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Sideletter: Der wahre Skandal

Dass es zwischen ÖVP und den Grünen beziehungsweise den Blauen politische Vereinbarungen, einen "Sideletter" über alle von der jeweiligen Parlamentsmehrheit zu besetzende Funktionen gegeben hat und gibt, kann wirklich nur den ORF in seiner blinden Hassjagd auf alles, was mit ÖVP oder FPÖ zu tun hat, erregen. Sind solche Vereinbarungen doch erstens notwendig, wenn es in einer Koalition nicht alle zwei Wochen zu einem Mega-Krach über anstehene Entscheidungen kommen soll. Daher hat es zweitens solche Vereinbarungen bei wirklich jeder Regierungsbildung gegeben, also auch bei jenen, bei denen die Gesinnungsfreunde der ORF-Redakteure den Kanzler gestellt haben. Was den ORF aber damals überhaupt nicht gestört hat. Der wahre Skandal dieses Sideletters geht jedoc­­h – auch außerhalb des Hass-Senders – völlig unter. Der besteht nämlich darin, wie ahnungslos die ÖVP in der Ära Kurz in Sachen Außenpolitik und Justiz geworden – oder im Grund schon seit etlichen Jahren gewesen ist.

Anders ist nämlich nicht erklärbar, warum die ÖVP sich und allen wertkonservativ-wirtschaftsliberal denkenden Österreichern bei den Besetzungen aller drei politischen Höchstgerichte Österreichs und Europas so schwer geschadet hat. Nicht einmal die Skandale um die WKStA haben der Partei klargemacht, wie entscheidend die Justiz ist.

Denn die ÖVP hat – wie aus dem "Sideletter" der letzten Regierungsbildung hervorgeht – gleich für beide europäischen Höchstgerichte die Besetzung der Österreich zustehenden Positionen den Grünen überlassen; und sie hat das überdies auch in Hinblick auf den einflussreichen Posten des VfGH-Vizepräsidenten getan, nur um dafür die prestigereiche, aber juristisch bei Entscheidungen weitgehend machtlose (weil meist ohne Stimmrecht ausgestattete!) Position des Verfassungsgerichtshofpräsidenten für einen ihr angeblich nahestehenden Kandidaten zu sichern.

Offenbar hat in der ÖVP niemand begriffen, wie wichtig alle drei Gerichtshöfe sind. Und zwar nur diese drei. Und dass eine Linksverschiebung gleich in allen drei Höfen eine Katastrophe für Österreich ist.

Dabei hat Österreich in den beiden europäischen Gerichtshöfen ja nur jeweils einen Sitz. Einer ist der EuGH, das oberste Machtzentrum der EU. Der andere ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der jedes Urteil eines österreichischen Gerichts aufheben kann. Nach der Neubesetzung in beiden Höfen – die schon im kommenden Jahr bevorsteht – wird Österreich dort nur noch von  linksradikalen Juristen vertreten sein (die Grünen haben bisher ja immer nur solche Kandidaten protegiert). Dem hat die ÖVP zugestimmt, ohne auch nur einen einzigen Namen zu kennen.

Damit ist der Schritt zum linken Richterstaat fast schon ein endgültiger geworden. Damit reduzieren sich die Hoffnungen, dass die radikalen Exzesse der heimischen Korruptionsstaatsanwaltschaft letztlich doch noch an objektiven und unabhängigen europäischen Richtern zerschellen werden.

Man muss sich die Absurdität dieser Besetzungen auch in Hinblick auf die österreichischen Wahlergebnisse anschauen: In beiden europäischen Höchstgerichten ist Österreich ab kommendem Jahr nur noch durch Vertraute der viertstärksten Partei vertreten! Dabei hat es in Österreich bei den Nationalratswahlen seit über 40 Jahren nie eine linke Mehrheit gegeben - und dann bekommt die allerlinkeste Partei alle höchstgerichtliche Macht. Dabei haben alle drei nun auch noch durch die österreichische Richterwahl linksgewendeten Gerichtshöfe schon in der Vergangenheit eine oft unheilvolle Rolle gespielt.

Diese Gerichtshöfe sind heute schon mächtiger als etwa ein nationales Parlament. Es erfordert inzwischen schon sehr große Naivität, noch daran zu glauben, es wäre der Bürger, das Volk, die auf demokratischem Weg die obersten und letzten Entscheidungen treffen, und nicht eine immer willkürlicher werdende abgehobene Machtelite.

Die Machtarrogation und gleichzeitige Politisierung der Oberstgerichte erinnert an das Jahr 1914: Auch damals gab es zwar in den meisten wichtigen Nationen Parlamente, aber die Entscheidung, in den verheerendsten Krieg des ganzen Jahrhunderts zu gehen, ist mit wenigen Ausnahmen nicht in den Parlamenten gefallen, sondern war überwiegend eine Sache feudaler Herrscher. Heute sind es zwar nicht mehr Kaiser, Könige oder Zaren, die die wichtigsten Entscheidungen treffen, sondern es sind hinter verschlossenen Türen tagende Gerichtshöfe, die sich – wie die Judikatur zeigt – immer weniger Zurückhaltung auferlegen. Mit Demokratie hat aber weder das eine noch das andere zu tun.

Die wichtigste "Errungenschaft" der drei Gerichthöfe: Ohne ihr Zusammenwirken im Parallelschwung wäre es gelungen, die millionenfache Immigration aus Afrika und Asien ganz oder weitgehend zu stoppen. Aber diese drei haben ganz im Gegenteil ein Tor nach dem anderen für die Flüchtlinge geöffnet.

Zwar spielt der Menschrechtsgerichtshof beim Schutz der Meinungsfreiheit auch – noch – eine sehr positive Rolle. Aber je grüner und linker er wird, umso unwahrscheinlicher ist, dass er diesen Schutz gegen die  überall sichtbaren Trends linken Zugriffs auf unerwünschte Meinungen auch künftig weiterspielen wird:

  • Siehe die würgende und vor allem von linken Parteien betriebene Gesetzgebung gegen angebliche "Verhetzung", die eigentlich eine massive Verletzung des Grundrechts der Meinungsfreiheit darstellen.
  • Siehe die sich verschärfenden Zugriffe gegen "Fake News" (zwar gibt es in der Tat viele unsinnige Fake News, etwa auch rund um Corona, aber es ist noch viel katastrophaler, wenn die politische Macht bestimmt, was Wahrheit und was Unwahrheit ist).
  • Siehe die unter politischem Druck erfolgende Zensur bei Facebook, Twitter, Google oder Youtube.
  • Siehe die exzessiven Zugriffe hoch politisierter Staatsanwälte auf persönliche Brief- und Chatwechsel, selbst wenn diese Jahre zurück liegen.
  • Siehe die Cancel Culture, mit der an immer mehr Unis Professoren und Vortragende, die nicht im linken Mainstream schwimmen, brutal stummgeschaltet werden.
  • Siehe die Meinungsmonopole durch staats- und zwangsgebührenfinanzierte Medien.

Noch viel unheilvoller als beim Migrationsthema ist die Judikatur des EU-Gerichtshofs aber in einer weiteren Hinsicht: Der EuGH ist das wichtigste Brecheisen, um eine laut den Verträgen theoretisch föderal und nach dem Subsidiaritätsprinzip aufgebaute Union Schritt für Schritt am Willen der europäischen Bürger vorbei in einen zentralistischen Einheitsstaat zu verwandeln. Diese Judikatur des EuGH war ausschlaggebend für den Brexit, den Beschluss der Briten, die EU zu verlassen, weil sie absolut nicht in diese Richtung gehen wollten. Der EuGH hat schon vor Jahren Österreich in einem in keiner Weise durch die EU-Verträge gedeckten Skandalurteil gezwungen, auch solche EU-Ausländer zum hiesigen Gratisstudium zuzulassen, die in ihrer Heimat Studiengebühren zahlen müssten und deren Matura-Zeugnis in ihrer Heimat nicht zu der von ihnen gewählten Studienrichtung berechtigen würde. Der EuGH ist das wichtigste Instrument, das die Osteuropäer –  insbesondere, aber nicht nur Polen und Ungarn  – durch ideologische Urteile zu demütigen versucht und diese immer stärker über einen Austritt aus der EU und eine Zuwendung zu anderen Großmächten nachdenken lässt.

Mit großer Klarheit hat der ungarische Ministerpräsident Orbán diese Entwicklung zusammengefasst: Die Mitglieder des EU-Gerichtshofs seien "der Ansicht, dass die Richter und das Gericht an die Stelle der politischen Entscheidungsträger treten könnten. Sie sind der Ansicht, dass sie nicht nur das Recht anwenden, sondern es auch bilden, entwickeln dürfen. Sie sind der Ansicht, sie könnten die Mitgliedsstaaten auf jenen Gebieten der Vormundschaft der EU-Institutionen unterstellen, auf denen die EU über keine Zuständigkeiten verfügt."

Angesichts dieser – von Orbán völlig zutreffend geschilderten – Entwicklung des EU-Gerichthofs zu einer die absolute Macht anstrebenden Junta lässt die ÖVP es zu, dass die linksradikalste Partei Österreichs, die haargenau für diese von Orbán beschriebenen Ziele steht, den einzigen österreichischen Richter in den EuGH entsendet. Das ist absolut unfassbar. Und das ist wohl auch eine Zündschnur für einen weiteren Zerfall der EU nach dem britischen Ausstieg. Denn zumindest in Osteuropa werden sich etliche Nationen eine weitere zentralistische Unterjochung nicht gefallen lassen, sobald sie sich wirtschaftlich stark genug fühlen. Haben sie doch auch das sowjetische Joch abgeschüttelt.

Ebenso fatal ist die Entwicklung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs. Seine Entscheidungen haben vor allem – direkt oder als Präjudiz, das andere Gerichte und Behörden bindet – unzähligen illegalen Immigranten zum Asyl- oder Bleiberecht verholfen, haben diese selbst bei negativem Asylbescheid vor Abschiebungen bewahrt, haben anderslautende Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ausgehebelt.

Ebenso katastrophal war die absurde Entscheidung des VfGH, dass dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss alle Schriftstücke und Telefoninhalte übergeben werden müssen, die "abstrakt relevant" seien. Was in der Praxis absolut "Alles" bedeutet hat, was verlangt worden ist. Durch diese Judikatur des VfGH sind Persönlichkeitsschutz, Schutz des Briefgeheimnisses und ähnliche Grundrechte, die das Verfassungsgericht eigentlich schützen sollte, zu Makulatur geworden. Was beispielsweise dazu geführt hat, dass jetzt ganz Österreich von der homosexuellen Veranlagung eines Mannes des öffentlichen Lebens weiß, der das eigentlich keineswegs outen wollte. Das hat die Republik fast lahmgelegt, weil seither niemand mehr ein SMS oder Mail von irgendwelcher Relevanz verfasst. Der KGB wäre für die Unterstützung durch einen solchen Gerichtshof dankbar.

Auch in vielen anderen gesellschaftspolitischen Dingen hat der VfGH die Weichen nach links gestellt, jeweils aus eigener Machtanmaßung, und ganz ohne demokratischen Auftrag oder Grundlage in der Verfassung: von der Schwulenehe über die Schwulenadoptionen bis zur Beihilfe zum Selbstmord.

Und in dieser Situation ist die ÖVP so intelligent zuzustimmen, dass der jetzt schon so übel agierende linke VfGH noch um eine weitere radikale Stimme vermehrt wird, indem dort eine Linksaußen-Juristin Vizepräsidentin geworden ist, während der bisherige, als bürgerlich geltende Vize, eine als bürgerlich geltende Präsidentin ablöst. Während aber der Vizepräsident des VfGH überall mitstimmen kann, darf das der Präsident nur im seltenen Fall der Stimmengleichheit. Sonst übt er eine bloß repräsentative Funktion aus.

Eigentlich braucht man keine höhere Mathematik, um den dadurch bewirkten weiteren Linksruck im VfGH zu erkennen.

Die Macht der nun noch mehr aufgerüsteten Linksfront im VfGH wird die ÖVP vermutlich in absehbarer Zeit auch selbst merken: Nämlich dann, wenn der einzige inhaltliche Punkt des Sideletters, bei dem sich die Schwarzen durchgesetzt haben, auf dem Tisch der Verfassungsrichter landet: Das ist das von den Grünen zumindest zugesagte Kopftuchverbot in Schulen. Das klingt zwar nach einem positiven Fortschritt – es wird aber mit großer Wahrscheinlichkeit von der noch mehr nach links gerückten Richterbank aufgehoben werden (jeder bessere Jurist ist imstande, für ein solches Urteil argumentative Sätze zu drechseln – ebenso wie für das Gegenteil).

Hätte die ÖVP – oder im konkreten Fall das einstige Verhandlungsteam des Sebastian Kurz – eine Ahnung, wie wichtig diese drei Gerichts-Positionen auf viele Jahre für die Zukunft der Republik und Europas sind, dann hätte sie niemals darauf verzichten dürfen. Denn sie sind weit wichtiger als jeder einzelne Ministerposten und noch viel wichtiger als ein EU-Kommissar oder als der Leiter des Bundesfinanzgerichts. Überdies laufen VfGH-Bestellungen ja nicht nach einer Legislaturperiode ab, sondern wirken noch nach Jahrzehnten.

Jetzt kann man im Interesse Österreichs und Europas nur noch hoffen, dass diese Koalition das heurige Jahr nicht übersteht, damit – nachdem das VfGH-Revirement ja ohnedies schon passiert ist – wenigstens der für 2023 vereinbarte Beitrag zum Linksruck in den beiden europäischen Spitzengerichten ausbleibt. Aber im Grund klammern sich beide Regierungsparteien angesichts ihrer Schwäche so fest aneinander, dass es eher nicht zu einem Koalitionsbruch kommen wird.

Typisch für den Zustand der Republik ist im übrigen, wie dieser Sideletter bekanntgeworden ist. Sein Hinausspielen war ganz offensichtlich eine verzweifelte ÖVP-Reaktion auf die Infamie des ORF, der am Vortag das – vermutlich wieder aus den üblichen Justizkreisen oder von den Oppositionsparteien im Vorspiel des kommenden ÖVP-Denunziationausschusses  hinausgespielte – Koalitionsabkommen der schwarz-blauen Regierung zu skandalisieren versucht hat.

Der ORF hat dann – um in seiner Anti-Schwarz-Blau-Hasskampagne nicht ganz blamiert dazustehen – noch versucht, die Tatsache als erschwerend und die einseitige Veröffentlichung rechtfertigend darzustellen, dass im ÖVP-FPÖ-Papier schon Namen für die diversen Positionen stehen, während im schwarz-grünen Papier mit einer Ausnahme lediglich die Aufteilung der Parteieinflusssphären fixiert worden ist. Dort steht also nur drinnen, welche Partei welchen Posten besetzt. So wie es früher auch bei Rot-Schwarz der Fall gewesen ist.

Diese Verteidigungsstrategie der ORF-Linksredaktion ist aber doppelt lächerlich: Denn die Vorgangsweise von Schwarz-Blau, sich schon auf konkrete Namen zu einigen, war ganz eindeutig relativ sauberer als Schwarz-Grün, wo man einfach die staatliche Welt nach Parteifarben aufgeteilt hat, ohne überhaupt noch zu wissen, wer da eine Funktion bekommen wird.

Apropos ORF und VfGH: Natürlich verschwiegen wird im Linksfunk und den meisten Mainstreammedien der kluge Beschluss der oberösterreichischen Schwarz-Blau-Koalition, die Einführung von Eilbeschlüssen im VfGH zu fordern. Das wäre insbesondere jetzt in der Corona-Krise überaus sinnvoll und befriedend für das Land, wenn die – derzeit ja nur nebenberuflich tätigen! – Hermelinträger im VfGH viel rascher sagen müssten, ob beispielsweise Impfpflichten verfassungskonform sind oder nicht. In einem halben Jahr oder Jahr ist das viel zu spät. Da sind die meisten Corona-Beschlüsse – von denen der VfGH gerade jetzt wieder einen berät – nur noch juristische Theorie, weil die Verordnungen dann gar nicht mehr in Kraft sind.

Statt dass der VfGH rasch entscheiden muss, belästigen uns die Fernsehstationen fast täglich mit Aussagen drittklassiger Verfassungsexperten, die ihre Privatmeinung wie ein Urteil verkünden. Stattdessen legen die Impfgegner wöchentlich mit ihren wirren – aber in manchen Punkten vielleicht doch gerechtfertigten – Behauptungen die Innenstädte lahm.

Dieser oberösterreichische Konsens löst große politische Wehmut aus: Wie gut wäre es doch für Österreich, wenn Blau und Schwarz wieder vernünftig zusammenfinden könnten! Wenn die ÖVP endlich erkennen würde, wie falsch ihr Wechsel zu den Grünen gewesen ist. Und wenn in der FPÖ der vernünftige und verantwortungsbewusste Flügel aus Oberösterreich anstelle des Schimpf- und Hass-Krakeelers Herbert Kickl das Sagen bekäme.

Aber leider: Beides soll halt nicht sein. Und deswegen wird das Land – samt dem österreichischen Input für Europa – immer weiter nach links und unten abdriften. Obwohl das seit 40 Jahren die Mehrheit der Österreicher nicht will. 

PS: Wie skandalös ÖVP und Grüne beim Abschluss dieses Sideletters geschludert haben, der die gesamte Justiz an die Linke ausliefert, geht aus einem bezeichenden Detail hervor: Nicht einmal das Datum stimmt! Denn im Jänner 2019 – auf den das Papier datiert war – war noch die schwarz-blaue Koalition ein halbes Jahr an der Macht! 

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