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Es gibt absolut keine Berechtigung mehr, dass der Staat in Österreich und anderswo in Europa doppelt Geimpfte sowie nach einer überstandenen Erkrankung Antikörper tragende Menschen noch immer zwingt, bei unzähligen Gelegenheiten weiterhin die Masken zu tragen. Dass er sie bei Besuchen von Fitnesscentern und Veranstaltungen lähmenden Regeln und Zwängen unterwirft. Dass er Veranstaltern existenzbedrohende Schikanen auferlegt, die in Hinblick auf diese Gruppen keine nachvollziehbare Begründung mehr haben. Das ist eine skandalöse Einschränkung der persönlichen Freiheit für mittlerweile schon rund zwei Millionen Menschen. Das ist ethisch wie grundrechtlich ein von Tag zu Tag größer werdender Skandal (mit nachträglicher Ergänzung).
Denn eine Einschränkung der Grundrechte darf zweifellos nur dann erfolgen, wenn es eine klare und starke Begründung dafür gibt. Und sie darf logischerweise auch nur bei jenen erfolgen, bei denen diese Begründung zutrifft. Diese Begründung lag immer eindeutig darin, dass ohne Maßnahmen eine Überlastung der Intensivstationen gedroht hat. Diese Gefahr gibt es aber bei Geimpften und Genesen nicht mehr.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass eine minimale Zahl von Geimpften dennoch nach der Impfung Corona-Symptome bekommt. Und dass eine noch viel kleinere Anzahl davon schwer erkrankt. Von den zuletzt 1,07 Millionen doppelt geimpften Personen haben in Österreich nur ganze 80 Corona-Symptome gezeigt. Das ist weniger als ein Zehntel-Promille. Und in Hinblick auf schwere Erkrankungen muss man diesen Wert noch einmal durch vier dividieren. Das ist also vergleichsweise nur ein winziger Bruchteil der seit Beginn der Impfungen gleichzeitig durch Verkehrsunfälle zu Schaden gekommenen Personen. Die Belegung durch sie würde in den Intensivstationen gar nicht mehr auffallen. Hingegen ist ohne Impfung die Wahrscheinlichkeit weit mehr als hundertmal größer, schwer zu erkranken und in einer Intensivstation zu landen.
Was aber noch viel gravierender ist: Niemand weiß, wie viele aus diesem Zehntelpromille nicht schon vor der Impfung angesteckt gewesen sind, da vor dem Impfen weder ein PCR- noch ein Antikörper- noch ein Antigen-Test gemacht wird. Das hat mich zwar zweimal erstaunt, das ist aber Faktum (dafür habe ich jetzt bei der zweiten Impfung zum Unterschied von der ersten ein kurzes Impfberatungsgespräch bekommen, das in der Frage bestanden hat, wie es mir nach der ersten Impfung gegangen ist …).
Daher sind für jeden doppelt Geimpften, wahrscheinlich sogar für jeden, dessen erste Impfung drei Wochen zurückliegt, und für jeden Österreicher mit Antikörpern die Chancen extrem gut, wenn er gegen eine Bestrafung wegen einer Verletzung der Corona-Verordnung Rechtsmittel ergreift. Auch wenn zuzugeben ist, dass der darüber letztentscheidende Verfassungsgerichtshof derzeit vor allem durch Verhaltensoriginalität auffällt, dass seine Entscheidungen also noch weniger als sonst vorhersagbar sind. Und dass Entscheidungen des Menschenrechtsgerichtshofs überhaupt erst nach etlichen Jahren zu erwarten sind.
Dennoch ist es jetzt schon ein Skandal, welche strengen Auflagen auch nach der jetzt erfolgten Lockerung weiterhin für Geimpfte und Antikörper Tragende gelten.
Damit ist keineswegs gesagt, dass die diversen Maßnahmen gegen die Pandemie, so patschert sie bisweilen auch im Detail waren, unberechtigt gewesen wären. Diese Kritik hat schon gar nichts mit den abstrusen "Querdenkern" oder mit den jenseitigen Auftritten des Herbert Kickl zu tun. Die Maßnahmen waren vielmehr im Wesentlichen absolut notwendig und berechtigt; und es ist auch eindeutig klar, dass nur die Impfung eine sinnvolle Chance bedeutet, die Pandemie und damit das Sterben von weltweit inzwischen weit mehr als drei Millionen Menschen zu beenden (was nicht ausschließt, dass in etlicher Zeit eine Nachimpfung etwa in Hinblick auf die sich entwickelnden Virus-Mutationen notwendig werden könnte).
Diese Kritik ist vielmehr sogar klare Konsequenz der durch Unmengen an Evidenz getragenen Überzeugung, dass die Impfungen positiv und notwendig sind, dass sie ein sensationeller und zu bejubelnder Erfolg der Wissenschaft und der medizinisch-pharmazeutischen Branchen sind. Auch wenn klar ist, dass es keine einzige medizinische Maßnahme gibt, die nicht Restrisiken mit sich brächte (wer das bezweifelt, lasse einmal in einem Spital einen noch so kleinen Eingriff vornehmen: Er wird erstaunt sein, wie viele unterschiedliche Restrisiken auf dem Zettel stehen, den er vor dem Eingriff unterschreiben muss; oder er lese den Beipackzettel einer Medikamentenschachtel ...).
Bei dieser Kritik geht es auch erst in zweiter – weit dahinterliegender – Linie darum, dass man viele Menschen erst durch solche konkreten Vorteile zum Impfen bringt, die derzeit noch durch die auf obskuren Webseiten verbreiteten Ängste abgehalten werden.
Diese Menschen wollen entweder zynisch von den Impfungen der Anderen und von der dadurch möglicherweise erreichten gesamtgesellschaftlichen Herdenimmunität als Trittbrettfahrer profitieren. Oder sie begreifen nicht, dass es im Leben immer um die Entscheidung zwischen Wahrscheinlichkeiten geht und dass es nie absolute Sicherheit geben kann.
Eine so fundamentale Einschränkung der Grundrechte kann auch niemals dadurch gerechtfertigt werden, dass man ja von außen nicht erkennen kann, ob jemand geimpft ist. Und dass man daher, um sicherzustellen, dass alle Nichtgeimpften sich an die weiterhin notwendigen Maßnahmen halten, sicherheitshalber gleich alle zu diesen Maßnahmen verpflichtet. Es ist in einem freiheitlichen Rechtsstaat absolut unakzeptabel, dass jemand nur deswegen eine Einschränkung seiner Rechte hinnehmen muss, weil diese Einschränkung bei anderen gerechtfertigt ist.
Dabei sei einmal ganz abgesehen von der – derzeit durch die Verordnungen des Gesundheitsministers verbotenen – Möglichkeit, dass ein Fitness-, ein Tanzzentrum, ein Kulturevent ja eigentlich auch Veranstaltungen nur für Geimpfte ohne die für viele von ihnen völlig untragbaren Einschränkungen machen könnte. Einlasskontrollen müssen sie ja nach der geltenden Rechtslage sowieso machen.
Dass man die Geimpften nur wegen der Unterscheidungsprobleme gleich schlecht behandeln will wie die Nichtgeimpften ist ungefähr so, wie wenn man alle Unternehmer bestrafen will, weil es unter ihnen einige Steuerhinterzieher gibt. Oder wenn man allen Gemeindebeamten die Gehälter kürzen würde, weil etliche unter ihnen arge Tachinierer sind. Oder wenn man alle Männer wegsperren würde, weil es unter ihnen ein paar Gewalttätige gibt (was ja einige linke Radikalfeministinnen in der Tat gerne hätten, die aber gleichzeitig Morde durch Frauen ignorieren).
Dass dieses Verlangen nach einem Maskenende alles andere als eine überspitzte Forderung ist, zeigt der Blick auf die Vereinigten Staaten: Dort hat ausgerechnet Joe Biden – der früher Donald Trump ständig wegen zu laxer Corona-Maßnahmen kritisiert hat – jetzt entschieden, dass vollständig Geimpfte in den allermeisten Situationen keine Maske mehr tragen müssen, weder drinnen noch draußen, und dass sie auch keine Sicherheitsabstände mehr einhalten müssen. Masken sind nur noch in Bussen und ähnlichem vorgeschrieben.
Zwar scheint auch diese letzte verbliebene Einschränkung grundrechtlich nicht ganz unproblematisch zu sein. Aber dennoch ist klar: Würden von den Schikanen, die bei uns auch nach der jetzigen Lockerung bleiben, 95 Prozent wegfallen, dann sind eben nur noch maximal fünf Prozent grundrechtswidrig.
Kurzer Schwenk zu Joe Bidens derzeitiger Gesamt-Beurteilung: Er hat damit endlich einen ganz wichtigen Pluspunkt in seiner politischen Bilanz setzen können. Die Impferfolge der USA waren ja in Wahrheit noch ein Verdienst Trumps, der schon im Vorjahr so wie Israel und Großbritannien alles auf die Impfstoffbeschaffung gesetzt hat (die hingegen von der EU monatelang verschlafen worden war).
In allen anderen Politikfeldern, vor allem in Außen- wie Wirtschaftspolitik, ist Biden hingegen bisher in keiner Weise erfolgreich gewesen. Dabei waren das genau die Felder, wo Trump insbesondere durch die breitflächige Aussöhnung zwischen Israel und den gemäßigten Arabern sowie durch Steuersenkungen punkten hat können. Biden hat hingegen fast als erstes die Saudis provoziert (und Israel sowieso). Und angesichts seiner heftigen Steuerpläne darf er sich auch wirtschaftspolitisch eigentlich nicht wundern, wenn die Wirtschaft nicht anspringt und die Arbeitslosenzahlen in schlimmen Höhen bleiben. Nur ein ahnungsloser linker Politiker kann ja glauben, dass es einen positiven Effekt hat, wenn Biden jedem Amerikaner 1400 Dollar in die Hand drückt, oder wenn die USA den Weg der EU in die inflationsanheizende Megaverschuldung nachmachen (und diese dabei sogar zu übertreffen suchen).
Mit der Maskenabschaffung für Corona-Geimpfte hat Biden erstmals etwas eindeutig Lobenswertes und Kluges gemacht. Egal aus welchem Motiv er das tut: Entweder aus Respekt für den Wert der Freiheit in einem freiheitsliebenden Land oder um damit die amerikanischen Impfverweigerer in die Impfzentren zu locken. Was zwar auch ein wichtiges und legitimes Ziel ist. Wenngleich es nicht auf der gleichen grundsätzlichen Ebene wie der Anspruch auf Freiheit steht.
In Österreich gewinnt man hingegen in den letzten Tagen massiv den Eindruck, dass vor allem die SPÖ die Dauerattacken auf Kurz und Blümel dringend gebraucht hat, um von den Fehlern ihrer eigenen Corona-Politik der letzten Wochen abzulenken. Denn Parteichefin Rendi hat da ganz eindeutig aufs völlig falsche Pferd gesetzt. Hat sie doch bis vor kurzem ununterbrochen die Regierung kritisiert, weil diese zu wenig scharf gegen die Pandemie agiere. Rendi hat immer wieder eine Ausdehnung und Verschärfung des Lockdowns gefordert. Sie hat die Öffnungsschritte sogar als "Spiel mit dem Feuer" bezeichnet.
Daran erinnert zu werden ist für die SPÖ natürlich unangenehm. Wohl auch aus diesem Grund versucht sie die Regierung derzeit massiv an ganz anderer Front unter Druck zu setzen, damit diese gar nicht dazu kommt, die Fehler der SPÖ herauszuarbeiten.
Dennoch begeht die SPÖ jetzt gleich den nächsten kapitalen Fehler in ihrer Corona-Politik. Sie hat nicht begriffen, dass die Regierung eigentlich wegen der massiv verspäteten Implementierung des "Grünen Passes" heftig zu kritisieren wäre. Denn dieser würde mit einem einfachen Instrument die ganze völlig unübersichtliche und fälschungsanfällige Zettelwirtschaft überflüssig machen, mit der sich jetzt Wirte, Theater, Veranstalter, Friseure und tausend andere Berufe in ineffizienter und zeitraubender Weise ständig herumschlagen müssen.
Aber die SPÖ wirft der Regierung jetzt allen Ernstes vor, dass sie den "Grünen Pass" zu schnell oder wörtlich "überfallsartig" durchpeitschen wolle. Als ob nicht der Grüne Pass schon spätestens seit Jänner nötig gewesen wäre, also seit dem Beginn der Massenimpfungen. Für die Genesenen mit Antikörpern eigentlich schon viel länger.
Wie kann eine Partei ständig nur so danebenstehen? Kommt man vielleicht deshalb gar nicht dazu, darüber nachzudenken, was die Österreicher wirklich brauchen und wollen, weil man ständig nur darüber nachdenkt, welche Bosheiten man als nächstes zwischen Wien und Eisenstadt austauscht? Glaubt sie wirklich, dass für die große Mehrheit der Österreicher der absurde Datenschutz noch einen Wert hat, der gegen einen effizienten Grünen Pass dauernd ins Feld geführt wird?
Vielleicht aber kann man aus den Corona-Patzern der Frau Rendi doch noch etwas lernen: Dass es gut ist, wenn man auch die Gesundheitspolitik nicht den Ärzten alleine überlässt, sondern dass immer auch andere Blickwinkel, andere Gesellschaftsgruppen und vor allem auch der gesunde Menschenverstand mitsprechen, der darüber nachdenkt, was den Menschen zumutbar ist. Rendi steht als Medizinerin ganz offensichtlich zu sehr im Banne des bei einem Teil der Ärzteschaft – insbesondere dem Ärztekammerpräsidenten – betriebenen Maximalismus: Dort wurde noch vor kurzem eine chinesische Lösung gefordert, bei der wirklich alle Menschen zur Ausrottung des Virus zwei Wochen total in ihre Wohnungen eingesperrt werden.
PS: Sinnvoll nachzudenken gelingt derzeit nur den Genossen im Wiener Rathaus. Dort hat man zu Recht einen Unsinn aufgespießt und korrigiert, den das Gesundheitsministerium produziert hat: Dass nämlich Kellner seltener und in größeren Abständen getestet werden müssen als die Gäste eines Gasthauses. Obwohl jeder Kellner mit Sicherheit jeden Abend weit mehr Menschen in die Nähe kommt als jemals ein Gast.
Nachträgliche Ergänzung: Das Tagebuch wirkt offenbar (zumindest bisweilen). Einen Tag nach diesem Artikel kündigte die Regierung schnell, wenn auch noch ohne Details, an, dass man in einer Woche über die Aufhebung der Maskenpflicht nachdenken wird. Das macht Hoffnung.