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Österreich voller Metastasen

An dieser Stelle sind schon mehrfach die Fehler des Sebastian Kurz aufgezählt worden. Es waren schwere Fehler – aber es waren politische Fehler, und weit und breit sind hinter den Verschwörungstheorien keine strafrechtlich relevanten Taten zu sehen. Dennoch ist es der rotgrünen Front in der Staatsanwaltschaft gelungen, mit der bisher völlig beweisfreien Behauptung, Kurz könnte auch strafrechtliche Delikte begangen haben, einen der wenigen – trotz aller Fehler – herausragenden Politiker der Nachkriegsgeschichte abzuschießen. Dieses Gelingen ist aus ideologischer Warte ein gigantischer Erfolg. Es ist aber zweifellos ein ebenso gigantischer Schaden für Demokratie und Rechtsstaat. Diese Schäden sind zweifellos die alles überragenden Posten in einer Jahresbilanz des Jahres 2021.

Schon in den ersten Nachkriegsjahrzehnten hat ein erbitterter Kampf zwischen den Parteien geherrscht. Aber er ist zum Unterschied von der Zwischenkriegszeit damals rein politisch ausgetragen worden. Das hat sich in den 60er Jahren jedoch signifikant geändert. Eine der entscheidenden Ursachen dafür war die Tatsache, dass das Justizministerium und damit vor allem die Staatsanwaltschaft lange Zeit von sozialistischen Ministern kontrolliert worden sind. Die SPÖ hat so die Staatsanwaltschaft zu ihrer schärfsten Waffe umschmieden können.

Die ersten Opfer dieser Waffe wurden eigene Parteifreunde: Franz Olah und Hannes Androsch. Beide waren der Parteiführung lästig und gefährlich geworden, weil sie selbst an die Parteispitze strebten. Beide durchaus herausragenden Politiker wurden daraufhin unter recht banalen Vorwürfen zu Angeklagten und damit politisch gemordet. Die Vorgangsweise war beide Male mies und erfolgreich.

Dann landeten freilich auch Sozialdemokraten gegen den Willen der Parteiführung auf der Anklagebank. Es sei an die Stichwörter Noricum, Waldheim-Lüge und vor allem an den sechsfachen Lucona-Mord erinnert. Diese Fälle sind aber alles andere als ein Gegenbeweis gegen den Vorwurf einer parteipolitisch agierenden Staatsanwaltschaft. Ganz im Gegenteil. Vor allem im Falle der Lucona-Morde hat diese es jahrelang zu verhindern verstanden, dass gegen den engst mit der SPÖ-Spitze verquickten Mörder Udo Proksch vorgegangen wird. Nur ein beharrlicher Untersuchungsrichter hat es dann doch geschafft, dass es zu einer Anklage und Verurteilung gekommen ist.

Geprägt durch diese Erfahrungen haben sozialistische Ministerialbeamte jahrelang an einer Strafprozessneuordnung gearbeitet, die zur fast vollständigen Entmachtung der unabhängigen Untersuchungsrichter führen und die Staatsanwälte geradezu allmächtig machen sollte. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass es dann erst die erste schwarz-blaue Regierung und ein blauer Justizminister gewesen sind, die diese Neuordnung durchs Parlament gebracht haben.

Die bürgerlichen Parteien haben sich dabei wie so oft angesichts der linken Justiz-Strategie als völlig überfordert gezeigt und nicht begriffen, wie sehr dadurch die Staatsanwaltschaft korrumpiert worden ist. Ein zweites Beispiel dafür ist die Naivität, mit der die ÖVP zugestimmt hat, dass die neugegründete Korruptionsstaatsanwaltschaft als erstes von einem grünen Ex-Abgeordneten geleitet und dadurch bis heute von ihm geprägt worden ist. Sie hatte seit dem Abgang des Michael Graff nie einen qualifizierten Justizexperten und sie hat (bis herauf zu Sebastian Kurz und Karl Nehammer) nie begriffen, wie eng kommunizierende Gefäße Rot und Grün sind.

Die Unterwanderung der Gerichte ist Rotgrün zwar nicht wirklich geglückt – auch wenn es im Wiener Straflandesgericht zum Teil sehr problematisch zugeht (siehe insbesondere die vermutlich rechtswidrige Richterbesetzung im Fall Grasser). Aber entscheidend wurde die massive Schlagseite wichtiger Teile der Staatsanwaltschaft. Zwar hat diese in ihren Politverfahren letztlich fast nie rechtskräftige Verurteilungen erzielen können. Aber durch die neue Macht der Strafprozessordnung kann sie auch ohne Richter höchst "erfolgreich" agieren.

So brachte sie gleich zwei frühere Höchstgerichtspräsidenten (wieder unter mehr als läppischen Anklagepunkten) auf die Anklagebank, weil diese im Fall Kampusch das Vorgehen der Staatsanwaltschaft zu kritisieren gewagt hatten. Das war ungeheuerlich, auch wenn die Verfahren dann korrekterweise durch richterliche Freisprüche endeten. Und vor allem entscheidet die Staatsanwaltschaft ganz alleine, wen sie durch jahrelange "Vor"-Verfahren bürgerlich ruiniert, und gegen wen sie hingegen auch bei noch so schwerer Verdachtslage nie etwas unternimmt.

Dadurch gelang es ihr, zwei der drei erfolgreichsten bürgerlichen Politiker komplett – und voll an allen demokratischen Vorgängen vorbei – auszuschalten, ohne dass es bisher auch nur eine einzige rechtskräftige Verurteilung geben würde. Und wahrscheinlich auch nie geben wird: Die Opfer heißen Karl-Heinz Grasser und Sebastian Kurz. Lediglich beim dritten Erfolgspolitiker, Wolfgang Schüssel, bissen sie sich die Zähne aus. Dieser war immer zu vorsichtig, als dass sie irgendeinen Vorwand für einen Angriff finden konnten. Zu Schüssels Zeit gab es vor allem noch keine elektronischen Chats auf Handys, die man reihenweise beschlagnahmen und dann einseitig auswerten hätte können.

Wohlgemerkt: Der Skandal liegt nicht darin, dass man gegen Grasser und Kurz nicht vorgehen dürfte. Der republikerschütternde Skandal besteht vielmehr darin, dass es einer noch dazu juristisch schwachen Institution seit fast 20 Jahren möglich ist, fast jeden Feind ohne rechtskräftiges Urteil lahmzulegen, und ohne dass einer der dazu eigentlich beauftragten, aber durch die Bank schwachen Justizminister jemals gesagt hätte: Schluss mit der Sauerei.

Wer nun meint, aber die Staatsanwälte müssen doch jedem Verdacht gründlich nachgehen, dem ist zweierlei entgegenzuhalten:

  • Wilde Anschuldigungen und Verschwörungstheorien sind immer und jederzeit gegen jeden Amtsträger konstruierbar, wie die unendliche Flut politisch motivierter Strafanzeigen beweist (deren fleißigster Produzent bezeichnenderweise der Grüne Peter Pilz gewesen ist);
  • Dann muss man aber unbedingt auch den Anschuldigungen in jede Richtung nachgehen und auch in Wiener Bürgermeisterbüros und Umgebung Hausdurchsuchungen machen.

Wenn Juristen mit einem entschlossenen Kampfeswillen vorgehen, wenn die Staatsmacht (=der jeweilige Justizminister) sie gewähren lässt oder gar unterstützt und wenn sie auch kein unabhägiger Richter bremsen kann, dann können sie absolut gegen jeden politischen Gegner dramatisch klingende Rechtsverletzungen behaupten.

Man denke etwa an den Skandalprozess, mit dem jetzt in Russland die so wichtige Organisation "Memorial", die jahrelang die kommunistischen Verbrechen der Stalinzeit aufgearbeitet und dokumentiert hat, mit Hilfe juristisch klingender Vorwürfe der Staatsanwälte von einer hörigen Richterin aufgelöst worden ist. Zweifellos wird es auch in Russland noch naive Menschen geben, die ehrlich meinen: "Ja, wenn sie Gesetze brechen, dann muss man sie doch bestrafen." Es wird auch in Österreich Menschen geben, die die täglichen Attacken von Krainer, Krisper und ORF gegen ÖVP und FPÖ für einen Beweis tatsächlicher Rechtswidrigkeiten halten.

Noch infamer ist, dass die Politstaatsanwälte gar keinen hörigen Richter zu finden brauchen (der in Österreich zweifellos viel schwieriger zu finden ist als in Russland). Sie können Menschen selbst einfach dadurch vernichten, dass sie ein Strafverfahren über eine Dekade hinaus ausdehnen, bevor auch nur ein einziges Mal ein unabhängiger Richter geurteilt hätte.

Am infamsten aber ist, dass die zur Korruptionsbekämpfung zuständigen Staatsanwälte die allerschlimmsten Verdachtsfälle überhaupt nie vor ein Gericht bringen, also die Geldströme aus dem Wiener Rathaus. Ganz im Gegensatz zu den Vorwürfen gegen bürgerliche Politiker. Diese verfolgen die WKStA-Staatsanwälte immer mit allen ihnen zur Verfügung stehenden legalen und illegalen Massenvernichtungswaffen von Hausdurchsuchungen über Computer- und Handy-Beschlagnahmungen bis zum gesetzwidrigen Hinausspielen aller politisch für die Linke nützlichen Inhalte, wie es etwa der "Arsch"-Sager des Sebastian Kurz gewesen ist. Ganz im Gegensatz dazu steht ihre Untätigkeit gegenüber dem SPÖ-Imperium in der Gemeinde Wien. Das ist der allergrößte Skandal in diesem Land, denn es ist eindeutig nachgewiesen, dass von dort die meisten freihändig vergebenen Bestechungsinserate laufen.

Dennoch muss ausdrücklich festgehalten werden: So übel es auch in der Korruptionsstaatsanwaltschaft wie neuerdings auch im Justizministerium stinkt, so klar und deutlich ist festzuhalten, dass der allergrößte Teil der österreichischen Justiz, vor allem der Richterschaft, sauber, korrekt und ethisch orientiert ist. Der einzige Vorwurf, der ihnen zu machen ist: Sie haben sich nicht deutlich genug von den angefaulten Teilen der Justiz distanziert und haben sich anfangs über den privaten Verein der Richtervereinigung mit den Staatsanwälten sogar solidarisiert.

Ein ganz ähnliches Attest ist auch der Finanzverwaltung und der ÖVP auszustellen. Beide sind zweifellos in großen Bereichen sauber und honorig. Da wie dort hat man sich aber nicht rechtzeitig von korrupten Elementen distanziert und gelöst. Finanz wie ÖVP werden daher darunter noch schwer zu leiden haben. Als übler Drehpunkt zwischen beiden Bereichen hat sich der einst von der ÖVP eingesetzte Spitzenbeamte Thomas Schmid erwiesen, gegen den so schwere Indizien bekannt sind, dass es nur schwer vorstellbar ist, dass er einer Verurteilung entkommt.

Die Rolle Schmids ist wohl am besten mit den großen üblen Intriganten der Weltliteratur zu vergleichen, mit einem Marinelli, einem Wurm, einem Jago, einer Lady Macbeth, die andere ins Unglück gestürzt haben. Diese haben den Jagos allzu blind und naiv geglaubt. Höchstwahrscheinlich hat Jago Schmid einige andere auch dazu verführt, selbst Übeltaten zu begehen. Dazu gehört offenbar eine Finanzbeamtin, die nach den vorliegenden Indizien im Gegenzug für einen Karrieresprung einen Bescheid wunschgemäß abgeändert haben dürfte. Mittäter Schmids dürften aber auch einige durch die ÖVP besetzte Angehörige von Ministerkabinetten gewesen sein, wohin es ja auch immer wieder hemmungslose Karrieristen zieht.

Ein weiteres Opfer Schmids könnte der Unternehmer Siegfried Wolf geworden sein. Dieser hatte zwar alles Recht, gegen einen problematischen Steuerbescheid zu intervenieren, der ihm als Folge einer plötzlichen Gesetzesänderung eine Millionen-Steuerschuld auferlegt hatte. Offen muss hingegen vorerst bleiben, wieweit Wolf auch in die unsaubere Art involviert war, in der es dann ministeriumsintern zur Reaktion auf seine Intervention und zur Änderung des Bescheids gekommen ist. Wenn er wirklich auch darin involviert war, dann ist die Karriere eines der verdienstvollsten Unternehmer Österreichs wohl zu Ende. Obwohl an diesen Verdiensten nicht zu zweifeln ist: Sie reichen von der Schaffung Tausender Arbeitsplätze bis zur Rettung der Steyr-Werke.

Aber das sind alles nur Kollateralschäden bei der Verfolgung des eigentlichen Hassziels der Korruptionsstaatsanwälte: Sebastian Kurz. Gegen den ist all ihre Energie gerichtet – die aber bisher nur zwei lächerliche Ergebnisse gebracht hat. Der Vorwurf einer falschen Zeugenaussage im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ist nur absurd, hat doch Kurz dort nach dem irreführenden Wort "Nein" sofort das korrekte Gegenteil gesagt. Und noch beweisfreier ist die Behauptung der Staatsanwälte, dass Kurz von den Rechtswidrigkeiten des Thomas Schmid gewusst oder ihn gar dazu angestiftet hätte. Das ist zwar möglich, aber dafür ist kein einziger Beweis bekannt.

Dennoch ist es aus solchen beweisfrei vorgebrachten Vorwürfen heraus einem eindeutig ideologisch motivierten Teil der Staatsanwaltschaft gelungen, die demokratisch gewählte Regierung zu zertrümmern. Das ist in keiner anderen Demokratie so leicht möglich.

Das ist der dramatische Tiefpunkt des österreichischen Jahres 2021 geworden. Das wird schlimmere Nachwirkungen haben als sogar die Pandemie.

Daher geht Österreich düsteren Zeiten entgegen, solange nicht die offenkundig gewordenen Krebsgeschwüre in Staatsanwaltschaft, Gemeinde Wien, SPÖ, ÖVP und dem Finanzministerium herausgeschnitten worden sind. Die Chancen, dass das geschieht, sind gering.

PS: Mit einigen sehr konkreten Vorschlägen für die notwendige Justizreform wird sich das Tagebuch im kommenden Jahr befassen.

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