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Während die Öffentlichkeit in den letzten Wochen gebannt auf die Vorgänge in der von Korruptionsstaatsanwaltschaft und Justizministerin in Trümmer geschossenen ÖVP blickt, finden die Vorgänge in der SPÖ fast keine Beachtung. Das ist schade, weil einem da viel entgeht. Nicht nur weil die SPÖ die größte Oppositionspartei ist und laut einigen Meinungsumfragen derzeit als Folge der ÖVP-Krise sogar an der Spitze liegt, wenn auch nur innerhalb der Schwankungsbreite.
Dieser gegenwärtige Spitzenrang ist klare Folge des gebetmühlenartigen Vorwurfs der Linksmedien unter Führung des ORF und einiger zum letzten entschlossener Staatsanwälte, dass die ÖVP de facto ein krimineller Haufen sei. Einige Wähler halten diese Anschuldigungen für ein Faktum und erkennen nicht, dass es dabei nur um die aktuelle Kampflinie bei der angepeilten Rückkehr der Linken zur Mehrheit geht, die sie am Beginn der 80er Jahre verloren hatte. Dabei hat dieser Kampf ja schon viele andere schmutzige Etappen erlebt wie die Waldheim-Denunziation, die Organisation der EU-Sanktionen gegen Österreich oder den Ibiza-Lauschangriff …
Derzeit ist dieser Kampf jedenfalls sehr erfolgreich. Der ÖVP geht es so schlecht, wie es ihr bisher nur am Ende der Mitterlehner-Ära gegangen ist. Damals aus eigener Schuld. Diesmal wegen der WKStA. Durchaus zu Recht haben daher linke Demonstranten dieser Tage sogar Schilder mit offenem Dank an die WKStA durch die Straßen getragen.
Aber trotz der WKStA-Erfolge bei der – bisher zumindest – beweisfreien Kriminalisierung von ÖVP und FPÖ können diese Parteien auf ein großes Plus gegenüber der SPÖ verweisen: Sie haben beide derzeit intern völlig unbestrittene Parteiobmänner, hinter denen sich die jeweiligen Parteien trotz aller Bedrängnis ziemlich geschlossen gesammelt haben – oder vielleicht gerade deshalb, weil beide Herden so scharf attackiert werden. Das ist neidlos anzuerkennen, auch wenn ich mich (aus mehrfach hier dargelegten Gründen) weder für Herrn Kickl noch Herrn Nehammer entschieden hätte.
Die SPÖ hat hingegen ganz eindeutig keine unbestrittene Parteispitze. Von den drei roten Landeshauptleuten haben sich gleich zwei immer wieder ziemlich offen gegen Pamela Rendi-Wagner gestellt. Während zu ihrer Verteidigung immer nur der peinlich-weinerliche Herr Leichtfried aufgeboten wird.
Zuerst war es vor allem der Burgenländer Hans Peter Doskozil, der Rendi ständig und kaum verklausuliert zu verstehen gegeben hat, dass er sowohl ihre Politik als auch ihre Person für unpassend hält. Und kaum, dass es Doskozil im wörtlichen Sinn die Stimme verschlagen hat, werden die kritischen Stimmen aus dem Wiener Rathaus immer lauter.
Schon die Zustimmung des Wiener Bürgermeisters zum Deal der Landeshauptleute mit der Regierung – Lockdown plus Impfpflicht – hat in der SPÖ-Zentrale schwer verärgert. Ist dabei doch nicht die geringste Nebenrolle für Rendi abgefallen.
Dann ging es nahtlos weiter, als die Bundesparteichefin Neuwahlen "spätestens" im kommenden Jahr (als ob Wahlen heuer noch in irgendeiner Hinsicht möglich wären!) verlangte. Sofort wies Michael Ludwig diese Forderung zurück: "Niemand braucht jetzt einen Wahlkampf und Neuwahlen."
Bumm, das saß. Mit diesem Satz hat Ludwig nämlich nicht nur für eine offene Demütigung der Parteichefin gesorgt. Er kann dadurch auch für sich selbst weitere Gutpunkte sammeln und das Image eines Mannes aufpolieren, der sich ganz auf den erfolgreichen Kampf gegen die Pandemie statt auf unpopuläre Wahlkämpfe konzentriert. Umgekehrt hat Rendi mit der Forderung nach Neuwahlen ihr ganzes Image ruiniert, eine konsequente Anhängerin strenger Corona-Maßnahmen zu sein. Jetzt steht sie als eine da, der Wahlkämpfe plötzlich wichtiger sind. Offenbar macht sie das nur deshalb, damit ihr im so entstehenden Vorwahl-Zeitdruck niemand dazwischenkommen kann und sie Spitzenkandidatin ist.
Diese offene Zurechtweisung Ludwigs für Rendi-Wagner kommt erst wenige Tage, nachdem der Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke
öffentlich gesagt hat, dass er Ludwig für einen geeigneten Bundeskanzler hält, ohne Rendi zu erwähnen.
Das Ziel Ludwigs ist klar. Nur wollen das die Rathausgenossen eben jetzt noch nicht ansteuern. Vorerst will Ludwig lieber sein Image als wackerer Coronakämpfer weiter aufpolieren, denn als frustrierter Oppositionsführer zu darben.
Bei diesem Polieren kann er vor allem auf die Hilfe der inseratengefütterten Medien zählen. Da die Korruptionsstaatsanwaltschaft seit langem prinzipiell nicht gegen die SPÖ vorgeht, droht ihm dabei so wie seinem Vorgänger auch nicht die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung wegen der Korruptionsinserate aus dem Wiener Rathaus (solche werden bekanntlich von den schwer schlagseitigen Strafverfolgern nur dann inkriminiert, wenn sie von ÖVP-Politikern vergeben werden).
Warum Ludwig jetzt nicht will, ist also klar:
Ludwig ist überdies auch nicht der Freund offener Machtkämpfe. Ihm wäre es lieber, Rendi-Wagner würde irgendwann entnervt selbst aufgeben. Dafür könnte in Zukunft etwa die Veröffentlichung von Umfragen sorgen, die zeigen, dass die SPÖ mit Ludwig deutlich besser abschneiden würde als mit Rendi-Wagner.
Man kann fast wetten, dass es in absehbarer Zeit auch tatsächlich solche Umfragen geben wird. Das würde dann frappierend an die Jahre 2016 und 2017 erinnern. Damals hat es solche Umfragen in Hinblick auf die ÖVP gegeben; sie haben klar gezeigt: Die ÖVP hat mit Kurz große Chancen, mit Mitterlehner hingegen keine. Zu dieser Erkenntnis waren damals übrigens zahlreiche Institute gekommen, also nicht nur jenes, das mit möglicherweise kriminellen Finanzierungsmethoden von dem ehemaligen Beamten, Kurz-Anhänger und Wichtigmacher Thomas Schmid dazu motiviert worden ist.
Diese Umfragen haben damals jedenfalls in der ÖVP zu einem Chefwechsel geführt. Ganz ähnliche Umfragen werden jetzt von der Wiener SPÖ erhofft (oder in Auftrag gegeben werden), um die Attraktivitäts-Unterschiede zwischen Ludwig und Rendi-Wagner öffentlich zeigen zu können.
Und natürlich werden sie dann zum gegebenen Zeitpunkt von den sich der Gemeinde Wien verpflichtet fühlenden Medien groß ausposaunt werden. Das wäre dann wahrscheinlich sogar wahrheitsgemäß – jedenfalls mehr als das, was seit Wochen wie auf Befehl in fast allen Medien zu hören ist. Das ist nämlich die Mär vom erfolgreichen Corona-Kämpfer Ludwig, der den Bund und alle anderen Bundesländer verblassen lässt. Niemand, der die Medienberichte im Mainstream oder gar im ORF verfolgt hat, käme auf die Idee, dass Wien in Wahrheit keineswegs glänzend dasteht.
Das ist aber dennoch so:
Was nicht ins erwünschte Framing passt, wird von den allermeisten Medien halt einfach brutal weggelassen.
Allein in den letzten Tagen konnte man eine ganze Reihe weiterer Beispiele solcher verzerrender Berichterstattung im Mainstream finden, wo durch Weglassen wichtiger Dinge die Lüge perfektioniert wird:
Und das sind nur die allein in den allerletzten Tagen notierten Verhaltensauffälligkeiten der Gemeinde Wien, die vom Mainstream weitestgehend ignoriert werden.
Wir sind beeindruckt, was alles die Fülle an Steuergeldern bewirken kann, die als angebliches Inseraten-Honorar aus dem Rathaus an Medien fließen.
Oder irren wir uns vielleicht? Ist diese einseitige Berichterstattung vielleicht gar nicht Folge der Korruptionsinserate? Vielleicht könnte sich Ludwig die alle ersparen? Vielleicht geht es den vielen rathausfreundlichen Journalisten ganz aus eigenem Antrieb darum, dass mit Michael Ludwig wieder ein Linker Regierungschef wird, weshalb sie alle Nachrichten unterdrücken, die ihm schaden könnten?
Zumindest ein Indiz für diese Möglichkeit ist die Tatsache, dass auch aus anderen Bundesländern sehr schlagseitig berichtet wird. Zumindest ich habe beispielsweise nirgendwo Berichte darüber gefunden, dass im Vorarlberger Landtag der Fraktionsobmann der SPÖ – also der ranghöchste Abgeordnete der Partei – vor einer Woche aus Protest aus der Partei ausgetreten ist.
Würde ein so dramatisch eskalierender Machtkampf auf höchster Ebene in irgendeinem Bundesland bei einer der beiden Rechtsparteien passieren, würde mit Sicherheit die ORF-ZiB dem breiten Raum geben. Aber bei der SPÖ natürlich nicht.
Damit kann Ludwig unbesorgt und unbeirrt von medialen Blitzen zum Kampf antreten. Zuerst gegen seine Parteichefin, dann gegen den (jeweiligen) ÖVP-Chef.