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"Dieser Kampf gegen Extremismus, Antisemitismus und Faschismus ist mir ein persönliches Anliegen." So sprach der neue Innenminister Gerhard Karner. So dumm und geschichtslos hat noch nie ein verantwortlicher ÖVP-Politiker gesprochen. Das macht entsetzt – auch wenn man vom bisherigen Bürgermeister der weitgehend unbekannten niederösterreichischen Gemeinde Texingtal mit 1648 Einwohnern, der über Nacht von seinem Freund Nehammer zum Innenminister gemacht worden ist, keine besonderen intellektuellen oder historischen Fähigkeiten erwarten sollte.
Doppelt entsetzt wird man, weil Karner noch an einer weiteren Stelle seiner Antrittsrede zum Kampf gegen "Rechtsextremismus, politischen Islam und Antisemitismus" gerufen hat. Hingegen brachte er keine Silbe von der Notwendigkeit über die Lippen, auch gegen den Linksextremismus zu kämpfen und gegen die immer öfter zum Rechtsbruch schreitenden Klimaradikalen.
Tut er das, weil er weiß, jetzt mit solchen am gleichen Regierungstisch zu sitzen? Oder tut er das, weil er historisch ahnungs- und orientierungslos ist, so wie seine beiden Lehrmeister Ernst Strasser und Erwin Pröll, und einfach nachplappert, was ihm der linke Zeitgeist vorplappert?
Dieser verzerrende und einseitige Sprachgebrauch war bisher jedenfalls nur im Kampf- und Denunziationsvokabular von Linksradikalen zu hören gewesen, aber nie bei einem bürgerlichen Politiker. Wenn man das wörtlich nimmt, was Karner gesagt hat – und man muss es angesichts seines neuen Amtes –, dann haben ab jetzt die Linksextremisten in diesem Lande alle Rechte.
Herrn Karner ist das alles offensichtlich schnurzegal. Einen Linksextremismus kennt er nicht.
Wer meinen Blog liest, weiß, wie sehr ich die Aufmärsche der Impfgegner und ihre dümmlichen Parolen verachte. Von den irrwitzigen Behauptungen der FPÖ-Frau Belakowitsch gar nicht zu reden, die behauptet, die Spitäler wären voll von Geimpften, die an den Folgen der Impfung leiden. Und auch die Identitären haben meine Sympathien verloren, die sie früher mit ihrem Engagement gegen Islamisierung und illegale Immigration erworben hatten, seit sie sich an solchen Aufmärschen beteiligen.
Aber dennoch ist zumindest für mich außer Zweifel, dass ganz selbstverständlich auch solche Positionen und Ansichten das volle Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit haben, die ich und die große Mehrheit der Österreicher nicht teilen. Und dass daher Versuche von Linksextremisten, wie in den 20er Jahren unerwünschte Kundgebungen gewaltsam zu stören und die Straße zum Prügelplatz für die Austragung von Meinungsverschiedenheiten zu machen, noch viel schlimmer sind als dümmliche Behauptungen.
Diese Linksextremisten (die sich übrigens zum guten Teil mit den Zwangsbeiträgen finanzieren, die jeder Student an die Hochschülerschaft zahlen muss) bedienen sich des absolut gleichen Vokabulars, das dem neuen Innenminister gedankenlos über die Lippen kommt. So hieß es im ÖH-Aufruf zur Straßenschlacht: "Am 4. Dezember wollen wir als Antifaschist:innen nicht der extremen Rechten und ihren Mitläufer:innen die Straßen von Wien überlassen." Sie riefen zur Demonstration, "um dem Aufmarsch des Grauens zu begegnen und uns den öffentlichen Raum mit unseren eigenen Inhalten anzueignen. Der rechten Erzählung setzen wir Solidarität und die Möglichkeit eines Endes der organisierten Traurigkeit des Kapitalismus entgegen!"
An sich könnte man sich fast darüber amüsieren, wie da Schwachsinn gegen Schwachsinn anrennt, wäre nicht der Kampf um die Straßen und die "Aneignung des öffentlichen Raums" de facto ein weit über eine argumentative Auseinandersetzung hinausgehender Aufruf zum Bürgerkrieg.
Dennoch reiht sich wenige Stunden danach ein neuer Innenminister verbal in die Schlachtreihen der "Antifaschist:innen".
Er tut dies ganz eindeutig dadurch, indem er nur dem Rechtsextremismus den Kampf ansagt, nicht aber dem Linksextremismus. Und er tut dies insbesondere noch mehr dadurch, dass er ebenso wörtlich auch dem "Faschismus" den Kampf ansagt.
Ich könnte wetten, dass der Herr Karner völlig außerstande ist, "Faschismus" auch nur zu definieren. Er weiß mit Sicherheit nicht einmal, dass das Gelabere vom "Antifaschismus" viele Jahrzehnte lang das meistverwendete Tarnworte der europäischen Kommunisten zur Beschönigung ihrer Verbrechen gewesen ist. Und dass insbesondere die österreichischen Linken den Ausdruck "Faschismus" seit Jahrzehnten benützen, um es dem Nationalsozialismus und dem österreichischen Ständestaat der Jahre 1934 bis 1938 als gemeinsame Bezeichnung überzustülpen – trotz der erbitterten Kampfes der beiden gegeneinander. Sie tun dies aus mehreren Motiven:
In diesen autoritären, aber in keiner Weise totalitären Staat Österreich sind übrigens auch viele Juden aus dem nationalsozialistischen Deutschland geflohen, was die linke Zeitgeschichtsschreibung besonders gern verschweigt. Und dieser Staat hat in Sorge vor der übermächtigen Bedrohung aus dem Deutschen Reich einige Jahre auf den einzigen Verbündeten gesetzt, den Österreich finden konnte. Das war allein das Italien Benito Mussolinis, der sein System Faschismus nannte.
Mussolini erwies sich freilich bald als unbrauchbare Hilfe gegen Hitler, als Großmaul ohne Substanz. Aber dennoch waren er und sein Faschismus eben zwei, drei Jahre lang die einzige, die letzte Hoffnung der Mehrheit der Österreicher. In jener Zeit haben sich hingegen viele österreichische Sozialisten aus der gemeinsamer Gegnerschaft zu den Regierungen Dollfuß und Schuschnigg heraus sogar mit den Nationalsozialisten verbündet.
Jetzt haben sie in der Person des Herrn Karner einen neuen Verbündeten. Woran die Tatsache nichts ändert, dass Herr Karner mit Dollfuß (wenn auch fast durch ein Jahrhundert getrennt) geographische Gemeinsamkeiten hat.
Jetzt muss der neue Innenminister nur noch seinen Kampf gegen den Faschismus auch in die eigene Partei hineintragen. Werden doch dort noch die ersten vier Bundeskanzler (und ÖVP-Obmänner) der Nachkriegszeit hoch verehrt. Von Leopold Figl bis zu Julius Raab, von Alfons Gorbach bis zu Josef Klaus haben sie alle im Ständestaat wichtige Funktionen innegehabt. Und sie sind auch nach dem Krieg durchaus stolz auf den tapferen, wenn auch letztlich erfolglosen Abwehrkampf des Ständestaats gegen den deutschen Nationalsozialismus gewesen.
Sie haben alle in diesem Abwehrkampf den Versuch als geradezu zwingend angesehen, sich mit dem zweitgrößten Nachbarn samt seinem Faschismus gegen Hitler und seinen Nationalsozialismus zu verbinden. Auch wenn das am Ende überhaupt nichts gebracht hat und sich Mussolini letztlich über die Österreicher hinweg mit Hitler verbündet hat. Hat er dessen Unterstützung doch dringend angesichts des Scheiterns seiner Versuche gebraucht, Italien zur Kolonialmacht zu machen. Aber davor war Mussolini mit seinem Faschismus die letzte Hoffnung Österreichs gewesen, während die Franzosen die ganze Zeit völlig im Banne der dauernden eigenen Regierungskrisen gestanden sind, und die Briten allen Ernstes den Österreichern gesagt haben: 1918 wolltet ihr eh den Anschluss an Deutschland, warum wehrt ihr euch jetzt so dagegen?
Hitler hat Figl und Gorbach ins KZ werfen und foltern lassen. Jetzt spuckt ihnen also auch noch ein Innenminister der von ihnen gegründeten Volkspartei nach. Was für ein toller Einstand.