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Wenn „Krypto“ nicht mehr „krypto“ ist

Ich habe noch niemanden gefunden, dem der von der EZB geplante "Digitale Euro" irgendwie positiv anmuten würde. Seine Bewertung schwankt vielmehr zwischen "sinnlos" und "weiterer Versuch der Einschränkung unserer Freiheit".

Was die Europäische Zentralbank möglicherweise nicht mitbekommen hat: Geld unter Staatskontrolle, das nur digital vorhanden ist, gibt es schon lange. Es liegt zum Beispiel auf Giro-Konten. Gleichzeitig weiß man wohl auch schon im hintersten Tal: Die Banken haben keineswegs für jeden Euro, der auf einem solchen Konto steht, einen physischen Euro im Tresor. Maximal für ein Zehntel. Das heißt: Würden viele Menschen gleichzeitig die Auszahlung ihrer Guthaben in Bargeld verlangen, müssten die Banken sofort zusperren. So schnell käme die EZB mit dem Gelddrucken gar nicht nach, wenn sie die Banken zu retten versucht. Das heißt, der unbare Geldverkehr beruht letztlich einzig auf dem Vertrauen, dass das nicht passiert.

Der Grund des Erfolgs von Bitcoin & Co beruht hingegen auf dem gegenteiligen Gefühl: auf Misstrauen. Dieses richtet sich weniger gegen die Gefahr eines solchen Bank Runs, sondern dagegen, dass EZB&Co nicht (mehr) die Stabilität einer Währung als oberstes Gebot im Auge haben, sondern sich letztlich immer als Gehilfen ihrer Staaten sehen, die diese oder die Banken immer auch um den Preis einer plötzlichen oder langanhaltenden Inflation retten werden.

Das ist letztlich der zentrale Grund, warum Blockchain-Währungen so boomen, auch wenn sie zuletzt auf ihrer Hochschaubahn ein Stück abwärts gerutscht sind. Aber zumindest vorerst ist das Vertrauen ungebrochen, dass es keinem Staat, keiner EU gelingen kann, diese Währungen zu kontrollieren und manipulieren. Die Heimat dieser Währungen ist nirgendwo und zugleich überall im globalen Internet. Das verbraucht viel Strom, ist aber zugleich ein rares Gegengewicht gegen die politische Macht.

Wenn nun die EZB selber eine Krypto-Währung produziert, dann wäre deren größter Vorteil dahin: Sie wäre nicht mehr krypto, also geheim. Daher könnte die EZB noch dazu jederzeit Minuszinsen durchsetzen. Einzige Hoffnung für Käufer: Der EZB-Euro wäre über die übliche Einlagensicherung hinaus gesichert. Ansonsten bestünde der ganze Zweck in dem Schmäh, sagen zu können, es gäbe ohnedies den EZB-Euro, wenn man die wirklichen Krypto-Währungen zu verbieten beginnt. So wie halt Diktaturen fast immer den Goldbesitz kriminalisiert haben.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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