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Die wahren Probleme Österreichs im Schatten eines Arsches

In Anbetracht der von heldenhaften Korruptionsstaatsanwälten aufgedeckten Ungeheuerlichkeit, dass Sebastian Kurz vor fünf Jahren in einem Internet-Dialog "Arsch" getippt hat, hat kein einziges Medium, keine einzige Partei Zeit für sonstige Kleinigkeiten. Wie etwa den Skandal des vorgelegten Budgets und die endgültige Abschaffung jeder Form des Sparens. Zugegeben: Politik und Medien befassen sich lieber mit Themen auf ihrem eigenen intellektuellen Niveau. Und ein gar nicht so kleiner Teil der Bevölkerung auch.

Dennoch sei hier die Minderheitsmeinung deponiert: Es ist absolut unbegreiflich,

  • dass an keiner Stelle des Budgets, bei keinem einzigen Ministerium gespart wird;
  • dass in Zeiten, da die Wirtschaft mit Ausnahme des kleinen Sektors der Stadthotellerie unglaublich boomt;
  • dass in Zeiten, da die Coronahilfen ausgelaufen sind;
  • dass in Zeiten, da fast überall schlimmer Arbeitskräftemangel herrscht;
  • dass in Zeiten, da die Inflation rapide zunimmt;
  • – dass also in Zeiten, wo man selbst nach den Theorien des Schuldenfreundes Keynes einen Überschuss in den Staatshaushalten machen müsste, ein kräftiges Budgetdefizit geplant wird.

Allein der Bund will im kommenden Jahr über zwölf Milliarden Euro mehr ausgeben, als er einnimmt. Österreich als Ganzes (Bund, Länder usw.) wird 2,3 Prozent mehr ausgeben als einnehmen. Das sind wohlgemerkt 2,3 Prozent vom BIP, also von der gesamten Wirtschaftsleistung der Nation, nicht nur vom Budget (ein guter Schmäh, Defizite so darzustellen, um das Defizitmachen kleinzureden). Das kann auch dadurch nicht verteidigt werden, dass trotz der Schuldenvermehrung die offizielle Verschuldungsquote um ein paar Zehntelprozent sinken dürfte.

Denn:

  1. Erstens wird die Verschuldungsquote ja in Relation zur gesamten Wirtschaftsleistung gemessen, die eben im Boom stark steigt;
  2. zweitens, und vor allem, profitieren ja sämtliche Schuldner Europas von den Negativzinsen der Zentralbank, also von der zutiefst kranken EU-Wirtschaftspolitik, die nichts anderes als einen brutalen Raubzug der Regierungen der Euro-Länder auf alle Sparer darstellt, die von gelobten Vorbildern zu belachten Idioten gemacht worden sind.

Zugleich ist in diesen Budgets nicht die geringste Vorsorge für den neuerlichen Ausbruch eines großen Schocks getroffen, wie es 2019/20 die Corona-Krise gewesen ist. Niemand weiß, aus welchem Eck, durch welche Ereignisse die nächste Krise mit gewaltigen Schäden, auf die man eigentlich unbedingt vorbereitet sein sollte (aber nicht ist), ausgelöst werden könnte.

Möglich sind insbesondere etwa:

  1. eine weitere globale Gesundheitskrise;
  2. eine Eskalation in Asien zu einem großen Krieg mit atomarem Potenzial als Folge der sich seit Wochen intensivierenden chinesischen Provokationen;
  3. ein großer Strom-Blackout, der tagelang in großen Teilen Europas das Elektrizitätsnetz und damit Kommunikation, Verkehr und Produktion lahmlegt, als Folge der schon jetzt dramatischen Gas- und Stromverknappung und vor allem der vielerorts zuschlagenden "Klimarettungs"-Politik, die etwa in Deutschland in Kürze zum Abschalten von immer mehr Kraftwerken führen wird;
  4. oder ein fast ebenso folgenreiches Auseinanderbrechen der EU quer durch den Kontinent, weil die linksliberale Mehrheit in der Union (der sich die deutschen Unionsparteien und unverständlicherweise jetzt auch der neue österreichische Bundeskanzler angeschlossen haben) immer stärker gegen die Osteuropäer hetzt, was sich diese nicht auf Dauer gefallen lassen werden.

Das Blöde an der Weltgeschichte ist, dass sich solche Katastrophen nicht genau voraussagen lassen, dass man nur für das Eintreten jeder einzelnen Gefahr nur Wahrscheinlichkeiten abschätzen kann. Und dass immer auch ganz anderes passieren kann, mit dem niemand rechnet: von einer wochenlangen Blockade des Suezkanals bis zum großen Ausbruch von Vulkanen mit gewaltigen Aschewolken, um nur einige Gefahrenszenarien zu nennen.

Diese Überlegungen sollten nicht nur zu gewisser Demut veranlassen, sondern auch zu einer Politik, die eine Mindestelastizität hat, um auf schlimme Ereignisse reagieren zu können. Das ist letztlich nichts anderes als das altvatrisch (oder nach "schwäbischer Hausfrau") klingende "Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not".

Doch vom Sparen – nach zwei Jahren des ohnedies exzessiven "Koste-es-was-es-wolle"-Corona-Rettens – ist hierzulande weit und breit nichts zu sehen. Wirklich und absolut jeder Minister bekommt deutlich mehr Geld (offenbar wäre sonst gleich wieder die Koalition zerfallen). Niemand hat gegen ein Spardiktat des Finanzministers kämpfen müssen, wie es noch in Zeiten der Fall gewesen war, da die Politik das Geld noch nicht zur unbegrenzt vorhandenen Menge erklärt hatte.

Es seien nur zwei besonders drastische Beispiele herausgegriffen, wo die Regierung unbedingt einsparen hätte können und müssen (oder wo auch eine Oppositionspartei konkrete Einsparungen verlangen hätte können und müssen, statt ständig noch mehr Ausgaben einzufordern):

Erstens: Gleichzeitig mit Vorlage des Defizit-Budgets hat das Parlament beschlossen, dass die Corona-Tests für ein weiteres halbes Jahr gratis sein werden, also auf Steuerkosten gehen. Obwohl es dafür absolut keinen Grund mehr gibt, seit sich ja jeder Österreicher jederzeit (gratis) gegen die Virus-Infektion impfen lassen kann. Obwohl zweifellos die Notwendigkeit, als Alternative zu einer Impfung regelmäßig für Tests zahlen zu müssen, sehr viele Impfmuffel zum Impfen bringen würde. Obwohl immer mehr andere Länder – soeben auch Deutschland, Italien und Frankreich – trotz besserer Impfquoten schon jetzt die Unentgeltlichkeit der Tests abgeschafft haben.

Zweitens: Seit 15 Jahren wagt keine Regierung mehr, die dringend notwendigen Pensionsreformen auch nur zu debattieren. So auch heuer nicht. Obwohl angesichts der Überalterung die Last der Pensionen zum größten Zukunftsproblem des Landes geworden ist. Obwohl die Lebenserwartung – abgesehen vom negativen Corona-Knick – ständig nach oben geht und daher Pensionen immer länger zu zahlen sind. Obwohl Österreich die viel zu früh in den Ruhestand wechselnden jungen Alten dringend an allen Fronten des Arbeitslebens bräuchte (außer bei der ohnedies weniger werdenden körperlichen Schwerarbeit sind sie fast alle noch viele Jahre einsetzbar – und einsatzfreudig).

Aber seit der relativen(!) ÖVP-Niederlage des Jahres 2006 herrscht bei allen Politikern und Politikberatern (einer, wie sich jetzt wieder einmal gezeigt hat, ganz besonders üblen und beschränkten Sorte!) die Überzeugung: Wer die Pensionen anrührt, verliert die Wahlen. Daher verlieren wir lieber die Zukunft. Dieser verantwortungslose Populismus zieht sich wirklich durch alle Parteien.

Statt da wenigstens einen kleinen Schritt in die richtige Richtung zu wagen, gehen wir auch heuer lieber einen großen in die falsche: Das hat man bei der jüngsten Pensionserhöhung gesehen, wo die Kleinpensionen neuerlich weit über die Inflationsrate hinaus erhöht worden sind. Dabei sind wohlgemerkt gerade diese Kleinpensionen sehr oft nicht die Pensionen der kleinen Leute, sondern als Zweit- und Drittpension Zubußen für Reiche oder Menschen, die nur wenige Jahre in Österreich gelebt haben.

Im Grunde haben wir seit 15 Jahren durchwegs Regierungen, denen die Interessen des Landes und seine Zukunft unwichtig sind, die nur an die nächsten Wahlen denken, und fünf Parteien, die einzig zu Ideen und Forderungen imstande sind, wo man denn unbedingt noch mehr Geld ausgeben solle.

Da kann Österreich ja fast von Glück reden, dass die Schlaraffenland-Forderer bisweilen Pausen machen müssen, um sich voller Empörung über das "Arsch"-Zitat zu erregen ...

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