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Die schwedische Groteske hat enge Verwandte in Mitteleuropa

Nur wenige Stunden, nachdem die schwedische Sozialistenführerin Andersson ins Amt gekommen ist, ist sie schon wieder zurückgetreten. Um dann wieder einige Stunden später einen neuen Regierungsbildungsauftrag zu übernehmen. Die schwedische Groteske ist nicht nur lustig. Sie weist auch auf ein viel tiefergehendes Phänomen hin: auf eine Neugestaltung der Parteienlandschaft , die das Regieren immer schwieriger macht. Das sehen wir in vielen Ländern. Von Deutschland über Tschechien bis Rumänien laufen die Dinge ganz ähnlich, von denen meistens die Sozialisten profitieren. Aber dennoch machen die Vorgänge in Schweden Zuversicht, dass die bürgerliche Vernunft doch einmal zum Vorschein kommt.

Der Hauptgrund des Problems in einem Satz: Die Parteien rechts der Mitte sind selten imstande zusammenzufinden – dabei hätten sie immer öfter eine Mehrheit der Wähler hinter sich.

Zwar sind auch die Parteien der Linken mehr denn je gespalten: Neben der einst dominierenden und heute geschrumpften Sozialdemokratie gibt es eine wilde Mischung aus Grünen, aus Linksliberalen, aus Linkssozialisten, aus Linkspopulisten, aus Linkssezessionisten. Aber sobald Linksparteien zusammen eine Parlamentsmehrheit haben, finden sie auch fast immer zusammen, um aus dieser Mehrheit eine Regierung welcher Art immer zu formen.

Die Parteien rechts der Mitte hingegen sind viel seltener zu einem Zusammengehen imstande und zerstreiten sich viel öfter. Wie es etwa in Österreich schon zweimal der Fall gewesen ist, teils aus Blödheit und Profilierungsneurose (siehe die Spaltung zwischen FPÖ und BZÖ), teils weil die Rechtsparteien außerstande sind, raffinierte linke Intrigen zu durchschauen und richtig darauf zu reagieren (wie nach Ibiza).

Aber am häufigsten scheitert die von den Bürgern eigentlich gewollte Rechtsregierung daran, dass es der Linken mit Hilfe der Medien gelungen ist, eine Partei der Rechten zu einem Haufen skandalöser Schmuddelkinder zu stempeln. Als nobler Bürger geht man denen dann ganz automatisch aus dem Weg – und merkt als Folge der einseitigen Medienberichterstattung nicht, dass sich auf der Linken zum Teil viel ungustiösere Schmuddelkinder herumtreiben (siehe etwa, um nur in Österreich zu bleiben, die unendliche Skandalreihe der heimischen Linken: von der innigen SPÖ-Kungelei mit dem sechsfachen Mörder Proksch über die Inszenierung der Waldheim-Affäre durch die SPÖ, über den ungenierten Einsatz eines Halbwelt-Typen wie des Herrn Silberstein durch den letzten SPÖ-Chef, über das grundrechtsverletzende Agieren eines linksradikalen Teils der Staatsanwaltschaft samt gezieltem Hinausspielen unzähliger persönlicher Internet-Chats bis eben zum mafiaartigen Lauschangriff von Ibiza, der ja mit Sicherheit ebenfalls aus einem linken Eck gekommen ist).

In allen eingangs genannten Ländern ist die Situation die gleiche: Es gibt in Schweden, Deutschland, Rumänien und Tschechien so wie in Österreich überall eine eindeutige Mehrheit der Parteien rechts der Mitte. Aber in drei dieser Länder bekommt dennoch – zumindest mit großer Wahrscheinlichkeit – ein Sozialdemokrat den Posten eines Regierungschefs.

In Tschechien wird die neue Regierung zwar bürgerlich geführt werden, aber auch die linke Chaostruppe der "Piraten" umfassen. Denn die bürgerlichen Parteien Tschechiens können mit deren Hilfe den liberalkonservativen Rechtspopulisten Babis aus dem Amt kicken, der seit Jahren mit Korruptionsvorwürfen eingedeckt wird. Dabei stehen sie diesem inhaltlich näher als den Piraten (der einzige Unterschied zu Österreich: Die in Wien in der Regierung sitzenden Grünen sind alles andere als eine Chaostruppe, sondern wissen sehr genau, was sie wollen – nämlich neben der Planetenrettung vor allem die Zertrümmerung der beiden Rechtsparteien, wobei ihnen die Besetzung des Justizministeriums sehr hilft).

In Schweden wie in Deutschland wie in Österreich ist die Situation frappierend ähnlich: Die überall existierende rechte Mehrheit wird nur deshalb nicht aktiviert, weil es der Linken gelungen ist, AfD, FPÖ und Schwedendemokraten den Stempel "rechtsextremistisch" aufzudrücken.

Gewiss: Bei diesen Rechtspopulisten gibt es in der Tat manche Dummköpfe, die glauben, seriöse Politik bestünde im möglichst radikalen Reden. An denen möchten viele möglichst wenig anstreifen. Aber deswegen sind sie noch keine Extremisten, die irgendetwas mit Gewalt, mit Rechtsbruch oder Diktatur im Sinn hätten.

Gewiss: Die Rechtspopulisten sind in den letzten zwei Jahren auf ziemlich degoutante Art im Lager der Impfgegner aktiv geworden. Dabei sind viele dieser Impfgegner in Wahrheit eher unpolitisch. Sie kommen oft aus esoterischen, christlich-fundamentalistischen oder verschwörungstheoretischen Ecken, die bisher eigentlich eher als Hoheitsgebiet der Grünen gegolten haben. Das hat die Sozialdemokraten nie gehindert, mit den Grünen zu fraternisieren.

Ziemlich klar scheint, dass diese sogenannten Rechtspopulisten die Impfgegner primär aus taktischen Gründen gekapert haben. Gleichsam als Reaktion darauf, dass auch sie selbst dauernd von den anderen als widerliche Stinktiere behandelt worden sind. Darauf haben sie beschlossen, nach dem Motto zu handeln: "Unberührbare aller Länder, vereinigt euch!"

Dabei gibt es keinen Zweifel, dass der eigentliche Markenkern der Rechtspopulisten ein sehr löblicher und demokratischer war und ist: Sie entstanden als Antwort, als "Alternative" erstens zu vielen Fehlern der EU insbesondere auf wirtschafts- und währungspolitischem Feld und zum unheilvollen Drang Brüssels zum imperialen Zentralismus. Und sie entstanden zweitens aus der Empörung vieler Bürger über die illegale, aber dennoch nie gehinderte Masseneinwanderung aus Asien und Afrika in ihre Länder.

Mit diesem Markenkern bildeten sich entweder neue Parteien oder alte wurden komplett umgedreht (wie in Österreich die FPÖ, die früher eine Koalition aus deutschnational und wirtschaftsliberal gewesen war).

Corona-Leugnung und Impfskepsis gehören jedoch ganz gewiss nicht zum wahren Markenkern. Das sieht man insbesondere in Ungarn, wo Viktor Orbán in Sachen Corona komplett in die andere Richtung Politik macht als FPÖ oder AfD. Ähnlich auch die polnische Regierungspartei PiS. Während PiS und Orbán in Sachen Migration und EU-Kritik hingegen komplett auf gleichem Kurs mit AfD, FPÖ, Salvini oder Le Pen unterwegs sind.

Der Unterschied im Verhalten hängt davon ab, ob eine rechtspopulistische Partei in der Opposition oder in der Regierung sitzt. Für eine Oppositionskraft ist es einfach verführerisch, jeden Protest gegen die Regierung auf die eigenen Mühlen zu lenken. Ist man hingegen in der Regierungsverantwortung, dann kann man das nicht mehr – oder man scheitert letztlich an der Unvereinbarkeit einer Regierungs-Verantwortung mit Corona-Leugnung im Amt. Wie etwa ein Donald Trump.

Zurück zum Koalitionsthema: Trotz mancher dummer Äußerungen aus den Reihen von AfD&Co, trotz der hemmungslosen Ausnutzung der Impfängste durch die rechtspopulistischen Oppositionsparteien ist eine Kooperation mit diesen Parteien lange nicht so skandalös und verwerflich wie das Eingehen von Allianzen mit Kommunisten (wie in Graz) und mit in direkter und nie geleugneter Erbfolge zur blutigen DDR-Diktatur stehenden Postkommunisten (wie beispielsweise in Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern).

Das haben sich ja auch viele FDP- und CDU-Mandatare so gedacht, als sie in Thüringen zusammen mit der AfD einen FDP-Mann zum Ministerpräsidenten gekürt haben. Das aber hat dann Angela Merkel – auf Dienstreise außerhalb Europas von den Medienberichten aus Deutschland angestachelt – in einem Gewaltakt an der Grenze des Rechtsstaates rückgängig gemacht. Überdies forderte sie ihre Parteigänger in Thüringen auf, statt jenes auch von der AfD gewählten FDP-Mannes einen Mann der Postkommunisten zu wählen.

Seither traut sich weder bei der CDU noch bei der FDP ein Verantwortlicher, laut über eine Kooperation mit der AfD auch nur nachzudenken. Damit hat Angela Merkel dauerhaft einzementiert, dass de facto mindestens eine linke Partei in der Regierung sitzen muss.

Damit hat sie die Linkspartei in weiten Kreisen salonfähig gemacht. Trotz der furchtbaren Geschichte Deutschlands mit der DDR wird im Lande praktisch nirgendwo mehr Kritik am Kommunismus und seinen Verbrechen geübt. Damit kann die postkommunistische Linkspartei seit einiger Zeit ungeschoren als ganz normale Partei agieren, deren Exponenten für jedes Amt in Frage kommen, während die ständige Diffamierung der AfD als angeblich extremistisch auch bei Bürgerlichen Erfolge zeigt.

In Schweden scheinen die Dinge ganz ähnlich zu liegen – sie könnten dort aber bald ganz anders werden. Auch dort gibt es eine rechte Mehrheit. In Schweden scheint aber dennoch nur eine sozialdemokratische Regierungsführung in Frage zu kommen. Denn die bäuerlich-liberale Zentrumspartei hat den Sozialdemokraten durch "Tolerierung" zu einer knappen Mehrheit von einer Stimme verholfen, obwohl sie zusammen mit den vier anderen Parteien rechts der Mitte eine große Mehrheit hätte. Aber diese Mehrheit würde neben den Konservativen als größte Partei, einer den Freikirchen nahestehenden Partei und den Liberalen halt auch die Schwedendemokraten als zweitgrößten Partner umfassen.

Die Zentrumspartei zeigt durch die Unterstützung für einen roten Ministerpräsidenten die auch aus anderen Ländern bekannten Berührungsängste mancher bürgerlicher Menschen gegenüber den Rechtspopulisten. Freilich bröckelt die Ablehnungsfront gegen die Schwedendemokraten gerade rapide: Denn nur Stunden nach der knappen Tolerierungsmehrheit für die sozialdemokratische Regierungschefin hat das schwedische Parlament mit bürgerlicher Mehrheit gegen die Linksparteien ein Budget ausgehandelt und angenommen. Worauf Frau Andersson – vorerst – zurückgetreten ist.

Dieser bürgerliche Budgetbeschluss ist eindeutig ein Testballon, wieweit nicht doch die bürgerliche Mehrheit auch sonst die Politik Schwedens bestimmen könnte. Um das zu verhindern, waren die Sozialdemokraten sogar bereit, mit dem von der bürgerlichen Opposition ausgehandelten Budget zu regieren. Das haben jedoch wiederum die Grünen, der kleinere Koalitionspartner, strikt abgelehnt und sind aus der Regierung ausgeschieden. Ihr Argument: Sie können doch nicht ein von einer "rechtsextremen" Partei ausgehandeltes Budget vollziehen.

Das verdross die Sozialdemokraten aber keineswegs in ihrem Drang zur Macht. Jetzt wollen sie halt eine Ein-Partei-Minderheitsregierung bilden – und haben Chancen, dass auch diese genug Tolerierungsunterstützung findet. Obwohl sie selbst nicht einmal 30 Prozent der Abgeordneten stellen.

Interessantes Fazit: Die Linke regiert und die Rechte macht die Gesetze, nach denen die Linke regieren muss.

Übrigens: Das wäre eigentlich auch eine interessante Idee für Deutschland und Österreich! Mit absoluter Sicherheit gibt es ja viel mehr inhaltliche Gemeinsamkeiten der Konservativen und Liberalen mit den Rechtspopulisten – zumindest für den Beschluss von Gesetzen.

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