenn dieser vorerst der billigste ist.

Denn dadurch ermuntert man ja geradezu zu Dumping-Methoden, bei denen ein Zulieferer zuerst durch Niedrigpreise alle Konkurrenten ausschaltet, um dann beliebig die Bedingungen diktieren zu können. Dennoch hat Österreich, hat die staatsnahe OMV zuletzt neuerlich viel Geld in eine weitere Gasleitung aus Russland investiert, statt – zur wirtschaftlichen Landesverteidigung notfalls auch mit Steuergeldern – sich an alternativen Versorgungswegen etwa durch Investitionen in Flüssiggas-Terminals zu beteiligen.

So naiv und kurzsichtig, wie sich Österreich jahrzehntelang verhalten hat, so ist auch die jetzige Argumentation: Für die Wohnungsheizung wird das Gas wahrscheinlich eh reichen, und der Wirtschaft drehen wir halt das Gas ab. Als ob uns nicht allen das Gas abgedreht würde, wenn es der Wirtschaft abgedreht wird.

(Nachträgliche Ergänzung: Der ehemalige Vorsitzende des OMV-Aufsichtsrates, Wolfgang Berndt, macht mich darauf aufmerksam, dass die OMV seit mehr als zehn Jahren an einem Flüssiggas-Terminal in Rotterdam beteiligt ist, an dem man trotz erheblicher Verluste in der Vergangenheit aus Diversifikationsgründen festgehalten habe. Das ist lobenswert, sei Berndts Anmerkung hinzugefügt, aber in keiner Weise ausreichend, um als echte Diversifizierung der Bezugs-Strukturen bezeichnet zu werden).

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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