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Europa weiß es, die USA wollen es noch nicht wissen. Aber es ist dennoch Faktum und sollte daher ohne Verklausulierung und Beschönigung ausgesprochen werden: Der Islam ist Sieger über den Westen. Der weitgehende Abzug aller westlichen Kräfte aus Afghanistan mit eingezogenem Schwanz nach zwanzig Jahren ist der eindeutige Beweis dafür. Das Land fällt damit unweigerlich an die radikalislamistischen Taliban, die sogar mit den Flugzeugterroristen vom 11. September kooperiert haben. Gleichzeitig hat auch Frankreich seinen Rückzug aus der Sahelzone angetreten, wo es lange mehreren Ländern gegen die dortigen Islamisten beizustehen versucht hatte. Diese Siege des Islam können gar nicht ernst genug genommen werden. Denn zugleich gibt es nur wenig Hoffnung, dass es mit dem Westen nicht noch viel weiter bergab gehen wird – lediglich für Mittelosteuropa kann man auf eine zeitweilige regionale Ausnahme hoffen. Wenn man die großen welthistorischen Linien beobachtet, scheint aber auch der islamische Sieg kein dauerhafter zu sein.
Darauf deutet schon einmal der innere Zustand der islamischen Welt hin. Diese liegt in allen Vergleichsparametern in praktisch allen islamischen Ländern weit hinter dem Rest der Welt zurück: bei der Bildung, bei der Wirtschaft (wenn man die Profite durch die Öl- und Gasschätze einiger islamischer Länder beiseitelässt), in Wissenschaft und Forschung, in Sachen staatsbürgerlicher Solidarität. All diese Defizite haben mit der kulturellen Prägung durch diese Religion zu tun.
Damit haben aber auch jene zwei Dimensionen zu tun, bei denen die islamische Welt die besten Karten in der Hand hat: Erstens durch ihre gewaltige Geburtenfreudigkeit und zweitens durch die große Zahl entschlossener junger Männer, die durch den Islam motiviert und aus persönlicher Alternativlosigkeit angesichts der eigenen wirtschaftlichen Not in den Kampf und auch den Tod zu gehen bereit sind. Der Sieg der Taliban in Afghanistan beweist das in konzentrierter Form, obwohl ihre mittelalterliche Struktur gegen die technologisch hochüberlegenen Westmächte anfangs chancenlos gewesen zu sein schien.
Die Liste der Gründe, warum der Westen trotz all seiner Triumphe im letzten Jahrtausend heute gegenüber dieser islamischen Welt auf einer Verliererstraße ohne Rückkehrmöglichkeit stehen dürfte, ist schier unendlich. Daher nur einige Stichworte aus dieser Liste:
Nur zwei Daten, die die Folgen dieser dramatischen Fehler beweisen, aus der Stadt Wien:
Wer diese Zahlen nicht lesen kann, ist vermutlich körperlich oder geistig erblindet.
Dennoch wäre es naiv und rein eurozentristisch gedacht, wenn man meint, damit hätte sich der Islam auch schon dauerhaft den globalen Sieg gesichert. Denn die Milliardenvölker im Süden und Osten Asiens wollen den islamischen Vormarsch keineswegs tatenlos hinnehmen. Vor allem in China nicht.
Wir sehen die Chinesen heute nur in der wirtschaftlichen Konkurrenzschlacht vor allem mit den USA und Europa (wobei unsere Niederlage fix sein dürfte, weil wir seit den 80er Jahren aus Kurzsichtigkeit die chinesischen Kriegskassen gut gefüllt haben). Wir sehen China mit großer Brutalität gegen Minderheiten wie die unterjochten Tibetaner und gegen jeden Hauch einer Demokratiebewegung kämpfen. Aber China kämpft mit noch viel größerer Energie, die zu Recht auch schon als Genozid, als Völkermord bezeichnet wird, gegen die islamische Minderheit der Uiguren.
China sieht in seinen Weltherrschaftsträumen den Islam als langfristig noch viel gefährlicheren Feind denn Demokratie, Freiheitsforderungen und Tibetaner. Es scheint fast unvermeidlich, dass in Zukunft diese Konfrontation zwischen islamischer und chinesischer Welt immer weiter eskaliert.
Man sollte aber keinesfalls auf eine andere große Nation vergessen, Und das ist Indien. Dieses wird in wenigen Jahren (als Folge der einstigen Ein-Kind-Politik Chinas) überhaupt zum einwohnerstärksten Land der Welt werden. Viele haben zwar Indien noch als gigantische Armutsregion im Kopf. Aber das ist weitgehend Geschichte. Heute hat Indien den Sozialismus und die Russlandfreundlichkeit der Indira Gandhi aufgegeben und ist voll auf die Marktwirtschaft aufgesprungen. Sein Durchschnittsalter ist mehr als ein Jahrzehnt niedriger als das Chinas, was das Land mit absoluter Sicherheit auch wirtschaftlich immer mehr auf die Überholspur bringt, auch wenn Indien vorerst nur ein Fünftel der chinesischen Wirtschaftsleistung aufweist.
Indien hat seit der Zeit der Mogulherrschaft eine Moslembevölkerung von rund 14 Prozent. Aber zum Unterschied von den Europäern fällt in Indien auch die (hinduistische) Mehrheitsbevölkerung in Sachen Geburtenfreudigkeit nicht zurück. Und vor allem steht Indien seit Ende der Kolonialzeit in einem heftigen Konflikt mit dem früher ebenfalls zu Indien gehörenden islamischen Pakistan, ist daher für viele Moslems a priori ein zu bekämpfender Feind. Indien ist trotz seiner oft chaotischen Vielfalt, trotz der (wie in China) schrecklichen Verbrechen der gezielten Massenabtreibung von Mädchen, eine Demokratie mit Teilelementen eines funktionierenden Rechtsstaats. Und es ist zu einem eindeutig prowestlichen Land geworden.
Die Weltgeschichte geht mit hoher Wahrscheinlichkeit einem Jahrhundert der Kontroversen und Konflikte zwischen den Eckpunkten dieses Machtdreiecks Islam–China–Indien entgegen, während Europa, Südamerika, Russland (trotz seiner geographischen Größe) und auch Afrika (trotz seiner hohen Geburtenzahlen) eher nur noch Zaungäste sein werden. Die meisten können nur vergangener Größe nachtrauern, die Afrikaner können hingegen aufs nächste Jahrhundert hoffen.
Nordamerika scheint zwar heute noch "den" führenden Platz in der Weltpolitik zu beanspruchen. Aber seit Trump und Biden geht diese Rolle der USA zu Ende. Was sie sich früher zu viel eingemischt haben, ist jetzt durch weltpolitisches Desinteresse abgelöst worden.
Zurück zum neuen Machtdreieck: Es ist freilich nicht wirklich vorhersehbar, zwischen welchen Eckpunkten es in diesem Dreieck besonders gefährlich werden wird. Oder ob es zu einer Zweierallianz gegen den Dritten kommen wird.
Sollten wir Europäer (und Amerikaner) in dieser Rivalität über Daumendrücken hinaus noch irgendwie einer Seite beistehen und helfen können, dann sollte das wohl jedenfalls Indien sein. Es ist uns in vielerlei geistigen Werten am nächsten. Es ist auch der einzige Pol, wo die Christenverfolgung zwar nicht Null, aber weitaus am geringsten ist. Und es ist die am wenigsten aggressive und bedrohliche Macht unter den drei Antipoden.