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Ein Opportunist namens Sünkel und wo Kurz wirklich zu tadeln wäre

Ein Grazer Altrektor namens Hans Sünkel hat Sebastian Kurz öffentlich gerügt. Das ist natürlich sein Recht. Aus dem Stegreif fallen mir gleich acht sehr gravierende Bereiche ein, bei denen Kurz tatsächlich fundamental zu kritisieren ist. Aber die Kritik des Herrn Sünkel ist nur albernes, peinliches und letztlich undemokratisches Grüngewäsch.

Zuvor aber seien jene Bereiche aufgezählt, in denen der Bundeskanzler tatsächlich völlig falsch unterwegs ist und wo man ihn nicht oft genug kritisieren muss:

  • Das ist erstens die Tatsache, dass er sein einstiges Engagement für die direkte Demokratie total vergessen hat (obwohl diese die einzige wirklich gegen Elitendiktaturen resistente Form der Demokratie ist und obwohl sie überdies in vielen Bereichen die stärkste Verbündete der Konservativen wäre).
  • Das ist zweitens der Umstand, dass Kurz nicht bereit ist, an die Zwangsgebühren zu rühren, welche die Österreicher zwingen, den in allen Redaktionen linksradikal gewordenen ORF jahraus, jahrein zu finanzieren (dabei wird ja Kurz absurderweise auch selber fast täglich Opfer dieser Ideologie-Kampfmaschine).
  • Das ist drittens der Abschluss einer Koalition der ÖVP mit jener Partei, die in allen Inhalten von der ÖVP und ihren Wählern am weitesten entfernt ist (worüber nur der sektorale Konsens bei der Bekämpfung der Pandemie eine Zeit lang hinwegtäuschen hat können).
  • Das ist viertens der Umstand, dass die ÖVP und damit auch Kurz bei der Erstellung der ÖVP-Abgeordnetenliste völlig auf die Abdeckung wichtiger Sachkompetenzen vergessen haben, wie die aller wichtigen Rechtsgebiete (vom Verfassungs- bis zum Strafrecht), wie des gesamten Bereichs der (von der Linken ja ständig instrumentalisierten) Zeitgeschichte, wie der Kultur, wie der kulturellen, politischen, wirtschaftlichen und emotionalen Beziehungen zu Mittel- und Osteuropa. Dafür hat bei ihm ein in jeder Frage gegen die ÖVP kampagnisierender Mann wie Othmar Karas absurderweise wieder ein Mandat bekommen.
  • Das ist fünftens der völlige Verzicht auf nachhaltige Reformen im Pensionssystem, weshalb auf unsere Nachfahren unerträgliche Lasten zukommen werden (dabei sind die Pensionen ein Thema, bei dem sich die ÖVP vor 20 Jahren noch große Lorbeeren erworben hatte).
  • Das ist sechstens der Verzicht auf Solidarität mit den für Österreich so wichtigen mitteleuropäischen Nachbarn von Polen über Ungarn bis nach Slowenien, obwohl die alle eine Politik ganz auf der Linie der ÖVP-Wähler betreiben, von der Familienfreundlichkeit bis zur Ablehnung der Migration.
  • Siebentens zeigt (auch) Kurz kein Engagement für die Meinungsfreiheit, obwohl diese  eigentlich das zentrale Wertfundament unserer gesamten Grundrechtsordnung ist, obwohl diese ständig von linken Anti-Hass- und Political-Correctness-Kampagnen immer weiter eingeschränkt wird.
  • Und das ist achtens die Totalabsage an eine weitere Privatisierung der vielen unnötigen Staatsbetriebe; dabei war Privatisierung zumindest unter Wolfgang Schüssel "der" Eckpfeiler der ÖVP-Politik (welch Ironie des Schicksals, dass Kurz jetzt ausgerechnet wegen Personalbesetzungen im Bereich dieser Staatsbetriebe ins Kreuzfeuer gekommen ist).

Das ändert aber nichts an den wirklich großen Verdiensten des Sebastian Kurz, die insgesamt für ihn sprechen. Um nur einige Beispiele zu nennen:

  • die Energie, mit der er die ÖVP in Sachen Migration wieder auf den richtigen Kurs gebracht hat;
  • der – leider nur marginal erfolgreiche – Widerstand gegen die gigantische Schuldenaufnahme durch die EU, die laut EU-Vertrag eigentlich verboten ist (und die im jetzigen Nach-Corona-Boom die Inflation schon gewaltig anheizt);
  • die komplette Verräumung des Themas Gesamtschule;
  • oder der Mut, die roten Netzwerke in Teilen der Staatsanwaltschaft zu kritisieren (auch wenn sich diese jetzt infam an ihm rächen), die in diesem Tagebuch schon seit Jahren kritisiert werden.

Kurz hatte zuletzt auch völlig Recht, als er die totalitären Verzichts- und Verbotswünsche der Grünen im Zeichen der angeblich notwendigen Rettung des Planeten deutlich als ein "Zurück in die Steinzeit" zu kritisieren wagte. Das hat jedoch den Grazer Altrektor Hans Sünkel, einen einstigen Vermessungsspezialisten, so in Rage gebracht, dass er Kurz jetzt in einem "Offenen Brief" frontal attackiert hat. Sünkel fordert wie die Grünen eine "Verhaltensänderung unserer Gesellschaft in Form von bewusstem Verzicht auf Verzichtbares".

Und er zählt auf, was er damit meint: "Konsum von Lebensmitteln, die den halben Erdball umrunden, bevor sie in unseren Mägen landen, die steigende Nachfrage nach energiehungrigen SUVs, Kreuzfahrten mit den fossilen marinen Monstern, der schnelle vorweihnachtliche Shoppingtrip nach New York, der Flug zum Golfspielen nach Südafrika oder zum Heli-Skiing nach Kanada."

Diese Intervention ist ein typisches Beispiel von ideologischer Propaganda ohne jeden Realitätsbezug. "Ach, es geht ja nur um die Helikopter-Skifahrer in Kanada und die Golfspieler in Südafrika, sagt die Wissenschaft": Das werden sich da jene 99,99 Prozent der Österreicher denken, die das nie in ihrem Leben tun. "Da haben wir wirklich kein Problem, für deren Verbot zu sein, wenn das den Planeten rettet".

Sünkel zeigt damit in Wahrheit jedoch (wieder einmal), wie unsachlich und untergriffig oft jene sind, die sich "Wissenschaftler" nennen, auch wenn deren linker Teil von schwänzenden Schülerinnen und allen Linksmedien zur Ehre der Altäre erhoben worden ist. Denn:

  1. Mit den von ihm angeführten Nebensächlichkeiten lässt sich nie und nimmer die von der EU angeordnete 55-prozentige Reduktion der Emissionen erreichen.
  2. Die Grünen fordern schon jetzt viel härtere Dinge als das, was Sünkel da propagandistisch verharmlosend aufzählt. So war der konkrete Anlass der Kurz-Äußerung ja der grüne Baustopp für eigentlich schon beschlossene und genehmigte Straßenbauprojekte, die katastrophale Stauzonen entlasten würden, etwa am österreichischen Bodensee-Ufer (wo der deutsch-Schweizer Verkehr durchgeht), etwa bei der Wiener "Tangente" (die den gesamten mitteleuropäischen Verkehr quer durch die Hauptstadt führt).
  3. Sünkel ignoriert auch, dass die grünen Forderungen unweigerlich auf eine dramatische Verteuerung der Treibstoff- wie auch Auto-Anschaffungskosten hinauslaufen, die keineswegs nur die SUV-Besitzer treffen wird (von denen viele übrigens nur deshalb ein Fahrzeug mit Vierrad-Antrieb haben, weil ihr Heim nur über steile und im Winter problematische Zufahrten erreichbar ist, und nicht bloß um an Unis oder bei Gucci-Shops vorzufahren). Daher werden die vielen hunderttausend Pendler ein Hauptopfer der grünen Politik, die gar keine Alternative haben als das Auto, um an ihren Arbeitsplatz zu kommen.
  4. Jene, die sich das Pendeln nicht mehr leisten werden können, stehen freilich noch gut da im Vergleich zu jenen, die wegen der Klimarettung ihre Arbeitsplätze gleich ganz verlieren, weil viele Industriebetriebe nicht mehr in Österreich oder der EU produzieren werden, da sie die Kosten für die Emissionsgebühren nicht mehr tragen können, und da es den – gerade für Österreich so wichtigen – Exportmärkten völlig egal ist, dass die hiesigen Produkte nur deshalb so viel teurer werden, weil bei ihrer Herstellung (angeblich) auch gleich das Klima gerettet wird.
  5. Sünkel teilt uns auch nicht mit, woher denn der zusätzliche Strom kommen soll, der allein für all die E-Autos notwendig sein wird.
  6. Er kann uns nicht einmal mitteilen, wie Europa den jetzigen Strom produzieren soll, wenn alle Kohle- und Gaskraftwerke gemäß den Wünschen der Grünen zugesperrt werden müssen, die jetzt noch Elektronen durch die Leitungen schicken.
  7. Er wäre wenigstens deutlich ehrlicher gewesen, wenn er gesagt hätte: "Grüne, denkt um, wenn ihr wirklich die CO2-Emissionen reduzieren wollt, dann führt um Atomkraftwerke kein Weg herum!"
  8. Für die meisten Österreicher ist es eine unerträgliche Perspektive, wenn die Natur des ganzen Landes (und damit auch die wichtigste Einnahmequelle des Tourismus) überall von Windmühl-Parks und quadratkilometergroßen Solarpaneel-Feldern übersät wird. Aber wahrscheinlich sind ästhetische und emotionale Fragen einem Universitätsprofessor für das Vermessungswesen ebenso wurscht wie ökonomische.
  9. Gerade Rektoren sind verantwortlich dafür, dass an den Universitäten praktisch all jene Wissenschaftler auf Karrierechancen verzichten haben müssen, die die Global-Warming-Doktrin bezweifeln – obwohl echte Wissenschaft eigentlich immer in einer ehrlich und auf Augenhöhe ausgetragenen Konfrontation unterschiedlicher Meinungen bestehen sollte.
  10. Selbst wenn die derzeit tonangebenden Global-Warming-Thesen der Linken und der EU stimmen sollten, und selbst wenn die EU alle Emissionen zu 100 Prozent eliminieren könnte, ist es für das Weltklima völlig irrelevant, was die EU-Länder tun. Sind sie doch zusammen nur für acht Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Und wird doch in China und Umgebung auch heute noch heftig an weiteren Kohlekraftwerken gebaut.
  11. Rätselhaft ist auch, wie ein seriöser Wissenschaftler das Faktum ignorieren kann, dass die Erde schon viel höhere Temperaturen als die derzeit als Weltuntergang prophezeiten erlebt hat, und dass Warmzeiten für Säugetiere und Menschen immer sehr positive Perioden gewesen sind (man schaue etwa auch, welche gewaltigen Teile der Nordhalbkugel derzeit unter Permafrost leiden und daher menschenleer sind, die bei einer Erwärmung viel besser bewohnbar wären).
  12. Wie viele andere auf der modischen Klima-Welle schwimmenden Wissenschaftler legt auch Sünkel keine Beweise vor, dass die – zweifellos stattfindende – leichte Klimaerwärmung menschengemacht ist.
  13. Im übrigen zeigen gerade die Meeresspiegel keineswegs jenes kräftige Steigen, das bei einem Zutreffen der Global-Warming-Doktrin schon im 19. Jahrhundert begonnen haben müsste.
  14. Viele vernünftige Stimmen sagen, dass es völlig unrealistisch ist, die Menschen zu dem von den Grünen gewünschten einschneidenden Maßnahmen zwingen zu wollen, es sei denn, man errichtet eine Ökodiktatur mit möglicherweise – wie alle früheren totalitären Systeme – neuerlich Millionen Toten, die diesmal halt nicht im Dienst der Herrschaft der "Arbeiter- und Bauernklasse" oder des "deutschen Herrenmenschen", sondern der "Rettung der ganzen Erde" leiden und sterben dürfen.
  15. Ebenfalls nur mit einer totalitären Diktatur werden sich die von Sünkel kritisierten Golf-, Kreuzfahrt- und Helikopter-Touren in anderen Kontinenten verbieten lassen. Das geht nämlich nur, wenn alle Welt mitmacht, was aber die daran verdienenden Länder wohl nie werden; oder aber wenn alle Österreicher oder Europäer wie einst im Kommunismus hinter Stacheldrahtverhauen eingesperrt werden. Dann können sie in der Tat nicht nach Kanada zum Heli-Skiing fahren.
  16. Ich habe jetzt unsere privaten Einkaufszettel durchgeschaut. Bis auf Bananen war da mit Sicherheit nichts dabei, was vorher "den halben Erdball umrundet" hätte (ohne dass wir krampfhaft auf politisch-korrektes Einkaufen achten würden). Sollte aber der Herr Altrektor meinen, dass künftig in Graz Bananen angepflanzt werden sollen, damit sie nicht so weit reisen müssen, dann würde das viel mehr (Wärme-)Energie kosten als der Transport aus anderen Erdteilen.
  17. Freilich gibt es in Europa schon eine Tradition im Verzicht auf Bananen als "verzichtbares" Gut: Das war zwar nicht nur in der Steinzeit der Fall, sondern auch im Krieg oder Kommunismus. Man sollte nur die Dinge beim Namen nennen.
  18. Was Sünkel weiters völlig ignoriert: Wenn die Dritte Welt keine Produkte "um den halben Erdball" mehr transportieren darf, dann trifft das nicht nur unseren Wohlstand, sondern noch viel mehr die Chancen der Dritten Welt, aus der Unterentwicklung mit alle ihren Nöten herauszukommen.
  19. Bei vielen Menschen kommt die grüne Klimapolitik als typische Oberschicht-Arroganz an, die keine Ahnung von den Problemen und Lebenssituationen derer da unten hat, derer im Norden wie derer im Süden. Oder haben will.
  20. Einen Vorgeschmack auf die Reaktionen der da unten hat Frankreich schon mit den Gelbwesten erlebt, als der Präsident des Klimas wegen die Treibstoffkosten hinaufschnalzen wollte, und das Land daraufhin von schweren Unruhen erschüttert worden ist.

All diese Dinge sollte auch ein Universitätsprofessor für Landvermessung im Auge haben, wenn er sich öffentlich äußert. Und wenn er außer bei den grün-affinen Medien ernst genommen werden will.

PS: All diese angeführten Überlegungen gehen überhaupt nicht darauf ein, ob die auch von Kurz angesprochene Wasserstofftechnologie wirklich zum globalen Wundermittel werden kann. Schön wäre es. Aber ich höre diese Utopie schon viel zu lange, sehe viel zu viele offene Fragen, um mich noch sonderlich darauf verlassen zu wollen.

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