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Das ist nichts anderes als eine versteckt lodernde Staatskrise, was man da bei der Untersuchung der Frage entdeckt, wem die Österreicher vertrauen, und wem sie misstrauen. Eine neue Studie zeigt sowohl für Justiz als auch für Parlament und Regierung katastrophale Werte, also für die Repräsentanten gleich aller drei klassischen Staatsgewalten. Bei allen zeigt die jüngste Studie sogar noch eine Verschlechterung gegenüber den Werten von zwei Jahren davor. Das gibt intensiv zu denken. Das müsste heftige Diskussionen auslösen – wird es aber nicht. Denn ausgerechnet jene, die theoretisch prädestiniert wären, eine solche Diskussion zu führen, genießen noch weniger Vertrauen als Justiz, Parlament und Regierung. Das wären die Medien, die sich gerne als "vierte Staatsgewalt" ausgeben. Sie werden daher dem Vertrauensthema aus dem Weg gehen und die Studie rasch wieder verräumen. Oder so wie der ORF gleich ganz ignorieren, der sich stattdessen des Breiten mit grünen Schwachsinnigkeiten wie einem "Welterschöpfungstag" befasst.
Absolut faszinierend ist, wem die Österreicher das weitaus meiste Vertrauen schenken, und das seit vielen Jahren bei allen diesbezüglichen Studien: Das ist die Polizei. Sie genießt einen gewaltigen Vertrauensindex von 53 Prozent. Dieser Wert bedeutet konkret: Der Anteil jener Österreicher, die Vertrauen in die Polizei haben, ist um 53 Prozentpunkte größer als der Anteil jener, die sagt, kein Vertrauen zu ihr zu haben. Die Polizei kann sich gleich auch noch ein zweites Positivum an die Uniformkappe stecken: Ihr Index ist gegenüber einer vergleichbaren Umfrage vor zwei Jahren um weitere 7 Punkte gestiegen.
Dieser Erfolg der Polizei ähnelt dem Spitzenplatz einer anderen Institution bei der Reihung der Ergebnisse danach, wer unter mehr als 30 von OGM abgefragten Organisationen den größten relativen Zuwachs gegenüber einer gleichlautenden Umfrage vor zwei Jahren erzielt hat: Das ist das Bundesheer. Sein Vertrauensindex liegt zwar mit 32 "nur" an siebenter Stelle. Er hat aber um nicht weniger als 18 Punkte zugenommen.
Die Vertrauenserfolge von Polizei wie Heer sind mehr als auffällig: Die Österreicher vertrauen ganz massiv jenen, die zum Schutz der Staatsbürger Waffen tragen. Sie vertrauen hingegen nur sehr wenig Regierung und Opposition, also jenen, die sie eigentlich selbst gewählt haben. Und sie vertrauen schon gar nicht jenen, die sich verbal alltäglich selbst zum Richter über alle anderen machen. Und sie vertrauen überdies (auch das schon seit Jahren) auffallend wenig der Justiz dieses Landes, und diesmal noch deutlich weniger als zuletzt.
Eigentlich ähnelt das einem Vertrauensbild aus anderen Ländern, die knapp vor einem Militärputsch stehen. Gewiss ist hierzulande keine solche Gefahr zu sehen. Aber dennoch sollten solche Umfragen alle Alarmglocken läuten lassen, statt ignoriert zu werden. Denn Vertrauen ist die wichtigste Voraussetzung für Demokratie und Rechtsstaat. Wenn diese fehlt, wenn Vertrauen nur noch zur bewaffneten Macht (und mit leichten Dellen zum Bundespräsidenten) besteht, dann steht die Republik auf tönernen Füßen.
Das ist umso bedrückender, als auch die einst wichtigste moralische und sinnstiftende Institution der Republik ganz tief in der Krise steckt und immer tiefer in diese sinkt: Das ist die katholische Kirche. Bei ihr überwiegt das Misstrauen das Vertrauen sogar um beklemmende 19 Prozentpunkte.
Zu etlichen Einzelergebnissen gibt es ganz gute Erklärungen:
Doch das sind alles Fußnoten, die nicht über die eingangs angesprochene Systemkrise hinwegtäuschen können. Es wäre vor allem fatal, wenn die kritisierten Institutionen und ihre Repräsentanten jetzt nicht selbstkritisch darüber nachdenken würden, was wir auch konkret an unserem verfassungsrechtlichen Gefüge ändern sollten.
Zu diesen konkreten Schritten müsste etwa gehören:
In der Folge die komplette Liste der staatlichen und gesamtgesellschaftlichen Organisationen, die vom OGM-Vertrauensindex erfasst worden sind. Die erste Zahl bedeutet immer den Saldo zwischen den Angaben "Habe Vertrauen zu …" und "Habe kein Vertrauen zu ….". Die zweite Zahl ist jeweils die prozentuelle Veränderung gegenüber dem Vertrauensindex von 2019:
Polizei 53 +7
Verfassungsgerichtshof 45 0
Arbeiterkammer 44 +1
Bundespräsident 41 -3
Rechnungshof 41 +3
Universitäten 39 -1
Bundesheer 32 +1
Finanzämter 31 +9
Schulen 27 +7
Krankenkassen 24 +11
Statistik Austria 23 +2
Arbeitsmarktservice 21 +12
(Mein) Gemeinderat 21 -1
Staatliche Pensionsvers. 21 +10
Gewerkschaftsbund 19 +9
Nationalbank 18 +6
(Meine) Landesregierung 14 +3
Wirtschaftskammer 12 -1
Justiz 9 -5
Jugendämter 5 +10
Landwirtschaftskammer 4 -1
Parlament 4 -3
Finanzmarktaufsicht 1 +7
EU -5 +3
Opposition -5 +8
Industriellenvereinigung -9 +4
Banken -13 -1
Regierung -17 -5
katholische Kirche -19 -5
Medien, Verlage -20 +14
Versicherungen -23 +9