Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Das Gendern und der Witz des Jahrhunderts: der „unabhängige“ ORF

Kein Kandidat hat vor der ORF-Generaldirektorenwahl darauf verzichtet: auf ein flammendes Bekenntnis zur Unabhängigkeit der ORF-Redakteure. Wohl jeder, der vor allem in den letzten Monaten ORF gehört hat, hat da hellauf lachen müssen. Denn diese Redaktionen selbst haben ja gerade zuletzt wieder anschaulich gezeigt, wie gehorsam sie auf einen Pfiff aus dem Dunkel reagieren. Ohne dass auch nur einer protestiert hätte. Sie zeigten, wie sehr sie bereit sind, auf Pfiff zu reagieren. Wie ein Hund. Dieser Pfiff ist mit Garantie nicht aus dem Bundeskanzleramt oder von irgendeiner anderen demokratisch legitimierten Institution gekommen. Dennoch hat kein einziger der "unabhängigen" Redakteure dagegen zu protestieren gewagt.

Dass es diesen Pfiff wirklich gegeben hat, war an seinen Folgen eindeutig zu erkennen: Wie auf ein Signal ist in allen ORF-Programmen gleichzeitig und militant zu gendern begonnen worden. Das kann nur dann so schlagartig geschehen, wenn es einen Befehl dazu gegeben hat.

Die "unabhängigen" Unterschiede in der Umsetzung dieses Pfiff-Befehls sind dabei minimal:

  • Die einen sprechen in totalem Bruch mit der den Österreichern vertrauten und präzise Informationen vermittelnden Sprache nur noch von "Politikerinnen"; damit verwirren sie aber die Zuhörer total; diese können oft nicht mehr erraten, ob jetzt wirklich nur von weiblichen Politikern die Rede ist, was ja diese Formulierung seit vielen Generationen ganz eindeutig bedeutet hat, oder ob diesem Modetrend folgend männliche wie weibliche Politiker zusammen gemeint sind, die man ebenso lang als Gesamtheit mit dem klaren Gattungsbegriff "Politiker" bezeichnet hatte.
  • Die anderen versuchen irgendwie, das unaussprechbare Unterstrich/Sternchen/Binnen-I/Schrägstrich-Chaos linker Sprachdeformierer durch Zungenakrobatik auszudrücken und sagen "Politikeriiiiiinen".
  • Die Dritten nerven die Zuhörer damit, dass sie dauernd von "Politikern und Politikerinnen" von "Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen", von "Expertinnen und Experten" sprechen und dadurch für die Kommunikation eines Sachverhalts zeitlich länger brauchen als in normaler Sprache, ohne irgendwelche zusätzlichen Informationen zu transportieren, außer eben dass sie einen Kotau vor dem Krampfgenderismus gemacht haben.
  • Und die Vierten vergewaltigen die Sprache, indem sie die Studenten in "Studierende" verwandeln (auch wenn diese das in Wahrheit oft nicht tun) und die Fußgänger in "Fußgehende". Sie haben keine Ahnung von der Funktion des Partizip Präsens. Sie haben keine Ahnung, wie die vergewaltigte Sprache leidet.

Fast alle Sprachwissenschaftler haben inzwischen in zahllosen Publikationen eindeutig nachgewiesen, was für ein Unsinn das Gendern ist, wie sehr die Sprache dadurch an Präzision, Richtigkeit und Eindeutigkeit verliert. Ebenso zeigen sämtliche bekannten Umfragen zum Gendern, dass dieses von einer massiven Mehrheit, auch unter den Frauen, abgelehnt wird. Egal ob damit ein "Zeichen" gegen die angebliche Diskriminierung von Frauen gesetzt werden soll, oder ob durch "Politikeriiiiinnen" primär die Bedeutung der – in Wahrheit nur in der linksradikalen Propaganda existierenden – "Diversen" hervorgehoben werden soll. Was diese sicher zu täglichen Jubeltänzen veranlassen wird – würden sie existieren.

Tut alles nichts. Sämtliche auf ihre Unabhängigkeit in der Ära Wrabetz so stolzen ORF-Redaktionsgenossen haben schlagartig und "unabhängig" beschlossen, statt Deutsch zu reden, künftig genderistisch zu radebrechen. Wer wirklich glaubt, dass da unabhängige Redakteure genau gleichzeitig denselben Unsinn begonnen haben, der wird nicht selig, sondern glaubt vermutlich auch an den Storch. Und daran, dass die Redakteure im Regime des Genossen Wrabetz und seiner linken Psychoterroristengarde unter den Oberredakteuren unabhängig gewesen wären.

Wer halbwegs vernünftig die Lage im Gebührenfunk analysiert, der muss zwangsläufig zu dem Schluss kommen, dass dort nicht einmal ein Hauch von geistiger Unabhängigkeit herrscht. Gerade das Gendern ist der auffälligste und eindeutigste Beweis dafür, dass hier bis in die Sprachregelungen ein Gleichschaltungsregime regiert (hat??) – genauso wie in totalitären Systemen die Sprache als Waffe gedient hatte. Dass es hier keinen Hauch von Unabhängigkeit, redaktioneller Freiheit oder Pluralismus gegeben hat.

Wie sehr totalitäre Diktaturen die ständige Sprachmanipulation brauchen, hat man ja als Deutschsprachiger einst in der DDR besonders genau verfolgen können. Dort durfte etwa die vor 60 Jahren errichtete Mauer nie so genannt werden, sondern nur "antifaschistischer Schutzwall". Dort war die Marktwirtschaft immer nur als "Kapitalismus" zu bezeichnen (eine Bezeichnung, die übrigens etliche ORF-Menschen noch immer verwenden). Dort durfte die Bundesrepublik Deutschland nie mit ihrem Namen, sondern nur als "BRD" bezeichnet werden (diese im Westen damals ungebräuchliche Abkürzung, die etwa einem "RÖ" für Republik Österreich oder "RI" für Italien entsprechen würde, wird bis heute von manchen Linken demonstrativ verwendet), die DDR hingegen nie als "Ostdeutschland". Dort wurde die Demokratie verbal sogar zur "Volksdemokratie" potenziert, hatte aber in Wahrheit jede Ähnlichkeit mit einer Demokratie verloren. Und so weiter. Davor hatten auch schon die Nazis Unmengen von Sprachverbrechen begangen, wie jeder in den "Alpen- und Donaugauen" gewusst hat, zu denen er keinesfalls mehr "Österreich" sagen durfte.

Zurück zum ORF: Nun können wir gespannt sein, ob der neue ORF-Chef diese Gleichschaltung beendet. Wobei freilich nicht klar ist, ob er das Problem überhaupt begriffen hat. Er redet nur von noch mehr Geld und noch mehr Rechten für den ORF, insbesondere zur Eroberung auch des digitalen Raumes unter Missbrauch der Zwangsgebühren. Ich kenne hingegen keine einzige Aussage von ihm, mit der er gezeigt hätte, dass ihm die Konsumenten, die Seher und Hörer, irgendwie wichtig wären; oder dass er weiß, wie sehr die ORF-Information qualitativ im Argen liegt.

Roland Weißmann hätte jetzt jedenfalls zwei Möglichkeiten:

  1. Er könnte als weisungsbefugter Chef anordnen, dass im ORF (außer natürlich in fremdsprachigen Sendungen) wieder Deutsch geredet wird. Ein Vollblut-Medienmann wie Gerd Bacher hätte garantiert bereits am ersten Tag seiner Amtszeit eine solche Weisung gegeben. Die rechtliche Kompetenz zu einer solchen Weisung hätte Weißmann eindeutig. Was man ja auch schon daran sehen kann, dass mit absoluter Sicherheit gegen den Willen von Wrabetz nie und nimmer die schlagartige Abschaffung der deutschen Sprache passieren hätte können.
  2. Weißmann könnte den Redakteuren aber auch einfach die Unabhängigkeit und Freiheit (zurück)geben, selbst zu entscheiden, ob sie wieder Deutsch sprechen wollen. Auch wenn es angesichts des Gleichschaltungsterrors der letzten Jahre nicht mehr viele sein werden, so dürfte es doch noch einige Redakteure im ORF geben, die den Mut dazu haben werden, die Freiheit, richtiges Deutsch zu sprechen, in Anspruch zu nehmen. Sie werden es zumindest dann tun, wenn sie wissen, dass ihnen der oberste Chef den Rücken gegen alle Versuche freihält, ihre Unabhängigkeit einzuschränken.

Oder ist dort überhaupt niemand mehr Mann oder Frau genug, um sich gegen das dann zweifellos einsetzende Gekreische der innerredaktionellen Genderpolizistinnen und weiblichen wie männlichen Politkommissare zu behaupten?

Das Gendern ist keineswegs nur eine sprachliche Winzigkeit, eine weitere feministische Skurrilität, über die man bloß zu lachen braucht. Es ist in Wahrheit auch etwas zutiefst Undemokratisches. Es nimmt den Bürgern, eigentlich laut Verfassung der Souverän dieses Staates, sogar die eigene Sprache. Und es zeigt die immer aggressivere Entschlossenheit eines großen Teil der Journalisten, die Bürger von oben totalitär umzuerziehen, statt sie, wie es eigentlich die gesetzliche Pflicht gerade eines Zwangsgebührenfunks wäre, (nur) zu informieren und unterhalten.

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung