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Die Einführung von Tempo 30 in Paris ruft natürlich auch hierzulande die Anti-Auto-Lobby auf den Plan. "Wir auch!", ist der Schlachtruf. Nur leider müsste man den rot-grünen Verkehrsreformern sagen: Man kann Verkehrsberuhigung machen wie die Pariser oder wie die Wiener. Mit Hirn oder ohne.
Die Pariser Bürgermeisterin hat Tempo 30 flächendeckend in ihrer ganzen Stadt verfügt – mit Ausnahme der großen Durchzugstraßen, dort bleibt 50. Das ist durchdacht. Hierzulande wird Tempo 30 hingegen grundsätzlich auf den Hauptverkehrsadern verordnet, so dass sie zu wahren Abgashöllen verkommen, nicht aber durchgängig in den "Grätzeln", wo man in vielen Gassen ohnehin nicht schneller fahren kann. Das ist schikanös.
Und dort, wo die Verkehrsadern der Bundeshauptstadt noch nicht mit 30er-Schildern gesäumt sind, hat man sich eine andere Form der "Selbstregulierung" der Verkehrsgeschwindigkeit einfallen lassen. Man pinselt selbständige Radspuren so auf die Fahrbahn, dass der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand beim Vorbeifahren an einem Drahtesel nicht mehr einzuhalten ist. Kommt der Radler gegen die Einbahn, müsste man eigentlich stehen bleiben, bis er vorbei ist, fährt er in dieselbe Richtung, müsste man hinter ihm bleiben, wenn man gesetzeskonform fahren möchte. Auch so kann man den Verkehr "beruhigen".
Dabei sind es gar nicht mehr nur die bösen Autofahrer, die zu schnell unterwegs sind. Seit wir das Klima ständig retten müssen, indem wir dem Auto abschwören und nur mehr einspurig unterwegs sein sollen, hat die so genannte E-Mobilität sprunghaft zugenommen. Wer radelt denn heute noch aus eigener Muskelkraft? Und wer schick sein will beim Klimaretten, der steht ohnehin auf einem E-Scooter.
Da werden dann Geschwindigkeiten erreicht, die höchst gefährlich sind für die trendigen E-Mobilen. Im Vorjahr gab es in Österreich bereits 750.000 E-Bikes. Das schlägt sich auch in der Unfallstatistik nieder: 1466mal haben sich E-Biker verletzt, 21 tödliche Unfälle waren zu verzeichnen. Mit dem E-Scooter verletzten sich 1200 Menschen. Als Ursachen nennt die Polizei: überhöhte Geschwindigkeit, Fehlverhalten und Unachtsamkeit.
Immer lauter wird daher der Ruf der Mediziner, dass es eine Helmpflicht geben sollte, besonders auch für die Tretroller-Fans. Denn der Kopf ist am meisten gefährdet. Nur dringen ihre Warnungen nicht durch – nicht einmal zum Gesundheitsminister: Der tauschte unlängst den Dienst-Diesel gegen den E-Scooter, aber zerstörte sich die Frisur nicht mit einem Helm. Dabei hätte das vielleicht Vorbild-Wirkung haben können. Unser oberster Turnschuh-Träger beging auf seinem Scooter aber gleich noch einen Fauxpas: Er rauchte auf dem Roller und warf den Stummel auf die Straße, vor den Augen eines Rathaus-Waste-Watchers… Das kostet normalerweise 32 Euro. Dabei hätte die missglückte Aktion doch ein medienwirksamer Beitrag zur Rettung des Klimas sein sollen.
Im Zeitalter der heiligen Greta ist ja auch die Fortbewegungsart zu einer moralischen Frage geworden. Auf Autofahrer, womöglich immer noch in Benzinkutschen, wird herabgeblickt und im Hochgefühl der moralischen Überlegenheit verhält man sich – rücksichtslos. Darf man ja, schließlich rettet man den Planeten vor dem Verbruzzeln (© Werner Kogler).
Ist das so? Natürlich, für den E-Scooter kommt der Strom ja aus der Steckdose (sicher nur guter, also grüner Strom). Aber seine durchschnittliche Lebensdauer liegt bei nur drei Monaten. Dann ist das Ding Schrott – und mit ihm die Lithium-Ionen-Batterie, deren Erzeugung schon den ganzen Nutzen des dreimonatigen emissionsfreien Fahrens zunichte macht. Und die Entsorgung ist dann noch einmal eine ökologische Herausforderung.
Die kurze Lebensdauer überrascht nicht, beobachtet man, wie mit den paar tausend Leihscootern umgegangen wird: Kaum ist die Batterie entleert, liegen sie achtlos hingeworfen, oft auf dem Gehsteig. Wegräumen darf man sie nicht, also müssen Mütter mit Kinderwagen oder ältere Fußgänger mit Gehhilfen auch noch an ihnen vorbeiturnen.
Aber wer wird denn da jammern: Für das Klima darf uns keine Anstrengung zu groß sein.