Corona: Heiteres und Groteskes, Infames und Dummes
18. November 2021 00:50
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 9:00
Der besonnene Mittelweg in Sachen Corona wird immer mehr von links wie rechts postierten Hysterikern eingeengt. Das sind die rabiaten Impfgegner auf der einen Seite. Das sind die Medien auf der anderen Seite und die meist anonym bleibenden "Experten", die einfach wichtige Bereiche ausblenden. So schlimm das Virus auch ist: Die schrillen und aggressiven Tonlagen und das Versagen der Behörden werden zunehmend genauso beängstigend wie die Krankheit selbst.
Dieses Urteil wird durch einige konkrete Beobachtungen bestätigt:
- Auf dem von den Österreichern ständig beobachteten "Dashboard" des Gesundheitsministeriums kann man bürokratische Unfähigkeit und datenschützerische Hysterie besonders krass sehen. Denn noch immer steht bei den zweimal im Tag präzise vermerkten Zahlen der Spitals- wie Intensivstations-Einlieferungen und Todesfällen keine Information dabei, wie viele davon jeweils geimpft und nicht geimpft waren. Diese tägliche Angabe würde viel mehr Menschen vom Impfen überzeugen als irgendwelche Appelle.
- Keine einzige österreichische Zeitung wagt es, in der allgemeinen Hysterie, die schon eine ganze Nation psychiatriereif zu machen droht, auch beruhigende Fakten zu verbreiten. Dabei geht es wohlgemerkt in keiner Weise um die absurden Behauptungen der immer irrer werdenden Impfgegner, bei denen ich in absolut jedem von ihnen verbreiteten Link auf unrichtige Faktenbehauptungen, aus dem Zusammenhang gerissene Zitate oder Meinungsäußerungen von in keiner Weise qualifizierten Personen gestoßen bin.
- Es ist aber enttäuschend, wenn man auch den folgenden Zusammenhang nur in der seriösen "Neuen Zürcher Zeitung" lesen kann. Hat doch die Schweiz eine fast völlig identische Impfquote wie Österreich. Und scheinen sich auch hierzulande die Zahlen ähnlich zu entwickeln. Die NZZ im O-Ton: "Trotz stark steigenden Corona-Fallzahlen in der Schweiz in den letzten Wochen ist bei den Spitaleintritten nur ein leichter Anstieg der Zahlen zu verzeichnen. Indexiert man bestätigte Fälle und Spitaleintritte an ihren jeweiligen Höchstwerten, so konnte man bisher eine relativ gleichförmige Entwicklung beobachten: Wenn die Fallzahlen stiegen, stiegen gleichzeitig auch die Spitaleintritte. Das hat sich nun geändert – zumindest ein wenig. Von August 2020 bis Juni 2021 wurden auf 100 Infektionsmeldungen um die 4 Spitaleintritte gemessen. In der vierten Welle sank dieser Wert erst auf unter 2, stieg dann aber wieder an. In der fünften Welle ist dieses Hospitalisierungsverhältnis nun auf einen neuen Tiefststand gesunken: Auf 100 Infektionsmeldungen werden derzeit nur 1,05 Spitaleintritte verzeichnet … Der Trend dürfte auf die mittlerweile weit fortgeschrittene Impfkampagne zurückzuführen sein. Rund 65 Prozent der Schweizer Bevölkerung haben sich mittlerweile komplett impfen lassen … Anfang Juli waren es erst rund 40 Prozent gewesen. Die Gruppe von Ungeimpften, bei denen eine Hospitalisierung nach einer Infektion sehr viel wahrscheinlicher ist, ist also wesentlich kleiner als im Sommer."
- Auch eine andere – vielleicht noch gewichtigere – Stimme aus dem Ausland wird in Österreich gezielt ignoriert: Das ist die des Vorsitzenden des Weltärztebundes Frank Ulrich Montgomery. Dabei bezieht sich der Mann in einem Interview sogar direkt auf Österreich! Wörtlich: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass man jemanden zur Impfung mit der Polizei vorführt. Aber die Menschen müssen die Folgen ihres verantwortungslosen Handelns spüren. Das heißt für mich, dass wir konsequent 2G und – wie es ihn in Österreich gibt – einen konsequenten Lockdown für Ungeimpfte durchsetzen müssen."
- Aber Positives aus dem Ausland über Österreich wird offenbar prinzipiell nicht gemeldet, solange es keine Linksregierung gibt. Es ist aber nicht nur der Weltärztebund, sondern es sind auch etliche Länder, die inzwischen das österreichische Rezept übernommen haben. Es erscheint ihnen als das Sinnvollste und der beste Kompromiss zwischen erstens der Notwendigkeit zu strengeren Maßnahmen, zweitens den Notwendigkeiten, die Zögerer zum Impfen zu bringen, und drittens dem, was den Menschen außerhalb einer Diktatur zumutbar ist.
- Lustig geht es zu diesem Thema im Süden von Österreich zu: Slowenien folgt dem österreichischen 2G-Beispiel. Hingegen kann man vom kroatischen Präsidenten Zoran Milanovic wegen des österreichischen Ausgehverbots für Ungeimpfte wilde Attacken hören: Das sei eine "Dummheit". Das erinnere an die 30er Jahre. Die Bürger "haben das Recht, sich vor Willkür zu schützen". Der Mann, der wie Herbert Kickl klingt, ist – Sozialdemokrat. Ist dies der Grund, warum ihn die österreichischen Medien nicht kritisieren, sondern mit peinlich berührtem Schweigen übergehen?
- Die österreichischen Medien mit der Denunziationsmaschine ORF an der Spitze haben in der gegenwärtig aktuellen Streitfrage "Lockdown auch für Geimpfte?" sofort – wie bisher in absolut jeder Frage – in geschlossener Formation Partei für die Grünen ergriffen, sobald sie in der Koalition einen Zwist zwischen Schwarz und Grün entdeckt haben. Sie kämpfen geschlossen für einen Lockdown für alle. Jeder, der etwas anderes sagt, wird als verantwortungsloser Populist beschimpft. Die Medien und die Grünen (was ohnedies fast immer identisch ist) ignorieren dabei gleich Dreierlei:
- dass eine Gleichbehandlung absolut ungerecht wäre, da Geimpfte einen weit harmloseren Krankheitsverlauf haben als Ungeimpfte;
- dass ein allgemeiner Lockdown jede Motivation der Zögerer zerstören würde, sich nun doch impfen zu lassen;
- dass auch die bisher schon zum Impfen gegangenen Mitmenschen sich verhöhnt fühlen würden;
- und dass die Menschen einfach nicht bereit sind, einen allgemeinen Dauerlockdown hinzunehmen.
- Überdies werden die Indizien immer dichter, dass sich ohnedies über kurz oder lang alle einmal infiziert haben werden – nur die einen aus eigenem Verschulden und mit im Schnitt viel schlimmeren Folgen. Dass es daher nur bei den Nichtgeimpften eine Berechtigung und einen Sinn gibt, sie wegzusperren, solange die Spitalsbetten Mangelware sind.
- Interessanterweise wirft jetzt aber sogar der Salzburger Sender "Servus-TV" der Regierung vor, zu "zögerlich" zu sein, weil sie keinen Totallockdown verhängt. Dabei war "Servus" lange die Hauptplattform für Impfgegner und Coronaleugner.
- Noch lächerlicher war aber wieder einmal ein Satz in der ORF-ZiB: "Es gibt nur eine Wissenschaft."
- Als ob es nicht alleine in der Corona-Krise Hunderte Irrtümer und Widersprüche aller Art zwischen durchaus qualifizierten Wissenschaftlern gegeben hätte.
- Als ob nicht auch unter diesen so wie unter den Journalisten die meisten immer erst im Nachhinein als Wissende auftreten.
- Als ob es nicht geradezu Kern der Wissenschaft wäre, dass es Widersprüche und Kontroversen gibt.
In der ZiB hingegen hält man "die" Wissenschaft offenbar für etwas Allwissendes, so wie es einst das Politbüro der sowjetischen Kommunisten von sich behauptet hat und wie es die dortigen Hofberichterstattungsmedien als einzige Wahrheit verkündet haben.
- Typisches Beispiel der eskalierenden Hysterie ist die Aufregung um ein Entwurmungsmittel, das als vermeintlich hilfreich gegen Corona reihenweise gekauft wird. So wenig ich seriöse Hinweise kenne, die das als sinnvoll bestätigen würden, so sehr habe ich doch Verständnis für Erkrankte und angsterfüllte Mitmenschen. Denn sie fühlen sich in Wahrheit von der Medizin komplett im Stich gelassen, bekommen von den Behörden zwar jede Menge an Regeln und Verboten, aber absolut keine medizinische Hilfe, keinen Rat. Da ist es nicht sehr verwunderlich, wenn sie in ihren Sorgen zu jedem Präparat greifen, das irgendwo im Internet angepriesen wird. Mit dessen Einnahme haben sie wenigstens Chancen auf den Placebo-Effekt ...
- Während die Medien mit Inbrunst schreiben, dass in den ÖVP-regierten Bundesländern Salzburg und Oberösterreich die Infektionszahlen rapide gestiegen sind, wird das totale Chaos in Wien völlig ignoriert.
- Obwohl dort Absonderungsbescheide erst nach sechs Wochen einlangen;
- obwohl dort jeder Erkrankte bei den Behördentelefonen nach wie vor stundenlang im Kreis geschickt wird, als wenn wir noch immer den März 2020 hätten, wo noch alle von der Pandemie überrascht waren;
- obwohl dort erstmals ohne Freigabe durch die europäischen Impfbehörden von der Gemeinde auch 5- bis 11-jährige Kinder geimpft werden;
- während diese Impfung medial breit bejubelt wird, gibt es keine Kritik daran, dass es viel zu wenig Impftermine gibt, was die Ernsthaftigkeit total bezweifeln lässt.
- Am skandalösesten ist aber das Agieren des Wiener Bürgermeisters Ludwig. Am vergangenen Freitag hat er öffentlich verkündet, dass schon in der kommenden (also der jetzt laufenden) Woche für den Besuch aller Veranstaltungen und Theater neben dem Impfnachweis zusätzlich auch noch ein aktueller PCR-Test vorgeschrieben wird. Es gibt jedoch bis zur Stunde – und inzwischen ist es Donnerstag! – keinerlei genaue Informationen zu diesem Beschluss. Dabei wird dieser alle Theater und Konzertsäle Wiens rapid leeren. Dennoch findet sich auf den offiziellen Seiten der Gemeinde zumindest zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen absolut kein Hinweis auf eine solche Verschärfung. Anderswo verlautet jedoch, dass diese Verschärfung schon am morgigen Freitag, also dem nächsten Tag in Kraft treten wird. Offenbar hat inzwischen irgendjemand entdeckt, was für einen Irrsinn Ludwig da verkündet hat und denkt verzweifelt nach, wie man den nachträglich korrigiert: Denn die PCR-Tests sollen ja laut Ludwig nur 48 Stunden gültig sein – und zwar schon ab dem Zeitpunkt, da man sich zum Gurgeln vor die Kamera setzt, nicht etwa erst ab dem Zeitpunkt, da man die Information über das Testergebnis erhält. Aber vielfach dauert das länger als 48 Stunden, insbesondere auch übers Wochenende! Also wird niemand mehr ein Kultur-Ticket kaufen …
- Während die (inseratengefütterten) Medien das Chaos aus dem Wiener Rathaus völlig kritiklos hinnehmen, ja sogar bejubeln, hetzen sie – wieder mit dem ORF an der Spitze – in Sachen Corona gegen Sebastian Kurz. Obwohl dieser seit vielen Wochen keine Silbe zu Corona gesagt hat. Einziger Vorwurf, den man Kurz machen kann, der aber gegen das aktuelle Chaos eigentlich völlig verblasst: Kurz hat – so wie viele der "Experten" – einst allzu voreilig gesagt, für die Geimpften wäre die Pandemie vorbei.
- Noch erstaunlicher ist die Kulturszene. Wo sind all die Wiener Theaterdirektoren zwischen 1. und 8. Bezirk, die sich einst so lautstark aufgeregt haben, dass sie doch nicht dazu da seien, um Impfausweise zu kontrollieren? Aber freilich: Damals ging es um Maßnahmen, die der Bund verordnet hatte. Jetzt geht es um Maßnahmen der Gemeinde Wien. Und da ist man prinzipiell nicht zum Kritisieren bereit, auch wenn die Ludwig-Maßnahmen viel zu spät konkretisiert werden, auch wenn dadurch ihre Kartenverkäufe rapid zurückgehen werden.
PS: Die problematischen Selbstinszenierungsauftritte von Michael Ludwig als neuer starker Mann haben aber auch etwas Gutes: Peter Hacker als eigentlich zuständiger Stadtrat ist völlig von der öffentlichen Bildfläche verschwunden. Dabei hat er früher fast täglich gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung gestänkert. Jedoch damals noch, weil sie viel zu streng seien! Heute kann es dem Rathaus gar nicht streng genug sein.
PPS: All die skizzierten politischen Dummheiten werden noch weit übertroffen durch die Teilnehmer an sogenannten Corona-Partys. Auf solchen treffen sich angeblich Ungeimpfte mit Corona-Infizierten, um so die Krankheit zu erwerben und dadurch dann gegen Corona geschützt zu sein, ohne das "genetisch-veränderte" "Gift" mit den "Bill-Gates-Chips" gespritzt zu bekommen. Ich bezweifle zwar relativ stark, ob es diese Partys wirklich gibt, und ob das nicht nur eine der vielen Verschwörungstheorien rund um Corona ist (diesmal halt von der anderen Seite). Sollte es sie aber wirklich geben, dann wäre es wirklich die extremste Idiotie der ganzen Corona-Zeit. Denn die Ansteckungswilligen übersehen, dass für Nichtgeimpfte der Verlauf ziemlich grauslich oder gar letal werden kann – wenn auch nicht muss – und die Ansteckungsbereiten übersehen, dass sie mit dem bewussten Verbreiten einer ansteckenden Krankheit eindeutig ein strafrechtliches Delikt begehen. Nämlich auch dann, wenn die anderen angesteckt werden wollen!
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