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42 Erkenntnisse: Wie umgehen mit einem paranoiden Neohitler

Die Erkenntnisse aus dem russischen Einmarsch in die Ukraine sind vielfältig: Ernüchternd, deprimierend, beängstigend, aber auch in mancher Hinsicht positiv. Tatsache ist: Dieser Einmarsch ist nichts anderes als die brutale Eroberung fremden Staatsgebiets – auch wenn Wladimir Putin diese auf zwei Teile aufgeteilt hat. Das russische Verhalten dieser Stunden und der letzten Jahre bedeutet serienweise Eroberungen, wie wir sie in Europa seit Hitler nicht erlebt haben.

Der erste Teil der ostukrainischen Eroberung war 2014 die (nur durch russische Waffen und Geheimdienste möglich gewordene) Sezession von Gebieten der Ostukraine, die russlandtreue Milizen durchgeführt haben. Der zweite Teil war in den letzten Stunden die Anerkennung dieser Gebiete als "Staat" und der unmittelbar darauf folgende russische Einmarsch. Wer meint, das sei ja viel harmloser als eine in einem einzigen Schritt durchgeführte Eroberung und der jetzige Einmarsch sei auf Grund des "Hilferufs" und des fehlenden (ja gar nicht möglichen) Widerstands berechtigt, der hätte auch den "Islamischen Staat" als solchen anerkennen müssen, der ja auch eine Zeitlang große Gebiete in Syrien und im Irak kontrolliert  und von sich behauptet hat, ein Staat zu sein.

Die wichtigsten Erkenntnisse und Aspekte dieser russischen Eroberung:

  1. Russland hat sich damit auf lange aus der Reihe zivilisierter Staaten hinauskatapultiert. Zumindest, solange dort ein Wladimir Putin mit seiner großrussischen Besessenheit herrscht, sollte man auch nicht ernstlich auf eine Rückkehr hoffen.
  2. So bedrohlich das Land derzeit auch ist, so klar ist freilich auch: Von außen wird sich Russland keinesfalls direkt ändern lassen. Das wäre bei einer Atommacht ein völlig absurder Gedanke. Die Hoffnung kann nur auf einen Nachfolger gerichtet sein, der ähnlich wie nach der Breschnjew-Tristesse ein Gorbatschow und Jelzin den Kurs wechselt und der dann Russland in die Zivilisation zurückführt. Eine kleine Hoffnung kann sich auch darauf richten, dass die Menschen Russlands selbst des Diktators überdrüssig werden. Es gibt jedoch in Russland keinerlei kulturelle Tradition einer Volkserhebung. Putschs wie 1917 sind ja keine Revolution des Volkes gewesen.
  3. Bedrückende Tatsache ist auch, dass Russland seit weit mehr als hundert Jahren nur zweimal, eben nur in Gorbatschow und Jelzin, Führer hatte, die positiv in die Geschichtsbücher eingehen. Die Russen scheinen also an die Putins geradezu gewöhnt.
  4. Ein Wachsen des Überdrusses der russischen Bürger mit dem System Putin ist allerdings schon zu bemerken. Und er wird weiter wachsen: Dem Putin-Regime fehlt mit Ausnahme eines tief der Vergangenheit verhafteten großrussischen Nationalismus jeder emotionale Kitt einer Ideologie oder Vision, welcher die Menschen bei der Stange halten könnte.
  5. Zugleich ist für viele Russen die wirtschaftliche Perspektive im korrupten Oligarchensystem Russlands total frustrierend. Das Land hat es auch nach dem Kommunismus nie geschafft, in irgendeiner Weise zu einem modernen Industrieland zu werden. Das bedeutet einen großen Unterschied zu anderen großen Teilen der Welt, die in den letzten zwei Generationen zu Wohlstand gekommen sind. Russland hingegen lebt noch immer wie ein Drittweltland nur von seinen Rohstoffexporten. Und seiner Atomrüstung.
  6. Nur hoffnungslose Optimisten können jetzt meinen, die von Putin in den letzten Stunden besetzte ostukrainische Salamischeibe wäre die letzte gewesen. Man denke nur, wie viele Territorien der Neohitler schon besetzt hat: Zwei Gebiete in Georgien, einen großen Streifen von Moldawien, die Krim. Dazu kommt die schrittweise Herstellung einer totalen Abhängigkeit von Russland in Belarus, Kasachstan und Armenien. Dabei ist es lediglich in Armenien wahrscheinlich, dass dort die Mehrheit der Menschen das tatsächlich will, weil die Armenier angesichts der Umklammerung durch islamische Turk-Völker in der Abhängigkeit von Russland noch das geringere Übel sehen. Dazu kommen als weitere Salamischeiben russische Militärinterventionen in Syrien, Libyen und Mali.
  7. Putin hat das Messer für weitere Scheiben schon angelegt. Wobei die nächste Scheibe die Eroberung der beiden ukrainischen Regionen zur Gänze sein soll, wie Putin ja schon mehr oder weniger offen angekündigt hat. Von diesen Regionen hatten die von ihm gesteuerten Separatisten ja angesichts des tapferen Widerstands der Ukraine bisher nur einen kleineren Teil erobern können.
  8. Die übernächste Scheibe droht dann die Ukraine selbst oder zumindest ein großer Teil von ihr zu sein. Hat doch Putin der Ukraine jetzt in einer unglaublich aggressiven Hassrede de facto die Qualität eines Staates abgesprochen. Er argumentiert so, als ob die ganze Ukraine eigentlich bis auf den schmalen bis 1918 österreichischen Westteil um Lemberg und Czernowitz Russland gehören würde (eigentlich müssten die hiesigen Neonazi, die noch immer den Neohitler in Moskau unterstützen, in Verfolgung dieser Grotesk-Logik verlangen, dass Österreich in der Westukraine einmarschiert, oder die Polen, die bis ins 18. Jahrhundert dort regiert haben …).
  9. Der ostukrainische Landraub ist zwar in den letzten Stunden ohne unmittelbares Blutvergießen abgelaufen, was manche naiven Menschen beruhigt. Er ist aber in Wahrheit ja nur der Abschluss des zehntausendfachen Blutvergießens nach der von Russlands Satrapen ausgelösten Loslösung.
  10. Die nächsten Etappen werden aber noch viel blutiger verlaufen. Denn da wird sich die Ukraine trotz ihrer Unterlegenheit bis auf die Zähne gegen ein weiteres Vorstoßen der Russen wehren. Denn dann könnte Russland jener Alptraum passieren, den einst die Amerikaner in Südvietnam erlebt haben (dem sie gegen die nordvietnamesische Eroberungsaggression zu Hilfe gekommen sind) oder Russland in Afghanistan. Daher könnte es sein, dass Putin mit den nächsten Etappen noch zuwartet, bis er glaubt, dass sich die westlichen Reaktionen beruhigt haben.
  11. Der Westen wird aber auch dann nicht der Ukraine militärisch zu Hilfe kommen, wie er schon angekündigt hat. Allerdings wird er die Daumenschrauben wirtschaftlicher Sanktionen noch viel fester anziehen. Darüber kann inzwischen kein Zweifel mehr bestehen. Diese Sanktionen und vor allem die Drohungen mit weiteren Sanktionen werden Russland zwar nicht in die Knie zwingen, aber sie könnten doch die Chance auf ein Überdenken der russischen Aggressionspolitik erhöhen.
  12. Diese Gewissheit drohender Mega-Sanktionen ist bei aller Tristesse das Erfreulichste. Denn die diesbezügliche Einigkeit der Außenwelt bietet in Wahrheit die größte, um nicht zu sagen einzige Chance, dass Putin doch noch auf die nächsten Salamischeiben seiner Aggression verzichtet.
  13. Die EU hat – bei allem, was man sonst an ihr kritisieren muss – diesmal absolute Geschlossenheit gezeigt. Und sie hat rasch gehandelt. Das sei erfreut und laut anerkannt. Und es ist besonders gut, dass die EU gehandelt hat, bevor noch die USA ihr Paket fertig geschnürt haben. Äußerer Druck ist imstande, Einigkeit zu schaffen. Jetzt ist nur zu hoffen, dass auch die von der EU-Linken mit ihren antiungarischen und antipolnischen Aktionen gestarteten Spaltungsversuche endgültig Vergangenheit sind.
  14. Freilich sei hinzugefügt, dass die EU viel früher und viel deutlicher auf die russischen Eroberungen in Georgien, Moldawien und der Krim antworten hätte müssen. Es war zweifellos eine Ermunterung Moskaus, dass es so leicht damit durchgekommen ist.
  15. Durchaus positiv festzuhalten ist auch, dass die Türkei sofort sehr kritisch auf die russischen Aktionen reagiert hat. Hat doch Putin zuletzt intensiv einen Schulterschluss mit der Türkei gesucht, nach dem offensichtlichen Motto "Diktatoren aller Länder vereinigt euch!".
  16. Ebenso sei ausdrücklich noch eine andere, oft gescholtene internationale Organisation gelobt: Das ist die UNO. Obwohl Russland als ständiges Sicherheitsratsmitglied dort sehr mächtig ist, hat der UNO-Generalsekretär den russischen Einmarsch scharf verurteilt. Sehr mutig.
  17. Ja, selbst in der ganzen Staatenwelt gibt es vorerst kein einziges Land, das bisher dem russischen Vorgehen zugejubelt hätte. Gewiss: Nordkorea, Kuba und Venezuela werden das wohl schon noch tun. Hingegen druckst das mit den Russen immer so enge Serbien verlegen herum, weil es ja seine Zukunft im Westen sieht.
  18. Das erweckt auch ein kleines Hoffnungsflämmchen, dass doch in Russland zunehmend mehr Menschen erkennen, dass ihr Land als weltpolitischer Geisterfahrer unterwegs ist, und nicht alle anderen.
  19. Es ist aber denoch absolut richtig, dass die EU vorerst zwar spürbare, jedoch nur begrenzte Sanktionen verhängt hat (vor allem ist die Schuldenaufnahme Russlands im Westen gestoppt worden und ebenso die Inbetriebnahme der Gas-Pipeline Nordstream 2). Aber es braucht jedenfalls die Abschreckungswirkung der Drohung mit weiteren einschneidenden Sanktionen, um vielleicht doch noch Russland von weiteren Aggressionsschritten abhalten zu können. Um sich sagen zu können, man habe alles getan, um die Welt vor dem Sturz in den Abgrund zu bewahren. Sonst hätte man ja alle Trümpfe mit einem Mal aus der Hand gegeben.
  20. Bei weiteren Salamischeiben-Aktionen droht Russland vor allem eine komplette Abtrennung vom internationalen Geldverkehr und Technologietransfer. Das scheint schon fix zu sein.
  21. Es gibt noch weitere Sanktionsschritte, die eigentlich schon jetzt deutlich angekündigt werden müssten, damit sie Wirkung zeigen können: Das eine wäre die Unterbrechung des Sportverkehrs mit Russland, insbesondere des schon angesetzten Champions-League-Finales der UEFA. Die korrupte UEFA wehrt sich zwar noch dagegen, kann aber rechtlich leicht von den EU-Staaten durch ein Verbot für Vereine, nach Russland zu reisen, dazu gezwungen werden.
  22. Der zweite Schritt wäre der eigentlich jetzt schon fällige Beschluss, mit dem Bau weiterer Einrichtungen zum Import von flüssigem Erdgas aus anderen Weltregionen nach Europa zu beginnen. Damit könnte mittelfristig die wichtigste Einnahmequelle Russlands trockengelegt werden.
  23. Der dritte Schritt wäre ebenfalls schon sofort fällig: Deutschland müsste seinen wahnwitzigen Beschluss zurücknehmen, Atomkraftwerke abzudrehen. Denn dieser Beschluss vergrößert noch die Abhängigkeit der Energieversorgung vom russischen Gas, die eigentlich dringend zu reduzieren wäre.
  24. Der vierte notwendige, aber öffentlich noch kaum diskutierte Sanktionsschritt wäre das Einfrieren der gigantischen Vermögen kreml-treuer Oligarchen in Europa, wo von Großbritannien bis Österreich sehr viel Geld versteckt ist. Es ist sicher, dass etliches davon in Wahrheit Putin selbst beziehungsweise dem russischen Staat gehört.
  25. Der fünfte Schritt wäre der Stopp von Einreisevisa für russische Staatsbürger zu privaten Zwecken. Würde er den Unmut seiner Bürger spüren, könnte ihn auch das zum Einlenken bringen.
  26. Gewiss, das sind alles harte Maßnahmen, die auch uns wehtun werden. Aber wer darüber jammert wie die österreichische Wirtschaftskammer, spricht sich in Wahrheit für die einzige Alternative aus: nämlich für die Erhöhung der Wahrscheinlichkeit eines großen Blutvergießens.
  27. Die wichtigste Erkenntnis für das gesamte Europa außerhalb Russlands ist aber: Gegen Aggressoren wie Putin hilft am Ende (leider) nur das Vorhandensein ausreichend starker militärischer Kräfte. Eine andere Sprache verstehen solche Typen nicht, die die Menschheitsgeschichte leider immer wieder hervorbringt.
  28. Ständiges Nachgeben um des lieben Friedens willen führt nur zu immer größerer Gefräßigkeit und zu einem noch viel größeren Blutvergießen. Das ist ja eindeutig die weitaus wichtigste Lehre aus den europäischen Katastrophenjahren 1933 bis 1945.
  29. Die russische Aggression muss – wenn sich Europa noch ernst nimmt – daher jetzt der Zündfunke zur Entwicklung einer schlagkräftigen gemeinsamen Verteidigung Europas sein. An dieser muss sich selbstverständlich auch Österreich beteiligen. Genauso wichtig wie eine Beendigung des neutralen Rosinenpickens ist aber auch eine sofortige Beendigung der schwer selbstbeschädigenden Angriffe auf Länder wie Ungarn oder Polen, nur weil diese in Sachen Migration oder Schwulenpropaganda anders denken als die Linksliberalen.
  30. Zwar ist heute die Nato, also de facto die Solidarität der USA mit Europa, der einzige Faktor, vor dem Putin Respekt hat. Aber angesichts des (nicht nur unter Trump) wachsenden US-Isolationismus muss Europa unbedingt schauen, sich selbst verteidigen zu können. Gemeinsame Verteidigung wäre ja überhaupt der weitaus wichtigste Zweck – neben den großen Wohlstands-Vorteilen durch einen gemeinsamen Binnenmarkt – eines europäischen Zusammenwachsens. Und nicht das Hinausekeln von ureuropäischen Nationen wie Ungarn oder Polen. Und auch nicht der Kampf dafür, dass schon in Schulen Schwulenpropaganda stattfinden kann. Gerade auf dem Feld der gemeinsamen Sicherheit haben die EU-Staaten aber bisher weitgehend versagt.
  31. Die Hoffnung ist aber dennoch nicht groß, dass sich in Sachen gemeinsamer Sicherheitsanstrengungen wirklich etwas ändert. Nicht nur weil es vielen kurzsichtigen Europäern einfacher erscheint, sich bequemerweise auf den Schutz durch Amerika zu verlassen, sondern auch weil insbesondere das Einrücken der Grünen (vor allem) in die deutsche Regierung zu einem katastrophalen Pazifismus des größten europäischen Landes geführt hat. Sie verbieten der (in Restbeständen noch durchaus ansehnlichen) deutschen Rüstungsindustrie sogar schändlicherweise jede Form von Waffenexporten an die händeringend darum bittenden Ukrainer. Sie wollen ihnen nur mit 5000 Stahlhelmen – und Alternativenergie-Kraftwerken helfen. Wer soll Deutschland noch ernst nehmen?
  32. Da es – was mich an der Intelligenz meiner Landsleute zweifeln lässt – noch immer ein paar Österreicher gibt, die der russischen Propaganda auf den Leim gehen (auch in diesem Blog finden sich immer wieder solche Postings, die einem den Magen umdrehen), seien deren Behauptungen im Detail analysiert: Die erste war, dass es von der Ukraine Attacken auf russisches Gelände gegeben hätte. Das war dann sogar den Russen eine allzu peinliche Wiederholung der Hitlerschen Fake News vom 1. September 1939. Sie haben jedenfalls nach einem Tag wieder auf deren Verbreitung verzichtet.
  33. Eindeutig falsch ist auch, dass es ein völkerrechtliches Sezessionsrecht gäbe, wie Russlands Agitatoren behaupten. Das steht (leider) nirgends. Gäbe es das, würden sich etliche Völker sofort von Russland losreißen, etwa die Tschetschenen, die statt dessen nach Scheitern ihrer Aufstände zu Zehntausenden Österreich beglückt haben.
  34. Wenn die russische Propaganda auf die westliche Intervention im Kosovo verweist, so gab es bei dieser gleich zwei dramatische Unterschiede zur Invasion in der Ostukraine: Diese war damals erstens nicht zur Durchsetzung eines angeblichen Sezessionrechts erfolgt, sondern zur Verhinderung der Fortsetzung eines Genozids, der vor allem in der Vertreibung Hunderttausender Kosovo-Albaner bestanden hat. Und zweitens hatte sich damals oder in der Folge kein westlicher Staat den Kosovo angeeignet. Ganz im Gegenteil: Die EU ist reichlich abweisend gegen die Beitrittswünsche des Kosovo. Seither finden vielmehr im Kosovo eindeutig demokratische Wahlen statt. Solche Wahlen sind hingegen unter Putin heute nirgendwo mehr möglich.
  35. Nur noch lächerlich ist es, wenn Putin sich zur Rechtfertigung seiner Invasion bemüht, jetzt umgekehrt von einem Völkermord der Ukraine zu reden. Dafür gibt es nicht einmal den Hauch eines Beweises. Menschen sind in den letzten Jahren aus den Separatistengebieten heraus in die Ukraine geflüchtet, nicht aus der Ukraine in diese hinein. Wie lächerlich dieser Vorwurf ist, sieht man auch schon daran, dass das Konkreteste, was Russland der Ukraine vorhält, die Zerstörung von Lenin-Denkmälern ist. Und überhaupt hellauf lachen muss man, wenn ausgerechnet der russische Diktator der Ukraine vorwirft, dass es dort Oligarchen gäbe.
  36. Sehr wohl im Völkerrecht findet sich etwas vom Selbstbestimmungsrecht. Aber diese Passage in der UN-Charta ist seit einem Dreivierteljahrhundert (leider) immer nur als das Recht ganzer Nationen angesehen worden, fremde Kolonialherren abzuschütteln. Und nie ist das (leider) als Recht eines ganzen Volkes oder einer Region auf Demokratie interpretiert worden und (Gott sei Dank) schon gar nicht als Recht eines anderen Staates auf Einmarsch, weil angeblich irgendwo die Selbstbestimmung verweigert wird. Noch wichtiger: In der ganzen Ostukraine hat es nie freie Wahlen oder eine freie Abstimmung über die staatliche Zugehörigkeit gegeben, und schon gar nicht solche, an der die von den Sezessionisten Vertriebenen teilnehmen hätten können. Wer von Selbstbestimmung spricht, müsste aber eine solche freie(!!!) Abstimmung als wichtigstes Element im Zentrum haben (und natürlich nicht ein Fake, wie es etwa Hitler im April 1938 in Österreich veranstaltet hat).
  37. Sehr wohl aber gibt es eine ganze Reihe völkerrechtlicher Regeln und Verträge, gegen die Russland jetzt mit seinem Einmarsch konkret und brutal verstößt. Am widerlichsten ist der Bruch des Budapester Memorandums von 1994, in dem die Ukraine die Abgabe aller Atomwaffen im Gegenzug für das Versprechen der Unversehrtheit ihres Staatsgebietes und ihrer Grenzen vereinbart hat. Wichtigster damaliger Vertragspartner der Ukraine war – Russland!
  38. Kein Volk der Welt wird daher künftig noch freiwillig auf Atomwaffen verzichten.
  39. Wahrscheinlich ist es sowieso sinnlos, mit jenen Dummköpfen zu argumentieren, die noch immer Russlands Seite ergreifen. Es sind ja durchwegs Links- oder Rechtsradikale, die voller Hass auf Europa und die demokratischen Rechtsstaaten sind, Menschen, für die insgeheim oder offen ein Hitler, ein Stalin oder ein genauso imperialistischer Zar die wahren Ideale sind. Oder die eigentlich russische Trolle sind, die von Petersburg aus westliche Diskussionsforen zu beeinflussen versuchen. Bei ihnen hilft es natürlich auch nichts, dass sie sich ununterbrochen blamieren. Etwa dadurch, dass sie bis vor wenigen Stunden ständig die Behauptung ausgestreut haben, dass Russland doch bloße Manöver durchführe, weshalb die westliche Aufregung lächerlich sei.
  40. Wie schal die Inszenierung der Camouflage der russischen Eroberung ist, sieht man auch an den vielen Pannen, die den Russen dabei passiert sind. So zeigte Putins Armbanduhr bei seiner antiukrainischen Hass- und Kriegsrede eine ganze andere Zeit, als es jene war, zu der diese Rede angeblich live ausgestrahlt worden ist. Tags davor unterstützte ihn bei einer ebenfalls im Fernsehen übertragenen Sitzung der Chef der Auslandsspionage untertänig mit den Worten: "Ich unterstütze den Vorschlag über die Aufnahme der Donezker und der Lugansker Volksrepubliken in den Bestand der Russischen Föderation." Putin darauf zornig: "Darüber reden wir nicht." Ja freilich nicht, vorerst war ja nur die Anerkennung der beiden "Volksrepubliken", ein sofort ausgeschicktes Hilfsgesuch der beiden an Russland und ein russischer Einmarsch auf dem Ablaufplan. Der servile Geheimdienstler hat voreilig die nächste Etappe verraten (und wird daher wohl bald seinen Job los sein).
  41. Die bitterste und wichtigste Erkenntnis: Selbst wenn es mit vereinten Kräften gelingen sollte, Russland vorerst zu stoppen, so ist eindeutig klar. Wer in Zukunft mit Russland Verträge schließt und auf deren Einhaltung baut, ist ein hoffnungsloser Narr. Diese sind nicht einmal das Papier wert, auf dem sie stehen, wenn man nicht jeweils starke Gegenmittel in der Hand hat.
  42. Dennoch sollte man zugleich versuchen, Putin nicht zu weit zu kränken. Sind doch paranoide Psychotiker – oder Wahnsinnige, wie der niederländische Premier trocken konstatiert hat – leicht reizbar und daher besonders gefährlich.

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