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Die regelmäßigen Dauerstaus auf der Wiener "Tangente" – die bekanntlich keine Tangente im geometrischen Sinn ist, sondern eine quer durch die Stadt führende Autobahn – werden zum politischen Fanal. Mit der Anordnung der grünen Verkehrsministerin Gewessler, sämtliche neuen Autobahnprojekte zu stoppen, ist auch die Fertigstellung der Wiener Außenringumfahrung gestoppt, deren Bau die einzige Chance wäre, diese Tangente zu entlasten. Das schürt nun nicht nur den Zorn der Wähler, sondern bringt auch gleich zwei Parteien in heikle Probleme, zwei anderen jedoch etwas Oberluft.
Das größte Problem haben sicher die Grünen. Denn für die Masse der Wähler wird mit jeder solchen Aktion klarer, dass die skurrile und an billige Science-Fiction-Hefte erinnernde Verschwörungstheorie der Grünen, den Planeten gegen das Verbrutzeln retten zu müssen, weit schlimmer für die Menschen ist als eine lustige Zeitgeist-Marotte. Die Bürger erkennen immer mehr, wie sehr die Grünen, unter Berufung auf diese Marotte, ihr Leben zu schikanieren beabsichtigen. Was umso provozierender ist, als die oft als schikanös empfundenen Freiheitseinschränkungen durch die (freilich weitgehend notwendig gewesenen) Corona-Maßnahmen noch gar nicht ganz vorbei sind.
Die Planetenrettung belastet die Bürger zunehmend finanziell. Sie nimmt ihnen darüber hinaus viel an Lebensqualität. Im konkreten Fall insbesondere an Zeit, welche die Autofahrer immer länger im Stau verbringen müssen. Ohne dass deswegen die Temperatur des Planeten auch nur um ein Tausendstel Grad kühler würde. Ganz im Gegenteil: Die im Stau laufenden Motoren sorgen zumindest lokal für noch mehr Aufheizung.
Gewiss: Für jene Menschen, die nur mit dem Fahrrad zwischen dem 1. und 7. Bezirk Wiens verkehren, die in aller Regel vom Steuergeld der anderen leben (als Angehörige der Kultur-, Medien- oder Studentenszene), ist auch diese neueste Amokaktion der Grünen kein Problem. Ihnen ist völlig egal, dass diese Autobahn mitten durch Wien nicht nur dem Wiener Stadtverkehr dient, nicht nur für halb Niederösterreich lebenswichtig ist, sondern auch für einen guten Teil des sich am dynamischsten entwickelnden Raums Europas. Der Boom zwischen Tschechien, Polen und dem gesamten Baltikum (die nach der erhofften Wende in Belarus von allen erwartet wird) wird für immer mehr Verkehr sorgen: Von den Lkw-Fahrten der dortigen Wirtschaft bis zu den millionenfachen Urlaubsreisen Richtung Mittelmeer wird alles dauerhaft quer durch Wien geführt.
Dieses Njet zur Ostumfahrung Wiens ist für das Agieren der Grünen paradigmatisch. Es fügt sich nahtlos zu zahllosen anderen Anschlägen auf Autofahrer, Häuslbauer und vor allem Wirtschaftsunternehmen.
Dieses Agieren stellt die Grünen freilich vor die zentrale strategische Frage: Wollen sie eine Kleinpartei mit einer kaum über die ideologischen Radfahrer, NGO-Funktionäre, Linksextremisten und weltfremde Gutmenschen hinausgehende Klientel bleiben oder wollen sie angesichts der Verkalkung der SPÖ zur dominierenden Partei auf der Linken werden? Genau diese hoffnungsvolle Perspektive hatten die Grünen ja zuletzt in Deutschland für ein paar Wochen sehr konkret hegen können, bevor sich die adrette grüne "Kanzlerkandidatin" Baerbock rasch nach ihrer Nominierung durch Aufschneidereien, Plagiate und Dummheiten selbst entzaubert hat.
Untrennbar mit dieser Frage verbunden ist für die Grünen auch eine genauso schwierige zweite Frage: Können sie ihrem linksradikal-ideologischen Flügel wie auch den naiven Planetenrettern zumuten, dass sie im Herbst nach dem "Evaluieren" des (in Wahrheit ja seit Jahrzehnten bis ins Detail bekannten) Problems Tangente-Ostumfahrung klein beigeben und dass dann weitergebaut werden kann? Anders formuliert: Verkraftet dieser Flügel die allzu rasche Einkehr der wirklichen Welt in die doch so schöne linksgrüne Traumlandschaft?
Für die zuletzt von schweren inneren Turbulenzen geschüttelten Roten und Blauen ist das Ganze umgekehrt ein aufgelegter Elfmeter. So kann vor allem die Wiener SPÖ jetzt mit Stolz trommeln, dass sie genau wegen dieser Anti-Autopolitik der Grünen die Rathauskoalition mit ihnen aufgekündigt hat. Allen Wienern ist noch gut in Erinnerung, wie eine Grün-Stadträtin wichtige Straßenzüge zur Hälfte für Radfahrer reserviert hatte, wo man dann endlose Autostaus und nur wenige Radfahrer gesehen hat.
Damit kann die SPÖ vielleicht auch übertünchen, wie sehr sie selber des Bürger-Schikanierens schuldig ist. Einige Beispiele:
Noch unbehinderter können die Freiheitlichen gegen den Baustopp für die Ostumfahrung protestieren. Von ihnen – aber im Prinzip auch von der SPÖ – ist insbesondere zu erwarten, dass sie die Kritik an den Baustopp-Plänen der Frau Gewessler umgehend in eine Attacke auf die ÖVP verwandeln werden. Etwa mit der Argumentationskette: "Hätte Kurz nicht die regierungsunfähigen Grünen in die Regierungskoalition geholt, dann wären uns die grünen Schikanen erspart geblieben." Damit würden die Freiheitlichen die politische Attacke auch gleich auf ihren verhassten Lieblingsfeind Kurz umpolen, während ihnen Gewessler reichlich wurscht ist ...
Die ÖVP muss also jetzt eine neue schwierige Verteidigungsfront aufmachen, in der es um die unmittelbaren Interessen von zumindest einigen hunderttausend Wählern geht. Dabei war und ist sie eigentlich genauso wie die Blauen eine Autofahrer-Partei. Neben den für beide Parteien wichtigen Anliegen der Wiener Wähler kommen für die ÖVP bei der Ostumfahrung auch die für sie besonders wichtigen Nöte der Niederösterreicher und der Wirtschaft hinzu.
Aber die ÖVP steckt eben in einer Koalition mit diesen Grünen. Bei jeder einzelnen der grünen Schikanen zur "Planetenrettung" – der bekannten wie auch der vielen noch kommenden – muss sie sich daher vorhalten lassen, dass diese erwartbar gewesen sind. Sie sind den Grünen sogar ausdrücklich zugestanden worden, als man ihnen nach der Infantil-Devise "Das Beste aus zwei Welten" diese Hälfte der österreichischen Welt zugestanden hatte.
Es zeigt sich jedoch von Tag zu Tag mehr, dass man mit einer so skurrilen These kein Land regieren kann. Denn für die ÖVP bedeutet sie: Die Radfahrerpartei kann ständig ungehindert alle (also auch die ÖVP-Wähler) schikanieren, während es für die ÖVP-Welt "Migrationsabwehr" zu keiner einzigen Maßnahme auch nur andeutungsweise einen Konsens gibt. Zugleich lehnen die Grünen alle Gesetze ab, die den Asylmissbrauch reduzieren und die Abschiebungen erleichtern können.
Ganz im Gegenteil: Sie haben gerade erst wieder als einzige Partei ein Urteil eines Verwaltungsgerichts bejubelt, das die Polizei verurteilt, weil sie illegale Migranten (aus Marokko!) durch ein sogenanntes "Push Back" ins ebenso sichere EU-Land Slowenien zurückgewiesen hat, obwohl diese angeblich das Wort "Asyl" ausgerufen haben. Genau solche "Push Backs" machen auch viele andere Länder von Griechenland quer über den ganzen Südosten Europas, ohne dass ihnen eine Behörde oder ein Gericht des eigenen Landes in den Rücken fallen würde.
Österreichs Exekutive wird hingegen von Verwaltungsgerichten (die sich offenbar täglich selbst bemühen, in ein noch schieferes Licht zu geraten) und einer Regierungspartei dabei behindert, die Interessen der Republik zu schützen. Dabei bräuchte es eigentlich klare Gesetze, die der Exekutive bei dieser schwierigen Aufgabe den Rücken stärken, die sowohl aktive Push Backs an den Grenzen zu sicheren Drittländern erlauben (die Österreich ja rundum umgeben!), als auch die Pflicht, jeder rechtskräftigen Asylablehnung eine Aufnahme in die Schubhaft folgen zu lassen. Die slowenische Polizei wird hingegen in ihrem Land vor kein Gericht gestellt, weil sie die Marokkaner gleich umgehend weiter nach Kroatien geschoben hat.
Damit diktieren im Grunde die Grünen in beiden Welten das Geschehen: Sie behindern den Fertigbau wichtiger Projekte ebenso wie wirksame Gesetze gegen die illegale Migration. Beides macht die koalitionäre Lage für die Volkspartei immer schwieriger: Wie will sie das alles ihren Wählern erklären?
PS: Nur scheinbar ohne Zusammenhang mit den grünen Autobahndummheiten steht eine Nachricht aus der Welt der Wirtschaft: Die Regenbogenfirma VW hat ihre Sportwagentochter Bugatti verkaufen müssen – an ein kroatisches Unternehmen. Das ist ein weiterer der vielen (in der österreichischen Überheblichkeit allerdings ständig verdrängten) Beweise, wie dynamisch der Raum der postkommunistischen Länder in einem Halbkreis rund um Ostösterreich geworden ist. Dabei ist Wien für diesen Raum eigentlich die zentrale (auch: Verkehrs-) Drehscheibe. Aber die Grünen wollen, statt diese Entwicklung positiv zu nutzen, Österreich lieber in eine Schrebergartenidylle verwandeln …