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Gleich vier Parlamentsparteien stehen in diesen Tagen ziemlich beschämt da. Geschichtswissen, Verantwortungsbewusstsein, Vernunft und Weitsicht fehlen überall. Das alles zeigt der Lackmus-Test der Reaktionen auf den schlimmsten Krieg des letzten Dreivierteljahrhunderts, der da samt offenkundigen Kriegsverbrechen einer Supermacht vor unseren Toren tobt. Jetzt rächt sich aber auch manches wirklich zynische Verhalten in den letzten Jahren gegenüber den Sicherheitsbedürfnissen der Nation.
Zu den Parteien im Einzelnen:
Die größte Schande hat zweifellos die SPÖ auf sich geladen. Sie ist noch mehr als alle anderen Parteien verantwortlich für den Zustand des österreichischen Bundesheeres. Gewiss haben auch alle anderen kaum mehr als Wortspenden für jene Kraft übergehabt, die unsere Sicherheit schützen soll. Aber die SPÖ hat als einzige sogar aktiv die Demobilisierung des Bundesheeres betrieben.
Einerseits tat sie das durch ein – zum Glück von der Bevölkerung abgelehntes – Anti-Wehrpflicht-Referendum, das primär den Zweck populistischer Anschmeißerei an die Kronenzeitung hatte. Andererseits – und noch viel wahnsinniger – tat sie das durch die Kastrierung der Eurofighter, denen ein SPÖ-Minister fast alle Ausrüstungen zum effektiven Kampfeinsatz wieder abgenommen hat, obwohl sie schon gekauft waren. Die Eurofighter sind seither kaum mehr als fliegende Fotoapparate.
Dabei war die Anschaffung der Eurofighter durch die erste schwarz-blaue Regierung so ziemlich die einzige Investition in die heimische Landesverteidigung der letzten Jahrzehnte, die mehr war als ein paar Brösel, um das Bundesheer vor dem endgültigen Hungertod zu bewahren. Dass dabei wieder einmal die sattsam bekannte WKStA den Begleitschutz der SPÖ versucht hat, ändert überhaupt nichts an diesem deprimierenden Skandal – und deshalb doppelt nicht, weil sie mit all ihren miesen Methoden auch hier nichts Rechtswidriges herausgefunden haben. Und ebensowenig ändern die dümmlichen Aktionen der jetzigen Verteidigungsministerin Tanner etwas am Skandal, die – offenbar auf Wunsch des diesbezüglich ebenfalls blamabel agierenden Sebastian Kurz – ein paar Monate lang in die Anti-Eurofighter-Fußstapfen jenes Vorgängers gestiegen ist, den inzwischen sogar die SPÖ tief unter der burgenländischen Tiefebene entsorgt hat. Die SPÖ erwähnt mit gutem Grund den Namen Darabos nicht einmal mehr.
Aber auch in den letzten Tagen gibt die SPÖ Anlass zum Kopfschütteln: Hat sie doch bei Ausbruch des Krieges nichts Besseres zu tun, als eine Dringliche Anfrage zur – Teuerung zu stellen (natürlich ohne zu erwähnen, dass die von Sozialisten aller Länder so vehement unterstützte Negativ-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank die Hauptverantwortung dafür trägt).
Den Genossen ist wirklich nicht mehr zu helfen.
Während die Anti-Bundesheer-Untaten der SPÖ schon vor mehr als einem Jahrzehnt am verheerendsten gewesen sind, hat die Negativ-Kurve der FPÖ erst direkt während des Krieges ihren Tiefpunkt erreicht. Oder besser gesagt: die Negativkurve von Herbert Kickl und seinen Getreuen in der Partei. Denn ich treffe auf immer mehr Freiheitliche, die nur noch den Kopf schütteln können über den Parteichef.
Dabei hat man ja eigentlich glauben können, dass Kickl seinen Tiefpunkt schon mit seinen hysterischen Anti-Masken-, Anti-Maßnahmen- und Anti-Impfkampagnen erreicht hätte, bei denen er nicht einmal die absurdesten Verschwörungstheorien und Behauptungen ausließ.
Jetzt hat er es aber geschafft, mit seinen Äußerungen zum Krieg noch weiter nach unten zu sinken. Das beginnt damit, dass er als einziger Parteichef gegen die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge in Österreich auftritt, während sich viele anständige Freiheitliche dafür aussprechen (unter denen sich die Namen Hofer, Svazek oder Abwerzger finden, die das sogar offen wagen – während etliche andere aus dem freiheitlichen Lager ihre Empörung lieber hinter vorgehaltener Hand, dafür umso deutlicher äußern).
Noch absurder ist, dass ausgerechnet Kickl plötzlich der EU jetzt diesbezüglich die Verantwortung zuschieben will, was mit den Flüchtlingen geschieht. Das ist in Anbetracht der Tatsache, wie Kickl sonst zur EU steht, geradezu erheiternd. Das wird endgültig skurril, wenn man sieht, dass gleichzeitig die drei FPÖ-Abgeordneten im EU-Parlament nicht imstande waren, der erfreulich klaren Resolution des Parlamentes zum Krieg zuzustimmen. Diese Resolution hat Unterstützung von nicht weniger als 94 Prozent der EU-Abgeordneten gefunden. Nicht jedoch von Abgeordneten der postkommunistischen Linken, von einer lettisch-russischen Abgeordneten und der FPÖ. Eine "schöne", wenn auch winzige Gesellschaft.
Dabei hat man eine Zeitlang geglaubt, nach dem Ausscheiden der Herren Strache und Gudenus wäre es mit der Russland-Liebe der FPÖ vorbei, die ja sogar einen Freundschaftspakt mit der Partei des russischen Diktators eingegangen war. Offensichtlich weit gefehlt.
Kickl treibt die Freiheitlichen in einen Neutralitäts-Dogmatismus, als ob er diesbezüglich die SPÖ noch überholen wollte. Keine Spur mehr von der FPÖ, die bei den früheren russischen Panzer-Brutalitäten – 1956 in Ungarn und 1968 in der Tschechoslowakei – noch tapfer, mutig und anständig die westliche Fahne der Freiheit hochgehalten hatte, ohne sich "neutrale" Schlösser vor den Mund zu hängen.
Kickl ist auch kilometerweit weg von der deutschen AfD, mit der er noch vor kurzem zu fraternisieren versucht hat. Denn die AfD hat den russischen Angriff scharf verurteilt und als völlig ungerechtfertigt bezeichnet. So etwa Alexander Gauland: "Der Bruch des Völkerrechts durch Wladimir Putin ist durch nichts gerechtfertigt."
Kickl bringt hingegen nichts dergleichen über die Lippen. Hätte ich – wie er – einen Hang zu beweisfreien Verschwörungstheorien, würde ich jetzt behaupten, dass da wahrscheinlich solche Gelder aus Russland geflossen sind, von denen H.C.Strache schon in Ibiza geglaubt hat, sie zu bekommen. Aber dafür gibt es keine Beweise. Wir begnügen uns deshalb damit, Kickls Verhalten zum zweiten Mal in seiner Obmannschaft katastrophal und tief bedauerlich zu finden.
Wir denken mit Sehnsucht an die Haider-FPÖ zurück, als diese Ende der 90er Jahre vehement Österreichs Beitritt zur Nato gefordert hat. Als Beweis sei aus der Parlamentskorrespondenz vom 16. April 1998 der spätere FPÖ-Verteidigungsminister Scheibner zitiert: "Die Zukunft der europäischen Sicherheitspolitik liegt in der Nato als einzig funktionierender Organisation, die Sicherheitsgarantien geben kann." Und zur Neutralität sagte er: "Diese wird heute von niemandem mehr ernst genommen und kann Österreich keinerlei Schutz mehr geben." Scheibner forderte deshalb umgehende Verhandlungen über einen Nato-Beitritt.
Das ist heute genauso richtig wie damals. Auch wenn die Entsorgung der Neutralitätsillusionen wegen des Widerstands der SPÖ beziehungsweise der Grünen – die ja für die nötige Zweidrittelmehrheit gebraucht worden wären – nie realisiert werden konnte.
In Wahrheit sind die Scheibner-Worte heute sogar noch viel richtiger. Damals hätte sich niemand vorstellen können, dass sich Russland zum größten Bösewicht des 21. Jahrhunderts entwickeln wird. In den letzten Tagen haben daher sowohl in Finnland wie auch in Schweden – also zwei der anderen neutralen Länder Europas – Politik wie Bevölkerung große Schritte zum Nato-Beitritt unternommen.
Beide haben erkannt: Nur die Nato bietet ihnen Schutz. Nur für Nato-Länder gilt, dass jeder Zoll Bodens von zahlreichen anderen Armeen verteidigt wird – während die bündnislose Ukraine trotz großer Tapferkeit dem Aggressor alleine gegenübersteht.
Nur bei den österreichischen Freiheitlichen ist man (so wie Rotgrün) nicht zu dieser Erkenntnis imstande. Obwohl man sie sogar schon einmal in sehr expliziter Form gewonnen hatte. Das hat damals übrigens auch dem blauen Wahlerfolg nicht geschadet. Ganz im Gegenteil: Die FPÖ hat ein Jahr später mit 27 Prozent das beste Wahlergebnis ihrer Geschichte erzielt. Deshalb haben alle jene Unrecht, die sagen: "Ja, richtig wäre es schon, aber die von der Kronenzeitung verblödeten Wähler wollen halt nicht."
Die Neutralitäts-Illusionisten können nicht einmal auf das Beispiel der Schweiz verweisen. Denn erstens macht diese alle Russland-Sanktionen voll mit. Zweitens hat dort die Neutralität eine lange Erfolgsgeschichte. Drittens dient sie dem Ausgleich zwischen den drei Schweizer Volksgruppen. Viertens bewegt sich die Schweiz auf einer so guten militärischen Qualität, dass jeder Österreicher damit viel besser schlafen würde. Weshalb sich, fünftens, die Schweiz von niemandem den Vorwurf gefallen lassen muss, egoistischer Trittbrettfahrer zu sein, der ohne eigenen Beitrag seine Sicherheit durch andere, nämlich die Nato-Länder ringsum, bewachen lässt. Wie Österreich.
Auch in der ÖVP gibt es lange nicht mehr jene sicherheits- und außenpolitische Diskussion und Denkarbeit wie rund um die Jahrtausendwende, auch wenn es keine so abrupte Politikänderung wie bei Kickl gegeben hat. In der ÖVP hat man in den letzten Jahren den gesamten Bereich einfach desinteressiert links liegen gelassen.
Dazu kommt das absolut unverständliche Verhalten von Exbundeskanzler Schüssel, der weiterhin im Aufsichtsrat von Lukoil bleibt. Dazu kommt eine katastrophale historische Ahnungslosigkeit der gesamten Führungsmannschaft. Diese ist nicht einmal imstande, sich diesbezüglich gute Berater zu holen. Sie fällt daher bei der ersten Kritik um, wie etwa auch der Nationalratspräsident Sobotka bei seiner Erinnerung an das Jahr 1945, wo sich ja viele Österreicher nicht zu Unrecht vor den einmarschierenden russischen Truppen gefürchtet haben, die aber von den linken Geschichtsumschreibern zu den großen Freiheitsbringern gemacht werden.
Ähnlich überflüssig war auch der feige Rückzieher von Außenminister Schallenberg, der davon gesprochen hatte, dass die Ukraine nicht so wie Österreich 1938 alleine gelassen werden dürfte. Ein absolut richtiger Satz. Den er aber zurücknehmen musste, weil ja dabei (zu Recht) der Abwehrkampf des damaligen Ständestaats positiv wegkommt. Das ist aber in der Nehammer-ÖVP offenbar aus lauter Ängstlichkeit vor den linken Geschichtsumschreibern neuerdings verboten.
Noch viel schlimmer sind aber manche Aussagen von Parteichef Nehammer selbst. So schwadroniert er von Österreichs "Rolle als Vermittler". Dabei fällt ihm selber als einziges Beispiel dazu nur ein, dass hier die OSZE ihren Sitz hat. Wenn das schon Vermittlung sein soll, dann sind auch die USA ein neutraler Vermittler. Beherbergen sie doch die UNO.
Besonders schlimm ist vor allem aber folgender Satz Nehammers: "Russische Soldaten sind für die österreichische Demokratie gestorben." Nichts könnte falscher sein!
Wie sollen, bitte, Soldaten, die aus der totalitären Stalin-Diktatur kommen, in einem anderen Land für die dortige "Demokratie" kämpfen oder gar sterben?
Die Sowjetarmee ist damals auf österreichischen Boden gekommen, um die Hitlertruppen und Nazis zu besiegen, die sie angegriffen haben (nachdem Moskau 1939 noch mit Hitler einen infamen Nicht-Angriffspakt geschmiedet hatte!). Die Sowjetarmee ist aber sicher nicht für unsere Demokratie gekommen. Sie sind ja auf dem gleichen Kriegszug auch nicht deswegen nach Polen, Ungarn, Rumänien und in die Tschechoslowakei gekommen, um denen die Demokratie zu bringen. Ganz im Gegenteil: Sie haben diese Länder auf mehr als vier Jahrzehnte zu Sklavenstaaten Russlands gemacht.
Lediglich Österreich hat das Glück gehabt, dass die Dinge anders gelaufen sind. Dies aber nicht, weil irgendein russischer Soldat das so gewollt hätte. Sondern weil im Großteil des Landes westliche Truppen einmarschiert sind. Sondern weil Moskau den Westen durch Neutralisierung Österreichs vom Brenner vertreiben wollte. Sondern weil die Kommunisten in Österreich besonders jämmerlich dastanden. Sondern weil Moskau 1955 Adenauer über Österreich ein (möglicherweise vergiftetes) Lockangebot machen wollte.
Man sollte wirklich eine Spendensammlung machen, um dem Bundeskanzler der Republik einen Crashkurs in Zeitgeschichte (ohne linke Geschichtsumschreiber) zu bezahlen, wenn er sich schon keine Kabinettsmitarbeiter leisten kann, die ihn vor dem Schlimmsten bewahren würden.
Der Satz von der Demokratie, den wir russischen Soldaten zu verdanken hätten, obwohl die höchstwahrscheinlich nicht einmal gewusst haben, was Demokratie überhaupt ist, ist fast so hanebüchen wie das Wortgeknödle des grünen Parteichefs. Dass die "aktive Neutralität" nun auch eine "engagierte Neutralität" sein müsse, kann man ja noch amüsiert in die große Schachtel mit sinnbefreiten Wortkreationen des Werner Kogler ablegen.
Aber Kogler sprach rund um die Ukraine allen Ernstes auch über "von EU und Nato beanspruchte Einflussgebiete". Kann dem Mann, wenn er schon nie gerade Sätze schafft, irgendjemand wenigstens ein Abo einer internationalen Qualitätszeitung schenken? Dann wüsste er, dass es sich ganz umgekehrt verhält, dass sich Nato und EU seit Jahren aus vielerlei echten und vielerlei vorgeschützten Gründen gegen neue Mitglieder sträuben. Dass es viel mehr die Beitrittswerber vom Balkan über die Ukraine bis Georgien selber sind, die an die beiden mit aller Intensität herandrängen.
Sie tun dies vor allem auf intensiven Wunsch ihrer Bevölkerung. Aber was stört einen Grünen schon der demokratische Wille der Menschen! Er plappert als strammer Linker lieber russische Propagandabehauptungen nach, dass der Westen da irgendetwas "beanspruchen" würde.
Am schlimmsten sieht man die kollektive Verantwortungslosigkeit aber daran, dass folgende drei Forderungen von keiner Partei zu hören sind:
Jedoch: Wir hören nichts.
PS: Die Neos sind die einzigen, die in diesen Tagen nicht durch eine Megadummheit aufgefallen sind. Aber auch nicht durch irgendeine besondere Klugheit.