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Wie kann man Freiheit sichern?

Es ist eine Art "Energiegesetz" der Macht: Machtausübung ist zweifellos in bestimmtem Maße in jeder Gemeinschaft notwendig, aber ebenso steht außer Zweifel, dass sie immer wieder zu oft krassem Missbrauch verleitet und daher a priori eingeschränkt werden soll. Diese Ambivalenz hat die Menschheit im Laufe der Geschichte immer wieder erkennen müssen, was oft erst ein sehr schmerzhafter Prozess war. Gesellschaften haben daher immer wieder neue Strategien gesucht, mit den Bedrohungen der Freiheit umzugehen und sie zu reduzieren. Die Gesellschaften haben mit immer wieder neuen Strukturen, neuen Verfassungen und Gesetzen künftigen Machtmissbrauch zu verhindern oder zumindest behindern versucht. Was aber oft missglückt ist.

Denn letztlich gibt es dafür kein schlüsselfertiges und für alle Zeiten gültiges Rezept. Menschliche Gesellschaften müssen vielmehr regelmäßig den Konflikt zwischen der Macht-Notwendigkeit einerseits und der Einschränkung der Möglichkeiten von Machtmissbrauch andererseits neu aushandeln. Diese Notwendigkeit führt oft zum – verbalen, manchmal auch physischen – Kampf innerhalb eines Staates und einer Gemeinschaft.

Versuche der Beschränkung von Machtmissbrauch

Die wichtigsten Rezepte, mit welchen Gesetzen und Strukturen Gesellschaften einem Machtmissbrauch entgegenzuwirken versucht haben:

  1. die im französischen Denken entstandene Gewaltenteilung zwischen den drei klassischen Formen staatlicher Macht, also zwischen Exekutive, Legislative und Judikatur, wobei es aber Beispiele für eine gefährliche Übermacht durch jede dieser drei Staatsgewalten gibt;
  2. das dieser Idee ähnliche, vor allem in der amerikanischen Kultur wurzelnde Prinzip von Checks and Balances, das nur funktioniert, wenn der Präsident nicht die Mehrheit in beiden Kongresskammern hinter sich hat;
  3. das schon in der Antike entwickelte Prinzip des Rechtsstaates, der Regeln für die Entscheidungen von Richtern vorgibt, damit deren Entscheidungen möglichst konsistent ausfallen. Mit dem Legalitätsprinzip hat man dann auch die gesamte Verwaltung an Gesetze zu binden versucht;
  4. das im 19. Jahrhundert entstandene Prinzip der Medienfreiheit, das den eigentlich parakonstitutionellen Medien die Rolle einer vierten Gewalt zuschreibt, von der man sich die Wirkung einer Machteinschränkung erhofft, auch im Sinne erweiterter Checks and Balances;
  5. der Versuch starker politischer Kräfte, außerhalb der Rechtsordnung stehenden Vereinen eine solche Rolle zuzuschanzen, wie der Gewerkschaft oder Greenpeace, was aber geeignet ist, die Demokratie auszuhebeln;
  6. das etwa durch Canossa 1077 verkörperte Dualitätsprinzip: Herrscher und Kirche sind nebeneinander existierende souveräne Gebilde: Dadurch verhindert, relativiert und kontrolliert immer der eine Bereich möglichst jeden Machtmissbrauch des anderen;
  7. das häufig, aber nicht zwingenderweise theologisch argumentierte Naturrechtsprinzip, das die Grenzen der Gesetze, die Parlamente beschließen können, in einem durch Menschen nicht abänderbaren Naturrecht sieht, was aber in Wahrheit nur ein Machtrtransfer an jene ist, die überhaupt erst definieren, was das Naturrecht sagt;
  8. die übernationalen Menschenrechtspakte, die in Europa internationalen Richtern sehr viel Macht einräumen;
  9. das Föderalismus-Prinzip, also die Machtteilung zwischen mehreren Ebenen, einst etwa Landesherr vs. Kaiser; heute EU vs. Staaten; Staaten vs. Provinzen/Bundesländer und Gemeinden;
  10. und letztlich das Prinzip der Volkssouveränität, wie sie im Artikel 1 der österreichischen Verfassung steht, demzufolge "das" Recht, was eindeutig das gesamte Recht meint, eigentlich vom Volk ausgehen soll. Das ist nichts anderes als das Konzept der Demokratie, selbst in ihrer kastrierten Form, der repräsentativen Demokratie. Das ist in der direkten Demokratie am perfektesten verwirklicht.

Immer geht es bei all diesen Varianten um Versuche, Machtmissbrauch und gefährliche Machtakkumulation zu verhindern. Dieser Kampf ist zwar erfreulicherweise in der Geschichte oft erfolgreich gewesen. Jedoch sind der oft besiegten Hydra Machtmissbrauch mindestens ebenso oft wieder neue Köpfe nachgewachsen.

Formen des Machtmissbrauchs

Das Heimtückische an diesen ständig neu wachsenden Köpfen des Machtmissbrauchs: Nicht alle sind gleich auf den ersten Blick als Machtmissbrauch zu erkennen. Manche kommen gut getarnt. Manche erscheinen anfangs sogar als wohlmeinende Mitstreiter im Kampf gegen Machtmissbrauch.

  1. Selbst die totalitären Regime der Nationalsozialisten und der Kommunisten mit all ihren Schrecken und ihren Millionen Opfern sind zum Teil (in der Tschechoslowakei und im Deutschen Reich etwa) sogar mit Hilfe von Wahlen an die Macht gekommen.
  2. Ähnliches gilt für die Islamisten, die von Algerien bis nach Ägypten und auch zur Türkei anfangs demokratisch zur Macht gekommen sind, und die dann nach Machteroberung diese keineswegs abzugeben bereit waren. 
  3. Umgekehrt gibt es unter den Apologeten einer Machtmonopolisierung durchaus idealistische und nicht zynisch gemeinte Ansätze. So hat etwa Platon von einer Herrschaft der Philosophen geträumt. Nur war halt auch Platon ganz zufällig selbst ein Philosoph, und auch er kann ohne das Prinzip der Volkssouveränität nie wirklich beantworten, wer denn die Philosophen aussucht, die herrschen dürfen; wer überhaupt bestimmt, wann jemand ein Philosoph ist.
  4. Ganz ähnlich irreführend sind Denkansätze, dass nur die charakterlich Besten Macht ausüben dürfen. Nur wieder: Wie findet man die?
  5. Letztlich noch zynischer sind die Ideen des Feudalstaates mit einer sich immer mehr Privilegien arrogierenden aristokratischen Klasse, die interessanterweise ursprünglich vielfach aus einer richterlichen Tätigkeit entstanden ist.
  6. Sehr ähnlich zu Platon sind die Konzepte eines Elitenstaates, wo eine – etwa durch Bildung oder Einkommen qualifizierte – Elite das entscheidende Sagen hat. Das waren etwa die Systeme, die das Wahlrecht an die Steuerleistung gebunden haben. Dieses Konzept findet sich aber auch heute noch in dem häufig verwendeten Satz: "Die Österreicher sind noch nicht reif für die direkte Demokratie." Dieser Satz bedeutet nichts anderes, als dass nur die politmedialrichterliche Elite reif genug für die Machtausübung wäre.
  7. Die in den letzten Jahrzehnten überwältigend gewordenen Tendenzen zum Überregulierungsstaat hüllen die Menschen aus vermeintlich lauter guten Absichten in einen erstickenden Kokon von Regeln ein. Die Überregulierungsstaaten werden in Europa heute von der EU sogar noch gedoppelt, hat sich diese doch von einer deregulierenden Befreiungs- und Freiheitsorganisation in ein zusätzliches Überregulierungsmonster gewandelt. Die EU hat damit die gleiche Entwicklung wie viele Staaten durchgemacht, an deren Beginn oft der Freiheitsjubel der Bürger gestanden ist, bis dann von der Freiheit wenig übriggeblieben ist.
  8. In diese Gruppe gehören aber auch die Tendenzen zu einem Richterstaat. Diese Tendenzen bestehen dort, wo die Gerichte nicht nur Sachverhalte des Lebens jeweils danach überprüfen, wie weit sie unter die in Gesetzen festgehaltenen Tatbestände passen, sondern wo Richter selber komplett neues Recht schöpfen und Entscheidungen treffen, die in einer Demokratie eigentlich eindeutig Parlamente oder Volk treffen sollten.

Nur die besonders krassen totalitären Systeme wie Kommunismus, Nationalsozialismus und Islamismus waren von Anfang an sofort als fundamentale Bedrohung der Freiheit erkennbar – das jedoch nur für eigenständig denkende Menschen. Viele andere sind erst im Lauf der Zeit draufgekommen, wie verbrecherisch diese Systeme sind.  Manche sind sogar bis heute der Unheilsidee treu geblieben – beim Islam mit seinen im Wortsinn jenseitigen Versprechungen und Drohungen sogar sehr viele.

Diese Analyse ist eine konkretisierte Ergänzung zu grundsätzlichen Überlegungen zum Wert der Freiheit.

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