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Der gefährliche Primat der Politik

 Die Ideologen-Forderung nach einem "Primat der Politik über die Wirtschaft" ist lange dem Prinzip der Unabhängigkeit von Notenbanken gegenübergestanden. Jetzt hat sich die Primat-Forderung überall durchgesetzt. Die Europäische Zentralbank muss von der EU-Politik für "grün" erklärte Kredite jenseits ihres ökonomischen Wertes auf Kosten der Allgemeinheit begünstigen. Das ist ganz unabhängig vom Streit um Atomstrom ein Unsinn. Zugleich können sich Staaten, also die Politik, bei der EZB im Grund unendlich zum Nulltarif finanzieren. Sie verwenden das Geld vor allem dazu, das Bett des Wohlfahrtsstaates immer weicher zu machen.

Dadurch droht freilich langfristig Schlimmeres, als dass die Betten zu hart wären. Denn am Schluss dieses Wunschkonzertes steht immer das gleiche: explodierende Staatsschulden, Inflation, steigende Arbeitslosigkeit, Flucht aus dem Geld, Staatskrise – bis dann nichts anderes übrigbleibt als harte Austerity, die wieder zu Streiks und Unruhen führt.

Doch so langfristig denkt kein Politiker. Für sie alle gibt es nur einen Horizont: den nächsten Wahltag. Und der ist gerade bei den größten Schuldenfreunden nahe. Frankreich wählt im April; Italien und Spanien spätestens 2023.

Das setzt die EZB unter zusätzlichen Zwang, weiter Gratisgeld zu verteilen. Deutschland, das auf Grund des Zwischenkriegstraumas lange für eine andere Währungspolitik gestanden ist, hat in den 90er Jahren bei der Euro-Gründung keinen Stabilitätskurs mehr durchsetzen können. Auch Deutschland hat dabei freilich auf Grund des politischen Primats gehandelt: Es hat nur durch die De-Facto-Zustimmung zur Staatenfinanzierung das "Ja" aller, insbesondere Frankreichs, zu seiner Wiedervereinigung bekommen.

Auch in den USA dominiert der Primat der Politik. Nur führt er dort zu ganz anderen Resultaten: Dort fürchten sich die US-Demokraten nämlich vor allem vor der gewaltig abhebenden Inflation. Deren Weitergehen könnte sie schon im November ihre knappe (Trump zu verdankende) Mehrheit kosten. Prompt sehen wir daher dort ein ganz anderes Verhalten der Notenbank als in der EU: Sie hebt bis zur Wahl deutlich die Zinsen an, um die Inflation zu killen.

Zwar regiert überall das Gift des Primats der Politik. Nur produziert es in den USA ökonomisch Vernünftigeres.

In etwas anderem sind Regierungen und Notenbanken aber da wie dort total gleich: Sie versichern uns treuherzig, die Notenbanken seien so etwas von unabhängig, unabhängiger geht’s gar nicht.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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