Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Wenn die SPÖ zurück an die Macht will, dann wird sie nicht umhinkommen, ihre Parteivorsitzende so rasch wie möglich auszutauschen. Das ist das einzige Resümee, das sich nach dem "Sommergespräch" im ORF ziehen lässt.
Pamela Rendi-Wagner mag ja unter Schock stehen. Ihr Hassobjekt Sebastian Kurz hat von seiner Partei ein 99,4-Prozent-Votum bekommen und sein Parteitag war bis zum bitteren Ende beschlussfähig. Da nehmen sich ihre 75 Prozent Partei-Zuspruch noch mickriger aus, als sie ohnehin schon sind. Und es mag sie mittlerweile der Gedanke quälen, dass vielleicht ihre Genossen zurecht das Fußballmatch im Fernsehen der Parteitags-Öde vorgezogen haben. Wäre ein Match zeitgleich zu Rendis Sommergespräch gelaufen, hätte sie auch diesmal keine Chance gehabt.
Als man nach drei Stunden auf die Uhr schaute, stellte man völlig überrascht fest, dass erst zehn Minuten vergangen waren – so "mitreißend" war das Interview.
Das ganze Dilemma PRWs wurde dabei freilich deutlich: Sie ist keine Führungs-Persönlichkeit, sie hat keine zündenden Ideen und schon gar keine Zukunftsvision für dieses Land – ihre Vorschläge beschränken sich auf das Verteilen nicht vorhandenen Steuergelds. Gleichzeitig fehlt ihr der Mut zur klaren inhaltlichen Ansage. Es ist also kein Wunder, dass sich die SPÖ von ihren mageren 21 Prozent nicht erholen kann.
Dabei ist sie eine attraktive Frau, die in wohlgesetztem Deutsch sprechen kann, aber eben nichts sagt, was der Rede wert wäre. Kann sie nicht oder will sie nicht?
Nicht einmal in ihrem ureigenen Metier, der Medizin, will Rendi Stellung beziehen. Wie ist das jetzt mit dem Impfen? Muss doch ein "sanfter Zwang" her? Die Pockenimpfung, die in Österreich von 1948 bis 1977 Pflicht war, hat diese Krankheit immerhin ausrotten geholfen. Und da kann sie nicht als Ärztin Klartext sprechen, wo sie in der Frage Impfpflicht die Autorität dazu hätte?
Nun, es ist Sache der SPÖ, ob sie einen Ersatz findet, der die Rolle besser ausfüllen kann. Aber es drängt sich doch eine allgemeinere Frage auf – auch wenn sie in unserer politisch so korrekten Zeit gar nicht gestellt werden dürfte: Ist es wirklich Zeit für eine Frau an der Spitze einer Partei, die sich als groß und staatstragend versteht? Ist nicht gerade ihr Frausein der Urgrund für Rendi-Wagners ausbleibenden Erfolg?
Da greift die Erklärung, die SPÖ sei eben eine Partei von Machos, viel zu kurz. Inhaltsleere Männer an der SPÖ-Spitze hatten keinen Gegenwind – zumindest, solange sie bei Wahlen lieferten – siehe Werner Faymann. Es fragt sich: Würden dieselben Machos die Vorsitzende auch alle paar Tage in aller Öffentlichkeit vorführen, hätte sie klare Standpunkte, die es sich mitzutragen lohnt? Wahrscheinlich trotzdem.
Was bei Rendi noch dazukommt: Man merkt ihr die ständige Angst vor dem weiblichen Klischee an - rechthaberisch zu wirken, bissig zu klingen oder noch andere Vorurteile gegen Frauen zu bedienen. Im Endeffekt strahlt sie unablässig Unsicherheit aus. Und das nimmt ihr die Chance auf Erfolg – in der Partei und bei den Wählern.
Manchmal wird gerätselt, ob Rendi nur der sozialistische "Stallgeruch" fehlt (was sie wettzumachen versucht, indem sie Bruno Kreisky dafür dankt, dass sie als Kind ein Dach über dem Kopf hatte und in die Schule und an die Uni gehen durfte). Es ist eigenartig, dass diese Frage in der SPÖ überhaupt gestellt wird – immerhin war Bruno Kreisky ein Großbürger, Franz Vranitzky, der Erfinder des Nadelstreif-Sozialismus, Banker und Christian Kern ein ÖBB-Chef, der an Höchstgehälter gewöhnt war. Bei ihr aber fragt man plötzlich, ob sich Designer-Klamotten, St. Tropez-Urlaube und Diplomatengattinnen-Privilegien mit einer Arbeiterpartei vertragen. Weil sie eine Frau ist?
Die SPÖ hat sich von Christian Kern, dessen Markenzeichen nicht gerade die inhaltliche Tiefe war, eine Frau an die Spitze setzen lassen, weil das ein modernes Image geben sollte. Nur: Frau sein allein, reicht beim SPÖ-Vorsitz genauso wenig wie bei den gesetzlich verfügten Quoten-Frauen in Aufsichtsräten.
Man muss den Job auch ausfüllen können.