Corona: eine Geschichte des Versagens
14. Juni 2021 00:46
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 7:00
Wir jubeln innerlich und vielfach auch nach außen, weil die Pandemie dank der Impferfolge, dank der pharmazeutischen Forschung ihren Schrecken weitgehend verloren hat, weil es nach weit mehr als einem halben Jahr erstmals Tage ohne ein einziges Todesopfer gibt. Wir jubeln zu Recht, weil die – zumindest ein größeres Stück – näher gerückte Freiheit eines der wichtigsten menschlichen Güter ist. Wir dürfen uns aber nicht in den Sack lügen: Denn Corona war auch eine Geschichte vielfachen Versagens. Und das darf ganz jenseits der dümmlichen parteipolitischen Propaganda nicht in Vergessenheit geraten.
Beispiele dieses Versagen finden sich auf vielen Ebenen, der ganz großen wie auch der individuellen. Eine bunte Mischung:
- Das für viele Menschen provozierendste Versagen war wohl das Corona-Telefon 1450, zumindest in Wien. Bis heute treffen dort Anrufer nach oft stundenlangem Warten in Warteschleifen auf geballte Inkompetenz, die bestenfalls dazu imstande ist, die Anrufer in die nächste Warteschleife weiterzuverbinden. Es ist einfach unfassbar, dass die Wiener Gesundheitsbehörden auch nach mehr als einem Jahr nicht imstande sind, das Telefon quantitativ wie qualitativ gut zu besetzen.
- Das Beispiel mit unserer an die eigene Wohnung gefesselten 94-Jährigen habe ich schon geschildert. Für sie waren uns ständig Impftermine in irgendwelchen Impfzentren gemailt worden; und wir konnten auch mit fünf langen Versuchen auf 1450 keine Lösung erreichen, bei der sie daheim geimpft wird. Das gelang uns erst, nachdem ein Arzt mit sehr guten SPÖ-Verbindungen für uns interveniert hatte. Zugegeben, es hat schon viele Regime gegeben, in denen das Parteibuch lebenswichtig gewesen ist. Aber eigentlich hätten wir gedacht, dass Wien im Jahr 2021 wenigstens ein bisschen besser geworden wäre.
- Noch ein anderes 1450-Beispiel aus der unmittelbaren Umgebung. Ein Kindergärtner – der noch dazu selbst für die Gemeinde Wien arbeitet! – bekam Anfang März zwar die erste Impfung, aber dann nie wieder eine Verständigung wegen einer zweiten. Als zwölf Wochen um waren, begann intensive Telefoniererei mit besagter Nummer. Schließlich gab man dort zu, dass auf ihn vergessen worden sei. Aber leider, leider gebe es erst ab Mitte Juli – also 18 Wochen nach der ersten Impfung! – einen Termin für ihn. Zufällig war zu diesem Zeitpunkt gerade sein Vater impfen. Er erzählt dort die Geschichte. Und bekam den Kommentar: "Die auf 1450 sind Idioten." Am nächsten Tag ist unser Kindergärtner deshalb einfach ins Impfzentrum hingegangen und bekam sofort seine Impfung. Sein Kommentar: "Wir haben viel mehr Zeit mit 1450 vertan, als das dann gedauert hat." (Übrigens: Der Blick auf den Bundesländervergleich zeigt, dass Wien die weitaus schlechteste Impfquote von ganz Österreich hat – kein Wunder bei so viel Inkompetenz).
- Wechsel zur größeren Ebene: Absolut unfassbar ist auch das (neuerliche) Versagen des Gesundheitsministeriums. Es scheitert seit vielen Wochen bei der Bereitstellung eines "grünen Passes", obwohl es diesen in etlichen Ländern schon gibt. Vor allem die Geimpften können ihn noch immer nicht bekommen, obwohl mit den gelben Impfpässen jeder Art von Schwindeleien Tür und Tor geöffnet sind, obwohl gerade die Impfungen eigentlich von den gleichen Gesundheitsbehörden schon längst elektronisch erfasst werden. Dabei wird schon seit Dezember geimpft! Geradezu lächerlich sind die Argumente, mit denen das Versagen begleitet wird: Es seien halt so viele Daten; und der Datenschutz wäre halt ein Problem. Hätten die Grüngenossen nur ein bisschen Hirn, dann hätten sie schon vor Monaten erstens bessere Programmierer engagieren und zweitens ein Gesetz einbringen können, das den Datenschutz einschränkt. Dabei ist dieser alle Bürger nervende Gesslerhut von den Grünen selbst und ihnen nahestehenden Typen, die als "Datenschützer" gute Geschäfte machen, erfunden worden. Aber Grüne wollen ja nicht effizient sein, sondern immer nur als Gutmensch dastehen, immer nur gute Ausreden haben. Sie glauben vielleicht sogar zu Recht, das würde reichen, weil sie eh den ORF als Propaganda-Werkzeug haben, der konsequent die ausschließliche Kompetenz des Gesundheitsministeriums verschweigt und der statt dessen ständig alte Auftritte von ÖVP-Politikern zeigt, die einst hoffnungsvoll vom baldigen Kommen des Grünen Passes gesprochen haben, womit sie der Linksfunk erfolgreich als Schuldige darstellen kann.
- Dabei hatte man ja eine Zeitlang glauben können, die EU wäre noch viel unfähiger als Österreichs Gesundheitsministerium, weil es längere Zeit schien, dass Österreich deutlich vor dem von der EU geplanten Datum (Juli) fertig sein würde. So kann man sich täuschen.
- Allerdings: Die Unfähigkeit der EU, so früh wie möglich, so früh wie etwa Israel, Großbritannien oder die USA (schon unter Trump!), so viel Impfstoff wie möglich für die eigenen Bürger zu beschaffen, bleibt Faktum. Dieses ist unbestreitbar zu einem der dicksten Negativpunkte in der Geschichte der einst so hoffnunggebenden Gemeinschaft geworden
- Apropos EU und österreichische Grüne: Im EU-Parlament haben diese – im totalen Gegensatz zum parteieigenen Gesundheitsminister – nicht die Einführung des grünen Passes unterstützt. Wenn es nach ihnen ginge, könnten also auch noch im Juli keine EU-Touristen nach Österreich kommen. Aber Grüne glauben halt, dass das Geld aus der Steckdose kommt. Oder so ähnlich.
- Derzeit sollten EU-Touristen jedenfalls nicht in die Alpenrepublik kommen. Das merkte eine – perfekt Deutsch sprechende – Polin, die mit ihrem heimischen Impfpass in einem Wiener Restaurant abgewiesen worden ist. Aber vielleicht wissen die Kellner noch nicht, dass Polen schon lange EU-Mitglied ist. Und: Natürlich endeten daraufhin versuchte Anrufe auf 1450 wie immer ergebnislos …
- Aber dafür ist die auf offensichtlich allen Corona-Ebenen unfähige Gemeinde Wien gerne wegen Kleinigkeiten erbarmungslos. Sogar gegen die eigenen Angestellten: 14 Mitarbeiterinnen der "Klinik Hietzing" (im ständigen Umbenennen sind sie ja eifrig wie die EWG vulgo EG vulgo EU oder die Nazis mit ihren "Alpen- und Donaugauen" …) wurden fristlos entlassen, nur weil sie bei einer Abschiedsfeier für eine Kollegin Masken- und Abstandsregeln nicht eingehalten haben. Widerlich.
- Genauso absurd ist, dass man auch als voll Geimpfter etwa im Theater und Kino auch jetzt noch die unangenehmen (und viele Brillenträger zur Blindheit verurteilenden) Masken tragen muss. Das ist in Wahrheit massiv grundrechtswidrig – auch wenn es bei diesem Verfassungsgerichtshof ein reines Glücksspiel ist, ob er imstande ist, Grundrechtsverletzungen zu erkennen. Die gibt es aber jedenfalls doppelt: Denn einerseits droht weit und breit keine Überlastung der Intensivstationen mehr (was immer – wohl zu Recht – als Grund für die Notwendigkeit der diversen Maßnahmen bezeichnet worden ist). Und andererseits geht von Geimpften mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit keine Gefahr mehr aus, welche die Einschränkung der persönlichen Freiheit rechtfertigen würde.
- Ein katastrophaler Fehler, der ihn massiv disqualifiziert, war aber auch die Kampagne des neuen FPÖ-Obmannes Kickl gegen die Impfungen. Wenn Kickl durch seine parteipolitisch motivierten Hass-Auftritte auch nur einen Österreicher dazu gebracht haben sollte, sich nicht impfen zu lassen, dann war das schwer verantwortungslos. Um nicht härtere Vokabel aus dem Strafrecht zu verwenden (damit macht er auch eventuelle sonstige Verdienste zunichte, wie jetzt die berechtigte Rehabilitierung der Identitären gegen die staatliche Feme, ohne dass diese ein Delikt begangen hätten).
- Kein Ruhmesblatt waren aber auch die Auftritte der Polizei, die Menschen unter anderem nur deshalb verfolgt hat, weil diese zu zweit auf Parkbänken gesessen sind, oder weil sie zu viert in einem Tennisklub gesessen sind. Das zeigte, wie gefährlich die Lust ist, Macht zu missbrauchen, und wie eine Institution, die eigentlich nur bei krassen Situationen eingreifen sollte, für die Umwandlung in einen Polizeistaat verwendet werden kann.
- Am längsten aber wird Österreich, wird Europa an den wirtschaftlichen Folgen zu leiden haben. Das katastrophale Versprechen auch von Bundeskanzler Kurz, alle und jeden vor den finanziellen Folgen der Pandemie-Bekämpfung zu bewahren, "koste es, was es wolle", wird zusammen mit der EU-Verschuldungs- und der EZB-Gelddruckpolitik noch viele Jahre schlimme Konsequenzen haben. Die schon überall – beim wichtigen Nachbarn Deutschland noch schneller als in Österreich – gefährlich abhebende Inflation ist nur eine davon. Das unvermeidlich bevorstehende Massensterben von Zombie-Unternehmen mit allen dominoartigen Folgewirkungen ist eine andere, also von Unternehmen, die auch ohne Corona-Krise konkursreif gewesen wären, die aber mit Hilfe der massiven Schuldenvermehrung am Leben erhalten worden sind. Die gut wattierte Kurzarbeit anstelle einer vorübergehenden Arbeitslosigkeit ist eine dritte gravierende Folge; denn die Kurzarbeit hält allein in Österreich Hunderttausende Menschen davon ab, sich eine neue Arbeit zu suchen, und dorthin zu wechseln, wo sie oft durchaus benötigt würden. Und schließlich ist die von Italien, Deutschland und Frankreich durchgedrückte (vertragswidrige!) Umwandlung der EU in eine Schuldenunion die vierte ganz, ganz schlimme Folge.
- Das größte Versagen in der ganzen Corona-Geschichte hat sich freilich nicht in Europa, sondern in China abgespielt. Egal ob die offizielle These von einem Überspringen des Virus auf einem Wildtiermarkt stimmt, oder ob die amerikanischen Geheimdienste recht haben, dass das Virus aus einem chinesischen Militärlabor (zur Erforschung solcher Viren auch als Kampfmittel) entsprungen ist: China ist jedenfalls der Ursprung. Und China hat jedenfalls grob vorsätzlich wochenlang die Epidemie zu verleugnen versucht und darüber sprechende Ärzte sogar bestraft. Das hat dem Rest der Welt die entscheidende Zeit genommen, um gleich in den Anfangswochen rigorose Eindämmungsstrategien zu entwickeln, welche die globale Katastrophe vielleicht noch verhindert hätten.
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